Nachrichten Jahrgang 2012

Zu den aktuellen Nachrichten gelangen sie hier.

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2013 - Dezember 2012

Rotkehlchen © Gordana und Ralf Kistowski

Die EGE verabschiedet sich für dieses Jahr von Ihnen mit einer Buchempfehlung: "Am Futterhaus. Vögel erleben im Jahresverlauf". Jedes Futterhaus ist ein Fenster in die Vogelwelt. Das 160 Seiten umfassende im Haupt-Verlag erschienene Buch von Richard Schöne bietet die nötigen Informationen für das Einrichten und Pflegen eines Futterplatzes, stellt die wichtigsten Vogelarten mit ihren Bedürfnissen vor und begleitet das Beobachten durchs ganze Jahr.

Mögen die Meinungen darüber, ob das Füttern der Vögel ein Beitrag zum Naturschutz ist, auch auseinandergehen. In jedem Fall verhilft das Futterhaus dem Betrachter zu spannenden wie entspannenden Vogelbeobachtungen. Vom Futterhaus profitieren auch Eulen, denn wo Haferflocken und Sämereien in den Schnee oder auf den Erdboden fallen, finden sich Mäuse ein. Über Mäuse freuen sich die Eulen. Einzelheiten zum Buch unter Haupt Verlag: "Am Futterhaus"

Die EGE sagt allen Personen, Verbänden und Einrichtungen herzlichen Dank, die in ideeller oder auf finanzielle Weise im zu Ende gehenden Jahr die Anliegen der EGE unterstützt haben. Wenn Sie das alte Jahr mit einer guten Tat beenden oder das neue mit einer solchen beginnen möchten, bedenken Sie bitte die EGE mit Ihrer Spende. Die Mitarbeiter der EGE zahlen sich keine Gehälter, sondern jede Spende fließt unvermindert in die Projekte der EGE. Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2013!

Beflügelte Weihnacht - Dezember 2012

Waldkauz (Strix aluco) © Rosl Rößner

Dorothee Warnecke aus Hannover, eine vielfache Eulenpatin, hat eine schöne Weihnachtsgeschichte geschrieben, welche die EGE an dieser Stelle und mit Dank an die Autorin gerne veröffentlicht. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 48 KB), wenn Sie die Geschichte "Beflügelte Weihnacht" vom einem Waldkauz und einem Frosch lesen möchten.

Denkzettel Kalenderblatt - Dezember 2012

Windenergieopfer Uhu © Wilhelm Bergerhausen

Das nordrhein-westfälische Umweltministerium beglückt die Bürgerinnen und Bürger zum Jahreswechsel auf besondere Weise: mit einem Fotokalender für 2013 "Neue Energie - Klimaschutz aus Nordrhein-Westfalen". Die zwölf Bilder gingen als Sieger aus einem gleichnamigen Fotowettbewerb hervor. Was die Fotos gefällig in Szene setzen, lässt sich denken: Solar-, Biogas-, Wasser- und Windenergieanlagen - letztere in Bilderbuchpanoramen, auf dem Acker oder vor einem Braunkohlekraftwerk.

Der Kalender ist kostenlos, sieht man davon ab, dass der Steuerzahler für diese schon nicht mehr subtile Imagewerbung zugunsten einer Branche aufkommen dürfte. Dass dieser Umstand mit einem Imageverlust für den Grünen-Umweltminister zu Buche schlagen könnte, ist nicht zu erwarten. Die Branche wird oppositionslos aufs Höchste geschätzt - koste es, was es wolle.

Die bis zum Hype gesteigerte Idealisierung der Branche geht nicht zuletzt von den Organisationen aus, welche der Gesellschaft einen Kalender entgegenhalten sollten mit Fotos der ganz anderen Art: nämlich Aufnahmen von den Landschaften, die landauf und landab zum Spekulationsobjekt oder wie Greifvögel und Fledermäuse zum Opfer dieser Branche werden. Bemerkenswerterweise zählt zu der "unabhängigen Jury", welche die Bildauswahl für den ministeriellen Kalender traf, der Vorsitzende des NABU-Landesverbandes NRW.

Danke Horst Stern - Dezember 2012

Cover Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift "Nationalpark" 4/2012 würdigt Horst Stern anlässlich seines 90. Geburtstages. Sterns Wirken habe dem Naturschutz zu einem "Quantensprung" verholfen. Zu Wort kommen Weggefährten wie etwa Hans Bibelriether (über die Gründung der Zeitschrift "Nationalpark"), Wolf Schröder (wie die Idee zu Sterns "Jagdnovelle" entstand), Georg Sperber (zu Sterns Rothirsch-Film und die Folgen), Rudolf L. Schreiber (Stunden mit Stern), Claus-Peter Lieckfeld (natur-Zeit: ein Redakteur erinnert sich) und mit Texten aus den Jahren 1974 bis 1997 Horst Stern selbst. Das Heft portraitiert einen "Jahrhundert-Mann".

Die vor fast 40 Jahren von Stern mitgegründete Zeitschrift "Nationalpark" ist Sterns Anliegen treu geblieben. Das aktuelle Heft sollte lesen, wer auf das Leben eines Mannes zurückschauen möchte, der den Naturschutz mit Beginn der 1970er Jahre personifizierte und politisierte. Es ist ein Heft gegen die Geschichtsvergessenheit und für die Zukunft des Naturschutzes. Sterns Vorbild ist der Gegenentwurf zu der Trivialisierung und Banalisierung, welche die Umweltorganisationen erfasst hat.

Klicken Sie bitte hier, wenn Sie das aktuelle Heft ansehen möchten oder an einem Probeabonnement interessiert sind. Ein Abonnement der Zeitschrift ist ein anspruchsvolles Weihnachtsgeschenk. Der Leser bleibt dem Anliegen eines Mannes verbunden, dem der Naturschutz in Deutschland viel zu verdanken hat.

Die Heilige Barbara und der Kauz - Dezember 2012

Steinkauzpaar im Obstbaum © Rosl Rößner

Höchste Zeit fürs Obstbaumschneiden. In der Kölner Bucht lässt wie anderenorts in Deutschland der Erhaltungszustand der Obstbäume zu wünschen übrig. Der Obstbaumbestand ist größtenteils überaltert, das Interesse an der Erhaltung und Vermehrung von Obstbäumen gering, ihre Pflege ein einziger Notstand. Das Obst verrottet unterm Baum. Es ist bestenfalls ein nostalgisches Nischenprodukt. Beim Discounter gibt es Obst aus allen Teilen der Welt jederzeit und auch gepresst. Ohne eine regelmäßige Pflege sinkt die Lebenserwartung der Bäume. Das ist nicht nur ein Verlust an Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes, sondern für den Steinkauz ein ernstes Problem. Steinkäuze brüten in alten Obstbäumen, wenn es darin nur eine ausreichend komfortable Höhle gibt. Die Baumhöhle ersetzt zur Not eine künstliche Niströhre. Den Baum hingegen kann nichts ersetzen. Die EGE bemüht sich auch ums Nachpflanzen junger Bäume, wenn nur die Grundeigentümer zustimmen. Obstbäume erfordern viel Pflege. Dazu gehört auch der Schutz vor Verbiss durchs Weidevieh.

Mit Säge, Astschere und Leiter ausgerüstet ist das EGE-Team in diesen Wochen in der Kölner Bucht unterwegs, um dem Pflegenotstand abzuhelfen - so zum Beispiel am 4. Dezember. An diesem Tag entspricht das Schneiden von Kirsch- und Apfelbaumzweigen christlicher Tradition. Es ist der Gedenktag der Heiligen Barbara. Der Brauch beruht auf einer Begebenheit aus der hagiographischen Überlieferung. Die Zweige sollen ins Wasser gestellt am Heiligen Abend blühen.

Die EGE wünscht sich für den Steinkauz in der Kölner Bucht blühende Landschaften. Im Unterschied zu allen anderen Bundesländern mit einem bedeutenden Anteil an Streuobstwiesen hat Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, diese Biotope zu gesetzlich geschützten Biotopen zu erklären, erst 2005 genutzt und diesen Schutz zwei Jahre später unter der von Jürgen Rüttgers geführten christlich-liberalen Landesregierung wieder aufgehoben. Die seit Juli 2010 amtierende sozial-grüne Landesregierung hat den Schutz nicht wieder eingeführt.

Dabei hat Nordrhein-Westfalen für den Schutz des Steinkauzes eine besondere Verantwortung. In Deutschland leben drei von vier Steinkäuzen in Nordrhein-Westfalen, nämlich ungefähr 6.000 Paare: davon je ein Drittel am unteren Niederrhein und im Münsterland und etwa 800 Paare in der Kölner Bucht. Die EGE hat den nordrhein-westfälischen Umweltminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Die Grünen) - seit 872 Tagen im Amt - aufgefordert, sich für eine Wiederaufnahme der Streuobstwiesen in den Katalog der gesetzlich geschützten Biotope einzusetzen. Werden diese Steinkauzbiotope in Nordrhein-Westfalen also bald besser geschützt sein? Die EGE möchte darauf keinen Bratapfel verwetten. Vielleicht kann ein Gebet zur Heiligen Barbara mehr bewirken.

EGE schreibt an Bundesumweltminister - November 2012

Uhu © Gordana und Ralf Kistowski

Anfang Dezember 2012 endet die Frist, in der die in Deutschland anerkannten Naturschutzvereinigungen zu dem vom Bundesumweltministerium vorgelegten Entwurf einer Bundeskompensationsverordnung Stellung nehmen können. Die EGE zählt zwar nicht zu diesen Organisationen; sie hat es sich aber nicht nehmen lassen, den Entwurf kritisch durchzusehen und beim Bundesumweltminister Korrekturen des Entwurfs anzumahnen. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 100 KB), wenn Sie die Stellungnahme lesen möchten.

Bis auf die Haltung des Bundesverbandes Beruflicher Naturschutz (BBN) ist der EGE nicht bekannt, ob und wie sich die Naturschutzvereinigungen - beispielsweise BUND oder NABU - zu dem Entwurf verhalten werden. Die Naturschutzvereinigungen tun sich mit Kritik an der Verordnung möglicherweise aus mehreren Gründen schwer: In den Vereinigungen fehlt es an in Fragen der Eingriffsregelung sachverständigen Personen, welche die Schwächen des Entwurfs identifizieren können. Da der Entwurf im Zusammenhang mit der Energiewende steht, ist zu befürchten, dass die Naturschutzvereinigungen dem Entwurf schon deswegen eher gewogen sind, um nicht als Kritiker oder Störer der Energiewende dazustehen. Zudem dürfte die Schnittmenge zwischen staatlicher Naturschutzpolitik und der Haltung der Naturschutzvereinigung inzwischen so groß sein, dass eine unabhängige Position der Vereinigungen nicht mehr ohne weiteres erwartet werden kann.

Geschenkideen - November 2012

Urkunden über Eulenpatenschaften

Sind Sie auf der Suche nach einem originellen Geschenk zum Nikolaus oder zu Weihnachten? Dann könnten Sie bei der EGE genau das Richtige finden.

Klicken Sie bitte die einzelnen Geschenke an, um Einzelheiten zu erfahren.

Naturschutz praktisch - November 2012

Stefan Brücher beim Nestbau © Rita Kühn

Die EGE arbeitet für den Naturschutz - in Wort und Schrift. Und auch ganz praktisch. Zum Schutz der Uhus gehen Mitarbeiter der EGE buchstäblich Wände hoch. In Steinbrüchen ist es vergleichsweise leicht, für Uhus sichere Brutplätze anzulegen. Mit schwerem Gerät müssen dort nur in ausreichender Höhe komfortable Brutnischen in den Fels gestemmt werden. Für diese Arbeit hat Stefan Brücher (im Bild) die letzten Tage mit ruhigem Herbstwetter genutzt. Den Nestbau der etwas anderen Art hat dankenswerterweise der Kreis Euskirchen finanziell gefördert. Die EGE sagt Dankeschön.

Stillgelegte Steinbrüche können ideale Uhubrutplätze sein, wenn nur nicht Fossiliensammler, Klettersportler oder andere Menschen sich dort zur Unzeit am Fels zu schaffen machen. Selbst in Naturschutzgebieten kommt es deswegen immer wieder zu Brutaufgaben. Umso wichtiger ist es, für Brutplätze dort zu sorgen, wo Menschen den Uhus nicht so leicht gefährlich werden können.

Die Anlage Uhu geeigneter Brutnischen kann auch in im Abbau befindlichen Steinbrüchen hilfreich, ja sogar eine rechtliche Zulassungsvoraussetzung für den weiteren Abbau sein. Bevor nämlich ein Uhubrutplatz zerstört werden darf, muss das Abbauunternehmen an anderer Stelle erst einen neuen Brutplatz schaffen. Das ist eine Folge des Artenschutzrechts. Die EGE arbeitet deswegen mit einzelnen Abbaufirmen ebenso erfolgreich zusammen wie mit dem Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie.

Der 13. tote Uhu - November 2012

Überreste eines toten Uhus im Windpark © Stefan Brücher

Die EGE hat kürzlich den 13. toten Uhu unter einer Windenergieanlage gefunden - oder zutreffend gesagt dessen Reste. Sie sind im Vordergrund des Bildes zu sehen und lagen unter der Anlage verstreut: Federn und ein Fuß; ein Ring wurde nach langem Suchen gefunden. Das Opfer, das anhand des Ringes identifiziert werden konnte, war in diesem Jahr in einem Nest 1.300 m von der Anlage entfernt als Jungvogel von der EGE beringt worden. Der Vogel dürfte schon vor einigen Wochen mit der Anlage kollidiert sein. Die Reste wurden aber erst nach der Maisernte gefunden. Im hohen Aufwuchs besteht praktisch keine Chance, Kollisionsopfer zu finden.

Der Fall verdeutlicht, wie prekär die Situation für Uhus ist. In einem Umkreis von 3.000 m um den betreffenden Windpark leben sechs Uhupaare. Ihre Brutplätze befinden sich ungefähr 100 m, 1.000 m, 1.300 m, 1.500 m, 2.400 m und 2.800 m von der jeweils nächstgelegenen Anlage entfernt. Eine solche Häufung von Uhuvorkommen ist natürlich ungewöhnlich. Deshalb sah sich die rheinland-pfälzische Landesregierung gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, hier eigens zum Schutz des Uhus ein Europäisches Vogelschutzgebiet einzurichten. Unter Schutz gestellt hat sie jedoch nicht viel mehr als die Brutplätze. Tatsächlich sind die Uhus in diesem Gebiet zu Russisch Roulette gezwungen. Der Fund unter der Anlage belegt es.

Die aufgefundenen Reste könnten auch zu einem weiteren Uhu gehören, zumal ein Jungvogel aus der nächstgelegenen Brut in der Bettelflugphase gewissermaßen verlorengegangen ist, ohne dass dessen Verbleib aufgeklärt werden konnte. Wäre der Verlust auch dieses Uhus den Windenergieanlagen zuzurechnen, wären in diesem Jahr zwei von 13 im 3.000 m-Umkreis flüggegewordenen Uhus an den Anlagen verunglückt, was einer Verlustrate von mehr als 15 Prozent entspräche. Es liegt auf der Hand, dass solche Verluste keinesfalls als unerheblich eingestuft oder als allgemeines Lebensrisiko bagatellisiert werden können. Auf menschliche Lebensverhältnisse übertragen, wäre es ungefähr so, als würde jedes zehnte von 150 Passagierflugzeugen der Lufthansa binnen eines Jahres abstürzen.

Die Anlage, an der der Uhu ums Leben kam, weist eine beträchtliche Nabenhöhe auf. Der Fund zeigt, dass auch an solchen Anlagen Uhus verunglücken. Die Hoffnung, die auch anfänglich die EGE hegte, die Uhus würden nur bodennah fliegen und eher nicht in den Rotorbereich hoher Anlagen gelangen, trügt. Der Fall zeigt zudem, dass Uhus über Flächen fliegen, auf denen sie gar nicht erfolgreich jagen können: Nämlich Maisfelder, die schon früh im Jahr für die Jagd nicht mehr in Frage kommen. Die Bestrebungen, die Flächen so zu gestalten oder zu bewirtschaften, dass sie für Vögel unattraktiv sind, entfalten kaum die konfliktmindernde Wirkung, die ihnen Gutachterbüros zuschreiben. In der nächsten Brutzeit dürfte es in diesem Windpark für Uhus noch gefährlicher werden. Um die Aktivität der Fledermäuse zu erfassen, waren nämlich nachts zwei der sechs neuen Anlagen zeitweilig abgeschaltet.

Man muss sich fragen, wie die Anlagen überhaupt genehmigt werden konnten, denn die Vorschriften zum Schutz von Europäischen Vogelschutzgebieten gelten auch gegenüber Bauvorhaben außerhalb dieser Gebiete, wenn die Vorhaben geeignet sind, den günstigen Erhaltungszustand der im Gebiet zu schützenden Arten erheblich zu beeinträchtigen. Wie viele Uhus in diesem Windpark bisher ums Leben kamen, kann niemand sagen. Der von der EGE dokumentierte Fall dürfte kaum ein Einzelfall sein. Er dokumentiert erneut einen Zufallsfund. Eine systematische Suche nach Schlagopfern findet so gut wie nirgends statt.

Der Fall verdeutlicht, dass ein Abstand von 1.000 m, den nach Meinung der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten Windenergieanlagen zum Schutz von Uhus mindestens einhalten sollten, unzureichend ist. Die Empfehlung der Länderarbeitsgemeinschaft, auch die Nahrungshabitate über diesen Umkreis hinaus von Anlagen freizuhalten, fand im Zulassungsverfahren keine Berücksichtigung. Stattdessen wurde der Anlagenbetreiber verpflichtet, einen Hektar Acker zu Brache zu entwickeln, was den Uhus nichts hilft. Die Brache, so war wohl auch hier die Annahme, würde die Uhus von Flügen in den gefährlichen Rotorbereich abhalten. Das ist eines der üblichen ökologischen Feigenblätter, mit denen die lebensgefährlichen Eingriffe in die Lebensräume der Wildtiere beschönigt und schließlich genehmigt werden.

Die EGE hatte die zuständigen Behörden gebeten, sich für ein zeitlich befristetes Abschalten der betreffenden Windenergieanlagen in den Nachtstunden wenigstens während der Bettelflugphase einzusetzen. Vergeblich. In Rheinland-Pfalz setzen sich die Interessen der Windenergiewirtschaft besonders rigoros durch.

Abgefahrene Sache: Der Entwurf der Kompensationsverordnung - November 2012

Tote Schleiereule auf Asphalt © Eberhard Giese

Das Bundesumweltministerium arbeitet an einer Kompensationsverordnung. Sie soll künftig die Anwendung der Eingriffsregelung einheitlich in Bund und Ländern regeln. Fachleute sind besorgt, der Minister plane eine Eingriffsregelung "light". Die Verordnung steht im Zusammenhang mit der Energiewende. Mit der Energiewende könnte der Bedarf an naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen steigen, lauten die unbelegten Befürchtungen. Sie verbinden sich mit den politisierten Forderungen der Landwirtschaft, die sich gegen die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege wendet. Der Bundesumweltminister muss die auf Bundesebene anerkannten Naturschutzvereinigungen an dem Entwurf der Verordnung beteiligen. Ob und wie diese Vereinigungen ihre Mitwirkungsrechte in der Sache nutzen werden, ist bisher nicht zu erkennen. Die EGE zählt nicht zu diesen Vereinigungen; immerhin sie hat aber zu den Plänen des Bundesumweltministers kritisch Stellung genommen (in der Zeitschrift "Naturschutz und Landschaftsplanung" Heft 9, 2012). Jetzt liegt der EGE auch der Entwurf der Verordnung vor, was die EGE zu einer erneuten Stellungnahme veranlasst hat. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 68 KB), wenn Sie die Stellungnahme der EGE zu diesem Entwurf lesen möchten.

Eulenkalender 2013 - November 2012

Eulenkalender 2013 © Rosl Rößner

Rosl Rößner hat sich nicht nur einen Namen gemacht als Naturfotografin, sondern unterstützt honorarfrei auch die Website der EGE mit ihren wunderbaren Eulenaufnahmen. Nun hat Frau Rößner zwei beeindruckend schöne Kalender für das Jahr 2013 mit je zwölf brillanten Eulenfotos gestaltet. Je verkauftem Kalender fließen 3 Euro auf das Spendenkonto der EGE. Die EGE dankt allen Personen, die mit dem Erwerb dieser Eulenkalender die Anliegen der EGE unterstützen. Ein besonders herzliches Dankeschön gilt der Fotografin Rosl Rößner! Klicken Sie bitte hier, wenn Sie die Kalender ansehen und eine Bestellung erwägen möchten. Und besser noch: Bestellen Sie bitte!

Videobotschaft - Oktober 2012

Birkhuhn © Gordana und Ralf Kistowski

Am 20. Januar 2013 sind in Niedersachsen Landtagswahlen. Der Slogan der niedersächsischen CDU für den Landtagswahlkampf lautet "So machen wir das". Die Niedersachsen CDU hat zu diesem Slogan Song und Video produzieren lassen. Das Video "illustriert mit zahlreichen Motiven aus Niedersachsen und beeindruckenden Effekten", so die Niedersachsen CDU auf ihrer Website, "wofür Ministerpräsident David McAllister und die CDU in Niedersachsen arbeiten". Das 3:39 Minuten lange, in wenigen Tagen zigtausend Mal aufgerufene Video ist so sehens- wie bemerkenswert. Es sagt nämlich einiges aus über die Lage und den Stellenwert des Naturschutzes - und das vermutlich über Niedersachsen und die CDU hinaus. Das Video findet sich unter http://youtu.be/qZdK4sMcLaQ

Das Video rafft einen Tag zwischen Ems und Elbe, Harz und Watt in fast 40 Einstellungen zusammen. In einer solchen Präsentation ist Landschaft unvermeidbar. Das Video reduziert sie auf den Standort von Hafenwirtschaft, Werft, Automobilindustrie, Nahrungsmittelproduktion, Transport und Verkehr. Landschaft ist in diesem Video Baugrund, Autobahn, Logistikzentrum, Containerterminal, Windpark, künstlich beregnete Monokultur, Fahrrinne für Kreuzfahrtschiffe und ein von Mountainbikern ruiniertes Stück Wald. Das ist vorherrschende Einstellung und Programm. Niedersachsens Naturerbe hat darin keinen Platz, der Rest der Moore, Weißstörche und Kraniche nicht, das Wattenmeer nur als Ansammlung von Strandkörben. Landschaft ist in diesem Video bestenfalls Kaffeefahrtskulisse und ein Berg mit Skischanze. Anderes, was die niedersächsische Landschaft prägt, lässt das Video überraschend aus: Massentierhaltung, Gülle, Mais, Biogasanlagen. Davon gibt es in Niedersachsen mehr als in jedem anderen Bundesland und wohl mehr als der Wähler sehen will.

Ins visualisierte Biotop der Niedersachsen springt nach dem Niedersachsenross zum Songtext "klarer Blick und klare Kante" ein großer schwarzer Hund. Zum Text "bist Du eine linke Sprotte, leg´ dich niemals mit uns an" folgt ein in die SPD-Zeitung "Vorwärts" eingeschlagener toter Fisch. "Unser Häuptling ist ein Schotte. Und wir sind ein starker Clan". Das ist Niedersachsens gereimte Biodiversität. Die einst für das Land typischen und jetzt aussterbenden Birkhühner, Goldregenpfeifer und Wiesenvögel kommen nicht ins Bild; nicht einmal mehr Weidevieh.

Das Video wirbt um die Zustimmung von 6,1 Millionen Wählern (darunter 250.000 Erstwähler), an deren Sehgewohnheiten und Lebensgefühl es anknüpft. Naturschutz hat darin keinen Platz. Der Umstand, dass die Natur selbst darin kaum vorkommt und Landschaft fast ausschließlich als Technotop, ist der vorläufige Endpunkt der Marginalisierung von Natur im öffentlichen Bewusstsein und ein zutiefst verstörender Befund. Das Video ist überraschend ehrlich. Keine Bilderbuchlandschaften, sondern Vorbildlandschaften anderer Art - dem bildungsfernen Songtext nach vermutlich die "Zukunft, die schon jetzt passiert". Kein christliches Gerede von "Schöpfungsverantwortung". Schluss mit der "Versöhnung von Ökonomie und Ökologie". Stattdessen Landschaftsverbrauch ohne Reue. Im Kontrast zu einer kürzlich vom Bundesamt für Naturschutz veröffentlichten Studie spielt das "Naturbewusstsein in Deutschland" im Video dieselbe Rolle wie für die Landtagswahl: nämlich keine. Es bedarf keiner tiefergreifenden Analyse, um das Desaster zu erahnen, vor dem parteiübergreifend der Naturschutz und seine Botschaft stehen.

Vielleicht ist es mit dem Video aber auch einfach so wie im Film "Das schwarze Schaf": Pater Brown (gespielt von Heinz Rühmann) schaut sich in der irischen Provinz ein moralisch fragwürdiges Bühnenstück an und kommt zu dem Urteil: "Schlecht. Daher nicht gefährlich. Zu schlecht."

Dr. h.c. Horst Stern zum 90. Geburtstag - Oktober 2012

Weißsterniges Blaukehlchen © Gordana und Ralf Kistowski

Naturschutz ist im öffentlichen Bewusstsein, sollte er dort einen Platz haben, eher mit Namen deutscher Umweltminister verbunden als mit Personen des beruflichen Naturschutzes. Das ist kein Ausweis für seine politische Emanzipation, sondern seines in jeder Hinsicht unzureichenden Profils und der fehlenden gesellschaftlichen Verankerung seiner Ziele.

Der Naturschutz wird nicht als eigenständiges Politikfeld, sondern als Teil des Umweltschutzes wahrgenommen, in welchen er sich ein- und unterordnet - so gegenwärtig in geradezu dramatischer Weise unter den als Umweltschutz deklarierten Ausbau der Stromwirtschaft aus regenerativen Quellen. Personen, die nach Position und Profil für die Sache des Naturschutzes stehen, kennt die deutsche Öffentlichkeit eher nicht. Dem Naturschutz fehlt es nicht allein an einem klaren Erscheinungsbild; es fehlen ihm auch die Personen und Persönlichkeiten, welche die Öffentlichkeit mit seinen Zielen zu verbinden wüsste.

Man muss in der Zeit zurückgehen, um auf eine solche Persönlichkeit zu stoßen: Horst Stern. Am 24. Oktober wird er 90 Jahre alt. Stern stand mit Beginn der 1970er Jahre wie kaum ein anderer für den Naturschutz in Deutschland. Stern war eine Orientierungsgestalt für eine ganze Naturschützer-Generation. Er verschaffte dem Naturschutz eine bis dahin ungekannte und nicht wiedererlangte Aufmerksamkeit - in der Hauptsache und heute unvorstellbar nur mit der Kraft des Wortes. In dieser Zeitspanne definierte der Naturschutz seinen Anspruch als ein alle Politik- und Wirtschaftsbereiche durchdringendes Handlungs- und Gestaltungsprinzip, vollzog sich die Professionalisierung des Naturschutzes in Verwaltung und Verbänden und nicht zuletzt die gesetzliche Absicherung seiner Ziele und Aufgaben.

Trotz dieser Errungenschaften ist die Bilanz des Naturschutzes in Deutschland ernüchternd. Die Lage von Natur und Landschaft verschlechtert sich dramatischer denn je. Gegenüber der inneren Ursache der Misere - einer von bloßer Gier und verantwortungsloser Freiheit getriebenen Ökonomisierung aller Lebensbereiche zu Lasten des Lebens überhaupt - ist der Naturschutz weithin kritik- und sprachlos geblieben. Es fehlt in den Organisationen des Naturschutzes an analytischer, konzeptioneller und strategischer Kompetenz, an der rechten Gewichtung der Probleme, an der Fähigkeit und Bereitschaft zum Konflikt, an Unabhängigkeit, moralischem Format, vielleicht nicht an Personen, aber - was so sonst nur von der FDP gesagt werden kann - an Persönlichkeiten.

Stern hat seine Wirkung eher gering veranschlagt. Zum Ende der 1990er Jahre hat er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Sterns Platz ist unbesetzt geblieben. Stern muss damit rechnen, dass ihn die Spitzenorganisationen des Umwelt- und Naturschutzes aus Anlass des Geburtstages ehren und für eine Sicht auf die Dinge vereinnahmen könnten, die nicht seine ist.

Sterns Wirken hat die EGE aus Anlass seines 85. Geburtstages gewürdigt und erneut am Heiligen Abend 2011, nämlich 40 Jahre nach der Erstausstrahlung Sterns legendärer "Bemerkungen über den Rothirsch". Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, 96 KB), wenn Sie die beiden Würdigungen lesen möchten.

In der Fernsehreihe "Zeugen des Jahrhunderts" kommt Horst Stern selbst zu Wort. Klicken Sie bitte auf untenstehenden Link, wenn Sie den Beitrag anschauen möchten:

Blütenträume - Oktober 2012

Euroscheine - Urh. Friedrich Kromberg, Fotograf W.J.Pilsak

Die Energiewende treibt wundersame Blüten. Hier Pressemeldungen der letzten Tage:

Die Akzeptanz der Energiewende gerät in Gefahr. Wegen der Kosten für die einen und der Gewinne für die anderen. Vielleicht auch, weil die Argumente der Klimaalarmisten nicht mehr geglaubt werden. Die Verwaltungen der deutschen Wattenmeer-Nationalparks versuchen es am 17.10.2012 noch einmal mit diesem Aufruf:

"Werden Sie Pionier für die Anpassung an den Klimawandel! Auch für die Küstenregion erwarten Experten trotz aller Bemühungen des Klimaschutzes Auswirkungen des Klimawandels, wie etwa einen Anstieg des Meeresspiegels, eine Zunahme von extremen Wetterereignissen, längere Trockenperioden und einen Anstieg der Temperaturen. Darauf gilt es sich vorzubereiten. Die Seestadt Bremerhaven lädt Sie mit Unterstützung des Umweltbundesamtes herzlich zu einer Ideen- und Kooperationsbörse zur regionalen Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz ein."

Wahr ist, dass der Meeresspiegelanstieg an der deutschen Nordseeküste ein nacheiszeitliches Phänomen ist und 25 cm im Jahrhundert beträgt. Anzeichen für einen dramatischen Anstieg gibt es nicht.

Schleiereulensterben - Oktober 2012

Drei tote Schleiereulen © Stefan Brücher

In diesem Jahr gab es viele Mäuse. Das hat die Schleiereulen noch zu späten Bruten veranlasst, so dass mancherorts noch Ende September junge Schleiereulen geschlüpft sind. Jetzt scheint die Nahrung knapp zu werden. Die EGE traf in den letzten Tagen auf fast flügge, aber tote Schleiereulen, die so leicht waren, dass sie vermutlich verhungert sind. Es ist ein Bild des Jammers (s. oben). An einem Brutplatz lag das Nesthäkchen unter dem Nistkasten. EGE-Mitarbeiter setzten es wieder in den Brutplatz zu den Geschwistern. Am nächsten Tag lag es wieder draußen. Die Mitarbeiter der EGE haben sich deshalb entschlossen, die schwächsten Schleiereulen in Obhut zu nehmen. Bis zum nächsten Frühjahr bleiben sie dort, um dann hoffentlich fit fürs Leben in die Freiheit entlassen zu werden.

Der Bestand an Schleiereulen hat sich infolge der letzten strengen Winter dramatisch verringert. Das gute Mäusejahr haben deshalb nur wenige Schleiereulen mit Bruten quittieren können. Deshalb kommt es mehr denn je auf jeden Jungvogel an. Die unerwarteten Schleiereulenjunge sind natürlich der EGE herzlich willkommen, schlagen aber mit Futterkosten zu Buche. Vielleicht mögen Sie, lieber Leser, auch deshalb die Bemühungen der EGE mit einer Spende unterstützen. Das folgende Bild zeigt drei der aktuell in die Obhut der EGE gelangten Schleiereulen.

Junge Schleiereulen bei der EGE © Peter Josef Müller

12 Sterne auf blauem Grund - Oktober 2012

Der Friedensnobelpreis 2012 geht an die Europäische Union. Der europäische Einigungsprozess mag dieser Auszeichnung würdig sein, steht er doch für eine Epoche friedlicher Zusammenarbeit in Europa. Die Auszeichnung sollte sich als Ermutigung der Europäer selbst verstehen, den Weg der Versöhnung, der gegenseitigen Achtung und des Ausgleichs fortzusetzen. Die Europäische Gemeinschaft darf sich nicht als eine bloße Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft verstehen. Sie muss vor allem eine Gemeinschaft der geistigen, ideellen und kulturellen Werte sein.

Helmut Schmidt hat daran erst kürzlich die Deutschen erinnert: "Die Europäische Union kann durchaus scheitern. Sie könnte durchaus auch an den Deutschen scheitern! Denn zur großen Überraschung vieler Deutschen erweist sich die Bundesrepublik als die ökonomisch stärkste Macht des Kontinents. Und sie lässt das die anderen Mitgliedsstaaten spüren! Das deutsche Bundesverfassungsgericht, die Bundesbank und vorher schon Bundeskanzlerin Merkel gerieren sich als das Zentrum Europas."

Das Logo der EGE ist nicht grundlos eine Uhufeder mit zwölf Sternen auf blauem Grund.

Klartext - Oktober 2012

Waldohreule im Herbstlaub © Gordana und Ralf Kistowski

Die EGE hat sich jüngst in der vom Ulmer Verlag herausgegebenen Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftsplanung“ zu zwei aktuellen Brennpunkten des Naturschutzes zu Wort gemeldet: zur vom Bundesumweltministerium geplanten Kompensationsverordnung und zum Stellenwert des Vogelschutzes beim Ausbau der Windenergiewirtschaft. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie die Beiträge lesen möchten:

Eulenschützer treffen sich in Bad Blankenburg - September 2012

Die 28. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen e. V. (kurz AG Eulen) findet vom 19. bis zum 21. Oktober 2012 in Bad Blankenburg/Thüringen statt. Das Treffen stellt sich der Frage: Nisthilfen für Eulen: notwendig, sinnvoll, überflüssig oder schädlich? Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 100 KB), wenn Sie Einladung und Programm lesen möchten. - EGE und AG Eulen sind unterschiedliche Organisationen; es eint sie der Einsatz für den Schutz der Eulen. Die EGE wirbt deshalb an dieser Stelle gerne für die Teilnahme an der Tagung.

Sendung verpasst? - September 2012

Falls Sie am 23.09.2012 nicht rechtzeitig die Sendung im WDR-Fernsehen "Tiere suchen eine Zuhause" eingeschaltet haben, den Beitrag über den Schutz des Steinkauzes aber ansehen möchten, dann klicken Sie bitte hier:

Die Geister, die ich rief - September 2012

In Rheinland-Pfalz regt sich Unmut in den anerkannten Naturschutzverbänden - nicht wegen der "Energiewende", aber wegen der Art und Weise ihrer Durchsetzung. "So haben wir uns die von uns mit erkämpfte Energiewende nicht vorgestellt", klagen zehn (!) Landesnaturschutzverbände in einer gemeinsamen Presseerklärung am 24.09.2012, darunter auch die Landesverbände von NABU und BUND. Standortentscheidungen "würden immer mehr aus reinen Renditegesichtspunkten getroffen".

Die Verbände fordern von der rheinland-pfälzischen Landesregierung eine an Kriterien des Naturschutzes und der Landschaftspflege orientierte übergeordnete Steuerung des Ausbaus der Windenergie. Die sozial-grüne Landesregierung in Mainz will hingegen den Kommunen die Standortentscheidungen überlassen und lässt ihnen dazu weitgehend freie Hand. Die Verbände befürchten, die Städte und Gemeinden könnten mit dieser Aufgabe überfordert sein und sehen eine "Katastrophe für die Landschaft" voraus. Den Verbänden dämmert, wie der Ausbau der Windenergiewirtschaft funktioniert und welches die wahren Motive der Entwicklung sind. In Norddeutschland hätten sie seit 20 Jahren die Geschäftsmodelle der Branche studieren können. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 452 KB), wenn sie die denkwürdige Erklärung der zehn Verbände lesen möchten.

Pfüati! - September 2012

Steinkauz vor der Brutröhre © Gordana und Ralf Kistowski

Bornheim bald Biotop mit Kauz? So fragten wir zu Beginn dieses Jahres. Bornheim ist eine Stadt im Rhein-Sieg-Kreis zwischen Bonn und Köln. Dank der Bemühungen von EGE-Mitarbeiterin Ursula Sammann und ihren Helfern warten im Gebiet der Stadt Bornheim 40 bezugsfertige Steinkauz-Röhren auf Käuze. Die Röhren waren von der Stadt Bornheim gekauft worden.

Den Bemühungen von Stadt und EGE scheint ein erster Erfolg beschieden zu sein. Ein Steinkauzpaar ist seit einigen Wochen immer an derselben Stelle zu beobachten. An einer anderen Stelle kam es in diesem Frühjahr in einer der neuen Röhren immerhin zu einem Brutversuch. Das an der Brut beteiligte Weibchen fand den Weg nach Bornheim; es war im Jahr 2005 fast 30 km entfernt im Kreis Euskirchen beringt worden.

Ursula Sammann hat in Bornheim gewissermaßen das Feld bestellt. Die EGE richtet deshalb einige Hoffnungen auf die Brutzeit 2013. Dann müssen die Käuze allerdings ohne die Fürsorge Ursula Sammanns auskommen. Frau Sammann kann nach ihrem Umzug nach Bayern das Projekt von dort aus nicht fortführen, aber sie bleibt der EGE verbunden und wird in Bayern aufs Neue für den Schutz der Eulen tätig sein. Ursula Sammann legt das Bornheimer Steinkauzprojekt in die Hände von Julia Krug-Ochmann, der die EGE schon heute für die Bereitschaft dankt, das Projekt fortzusetzen. Die EGE sagt Frau Sammann ein herzliches Vergelt´s Gott. Ihr und den Käuzen, denen sie den Weg nach Bornheim gebahnt hat, Pfüati!

Signalstörung - September 2012

Schafsköpfe © Eberhard Giese

Der 31. Deutsche Naturschutztag (DNT) mit dem Schwerpunkt "Neue Energien - neue Herausforderungen: Naturschutz in Zeiten der Energiewende" ist zu Ende. In einer 10seitigen Abschlusserklärung erklären Veranstalter (DNR, BfN, BBN, Thüringer Umweltministerium) und Teilnehmer den verstärkten Ausbau regenerativer Energien und des Stromleitungsnetzes aktiv unterstützen zu wollen, betonen aber auch für Naturschutz und Landschaftspflege kritische Seiten dieses Ausbaus. Im Abschlusskommuniqué werden die Erfordernisse genannt, die nach Auffassung des DNT für eine Energiewende im Einklang mit diesen Belangen unverzichtbar sind: die Beibehaltung der naturschutzrechtlichen Maßstäbe, die frühzeitige Bürgerbeteiligung und an Kriterien des Naturschutzes und der Landschaftspflege orientierte Standortentscheidungen für alle Arten regenerativer Energien einschließlich stärkeren Energiesparens und gesteigerter Energieeffizienz. Darüber hinaus appelliert der DNT an Politik, Wirtschaft und Verwaltung, schöne touristisch bedeutende Landschaften und naturnahe Wälder nicht für Windenergieanlagen in Anspruch zu nehmen, die auf diese Anlagen bezogenen Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten anzuwenden, die Biomasseproduktion stärker an Kriterien der Nachhaltigkeit und des Naturschutzes zu binden und auf den Bau kleiner Wasserkraftanlagen zu verzichten.

Diese Anforderungen sind selbstverständlich und (sehen wir vom Verzicht auf energetisch marginale Klein- und Kleinstwasserkraftanlagen ab) unbestimmt genug, um in Politik und Wirtschaft und nicht zuletzt in den Spitzenorganisationen des deutschen Naturschutzes konsensfähig zu sein. Zu größerer Konfliktbereitschaft hat es beim DNT nicht gereicht. Das Abschlusskommuniqué ist deshalb großenteils unkonkret und unentschieden. So räumt der DNT ein, dass die Natura 2000-Gebiete unter den Druck der Windenergie- und Solarwirtschaft geraten sind und diese Gebiete dafür nicht zur Verfügung stehen "sollten", mag aber auch dort - auf 15 Prozent der Landfläche der Bundesrepublik - den strikten Verzicht auf solche Anlagen nicht verlangen. Und so bleiben in der Erklärung beispielsweise auch die von der EGE an den DNT gerichteten Empfehlungen fast gänzlich unberücksichtigt.

Die Spitzenorganisationen des deutschen Naturschutzes scheinen an Bodenhaftung verloren zu haben. Die Missachtung der Maßstäbe des Naturschutzes und der Landschaftspflege beim Ausbau der Regenerativen steht ja nicht erst bevor, sondern ist eine Alltagserfahrung, jedenfalls für die Personen, die mit diesem Ausbau an Ort und Stelle konfrontiert sind: vor allem die unteren Naturschutzbehörden, die sich in ihrer Herausforderung und Erfahrung in der Abschlusserklärung des DNT 2012 kaum wiederfinden. Was etwa sollen Naturschutzbehörden mit diesem Dokument anfangen in einem Bundesland, dessen Ministerpräsident 2002 die Ausbaugrenzen der Windenergie erreicht sah, eine Einschätzung die der Landtag teilte und wo seitdem die Anlagenzahl von weniger als 3.500 auf mehr als 5.500 anstieg, sich die Anlagenhöhe mehr als verdoppelte und ungebrochen neue Standorte für Windenergieanlagen mobilisiert werden. Der Ausbau der Windenergiewirtschaft vollzieht sich bundesweit eher regelmäßig als ausnahmsweise unter Missachtung elementarer Maßstäbe des Naturschutzes. Ein Schwarzbuch dieses Ausbaus kann mühelos geschrieben werden.

Das Abschlusskommuniqué des DNT 2012 offenbart einen zutiefst defensiven Naturschutz, der die Auswüchse des Ausbaus der Regenerativen verschweigt, auf einen Zug aufspringen möchte, in dessen erster Klasse sich die Funktionäre der Umweltverbände zusammen mit der profitierenden Branche eingerichtet haben, ohne wahrzunehmen oder entschieden zu verteidigen, was unter die Räder dieses Zuges geraten ist. Die Bemühungen einer Minderheit, streckenweise die Geschwindigkeit zu drosseln, Bahnübergänge zu beschranken, Weichen neu zu stellen oder Fahrpläne zu ändern, bleiben in den Spitzenorganisationen des deutschen Naturschutzes eher unverstanden. Mehr als ein paar Andreaskreuze hat der DNT 2012 jedenfalls nicht aufgestellt, selbst dort nicht, wo an das Ziehen der Notbremse zu denken wäre. Wenn der Naturschutz in Deutschland angesichts der gravierenden Kollateralschäden der Energiepolitik zu mehr nicht fähig ist, dürfte mit einem Mehr an Personal und Mitteln, das Veranstalter und Teilnehmer am Ende der Erklärung für ihren Beitrag zur "aktiven Gestaltung der Energiewende" fordern, für die Sache des Naturschutzes nichts gewonnen sein. Das Abschlussdokument sollte gelesen werden - jetzt und nach Jahren, wenn aus der zeitlichen Distanz die Rolle des Naturschutzes in der neueren Geschichte der deutschen Energiepolitik bewertet werden sollte.

Fernsehtipp - September 2012

Steinkauz © Rosl Rößner

Fernsehzuschauer kennen die Sendung des WDR "Tiere suchen ein Zuhause". Am kommenden Sonntag (23.09.2012) strahlt der WDR in dieser Reihe einen Beitrag aus, der sich mit dem Einsatz der EGE zum Schutz des Steinkauzes in der Kölner Bucht befasst, wo Bauvorhaben nach wie vor die Existenz der kleinen Eulenart bedrohen. Der Beitrag stellt auch die Personen vor, die dort seit vielen Jahren in ihrer Freizeit Steinkäuze ganz praktisch schützen: Rita Edelburg-Müller und Peter Josef Müller - EGE-Mitarbeiter aus Leidenschaft. Dank des Einsatzes der Müllers finden Steinkäuze in den mit Obstbäumen bestandenen Wiesen und Weiden am Rande der Dörfer ein Zuhause, das trotz bester Artenschutzgesetze immer wieder aufs Neue vor kommunalen Interessen und Baulandspekulation verteidigt werden muss. Bitte einschalten: Sonntag, den 23. September 2012, 18.15 - 19.10 Uhr WDR Fernsehen.

König der Nacht - September 2012

Uhu © Gordana und Ralf Kistowski

Die gerade erschienene Oktober-Ausgabe des ARD Buffet Magazins berichtet über den "König der Nacht ... Einst als Unglücksbote gefürchtet und verfolgt, wäre der Uhu vor rund 50 Jahren beinahe ausgestorben. Mittlerweile breitet er seine Schwingen wieder über Deutschland aus." Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 232 KB), wenn Sie den Beitrag lesen möchten, den wir an dieser Stelle mit freundlicher Genehmigung des Verlages veröffentlichen.

EGE richtet Appell an DNT 2012 - September 2012

Wendehals © Rosl Rößner

Am 17.September 2012 beginnt in Erfurt der 31. Deutsche Naturschutztag (DNT). Die fünftägige Veranstaltung steht unter dem Leitthema "Neue Energien - neue Herausforderungen; Naturschutz in Zeiten der Energiewende". Veranstalter sind der Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN), das Bundesamt für Naturschutz, das gastgebende Bundesland Thüringen und der Deutsche Naturschutzring (DNR), der sich als Dachverband "der" deutschen Natur- und Umweltschutzverbände bezeichnet.

Die Erwartungen an diese Veranstaltung dürfen nicht zu hoch geschraubt werden. Der Ausbau der regenerativen Energien wird in der Umweltpolitik mit so viel Wohlwollen begleitet, dass die Begleitschäden dieses Ausbaus nicht ohne Weiteres wahrgenommen, sondern verharmlost oder bewusst für "ein höheres Ziel" in Kauf genommen werden.

Die EGE richtet deswegen einen Appell an Veranstalter und Teilnehmer des DNT 2012, einen angemessenen Standpunkt gegenüber dem Ausbau der regenerativen Energien einzunehmen. Vom DNT müsse mehr und etwas anderes ausgehen als ein uneingeschränktes Bekenntnis zur "Energiewende", sagte ein EGE-Sprecher. Es sei höchste Zeit, den Ausbau der regenerativen Energien an Maßstäbe des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu binden. Die Energiewende spiegle Ziele des Klima- und Umweltschutzes vor, Motor sei hingegen ein mit Idealisierung gepaartes radikales Profitstreben. Schon heute gehe der Ausbau der regenerativen Energien mit schwerwiegenden ökologischen Schäden einher. In vielen Regionen vollzöge sich der Ausbau nach dem Motto, "für den Schutz der Atmosphäre ist uns kein Teil der Biosphäre zu schade".

Der DNT 2012 könnte ein Zeichen setzen, würde er sich in einem Abschlusskommuniqué auch nur die sieben folgenden Forderungen an Politik, Wirtschaft und Verwaltung zu eigenmachen:

Ob und wie sich der DNT 2012 zu diesen beinahe selbstverständlichen Anforderungen stellt, bleibt abzuwarten. Die EGE hatte im Vorfeld des DNT die Sorge geäußert, die ökologischen Schattenseiten des Ausbaus regenerativer Energien könnten schon deswegen zu kurz kommen, weil Kritiker des Ausbaus nicht hinreichend am Programm des DNT beteiligt seien.

Die EGE erinnert in diesem Zusammenhang an Prof. Dr. Wolfgang Erz, der die Deutschen Naturschutztage über drei Jahrzehnte wie kein anderer geprägt hatte. Wolfgang Erz war Mitarbeiter des Bundesamtes für Naturschutz und die maßgebliche Persönlichkeit im Bundesverband Beruflicher Naturschutz. Erz hatte sich stets für ein klares Profil des Naturschutzes gegen jede Vereinnahmung - auch und gerade seitens eines bloß auf Nachhaltigkeitsaspekte verengten Umweltschutzes - eingesetzt. Wolfgang Erz starb am 19. August 1998 bei einer Dienstreise. Seine analytische, strategische und konzeptionelle Rolle im deutschen Naturschutz ist unbesetzt geblieben.

Windenergie: Rückzug des Vogelschutzes aus der Fläche - September 2012

Mäusebussard © Gordana und Ralf Kistowski

Der Ausbau der regenerativen Energien scheint politisch unumkehrbar - ganz gleich, wer in Bund oder Ländern regiert. Vor allem die Windenergiewirtschaft kann auf eine breite politische Unterstützung bauen. Die Bundesländer werden dieser Branche, wo noch nicht geschehen, mindestens zwei Prozent der Fläche zur Verfügung zu stellen. So auch Rheinland-Pfalz, dessen rot-grüne Landesregierung dieses Ziel beschlossen hat. Zur Durchsetzung des Beschlusses muss der Naturschutz angepasst werden.

Zu diesem Zweck haben im Auftrag des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums Mitte August 2012 die Staatliche Vogelschutzwarte in Frankfurt (zuständig für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland) sowie das Landesumweltamt einen "Naturschutzfachlichen Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz" vorgelegt, der als ein "starkes Stück" bezeichnet werden kann. Dies nicht wegen des mit 146 Seiten vielleicht beeindruckenden Umfanges, sondern seiner Schwachstellen wegen. Alleinverantwortlich sind allerdings nicht die Auftragnehmer, sondern mitverantwortlich ist die Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW).

Die LAG VSW hatte 2007 Abstände empfohlen, welche Windenergieanlagen zu Vorkommen einiger seltener Vogelarten nicht unterschreiten sollen, und im Hinblick auf diese Arten bestimmte Prüferfordernisse formuliert (Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu bedeutender Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. Berichte zum Vogelschutz 44, 2007: 151-153.) Das rheinland-pfälzische Papier hält zwar an den meisten Mindestabständen fest, reduziert die bisherigen Prüfradien aber teilweise drastisch und beruft sich dabei auf eine aktualisierte Fassung des LAG-Papieres zitiert als "LAG VSW 2012, im Druck".

Man darf also annehmen, dass sich die Absenkung der Prüfbereiche auch in der Neufassung des LAG-Papiers finden wird. So reduziert sich der Prüfradius beispielsweise beim Rotmilan von 6.000 m auf 4.000 m, beim Schwarzmilan von 4.000 m auf 3.000 m, bei Wiesen- und Rohrweihe von 6.000 m auf 3.000 m, beim Schwarzstorch von 10.000 m auf 6.000 m, beim Uhu gar von 6.000 m auf 2.000 m. Den Änderungen stehen nur wenige Verbesserungen gegenüber: Zu Rotmilan-Nestern sollen die Anlagen künftig 1.500 m (ausnahmsweise 1.000 m) Distanz halten müssen; angesichts der allein für Brandenburg prognostizierten Zahl von 304 bis 354 Kollisionen pro Jahr ein mehr als überfälliger Schritt. Abweichend vom aktualisierten LAG-Papier sollen in Rheinland-Pfalz Abstände zum Schutz des Schwarzstorches von 1.000 m (LAG: 3.000 m) und zu Brutvogellebensräumen regionaler, landesweiter und nationaler Bedeutung von 500 m genügen (LAG: 10fache Anlagenhöhe).

Ob die Änderungen anhand wissenschaftlicher Fakten begründbar sind, die LAG einen Begründungsversuch unternommen hat oder externe Fachleute beteiligt waren, ist fraglich. Avifaunistische Fakten sind für diese Talfahrt der Richtwerte eher nicht in Sicht. Das als "im Druck" bezeichnete Papier dürfte dem politischen Druck geschuldet sein, unter dem es zustande gekommen ist, weniger wissenschaftlichem Erkenntniszuwachs.

Man mag die Reduzierung der Prüfbereiche für einzelne Arten noch verstehen. Vielleicht muss man die Peripherie von Vogellebensräumen aufgeben, um wenigstens die engste Nestumgebung vor immer neuen Standortforderungen zu schützen, also einiges aufgeben, um überhaupt etwas zu erreichen. Auch sollte man sehen, welche Irritationen das aus der Rechtsprechung zum Rotmilan herausfallende Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 10.03.2010 in Fachkreisen angerichtet hat. Die Reduzierung der tatsächlich kollisionsgefährdeten Arten lässt sich hingegen nicht nachvollziehen.

Eine Aktualisierung des LAG-Papiers hatte auch die EGE gefordert. Allerdings um es an den rechtlichen Maßstäben zu orientieren, die seit der "Kleinen Artenschutzrechtsnovelle" 2007 an die Entscheidung über Eingriffsvorhaben anzulegen sind: die Schädigungs- und Tötungsverbote des § 44 Abs.1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes. Konnte sich die alte Fassung des LAG-Papiers noch damit entschuldigen, vor Inkrafttreten dieser Vorschriften erarbeitet worden zu sein, legt die Neufassung wie schon jetzt das Papier aus Rheinland-Pfalz ein defizitäres Rechtsbewusstsein bloß. Denn während das Tötungsverbot alle europäischen Vogelarten vor einem signifikant steigenden Tötungsrisiko beispielsweise an Windenergieanlagen in Schutz nimmt, verengen die Verfasser die Liste dieser Arten auf einige hochgradig gefährdete Arten. Viele der kollisionsgefährdeten Vogelarten wie beispielsweise Mäusebussard, Wespenbussard, Turmfalke, Waldohreule oder Feldlerche - um nur einige zu nennen - haben die Verfasser gar nicht auf dem Zettel. Diese Arten sollen möglicherweise nicht einmal mehr vor einer Entscheidung erfasst werden, was nur konsequent wäre, wenn sie keinen Schutz erfahren sollen.

Die Verengung auf eine Minderzahl von Arten ist die Achillesferse des Papiers und darauf gestützter Entscheidungen. Dasselbe gilt für die Erlasse verschiedener Bundesländer mit derselben Schwachstelle. Die Anwendung solcher Papiere kann deswegen auch kaum im wohlverstandenen Interesse der Investoren oder Behörden liegen, die beispielsweise unter diesen Umständen für Biodiversitätsschäden haftbar gemacht werden können.

Feldlerche © Rosl Rößner

Über diese Mängel hinaus irritieren die im rheinland-pfälzischen Papier angeführten Maßnahmen, deren Durchführung im Konfliktfall Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbote vermeiden (so genannte vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen) oder die Folgen beheben soll (Kompensationsmaßnahmen). Hier finden sich Maßnahmen, die bereits aus anderen Rechtszusammenhängen heraus geschuldet sind; beispielsweise die Umrüstung gefährlicher Mittelspannungsmasten, die bis Ende 2012 abgeschlossen sein muss (§ 41 BNatSchG) oder Maßnahmen gegen eine land- oder forstwirtschaftlich verursachte Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population europäischer Vogelarten (§ 44 Abs. 4 BNatSchG).

Diese Mängel verstärken die Zweifel am Zustandekommen der von der LAG vorgenommenen Änderungen der zuvor als geboten angesehenen Prüfbereiche. Der Umstand, dass das rheinland-pfälzische Papier für fast 90 Prozent der Europäischen Vogelschutzgebietsfläche und eines noch größeren Teils der FFH-Gebietsfläche keinen generellen Ausschluss für Windenergieanlagen zu begründen vermag, macht betroffen.

Im Zweifel stehen allerdings nicht nur Teile der beiden Papiere. Auch die Zweifel an der Erreichbarkeit der energiepolitischen Ziele von Bund und Ländern wachsen. Das betrifft die technische Seite, die Gewährleistung von Versorgungssicherheit, die Finanzierbarkeit und letztendlich die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung. Die Energiepolitik ist mehr denn je streitbefangen. Wie das Kräftemessen der widerstrebenden Akteure ausgeht, ist keineswegs vorhersehbar. Der Kanzlerin ist eine erneute Richtungsänderung zuzutrauen. Um dafür die FDP zu gewinnen, bedürfte es keiner Überredungskunst, mehren sich doch beim kleinen Koalitionspartner Anzeichen der Reue, die Wende in der Stromversorgung voreilig mitbeschlossen und die eigene Klientel enttäuscht zu haben. Ein der Energiewende angelasteter steigender Strompreis könnte sich mit populären Forderungen verbunden für die FDP auszahlen. 2013 werden nicht nur die Landtage in Niedersachsen und Bayern gewählt, sondern - in genau einem Jahr - auch der Bundestag. Neben der Entwicklung um den Euro könnte die Energiepolitik für den Ausgang der Bundestagswahl ausschlaggebend sein.

Ganz gleich wie die Wahlen ausgehen: Ohne eine Änderung des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG) wird der Boom der Regenerativen kaum gebremst werden. Das EEG gilt hingegen als weniger antastbar als früher das Grundgesetz. Der Boom ist Folge der garantierten Einspeisevergütung. Deshalb war der Ausbau der Windenergie lange vor dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie in vollem Gange. Das Papier der Vogelschutzwarte in Frankfurt und das im Druck befindliche LAG-Papier dürften einige der Erwartungen der Windenergiewirtschaft erfüllen. So bleibt am Ende nur die Hoffnung auf die Verwaltungsgerichte, welche die rechtlichen Mängel der beiden Papiere erkennen und darauf gestützte behördliche Entscheidungen im Einzelfall korrigieren könnten. Von den Naturschutzverbänden ist in der Sache nichts zu erwarten. Dafür ist ihr Blick auf die Windenergiewirtschaft zu sehr von Heilserwartungen verstellt.

Weltnaturerbe Wattenmeer - September 2012

Sumpfohreule © Rosl Rößner

Vor drei Jahren verlieh die UNECO dem Wattenmeer den begehrten "Weltnaturerbe"-Titel. Von der Auszeichnung erhoffen sich regionale Tourismuswirtschaft und kommunale Politiker steigende Einnahmen. Seltene Vogelarten haben nichts von dieser Auszeichnung - eher nur noch mehr Stress. Wilhelm Breuer hat die Gefahren, die mit einer unkontrollierten Vermarktung des Wattenmeers und der Wattenmeer-Nationalparks verbunden sind, in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nationalpark" am Beispiel des Seeregenpfeifers anschaulich gemacht. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 156 KB), wenn Sie den Beitrag "Regenpfeifer - das Ende vom Lied" lesen möchten.

Die Wattenmeer-Nationalparks in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind mit 70 bis 130 Brutpaaren das mit Abstand wichtigste Brutgebiet der Sumpfohreule (Bild oben) in Mitteleuropa. Dort müssen auch zum Schutz dieser Vogelart touristischen Interessen Grenzen gesetzt, Bereiche gesperrt, Verbote ausgesprochen und diese kontrolliert werden. Nationalparks sind der Schöpfung verpflichtet, nicht der Wertschöpfung.

Die Zeitschrift "Nationalpark" berichtet seit 1974 viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, großer Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift versteht sich als Anwältin von Natur und Wildnis. Zur Förderung der Nationalparke in Deutschland, ihrer Akzeptanz und Achtung hat sie viel beigetragen. Bis heute begleitet sie die Entwicklung der großen Schutzgebiete in Deutschland kritisch, kompetent und konstruktiv.

Die Zeitschrift eröffnet Ihnen auch Reisewege in die Natur - so beispielsweise in europäische Nationalparks. Herausgeber der Zeitschrift ist der Verein der Nationalpark-Freunde e.V. Die Zeitschrift erscheint im Oekom Verlag. Weitere Leseproben aus der aktuellen Ausgabe 3/2012 finden Sie hier www.nationalpark-zeitschrift.de. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die Horst Stern für sie gefunden hat: "Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen".

Das nachstehende Foto wurde im Juli 2012 im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer aufgenommen. Das Schild mit der Aufschrift "Herzlich Willkommen" und den Informationen über Strand brütende Vogelarten hat die motorisierten Besucher nicht von einem Strandspaziergang der besonderen Art abhalten können.

Illegaler Motorsport im Wattenmeer-Nationalpark © Sabine Bieler

Das Dutzend ist voll - September 2012

Windenergieopfer Wespenbussard im Kreis Trier-Saarburg © Stefan Brücher

Die Strompreise werden steigen. Das ist sicher. Die Ökostromindustrie hat es dank tatkräftiger Unterstützung von Medien und Umweltverbänden vermocht, der Gewinnung von Strom aus Wind, Biomasse, Wasser und Sonne ein sauberes Image zu verschaffen wie dies Jahrzehnte zuvor nur der Atomenergie gelungen war. Dabei hat jede Form der Energieerzeugung ihren Preis, der sich allerdings für die meisten Stromkunden auf einen Rechnungsbetrag beschränkt. Natur und Landschaft zahlen hingegen einen Preis, den im Fall des vermeintlich sauberen Stroms aus regenerativen Quellen Politik, Medien und Öffentlichkeit nicht auf der Rechnung haben.

Den Preis für die in Deutschland täglich wachsende Zahl der Windenergieanlagen zahlen beispielsweise Greifvögel und Eulen - und zwar mit dem Leben. Aktuell stieg die Zahl der an den Anlagen verunglückten Seeadler auf 72, die der Rotmilane auf 170, der Schwarzmilane auf 21, der Uhus auf 12, um nur wenige der betroffenen Arten zu nennen. Dabei werden die Opfer, sieht man von einigen Windparks in Brandenburg ab, praktisch nirgends systematisch erfasst. Die Opferzahlen aus Brandenburg führen deshalb die Statistik an: Allein jeder zweite der mehr als 200 toten Mäusebussarde wurde unter einem Rotor in Brandenburg gefunden. Es steht außer Frage, dass diese Zahlen nur die Spitze eines Eisberges beschreiben. Die große Mehrzahl der Opfer landet nicht in einer Statistik, sondern im Magen der Füchse.

Das gilt erst recht für die kleinen Vögel, die an den Anlagen verunglücken, aber schon wegen ihrer geringen Größe nach einer Rotorkollision zerstückelt ins Erdreich, Gras oder Getreide gestürzt nicht ins Auge fallen. Umso mehr muss erschrecken, dass allein in Brandenburg 43 Feldlerchen als Opfer aufgeführt sind. Wer jemals eine Feldlerche beim Singflug beobachtet hat, kann sich ausrechnen, wie dieser Flug in einem Windpark endet. Das hindert die Praxis der Gutachter nicht, die Feldlerchen wie andere Arten ohne hochrangigen Platz in den Roten Listen als gegenüber Windenergieanlagen "unempfindlich" einzustufen, wie es täglich in Gutachten und von Naturschutzbehörden unwidersprochen geschieht.

Das ist bedingt das Versäumnis der Vogelschutzwarten in Deutschland. Sie haben in einem gemeinsamen Papier verdienstvollerweise Empfehlungen zum Schutz einiger kollisionsgefährdeter seltener Vogelarten formuliert (beispielsweise für Seeadler, Rotmilan und Uhu), zum Schutz von Vogelarten ohne hochrangigen Platz in den Roten Listen aber keine Aussagen getroffen. Dieses Papier der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten entstand vor Inkrafttreten der artenschutzrechtlichen Vorschriften, welche auch die noch nicht ganz seltenen Arten vor einem signifikant steigenden Tötungsrisiko in Schutz nehmen. Das Papier der Länder-Arbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten ist für diesen Anspruch nicht ausgelegt.

Das Image der sauberen Windenergie könnte Schaden nehmen, die Täuschung auffliegen, würden die Opferzahlen auch nur ansatzweise systematisch erfasst. Die großen Umweltverbände sollten in der Lage sein, solche Erfassungen wenigstens stellenweise zu organisieren und nötigenfalls auch zu finanzieren. Die kleine EGE kann das nicht. Auch sie registriert nur Zufallsfunde. Zuletzt rein zufällig einen toten Wespenbussard (im Bild) in einem Windpark, in dem kurz zuvor nicht minder zufällig ein Uhu tot aufgefunden wurde, der jetzt in der Statistik das Dutzend vollmacht. In Deutschland brüten übrigens weniger als 5.000 Paare der seltenen Bussardart. Das Vogelschutzwarten-Papier sagt nichts zu ihrem Schutz.

Der betreffende Windpark steht im rheinland-pfälzischen Kreis Trier-Saarburg. Zwei Uhupaare brüten 1.360 m und 1.560 m von den Anlagen entfernt. Ob der verunglückte Uhu einer der Brutpartner war, ist unbekannt. Im Zulassungsverfahren für die Anlagen haben die Uhus und der Brutplatz des jetzt verunglückten Wespenbussards niemanden interessiert. Offenkundig auch die Naturschutzbehörden nicht. So ist es nach Beobachtungen der EGE in der Mehrzahl der Zulassungsverfahren. Die Praxis schert sich um das Artenschutzrecht und die Empfehlungen der Vogelschutzwarten einen feuchten Kehricht. Wo kein Kläger, da kein Richter. Die Naturschutzbehörden stehen einer aggressiven Anwälte bewehrten und politisch allseits hoffierten Branche weitgehend hilflos gegenüber. Dabei könnte der getötete Wespenbussard vielleicht den Tatbestand des Biodiversitätsschadens erfüllen und Haftungspflichten der beteiligten Stellen auslösen. Könnte. Naturschutzalltag in Deutschland.

Am 17. September 2012 beginnt der Deutsche Naturschutztag. Das Thema: "Neue Energien - neue Herausforderungen: Naturschutz in Zeiten der Energiewende." Ob der hier exemplarisch geschilderte Alltag des Naturschutzes darin vorkommen wird? Die großen Umweltverbände haben sich der großen Energiewende verschrieben. Sie führen den Schutz der Biodiversität im Munde und bleiben gegenüber den Kollateralschäden der Wende seltsam stumm. Ihr Einsatz für Arten spielt eine immer geringere Rolle und verengt sich auf eine Handvoll mediengerechter und die Spendenbereitschaft fördernder Symboltiere wie Eisbär oder Wildkatze. Die Windenergiewirtschaft muss die Eintrübung ihres strahlendweißen Umweltimages nicht fürchten - auch und gerade nicht aus diesem Teil der Gesellschaft.

Deutschland steht nicht nur eine Vervielfachung der Windenergieanlagen bevor, sondern trotz und wegen des Ausbaus der Regenerativen der Bau neuer konventioneller Wärmekraftwerke, ist doch der Wind zu unstet und der Beitrag der Sonne zu gering, um das Land nur auf die Regenerativen gestützt sicher mit Strom versorgen zu können. Die Vollversorgung aus regenerativen Quellen ist bis auf weiteres eine Lebenslüge. Deshalb findet auch der Braunkohleabbau in ost- und westdeutschen Revieren kein Ende - auch der Tagebau Hambach nicht, für dessen Fortgang jetzt die Abholzung weiterer Jahrhunderte alter Eichen- und Hainbuchenwälder beantragt ist; ein Eingriff, den - wie sich denken lässt - die sozial-grüne nordrhein-westfälische Landesregierung legalisieren wird.

Vogelschützer schaffen Brutplätze für Schleiereulen - August 2012

Junge Schleiereule in der Hand der EGE © Joachim Sprothen

Schleiereulen bevorzugen Brutplätze in Kirchtürmen, Burgen und Scheunen. Diese Brutplätze sind den Schleiereulen heute vielerorts versperrt. Auf Bauernhöfen sind Schleiereulen zwar immer noch gern gesehen. Allerdings bieten die modernen landwirtschaftlichen Zweckbauten den anmutigen Mäusejägern zumeist keine geeigneten Brutplätze mehr. Die EGE bemüht sich deshalb um die Wiederherstellung oder das Bereitstellen neuer Brutplätze.

In den letzten Monaten hat die EGE beispielsweise im Kreis Euskirchen in Abstimmung mit der NABU-Kreisgruppe solche Brutplätze in landwirtschaftlichen Gebäuden geschaffen, die seitdem Schleiereulen als Mieter offen stehen. Die in Zülpich ansässige HIT Umwelt- und Naturschutz-Stiftungs-GmbH hat dieses EGE-Wohnungsbauprogramm mit einem Zuschuss in Höhe von 3.000 gefördert.

Nistkästen hat die EGE dort platziert, wo den Schleiereulen im Umland genügend Grünland für die Jagd auf Mäuse zur Verfügung steht und vielbefahrene Straßen fern sind. Jetzt gibt es in einigen der Nistkästen Nachwuchs, der von den Mitarbeitern der EGE beringt worden ist. In diesem Jahr ist an Mäusen kein Mangel. Allerdings sind in den letzten harten Wintern viele Schleiereulen verhungert, so dass der Bestand vielerorts einen historischen Tiefststand erreicht hat und jetzt nur wenige Paare den Mäusesegen mit Bruten quittieren können.

Das Bild unten zeigt Stefan Brücher mit einer jungen Schleiereule, die er des Beringens wegen aus dem Nistkasten genommen hat. Klicken Sie bitte auf die untenstehenden Links, wenn Sie die über die Aktion im Kölner Stadt-Anzeiger und in der Kölnischen Rundschau erschienenen Berichte lesen möchten:

Für die freundliche Erlaubnis, sie hier veröffentlichen zu können, dankt die EGE K. DuMont Schauberg und dem Heine-Verlag sowie für die Bereitstellung der beiden Fotos Joachim Sprothen vom Kölner Stadt-Anzeiger.

Stefan Brücher mit junger Schleiereule © Joachim Sprothen

Vorsicht Falle II - August 2012

In Ostfriesland glaubten Beobachter bereits an eine UFO-Sichtung. Die Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich lässt dort mit besonderen Flugmaschinen, die "Octocopter" genannt werden, aus der Vogelperspektive nach Greifvogelfallen suchen. Diese mit modernster Kameratechnik ausgestatteten achtflügeligen Fluggeräte ermöglichen es der Naturschutzbehörde mit geringem Aufwand, große Flächen in relativ kurzer Zeit detailgenau auf Fallen hin zu kontrollieren. Solche Fallen waren vor einigen Wochen in Gebieten gefunden worden, in denen die Windenergiewirtschaft Windenergieanlagen betreibt oder weitere Anlagen errichten möchte, die Vorkommen von Greifvögeln den Betreibern aber einen Strich durch die Rechnung machen könnten. Der Landkreis Aurich vermutet, dass im Kreisgebiet noch weitere Fallen dieser Art aufgestellt wurden.

Die vom Landkreis Aurich praktizierte Überwachung empfiehlt sich auch in anderen Teilen Deutschlands, in denen Fallen entdeckt wurden. Die EGE würdigt die Initiative des Landkreises Aurich als wirksamen Beitrag zum Greifvogelschutz. Der Einsatz des "Octocopters" trage hoffentlich dazu bei, dass die Fallensteller aus der Furcht heraus entdeckt zu werden von solchen Aktionen Abstand nähmen, sagte ein EGE-Sprecher. In Deutschland werden aus den unterschiedlichsten Gründen nach wie vor Greifvögel verbotswidrig verfolgt - möglicherweise auch, um die Hindernisse für die Zulassung von Windenergieanlagen zu beseitigen.

Hotel Mama? - August 2012

Drei junge Steinkäuze © Achim Schumacher

Über zwei erstaunliche Beobachtungen berichten Doris Siehoff und Achim Schumacher: Die beiden EGE-Mitarbeiter stehen Anfang Juni 2012 im Kreis Düren vor einem Kirschbaum, den der Sturm gefällt hat. Es ist ausgerechnet der Baum, in dem die EGE vor Jahren eine Steinkauzröhre montiert hat. Die EGE-Mitarbeiter sind sich sicher, auch in diesem Jahr junge Steinkäuze anzutreffen. Doch die Röhre hängt nach dem Sturm gewissermaßen auf "halbsieben". Glücklicherweise gibt es darin drei unversehrte drei Wochen alte Käuze. Achim Schumacher hat sie durch das Einflugloch der Röhre fotografiert (im Bild). Die Eigentümerin des Grundstücks berichtet, der Baum sei Ende Mai ganz umgekippt; im Sommer zuvor habe er schon die halbe Krone verloren. Der Baum ist vom Schwefelporling befallen. Doris Siehoff und Achim Schumacher wollen den Kleinen in der verdrehten Röhre noch mehr Aufregung ersparen und verzichten aufs Beringen.

Mehr als zwei Monate später - Mitte August 2012 - sind Doris Siehoff und Achim Schumacher wieder an Ort und Stelle. Sie bergen die havarierte Röhre, um sie an einem sicheren Platz neu aufhängen. Der umgestürzte Baum soll zu Kleinholz werden. Die jungen Steinkäuze sollten das Revier der Eltern inzwischen verlassen oder zumindest andere Tagesverstecke aufgesucht haben. Doris Siehoff und Achim Schumacher staunen nicht schlecht, als sie in der Röhre die drei jungen, nun flüggen Steinkäuze bemerken. Doris Siehoff und Achim Schumacher haben die drei beringt und die Röhre mit den Käuzen darin vorerst wieder in den Kirschbaum gehängt. Das Zersägen des havarierten Baumes kann dank des Verständnisses der Eigentümerin des Grundstücks warten.

Vorsicht Falle - August 2012

Rohrweihe © Gordana und Ralf Kistowski

In der öffentlichen und veröffentlichten Meinung wachsen die Zweifel am Ausbau der regenerativen Energiewirtschaft. Das betrifft vor allem die ökonomische Seite dieses Ausbaus, der dank der den Anbietern gesetzlich festgesetzten Abgabepreise schon lange vor den japanischen Atomunfällen in vollem Gange ist. Die Vergütung, die der Bundestag ganz gegen sein marktliberales Bekenntnis beschlossen hat, beschert der Branche ungeheure Zuwächse. Zu den Zweifeln schreibt der Kolumnist der nicht im Geringsten ökologisch oder ökologistisch ausgerichteten Financial Times Deutschland am 15. August 2012: "Die Energiewende stockt nicht nur, sondern offenbart gleichzeitig ein gut gehütetes Geheimnis: Sie ist eines der größten Umverteilungsprogramme von unten nach oben."

Bei der Energiewende geht es tatsächlich um viel Geld - Geld, welches eine Minderheit verdient und von allen Stromkunden aufgebracht werden muss. Die Gewinnerwartungen der Branche sind möglicherweise auch ein Grund, weshalb Greifvögeln verbotswidrig nachgestellt wird. Im Landkreis Aurich hat die Polizei erst kürzlich in einem Gebiet, in dem Windenergieanlagen geplant sind, scharfgestellte und beköderte Fallen sichergestellt, die zufällig von Mitarbeitern der Naturschutzbehörde entdeckt worden waren. Wie viele Weihen, Milane oder Bussarde in diesen Fallen ein qualvolles Ende fanden, lässt sich nicht sagen.

Greifvögel zählen zu den Arten, die an Windenergieanlagen am häufigsten zu Tode kommen. Im engeren Umkreis ihrer Brutplätze kann deswegen die Zulassung der Anlagen an den Vorschriften des Artenschutzrechts scheitern, was mehrfach geschah und auch gerichtlich für rechtmäßig erachtet wurde. Das weiß natürlich auch die Windenergiewirtschaft. Ein Vogelschützer aus der Region sagte gegenüber dem "Ostfriesischen Kurier", Gründe solche Fallen aufzustellen, fielen ihm kaum ein - außer er würde "etwas mit Windkraft" planen. Welche Gewinne der Branche "nur ein paar Vögel wegen" entgehen können, machen die fünfstelligen Pachtsummen deutlich, die Anlagenbetreiber schon für den Standplatz einer einzigen Windenergieanlage jährlich zu zahlen bereit sind. Im letzten Jahr hatte der Landkreis Aurich das Abschalten von Windenergieanlagen während der Brutzeit von Wiesenweihen angeordnet, worauf in anonymen Anrufen nicht nur eine Verfolgung dieser Greifvögel angedroht, sondern auch den Mitarbeitern der Behörde gedroht worden war.

Greifvögel sind von der Energiewende in doppelter Weise betroffen: Zum einen verunglücken sie in dramatisch hoher Zahl an Windenergieanlagen. Zum anderen fallen die mit Mais bestellten Flächen schon früh im Jahr für die Jagd auf Kleinsäuger aus. Mais ist die Pflanze, die bevorzugt für Biogasanlagen angebaut wird und den letzten Rest biologischer Vielfalt auf dem Acker zerstört.

Nach Bekanntwerden des aktuellen Falles aus Ostfriesland erhält die EGE von weiteren Fällen aus dem gesamten Bundesgebiet Kenntnis, in denen Greifvögel ausgerechnet in geplanten Aufstellungsflächen von Windparks tot aufgefunden wurden oder buchstäblich über Nacht die Nester von Greifvögeln gezielt aus den Bäumen gesägt oder die Nestbäume kurzerhand umgelegt worden sind, ohne dass allerdings einzelnen Personen etwas nachgewiesen werden konnte. Vogelschützer fordern bereits die Führung einer zentralen Datei, welche solche Vorfälle ähnlich der beim Landesumweltamt in Brandenburg für ganz Deutschland geführten Schlagopferdatei dokumentieren soll. Selbstverständlich haben auch im Landkreis Aurich die Betreiber von Windenergieanlagen das Aufstellen von Greifvogelfallen verurteilt. In Ostfriesland stehen mehr als 1.000 Windenergieanlagen; die Errichtung weiterer Anlagen ist geplant. Immerhin ermittelt nun in Aurich die Staatsanwaltschaft.

Steinkauz-Brutsaison 2012 - August 2012

Steinkauz im Portrait © Achim Schumacher

Die Kölner Bucht ist eines der Dichtezentren des Steinkauzes in Deutschland. Hier liegt das Projektgebiet der EGE zum Schutz des Steinkauzes. Es umfasst die nordrhein-westfälischen Kreise Düren und Euskirchen. Die Hauptverantwortung für dieses Projekt tragen im Kreis Euskirchen Peter Josef Müller und Rita Edelburg-Müller sowie im Kreis Düren Doris Siehoff. Im Gebiet der Stadt Euskirchen halfen Monika und Stefan May, Dieter Neumann, Klaus Schrotil, Elke Hönig und Dr. Geert Runhaar sowie im gesamten Kreisgebiet die Praktikantin der Biostation des Kreises Euskirchen Hannah Steinschulte. Personelle Unterstützung erhielt Doris Siehoff vor allem von Achim Schumacher und Mitarbeitern der Biologischen Station des Kreises Düren.

Während im Kreis Euskirchen wie schon in den Vorjahren alle Reviere erfasst wurden, war es im Kreis Düren nur eine Teilmenge. Beim Erfassen half der Einsatz der Klangattrappe. Auf diese Weise konnten neue Reviere entdeckt und frühere als erneut besetzt bestätigt werden.

Im Kreis Euskirchen stieg die Zahl der besetzten Reviere von 88 auf 110. Dort verliefen 81 Bruten erfolgreich, im Kreis Düren mindestens 77. Das sind zusammen 158 erfolgreiche Bruten (38 mehr als im Vorjahr). Beringt wurden die Jungen von 149 Bruten, nämlich 515 junge Steinkäuze (zum Vergleich: im Vorjahr 118 Bruten und 382 Jungvögel). Beringt wurden auch 31 Altvögel, die bei den Kontrollen in den Brutröhren angetroffen wurden. 114 angetroffene Altkäuze trugen bereits einen Ring.

Zwei erwachsene Käuze in einem Steinkauzkasten © Achim Schumacher

In beiden Kreisen haben sich die anfänglichen Befürchtungen nicht bestätigt, der Steinkauzbestand könnte nach dem vierten harten Winter in Folge einen schweren Rückschlag erlitten haben. Anlass zu den Befürchtungen gab nicht zuletzt die geringe Rufaktivität der Steinkäuze im Frühjahr, welche auf verwaiste Reviere schließen ließ. Bemerkenswerterweise reagierten auf das Abspielen der Steinkauzrufe oft Waldohreulen.

Peter Josef Müller und Rita Edelburg-Müller entschieden sich im Kreis Euskirchen angesichts des Schweigens der Käuze zu einer Frühjahrskontrolle der Steinkauzröhren. Deshalb liegen aus dem Kreis Euskirchen auch Informationen über den Altersaufbau der Population vor: Das Durchschnittsalter von in den Steinkauzröhren angetroffenen 84 beringten Altkäuzen - das sind immerhin 38 Prozent der Brutvögel - betrug 2,5 Jahre und lag damit geringfügig über dem Vorjahreswert von 2,2 (zum Vergleich 2010: 2,9; 2009: 2,13 und 2008: 3,46 Jahre).

Im Kreis Euskirchen stieg die Anzahl der erfolgreichen Bruten von 69 auf 81; hier betrug die Anzahl der Jungen je beringter Brut 3,53; im Kreis Düren 3,4; wo allerdings bei mindestens drei Bruten mit beringten Jungen Geschwister schon außerhalb des Nestes waren, diese unberingt blieben und nicht in die Statistik eingeflossen sind.

Aus sechs Bruten schlüpften jeweils sechs Junge. In Irresheim im Kreis Düren brüteten zwei Paare nur 115 m voneinander entfernt erfolgreich. Zwischen Üdingen und Boich (auch im Kreis Düren) siedelte sich nach Pflegemaßnahmen in einer Obstwiese und dem Anbringen von Niströhren erstmals ein Steinkauzpaar an. Das Weibchen legte sieben (!) Eier, aus denen immerhin sechs Junge schlüpften, die schließlich auch beringt wurden.

Unerfreulich hoch war die Anzahl von Brutaufgaben (im Kreis Düren allein 11) oder erst gar nicht begonnener Bruten. Im Kreis Euskirchen kam es in den 110 besetzen Revieren nur zu 81 erfolgreichen Bruten. Der Grund war zumeist die unterlassene Mahd oder fehlende Beweidung des Grünlandes, derentwegen die Käuze im zu hohen Gras nicht genügend Mäuse erbeuten konnten. In einer ganzen Reihe von Fällen dürften die Verluste aber auch auf Prädatoren zurückzuführen sein, die brütende Käuze als auch Gelege und Jungvögel erbeutet haben.

In einer Steinkauzröhre machten die Müllers eine erstaunliche Entdeckung: Sie trafen dort im zeitigen Frühjahr auf ein beringtes Weibchen und ein Steinkauzei. Was aus dieser Brut geworden ist, lässt sich nicht sagen. Wochen später fand sich in derselben Röhre ein anderes beringtes Weibchen, nunmehr fünf Eier bebrütend. Bei einer späteren Kontrolle, bei der die Jungen hätten beringt werden sollen, fanden die Müllers zwei tote zweiwöchige Jungvögel direkt an der Öffnung der Röhre und zwei frischtote Spitzmäuse. Das Weibchen war vermutlich ums Leben gekommen; das Männchen jedoch anwesend. Es hatte die Spitzmäuse gebracht, sie aber nicht für die Jungen zerteilen können.

Auch an einer anderen Stelle kam es vermutlich zu einem Wechsel des Brutpartners. Dort war das im Juni bei sieben Eiern angetroffene Weibchen mit dem in derselben Röhre im April angetroffenen Weibchen nicht identisch. Das zuletzt angetroffene Weibchen hatte seine Eier zu den Eiern aus der früher begonnenen Brut hinzugelegt. An einem anderen Ort fanden sich bemerkenswerterweise zwei Steinkäuze mit Brutfleck auf einem Vierergelege.

Junger Steinkauz klettert auf einen Baum © Peter Josef Müller

In diesem Jahr erwiesen sich vier Jungvögel als so schwach, dass sie nun von den Müllers versorgt und in nächster Zeit auf ein Leben in Freiheit vorbereitet im Kreis Euskirchen freigelassen werden. Vielleicht möchten Sie, liebe Leserin/lieber Leser, eine Patenschaft für einen der vier Käuze abschließen. Die EGE würde sich sehr freuen und von der Spende einen Teil der Versorgungskosten bezahlen können. Bitte nehmen Sie bei Interesse Kontakt mit der EGE auf.

In beiden Kreisen stehen die Steinkauzlebensräume immer wieder in der Gefahr, zerstört oder beschädigt zu werden – sei es wegen neuer Baugebiete oder einzelner Bauvorhaben im Außen- oder Innenbereich, des Umbruchs von Grünland oder der Überalterung der Obstbäume. Im Kreis Düren fallen Steinkauzvorkommen überdies dem fortschreitenden Braunkohletagebau zum Opfer. Die EGE bemüht sich, bei den zuständigen Stellen mehr Aufmerksamkeit für den Schutz der Steinkauzvorkommen zu erreichen. Helfen Sie der EGE mit Ihrer Spende bei diesem Unterfangen.

Steinkauz in natürlicher Baumhöhle © Rosl Rößner

Liberales Profil - August 2012

Im Juni 2012 hatte Bundeswirtschaftsminister Phillip Rösler (FDP) das Aussetzen europäischer Naturschutz- und Artenschutzvorschriften zugunsten der Energiewende verlangt. Nachdem Rösler mit dieser Forderung bei den Energiekonzernen abblitzte und auch das von der CDU geführte Bundesumweltministerium den Vorstoß als grundlos und unnötig einstufte, sollte sich Röslers unbedarfte Forderung erledigt haben. Eigentlich.

Jetzt hat Rösler seine Forderung erneut vorgebracht und dies mit Unterstützung des niedersächsischen Umweltministers Stefan Birkner (ebenfalls Mitglied der FDP und zugleich Spitzenkandidat seiner Partei für die nächste Landtagswahl), was die Sache nicht besser macht. Ob dies der Partei aus dem Umfragetief verhilft, ist fraglich. Rösler ist angesichts seines Affronts gegen das gemeinschaftliche Naturschutzrecht nicht mehr zu helfen. 2013 könnte die FDP sowohl bei der Bundestagswahl als auch bei der niedersächsischen Landtagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Dian Fossey, David Attenborough und Stefan Brücher - August 2012

Buchcover © Verlag Neue Literatur

Nach ihrem Buch "Michael & Bernhard Grzimek - Zwei Leben für die Wildnis Afrikas" ist in diesen Tagen ein neues Buch von Ina Claus erschienen - der Titel "Ich habe einen Traum". Ähnlich wie in dem Buch über die beiden Grzimeks steht das Engagement von Menschen für die internationale Sache des Naturschutzes im Blickfeld.

Auf 180 Seiten stellt das Buch "25 Verfechter ökologischer Verantwortungsethik" - so auch der Untertitel - vor. Dazu zählen bekannte Persönlichkeiten wie Dian Fossey und David Attenborough und weniger bekannte wie der erst 14jährige Felix Finkbeiner, der 2007 eine Umweltorganisation gründete, die in 56 Staaten der Erde aktiv ist. Einer der 25 vorgestellten Naturschützer ist Stefan Brücher, dessen Wirken für den Schutz europäischer Uhus die Autorin in Text und Bild porträtiert. Stefan Brücher ist der Vorsitzende der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.

Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 108 KB), wenn Sie mehr über dieses Buch erfahren möchten.

Von Philosophen und Professoren - Juli 2012

Das Magazin "Neue Energie" überrascht den Leser der Juli-Ausgabe mit einer scheinbar neuen, allerdings bestenfalls halbwahren Erkenntnis: Viele Tiere hätten sich mit Windenergieanlagen "arrangiert". Mag sein, dass die meisten Vogelarten "von den Anlagen unbeeindruckt an ihren Brutplätzen" weiterleben, wie der Aufsatzschreiber behauptet. Für den Mäusebussard, den der Autor als Beleg hierfür beispielhaft anführt, stimmt dies nachweislich eher nicht. Mäusebussarde zählen wie alle Greifvogelarten zu den Arten, die zu den Anlagen keinen Abstand halten und deswegen umso leichter an ihnen kollidieren.

Das Niveau des Beitrages ist mit der Titelzeile "Schlaues Federvieh" gewiss treffend einsortiert. Der Autor auf seiner Website auch. Nach eigenem Bekunden arbeitet der promovierte Philosoph "freiwillig als Journalist" und schreibt "ganz gerne abseitige Geschichten", was ihm mit diesem Beitrag im Organ des Bundesverbandes Windenergie mit Berufung auf zwei für die Branche tätige Greifvogelsachverständige fraglos gelungen ist. Welche profunden Artenkenntnisse darin erwartet werden dürfen, zeigt eindrücklich der abgebildete Flughund, der dem Leser als einheimische Fledermaus präsentiert wird.

Die Sache wird mit den gebotenen Zitaten aus den Schriftsätzen eines Professors für Staats- und Verwaltungsrecht an der TU Braunschweig nicht überzeugender, der - gut zu wissen - im "Auftrag verschiedener Unternehmen aus der Windindustrie" Konflikte artenschutzrechtlicher Natur für fraglich oder wenig begründet hält, was auch nicht gerade neu ist.

Kompensationsverordnung des Bundes - Juli 2012

Totes Rotkehlchen © Eberhard Giese

In Deutschland richtet sich die Zulässigkeit von Eingriffen in Natur und Landschaft seit 1976 nach den Vorschriften der Eingriffsregelung. Sie verlangt, dass die unvermeidbaren Folgen zulässiger Eingriffe bestmöglich kompensiert werden. Das gilt für die Folgen sowohl für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts als auch für das Landschaftsbild. Beschädigt der Eingriff Naturhaushalt oder Landschaftsbild so schwerwiegend, dass die Folgen nicht mehr behoben werden können, bleibt als Ultima Ratio nur eine Abgabe in Geld, die der Eingriffsverursacher für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege entrichten muss.

Bisher haben die Bundesländer für die Festlegung von Art und Umfang der Kompensationsmaßnahmen oder auch die Höhe der Ersatzzahlung eigene Vorgehensweisen entwickelt - je nach dem Grad der Qualifizierung in den Bundesländern geeignete und weniger geeignete. Im neuen Bundesnaturschutzgesetz hat der Gesetzgeber den Bundesumweltminister ermächtigt, diese Dinge in einer Kompensationsverordnung selbst zu entscheiden und auf diese Weise den unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Ländern ein Ende zu bereiten. Mit dieser Verordnung hatten Kenner der Materie nicht so rasch gerechnet, zumal sich die 16 Bundesländer in ihren eigenen Vorgehensweisen eingerichtet haben und die Verordnung des Bundes der Zustimmung anderer Fachministerien und des Bundesrates bedarf.

Die Energiewende hat die Bestrebungen zur Vereinheitlichung offenkundig beschleunigt. Jedenfalls kündigt Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) noch für diesen Herbst die Vorlage eines Entwurfs einer Kompensationsverordnung an. Darin soll u. a. geregelt werden, wie man sich die Bewältigung der Eingriffsfolgen etwa infolge neuer Stromtrassen, Windparks oder Freiflächenvoltaikanlagen künftig vorstellen darf. Eine solche Verordnung muss nicht schlechter sein als manche der bisher in den Bundesländern praktizierten Vorgehensweisen.

Sie muss es nicht, aber sie wird es vermutlich sein. Denn inzwischen haben die Eingriffsverursacher und insbesondere die mit der Energiewende befassten Branchen einen enormen Druck gegen die naturschutzrechtlichen Kompensationspflichten aufgebaut. Für Begleitmusik und Schützenhilfe sorgt die Landwirtschaft, die sich zwar nicht scheut, zu Höchstpreisen Flächen für Infrastrukturprojekte, Gewerbegebiete oder Windparks bereitzustellen, die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Fläche für die gesetzlich geschuldete Kompensation der Schäden an Natur und Landschaft aber als "Flächenverbrauch" polemisierend ablehnt. Jedenfalls solange ihr nicht auch diese Flächen zu Baulandpreisen abgekauft werden. Bundesverkehrsminister Ramsauer hatte es kürzlich auf den Punkt gebracht: "Wenn man für den Bau von Stromleitungen im Zuge der Energiewende auch noch ökologische Ausgleichsflächen schaffen muss, dann ist das völlig kontraproduktiv."

In Wahrheit liegt der Anteil von Kompensationsmaßnahmen an der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Promillebereich. Die in Deutschland mit Kompensationsmaßnahmen belegte Fläche ist im Übrigen so gering, dass die Landesbehörden für Statistik, die sonst so ziemlich alles Messbare messen, diese Flächen nicht erfassen. Auch der Ausbau der Stromnetze oder der regenerativen Energiewirtschaft würde in kaum nennenswertem Umfang Flächen für Kompensation beanspruchen, wie alle bisher realisierten Projekte zeigen. Die Aufwendungen für Kompensation bewegen sich  - je nach Schadenshöhe - zumeist unter fünf Prozent der Investitionskosten für das Vorhaben an sich. Landschaftsbildschäden durch Freileitungen und Windparks führen in der Regel auch gar nicht zu Kompensationsmaßnahmen, sondern zu Ersatzzahlungen, die nicht von vornherein Fläche beanspruchen. Wo Fläche benötigt wird, kann sie zwanglos bereitgestellt werden. Enteignungen zugunsten von Kompensationsmaßnahmen sind zwar rechtlich möglich, in der Praxis aber eine Ausnahme. Die Erzeugung  von Bioenergie vom Acker, die mit massiven negativen Umweltfolgen einhergeht, ist als Teil der „guten landwirtschaftlichen Praxis“ von der Eingriffsregelung komplett ausgenommen.

Die Verordnung des Bundes dürfte zu einem Kompromiss auf niedrigem Niveau werden. Niedrig, was den Umfang der Kompensation anbelangt und niedrig, was die fachliche Qualifikation der Methoden anbelangt, anhand derer die Schäden ermittelt und "geheilt" werden sollen. Zum Zuge dürften Verfahren kommen, die Natur und Landschaft lediglich den vier Grundrechenarten zuführen, von einem echten Schadensausgleich aber weit entfernt sind. Die Chancen, dass etwa das Bundesamt für Naturschutz gegenüber dem Bundesumweltminister noch ein Mindestmaß an fachlich qualifizierter Methodik durchsetzen könnte, sind gering. Noch geringer dürfte die Bereitschaft und das Vermögen der Umweltverbände sein, dem Bundesamt in dieser Sache zu Hilfe zu kommen. Der Naturschutz steht auf verlorenem Posten.

Der Anspruch der Eingriffsregelung auf Schadensausgleich war von Anfang an immer wieder von Politik und Wirtschaft bestritten worden, aber lange nicht so wie jetzt aus Anlass der Energiewende. Zuletzt hatte die Landwirtschaft ein mehrfaches gesetzliches Berücksichtigungsgebot landwirtschaftlicher Interessen bei der Auswahl von Kompensationsflächen im Bundesnaturschutzgesetz durchgesetzt. Die im Namen der Energiewende zurechtgezimmerte Kompensationsverordnung des Bundes wird diese Privilegien absichern und der Eingriffsregelung  einen noch weitaus schwereren Schlag versetzen - nämlich in der inneren methodischen Ableitung des Ausgleichs. Auch das zählt zur "Ökobilanz" der von den Umweltverbänden unterstützten Energiewende.

Unmissverständliche Kritik an Bioenergie vom Acker - Juli 2012

Feldhase © Gordana und Ralf Kistowski

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat gerade wissenschaftlich untermauert: Der weitere Ausbau der Bioenergie wird mit schwerwiegenden Umweltauswirkungen erkauft. Das haben zuvor schon andere festgestellt, aber nun steht es in der Stellungnahme, an der mehr als 20 Wissenschaftler in einer 2010 eingesetzten Arbeitsgruppe zur Bioenergie mitgearbeitet haben. Bioenergie könne als nachhaltige Energiequelle für Deutschland heute und in Zukunft keinen quantitativ wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, teilte die Akademie in Halle mit. Vorrang sollte stattdessen die Einsparung von Energie sowie die Verbesserung der Energieeffizienz haben, hieß es in einer Stellungnahme der Leopoldina zu den Möglichkeiten und Grenzen der Bioenergie. Manchmal kommt es nicht allein darauf an, was jemand sagt, sondern wer es sagt. Die Nationalakademie vertritt die deutsche Wissenschaft und gibt Empfehlungen und Stellungnahmen an Politik und Gesellschaft ab.

Die Nationalakademie hat sich wegen ihrer jüngsten Stellungnahme massive Kritik zugezogen - nicht zuletzt aus der "ökologischen Bewegung". Die Erkenntnisse passen nicht in ein schöngeredetes Weltbild von der regenerativen und dezentralen Energieerzeugung. Man darf gespannt sein, welche Haltung etwa der kommende Deutsche Naturschutztag (DNT) im September in Erfurt zur Bioenergie vom Acker einnimmt. Im Zentrum des diesjährigen DNT steht die "Energiewende". Der gewiss auch aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderliche Umbau der Energiewirtschaft sollte auch die Probleme alternativer Energieerzeugung wahrnehmen und darauf angemessen reagieren. Vielleicht finden die deutschen Naturschutzverbände bis dahin den Mut der Nationalakademie, um in der nationalen energiepolitischen Debatte eigene Akzente abseits des Mainstreams zu setzen.

Niedersachsen: Keine Windenergieanlagen im Wald - Juli 2012

Junge Waldohreule © Gordana und Ralf Kistowski

Niedersachsen schützt den Wald vor den Gewinnerwartungen der Windenergiebranche. Niedersachsen ist nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das waldärmste Bundesland. Weniger als ein Viertel Niedersachsens ist Wald; in Deutschland macht Wald immerhin ein Drittel der Fläche aus. Zugleich stehen aber nirgends mehr Windenergieanlagen als in Niedersachsen - nämlich rund 5.500 Anlagen und damit jede vierte Windenergieanlage in Deutschland. In Baden-Württemberg beispielsweise sind es weniger Anlagen als in einem einzigen niedersächsischen Landkreis an der ostfriesischen Küste.

Wald soll in Niedersachsen nach dem Willen der Landesregierung nur dann für Windenergieanlagen in Anspruch genommen werden dürfen, wenn die betreffende Fläche mit technischen Einrichtungen oder Bauten vorbelastet ist und Flächenpotentiale im Offenland nicht mehr zur Verfügung stehen. Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) hat dem Expansionswillen der Windenergiebranche in den Wald eine Absage erteilt. Diese Haltung war bei einem Teil der privaten Waldbesitzer auf Kritik gestoßen. Die Presse zitierte den Minister, ihm gefielen die Dollarzeichen nicht, die viele bei diesem Thema im Auge hätten. Wenigstens der Wald in Niedersachsen ist damit vor diesem Vermarktungsinteresse geschützt. Ob dauerhaft, muss sich zeigen. Anfang 2013 wählen die Niedersachsen einen neuen Landtag.

Im Mai 2012 hatte sich die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Niedersachsen bei ihrer Jahrestagung des Konflikts angenommen. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie sich über Windenergieanlagen im Wald informieren möchten.

Röslers Vorstoß bei Netzbetreibern abgeblitzt - Juli 2012

Wirtschaftsminister Röslers Vorstoß, das Naturschutzrecht der Europäischen Gemeinschaft für die Vereinfachung des Netzausbaus kurzerhand außer Kraft zu setzen, läuft ins Leere. Schon das vom Koalitionspartner CDU geführte Bundesumweltministerium hatte im Parlament die Pläne als gegenstandslos bewertet. Jetzt haben sich auch die Netzbetreiber gegen das Ansinnen Röslers gestellt. Sie wollen kein Aussetzen des Naturschutzrechts. Der Naturschutz stelle nämlich gar kein Hindernis dar. Vielmehr ließen sich mit gutem Willen und Kreativität Netzausbau und Naturschutz in Einklang bringen. Die Verzögerungen des Netzausbaus seien auch nicht dem Naturschutz anzulasten, sondern zu langen Planungs- und Zulassungsverfahren. Das berichtete am 19.07.2012 die Financial Times Deutschland.

Nachtrag: Uhu und Klettersport - Juli 2012

Sperrung wegen Uhu © Stefan Brücher

Letzthin hat die EGE an dieser Stelle in einer Vorschau auf die Ergebnisse der diesjährigen Uhubrutsaison in der Eifel von der erfolgreichen Brut in einem Steinbruch berichtet. Dazu ist unbedingt nachzutragen, dass dieser Erfolg ganz wesentlich Herrn Hendrik Kardinal vom Deutschen Alpenverein in Koblenz zu verdanken ist. Er hat nämlich zusammen mit der EGE dafür gesorgt, dass in diesem Steinbruch mit biotopgestaltenden Maßnahmen ein guter Brutplatz geschaffen werden konnte. Herr Kardinal hat als erster auch den brütenden Uhu entdeckt. Zu danken ist allen Klettersportlern, die dem Uhu eine Chance gegeben und dafür auf die Ausübung ihres Hobbys an dieser Stelle verzichtet haben. Dies zeigt, dass es auch in schwierigen Situationen einen Weg geben kann. Manchmal müssen dafür - so wie hier im Bild - andere Wege gesperrt werden.

Landschaftsschutzrecht - Juli 2012

Cover © Erich Schmidt Verlag

Landschaft ist allgegenwärtig. Sie ist Erholungslandschaft, Heimat und öffentliches Gut, Alltags- und Rechtsbegriff. Zugleich vollziehen sich in ihr zivilisatorische Prozesse, die Landschaft nutzen, verändern, verbrauchen, unkenntlich machen, verunstalten und selten schützen. Die amtlich verbürgten Daten über den Zustand der Landschaft sind besorgniserregend. Dabei stehen dem Schutz der Landschaft wegen des Umbaus der Energieversorgung Herausforderungen in bisher nicht gekannter Weise bevor.

Erich Gassner entfaltet auf fast 250 Seiten die rechtlichen Grundlagen, Instrumente und Maßstäbe, die für den Schutz der Landschaft bereitstehen, aber zu diesem Zweck auch verstanden und angewendet werden müssen: ausgehend vom Grundgesetz zahlreiche Fachgesetze, die Natur und Landschaft in jeweils spezifischen Aspekten schützen, das gesamträumliche und projektbezogene Planungsrecht, das Umweltschadensrecht- und Ordnungswidrigkeits- und Strafrecht - Teile des Umweltrechts, die auf ihre Weise den Schutz der Landschaft gewährleisten sollen und die weitgehend durch EG-Recht eingefordert oder abgesichert werden.

Um mit diesem guten Recht zu seiner guten Praxis und (wie Gassner im Vorwort schreibt) von "law in the book" zu "law in action" zu gelangen, bedarf es kundiger Personen, die das Recht des Landschaftsschutzes zu ihrer eigenen Sache machen: Nicht unbedingt Anwälte im engeren Sinne (solche natürlich auch), aber vor allem Anwälte im eigentlichen Wortsinne, denen der Schutz der Landschaft ein echtes Anliegen ist. Das Buch wendet sich deshalb nicht allein an Planer, Behörden und Kommunen, sondern nicht zuletzt an Naturschutzverbände, Bürgerinitiativen und Bürger, die sich ihrer rechtlichen Möglichkeiten versichern möchten und Anleitung suchen, im Interesse der Allgemeinheit der Sache des Landschaftsschutzes zu mehr Gewicht und Erfolg zu verhelfen.

Was der Autor - bis hin zu den aktuellen Entwicklungen in der gerichtlichen und außergerichtlichen Konfliktbewältigung - systematisch, umsichtig, verständlich und stets mit Blick auf die Praxis ausbreitet, erfordert die volle Bereitschaft des Lesers, der dafür Zug um Zug mit Überblick und einem Durchschauen von Sachverhalten rechnen darf, was für das Grundverständnis des Landschaftsschutzrechts ebenso erforderlich ist wie für den Schutz der Landschaft an sich und im örtlich konkreten Fall. Für die Praxis hilfreich ist das Buch auch deswegen, weil es rechtliche Darstellungen mit praktischer Vernunft, ökologischen Kenntnissen und angewandtem Naturschutz verknüpft. Zu diesem Buch sollte greifen, wer das Verständnis des Landschaftsschutzrechts ganz gleich aus welchem Anlass vertiefen möchte, bisher keinen rechten Zugang zu dieser Materie fand, aber spürt, wie wichtig rechtliche Kenntnisse für den Schutz der Landschaft sind.

Landschaftsschutzrecht. Von Dr. jur. Erich Gassner, Ministerialrat a. D. im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Erich Schmidt Verlag. 2012, 245 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, € (D) 32,80, ISBN 978-3-503-13696-4

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Schwarz-gelbe Koalition - Juli 2012

Feuersalamander © Gordana und Ralf Kistowski

Mitte Juni machte Wirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) eine Schlagzeile. Die FAZ hatte im Interview mit dem Minister von Verzögerungen des Netzausbaus - so wörtlich - "durch Tierschutzvorgaben" gesprochen und Rösler Bestrebungen der Bundesregierung angekündigt, Vorschriften des gemeinschaftsrechtlichen Artenschutzes auf Zeit außer Kraft zu setzen. Der Vorgang macht deutlich: Für FAZ und Minister ist Naturschutz Tierschutz, obgleich das eine mit dem anderen wenig zu tun hat. Der Leser wird das wissen, falls hinter jeder Ausgabe ein kluger Kopf steckt, was die FAZ in ihrem Leser umschmeichelnden Slogan behauptet.

Röslers Angriff auf das europäische Artenschutzrecht hatte kurz darauf ein parlamentarisches Nachspiel. Auf die Frage des Abgeordneten Dr. Miersch (SPD) im Deutschen Bundestag, was denn von diesen Ankündigungen des Ministers zu halten sei, erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesumweltministerium wortreich, was an der ganzen Sache dran sei: nämlich nichts und man sich "in dem geltenden Rechtsrahmen sehr gut bewegen könne", was nur heißt, dass an Lücken im Artenschutzrecht kein Mangel ist, Röslers Rechtskenntnisse tierisch schlecht und die Auffassungsunterschiede in der Koalition beträchtlich sind.

Übrigens hatten Teile der Wirtschaft und bis auf einen alle Länderumweltminister schon 2006 einen Abbau der europäischen Artenschutzvorschriften gefordert und sich die Durchsetzung ihrer Forderung von der letzten deutschen EU-Ratspräsidentschaft erwartet. Vergeblich.

Vorschau auf Ergebnisse der Uhubrutsaison 2012 in der Eifel - Juli 2012

Stefan Brücher beringt Uhu © Annette Kilian

Das Jahr 2012 ist ein gutes Mäusejahr. Davon haben alle Eulenarten profitiert. Auch die Uhus in der Eifel. Dort hat auch der Witterungsverlauf mitgespielt. Unwetter, die die Brutplätze und junge Uhus hätten unter Wasser setzen können, blieben aus. In diesem Jahr haben deshalb in der Eifel so viele Uhus so erfolgreich gebrütet wie noch nie. Allerdings haben vielerorts die Rettungsmaßnahmen der EGE sowie die Umsicht von Grundbesitzern, das Verständnis von Steinbruchbetreibern und behördliche Unterstützung zu dem großen Erfolg beigetragen. Das stete Werben der EGE in Politik, Wirtschaft und Verwaltung für den Schutz des Uhus bewirkt also doch etwas. Trotzdem: Fast jede fünfte Brut wurde aufgegeben; vermutlich störungsbedingt. Einen ausführlichen Bericht über die Uhubrutsaison in der Eifel gibt es an dieser Stelle in ein paar Wochen.

Die wichtigsten Ergebnisse teilt die EGE aber schon jetzt mit: Im Jahr 2012 brüteten 156 Uhupaare in der Eifel, davon 128 erfolgreich. Das ist ein Zuwachs verglichen mit den Vorjahreszahlen von zwei Dritteln! Aus den erfolgreichen Bruten gingen 302 Junge hervor. Das sind 2,36 Junge je erfolgreiche Brut. Der Wert liegt über dem Vorjahreswert von 2,23. Die Zahl der Jungen stieg um fast 80 Prozent. Das außerordentlich gute Uhujahr kompensiert den geringen Bruterfolg beispielsweise aus dem Jahr 2009. Damals zogen die Uhus nur 82 Junge, nämlich 1,86 Junge je Brutpaar auf - ein Ergebnis, dass für einen guten Erhaltungszustand der Uhupopulation nicht ausreichend ist.

Stefan Bücher war so gefordert wie noch nie. Trotzdem hat er alle jungen Uhus fast ganz alleine beringt. Sein Einsatz: Ein mehrwöchiger unbezahlter Urlaub ohne Aufwandsentschädigung oder Gefahrenzulage. Dass dieser Einsatz bisweilen riskant und nicht jedermanns Sache ist, macht das Foto deutlich. Es zeigt Stefan Brücher beim Uhuberingen in einer Felswand, in der in diesem Jahr nach Beschränkungen des Klettersports erstmals Uhus erfolgreich gebrütet haben. Die Brut blieb so lange unentdeckt, dass die Sperrung schon wieder aufgehoben werden sollte. Erst beim ersten Probeklettern, wurde die Brut festgestellt. Das Nest war so gut versteckt, dass die ganze Sache beinahe doch schief gegangen wäre. Das ist die Krux bei nur zeitlichen Beschränkungen des Klettersports.

Wenn Sie eine Möglichkeit sehen, die Arbeit der EGE mit Ihrer Spende zu fördern, tun Sie es bitte. Ihre Unterstützung ist herzlich willkommen. Selbstverständlich erhalten Sie eine Spendenbescheinigung zur Vorlage bei Ihrem Finanzamt. Eine individuelle Form des Spendens ist die Übernahme einer Uhupatenschaft. Für eine einmalige Spende in Höhe von 100 Euro können Sie eine solche Patenschaft übernehmen. Nur sehr wenige der diesjährigen Uhus haben eine Patin oder einen Paten gefunden. Wenn Sie das ändern möchten, schreiben Sie einfach an die EGE oder rufen Sie uns an.

Hampelampel - Juli 2012

In weniger als sechs Monaten endet die zehnjährige Umrüstungsfrist, welche der Gesetzgeber den Betreibern des deutschen Stromleitungsnetzes gesetzt hat. Bis zum 31.12.2012 müssen alle für Vögel gefährlichen Mittelspannungsmasten vogelsicher sein. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hatte dies im März 2012 in Abstimmung mit der EGE zum Anlass genommen, die Länderumweltminister nach dem Stand der Umrüstung zu fragen. Jetzt hat der NABU die Umfrageergebnisse auf seiner Website veröffentlicht und eine ernüchternde Bilanz gezogen.

Demnach können nur die Stadtstaaten eine fristgerechte Umrüstung glaubhaft machen. Die Lage in den Flächenländern scheint hingegen eher dramatisch zu sein. Und zwar dramatischer als es der NABU darstellt. Wenn der NABU etwa Nordrhein-Westfalen "nah am Ziel" einer vollständigen Umrüstung sieht und ihm in der Ampelbewertung grün zuerkennt, in diesem Land aber nach den vom NABU übernommenen Angaben immer noch 11.100 gefährliche Masten nicht umgerüstet sind, fragt man sich, wie es in den elf Ländern bestellt ist, bei denen die Ampel gelb oder rot zeigt.

Zugleich stellt sich die Frage, warum andere Bundesländer in der NABU-Bewertung so viel schlechter abschneiden. Beispielsweise Niedersachen, wo dem Bericht zufolge deutlich weniger Masten auf eine Umrüstung warten als im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen, die Ampel aber trotzdem rot aufleuchtet. Demgegenüber steht die Ampel in Baden-Württemberg auf gelb, obwohl das Landesumweltministerium dem NABU gar keine Zahl umzurüstender Masten genannt hat. Fraglich auch das Gelb für Bayern: Dort warten nach NABU-Angaben 12.250 Masten auf eine Umrüstung. Fragen über Fragen.

Die EGE kann mehr zum NABU-Bericht nicht sagen, weil ihr die Antworten der Länderumweltminister im Wortlaut nicht vorliegen. In jedem Fall ist dem NABU zu danken, die Sache überhaupt aufgegriffen zu haben. Nach dem Eindruck der EGE, die die Länder 2006 zum Umrüstungsstand befragt hatte, scheinen die Antworten erneut so missverständlich, fehlerhaft und irreführend gewesen zu sein, dass man bei der Auswertung leicht ins Schlingern gerät und die Länderantworten mit Vorsicht bewertet werden müssen. Tatsächlich scheinen die Länderumweltministerien wie sechs Jahre zuvor eher im Dunkeln zu tappen. Nimmt man die Angaben im NABU-Bericht ernst, ist die Zahl der in Deutschland auf eine Umrüstung harrenden Mittelspannungsmasten sechsstellig, was wir auch schon vorher wussten und niemanden überrascht.

Die Angaben der Bundesländer wären vergleichsweise leicht zu verifizieren, würden sich etwa die Landesverbände des NABU zu Stichproben im Gelände entschließen. Das erfordert Fachleute, die gefährliche von harmlosen Masten zu unterscheiden vermögen. Die Verbände unternehmen nichts, solche heranzubilden. Bisher hat nur die EGE Flächenstichproben durchgeführt; sie belegen: Der Umbau kommt kaum von der Stelle. Die nächste Flächenstichprobe bereitet die EGE gerade vor - und zwar in dem Flächenland, das in der NABU-Ampelbewertung unverdient mit einem milden grün bewertet wird.

Als 2002 der deutsche Gesetzgeber die Errichtung vogelgefährlicher Masten verbot und die Netzbetreiber zu der Entschärfung gefährlicher Altmasten verpflichtete, war dies immerhin eine "kleine" Energiewende, die allerdings - wie sich nun zeigt - in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist nicht annähernd eingelöst worden ist. Zurzeit sind die Umweltverbände so sehr mit der großen Energiewende befasst, dass sie die Vogelverluste an Mittelspannungsmasten vielleicht auch nicht recht interessieren und wenn doch, dann in einem anderen Zusammenhang.

BUND-Präsident Prof. Hubert Weiger hat diese Verluste im Juni 2012 in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung fälschlich den Hochspannungsfreileitungen zugerechnet und die Opfer bemüht, um Vogelverluste an Windenergieanlagen zu relativieren. Unerwähnt blieb, dass ab 2013 jeder Mittelspannungsmast vogelsicher und dieses Problem also gelöst sein muss. Das Interview stand im Zusammenhang mit Enoch zu Guttenberg, der in den 1970er Jahren den BUND mitgründete und ihn kürzlich wegen der Haltung des BUND zur Windenergiewirtschaft verließ. Zu Guttenberg hatte sich kritisch zu den Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Landschaft, Vögel und Fledermäuse geäußert.

Dazu fügt sich eine Information aus dem Leibnitz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, das die Zahl der in Deutschland jährlich an Windenergieanlagen getöteten Fledermäuse mit 200.000 veranschlagt. Fledermäuse haben eine geringe Fortpflanzungsrate; sie bekommen nur ein bis zwei Jungtiere pro Jahr. Von zusätzlichen Verlusten kann sich eine Fledermauspopulation nur langsam, wenn überhaupt, erholen. Der BUND tut sich mit dem Verlust eines verdienten Naturschützers vermutlich weniger schwer.

Die Tierverluste an Windenergieanlagen sind so wenig erbaulich wie der Blick in die Baugruben der bis zu 200 m hohen Anlagen. BUND-Chef Weiger hatte der Süddeutschen Zeitung auch gesagt, "Wenn man den Bau neuer Hochspannungsleitungen von Norden nach Süden vermeiden will, braucht es im Süden auch Windräder". Wahr ist, dass Süddeutschland der Bau von einigen Tausend Windenergieanlagen bevorsteht und Nord- und Süddeutschland der Bau neuer Stromtrassen.

Baugrube für Windenergieanlage © Manfred Knake

Nachlese: Wald unter Strom - Juni 2012

Sperlingskauz © Rosl Rößner

Im März 2012 erschien in der Zeitschrift "Nationalpark" der Beitrag von EGE-Geschäftsführer Wilhelm Breuer "Wald unter Strom". Der Beitrag setzt ein Fragezeichen hinter die Pläne der Energiewirtschaft, den Wald für den vermeintlich "grünen" Strom in Anspruch zu nehmen. Bitte klicken Sie hier, wenn Sie den Beitrag noch einmal lesen möchten.

Wie sehr das Thema Leserinnen und Leser der Zeitschrift bewegt, zeigt die Vielzahl der Leserbriefe, die bei der Redaktion eingegangen und in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift veröffentlicht sind. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 1,55 MB), wenn Sie diese Zuschriften lesen möchten.

Die Zeitschrift "Nationalpark" berichtet seit 1974 viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, großer Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift versteht sich als Anwältin von Natur und Wildnis. Zur Förderung der Nationalparke in Deutschland, ihrer Akzeptanz und Achtung hat sie viel beigetragen. Bis heute begleitet sie die Entwicklung der großen Schutzgebiete in Deutschland kritisch, kompetent und konstruktiv. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die Horst Stern für sie gefunden hat: "Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen".

Die Zeitschrift eröffnet Ihnen auch Reisewege in die Natur - so beispielsweise in europäische Nationalparks. Herausgeber der Zeitschrift ist der Verein der Nationalpark-Freunde e.V. Die Zeitschrift erscheint im Oekom Verlag. Vielleicht haben Sie Interesse an einem Probeabo der Zeitschrift "Nationalpark". Informationen für ein Probeabo finden Sie hier: Probeabonnement Nationalpark.

Ramsauers saure Gurken - Juni 2012

Mitte Juni hatte der "nette Herr Rösler" von der FDP ein Aussetzen gemeinschaftsrechtlicher Artenschutzbestimmungen verlangt. Die Energiewende dürfe nicht am Naturschutz scheitern. Jetzt hat auch Kabinettskollege Ramsauer den Artenschutz als Hindernis für Windparks auf See und Stromtrassen an Land ausgemacht. Ruhe für Wale in der Nordsee, ökologische Ausgleichsflächen für neue Leitungstrassen - damit soll es nach Verkehrsminister Ramsauer vorbei sein. "Es kann nicht sein, dass Windparks auf hoher See nicht gebaut werden können, weil das Einrammen der Windkraftanlagen bestimmte Arten von Walen stören würde", zitiert die "Passauer Neue Presse" den CSU-Politiker. "Oder wenn man für den Bau von Stromleitungen im Zuge der Energiewende auch noch ökologische Ausgleichsflächen schaffen muss, dann ist das völlig kontraproduktiv." Das Sommerloch will zwischen Fußball-Europameisterschaft und dem 60. Geburtstag der Bildzeitung gefüllt sein. Nötigenfalls mit Blödsinn. So viel Einigkeit drang selten aus der großen Koalition, die als "Gurkentruppe" schon das Sommerloch 2010 geschlossen hatte.

Wegmarken - Juni 2012

Rebhühner © Gordana und Ralf Kistowski

"Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg: Es allen recht machen zu wollen." Platon
"Zum Reichtum führen viele Wege. Die meisten von ihnen sind schmutzig." Peter Rosegger
"Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst Du etwas Schönes bauen." Erich Kästner

EGE-Geschäftsführer Wilhelm Breuer hat zum Abschluss des Lehrauftrages im diesjährigen Sommersemester den Studenten im Fach "Planungs- und Naturschutzrecht" an der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Hochschule Osnabrück Empfehlungen für den Berufsweg ans Herz gelegt, die zwar (noch) nicht sprichwörtlich sind, aber vielleicht auch ausstudierten Naturschützern etwas zu sagen vermögen. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 52 KB), wenn Sie diese Empfehlungen lesen möchten.

Sendung verpasst? - Juni 2012

Die Sendung des SWR "Im Grünen" vom 19.06.2012 finden Sie in der Mediathek des Senders. Der Beitrag dokumentiert die schönsten Momente aus dem Leben der Webcam-Uhus im Ahrtal sowie die Bemühungen der EGE, bei Hubschrauberflügen im Weinbau den Uhuschutz zur Geltung zu bringen. Dazu hören Sie einen Vertreter des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums und den Vorsitzenden der EGE Stefan Brücher im Interview. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie den Beitrag sehen möchten:

SWR "Im Grünen" - Juni 2012

Stefan Brücher mit Uhu © EGE

Das SWR Fernsehen strahlt am 19.06.2012 ab 18.10 Uhr einen Beitrag in seinem Umweltmagazin "Im Grünen" aus, der sich mit Uhus und ihrem Schutz befasst. Im Beitrag berichtet der Sender über Uhus in der Eifel, die dank der vom SWR-Fernsehen eingerichteten Webcam auch in dieser Brutzeit ein internationales Publikum begeistern.

Der Beitrag berichtet zudem von den Gefahren, mit denen Uhus in Weinberglandschaften konfrontiert sind. Deshalb geht es in der Sendung auch um die Bemühungen der EGE, Hubschrauber, die in den Weinbergen Pflanzenschutzmitteln ausbringen, so einzusetzen, dass Uhus nicht in Panik geraten und zu Schaden kommen. Der Beitrag wird im SWR Fernsehen wiederholt am 23.06.2012 um 18.15 Uhr, am 24.06.2012 um 5.00 Uhr und am 25.06.2012 um 9.00 Uhr.

Nähere Informationen zur Sendung finden Sie unter:
"Im Grünen - Das Natur- und Umweltmagazin, SWR Fernsehen in Rheinland-Pfalz"

Das Foto zeigt Stefan Brücher bei der Beringung junger Uhus in einem Hang an der Mosel. Die Flurbereinigung hat hier ein bisschen Natur ausgespart. An den meisten anderen Stellen im Moseltal sieht es noch trostloser aus. Massive Weinbergsflurbereinigungen haben die Schönheit des Moseltals schwer beeinträchtigt, die Vielfalt von einst auf Restflächen verdrängt und vielerorts restlos ausgelöscht. Das gehört wie das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln aus der Luft zur Wahrheit über den Weinanbau.

Prinzen sehen anders aus - Juni 2012

Laubfrosch © Gordana und Ralf Kistowski

Die FDP hat sich in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen über die Fünf-Prozent-Hürde retten können. Wer sich von ihr allerdings im Bund einen Beitrag zu energiepolitischer Vernunft hat versprechen lassen, dürfte sich hart getäuscht sehen. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) kündigt der Parteivorsitzende Philipp Rösler keine energiepolitische Reflexion an, sondern die Durchsetzung der Energiewende gegen europäisches Naturschutzrecht: "Dabei geht es vor allem um die Flora-Fauna-Habitat- sowie die Vogelschutzrichtlinie. Da müssen wir ran. Jedem Beteiligten muss klar sein, dass wir auf die Herausforderungen der Energiewende auch unbequeme Antworten geben müssen", zitiert die Zeitung am 13.06.2012 Rösler. Und weiter: "Uns wäre bereits geholfen, wenn wir zum Beispiel beim Durchqueren von Schutzgebieten einen Teil der EU-Regeln auf Zeit außer Kraft setzen könnten."

Deutschland stehen neben dem Bau von Windenergieanlagen an Land und auf See, dem Bau von Pumpspeicherkraftwerken, Biogasanlagen und einem noch Mehr an Maisanbau 4.000 Kilometer neuer Hoch- und Höchstspannungsleitungen bevor. Tatsächlich muss schon heute - auch ohne Abbau naturschutzrechtlicher Standards - der Bau dieser Leitungen keineswegs am Netz europäischer Naturschutzgebiete scheitern. Geraten die beiden Netze in Konflikt, hat der Naturschutz das Nachsehen. Jedenfalls dann, wenn sich der Netzausbau als alternativlos erweisen sollte und zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses ihn erfordern. Diese Spielregeln sollten auch dem Wirtschaftsminister bekannt sein. Ersatzweise könnte er sich beim Bundesumweltminister oder der Parteifreundin Bundesjustizministerin aufklären lassen. Oder stehen die Alternativlosigkeit oder die zwingenden Gründe vielleicht doch im Zweifel?

Die Errichtung des als "Natura 2000" bezeichneten Schutzgebietsnetzes, das in Deutschland 15 Prozent der Landfläche ausmacht, hatte die Europäische Gemeinschaft übrigens vor genau 20 Jahren gesetzlich beschlossen und seinen Aufbau vielerorts erst gegen Widerstände aus deutscher Politik und Wirtschaft durchgesetzt. Deutschland hatte für diesen Widerstand die Verträge verletzt und war deswegen vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden. Dabei ist das Netz bis heute kein Netz im Wortsinne, sondern eher eine Ansammlung isolierter Einzelgebiete, deren Schutz kollektiven und elitären Interessen in diesem Lande nach wie vor müheselig abgetrotzt werden muss.

Mit Blick auf den 20. Geburtstag der FFH-Richtlinie ist die Ankündigung des "netten Herrn Rösler", dem sonst eine gewisse Nähe zu Fröschen nachgesagt wird, ein Geburtstagsgeschenk der besonderen Art. Überdies will Rösler auch die Rechte der Bürger beschneiden, sich bei behördlichen Entscheidungen zum Netzausbau Gehör und gegebenenfalls Recht bei Gericht zu verschaffen. Die FDP ist offenkundig nicht nur von ihrem umwelt- und europarechtlichen Kurs abgekommen, sondern steht nun auch ohne bürgerrechtlichen Kompass dar. Beim diesjährigen Dreikönigstreffen der Liberalen war dem Vorsitzenden der nach Mitgliederzahl und Wählergunst beispiellos geschrumpften Partei außer einem wirren Bekenntnis zum Wachstum kaum etwas eingefallen. Der von der Bundesregierung eingesetzte Sachverständigenrat für Umweltfragen hat in seinem vor wenigen Tagen vorgelegten Umweltgutachten 2012 "Verantwortung in einer begrenzten Welt" unter der Überschrift "Die neue Wachstumsdebatte" den heillos undifferenzierten Wachstumsgedanken Röslers eine klare Absage erteilt.

Röslers Drängen und Werben auf europäischer Ebene, man möge den Liberalen freie Hand geben fürs Absenken der Errungenschaften des gemeinschaftlichen Naturschutzrechts, dürfte in Europa auf so große Zustimmung nicht stoßen. Vermutlich schon gar nicht für einen deutschen Sonderweg und ein Anliegen, das in der Gemeinschaft kaum jemand nachvollziehen kann.

Vielleicht schafft die FDP es, ihre Forderungen über die Sommerpause zu retten. Dann mag sich der 31. Deutsche Naturschutztag (DNT) 2012 im September in Erfurt mit dem liberalen Gedankengut befassen, steht doch die fünftägige Veranstaltung unter dem Motto "Neue Energien - Neue Herausforderungen: Naturschutz in Zeiten der Energiewende." Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 1,60 MB), wenn Sie das Programm des DNT 2012 einsehen möchten, von dem man noch nicht sagen kann, ob es in der Auseinandersetzung mit der Energiewende die Sache des Naturschutzes stärken wird. Profilierte Kritiker der Energiewende aus dem Naturschutz findet man in dem Programm eher nicht. Vielleicht, weil es sie nicht gibt.

Flughafen-Security - Juni 2012

Peter Josef Müller beringt 'Flughafenkauz' © Rita Edelburg-Müller

Manchmal gibt es doch noch positive Überraschungen. Das sagten sich die beiden erfahrenen Steinkauzschützer Rita Edelburg-Müller und Peter Josef Müller, als sie letzthin im Kreis Euskirchen eine Steinkauzbrut an einem Platz entdeckten, an dem sie mit Steinkäuzen nicht gerechnet hatten. Ausgerechnet an einer Halle eines Flugplatzes für Ultraleichtflieger neben Tower und Rollbahn fanden sie in einem Nistkasten fünf junge Steinkäuze. Anfang Juni sind sie von den Müllers beringt worden. Auf dem Gelände brüten auch Turmfalken und Schleiereulen. Erfolgreich. Alle drei Arten profitieren vom kurzrasigen Grünland, auf dem die Flugzeuge starten und landen.

Der technisch-funktionale Platz und das baumlose Umland sind gewiss kein Bilderbuchbiotop für Käuze. Für Eulen und Greifvögel geben die guten Jagdaussichten den Ausschlag. Dank der regelmäßig gemähten Flächen und naturbetonter Säume lassen sich hier bestens Mäuse und andere Kleintiere fangen. Das Steinkauzweibchen entwich während der Beringung und verschwand mangels anderer Versteckmöglichkeiten in einer Traktorspur im nahen Weizenfeld. Die Müllers kennen das Weibchen. Es war 2010 an einem zweieinhalb Kilometer entfernten Brutplatz aus dem Ei geschlüpft. Der Geburtsort des Weibchens ist dem am Flugplatz so unähnlich nicht: Dort steht nur eine einzelne Eiche und sind Verstecke ebenfalls rar. Die Steinkäuze jagen dort auf dem regelmäßig gemähten Hochwasserschutzdamm. Ein Altvogel versteckte sich damals, als die Jungen beringt wurden, im Rohrdurchlass eines Grabens. Die Ähnlichkeiten sind interessant.

Wenn die jungen Steinkäuze in wenigen Tagen den Nistkasten verlassen, könnten sie allerdings der fehlenden Verstecke wegen leicht streunenden Katzen, Mardern oder dem Fuchs in die Pfoten fallen. Die Müllers haben deshalb mit tatkräftiger Unterstützung der Ultraleicht-Fluggruppe "Nordeifel e. V." - das ist der Verein, der den Platz betreibt - an Ort und Stelle mit aufgeschichteten Holzpaletten für mehr Sicherheit gesorgt. Nach dem Ausfliegen können die Jungen hier zunächst unterkommen. Während der neue Hauptstadtflughafen aus Sicherheitsgründen bis auf weiteres nicht eröffnet werden kann, ist es also um die Sicherheit der Käuze auf einem Flughafen in der Voreifel ganz gut bestellt. Die EGE dankt dem Verein für das Wohnrecht, das er Eulen und Falken bietet.

Die traditionellen Steinkauzhabitate hingegen werden immer seltener. Das Vieh grast nicht mehr auf der Weide, sondern steht ganzjährig im Stall. Die alten Obstbäume verrotten. Neue Obstbäume werden nicht gepflanzt. Alle Sorten Obst gibt es zu allen Zeiten aus allen Teilen der Welt im Supermarkt. Äpfel und Birnen aus der Region sind nicht gefragt. Dank der Mühen der Müllers verspricht die diesjährige Steinkauzsaison in diesem Teil der Kölner Bucht trotzdem recht erfolgreich zu sein. Vielleicht mögen Sie einen Beitrag leisten zur Verstetigung dieses Erfolges - mit einer Patenschaft für einen der jungen Käuze. Bei einer einmaligen Spende in Höhe von 100 € stellt Ihnen die EGE eine schöne Patenschaftsurkunde aus. Das Geld investiert die EGE in die Zukunft der Steinkauzbiotope.

Der WDR hat übrigens die Müllers in dieser Saison beim Beringen der Steinkäuze begleitet und zwei kleine Beiträge darüber ausgestrahlt. Klicken Sie bitte die untenstehenden Links an, wenn Sie die Beiträge ansehen möchten:

Uhupaar stirbt auf Schaltermast - Juni 2012

Stromopfer Uhuweibchen © Michael Knödler

Das idyllisch gelegene Dorf Niederhausen im rheinland-pfälzischen Donnersbergkreis ist Ort eines Tierdramas. Am Ortsausgang auf einem Schaltermast des örtlichen Energieversorgers registrierte Michael Knödler gleich zwei Uhus, die daran in der Nacht vom 06. auf den 07. Juni einen tödlichen Stromschlag erlitten. Vermutlich sind es die beiden Brutpartner. Das Geschehen ist Beleg dafür, wie gefährlich viele Mittelspannungsmasten sind. Zwar war der Mast stellenweise entschärft, die stehenden Schalter aber sind ausgespart worden. Die Sitzstange, die der Netzbetreiber über dem gefährlichen Schaltermast hatte anbringen lassen, hat die Uhus nicht vom Niederlassen auf den brandgefährlichen Bauteilen abhalten können. Deshalb können solche Sitzstangen gefährliche Masten nicht wirksam entschärfen.

Das Bild oben zeigt das Uhuweibchen; das Bild unten beide Unglücksopfer (das Männchen im oberen Mastbereich). Michael Knödlers Bemühungen, den Brutplatz und die diesjährigen Jungvögel zu finden, blieben erfolglos. Nun werden nach den Alten die jungen Uhus vermutlich verhungern oder vom Fuchs geholt. Jetzt muss sich zeigen, wie der Stromversorger und die zuständige Naturschutzbehörde auf den Fall reagieren.

Bis Ende 2012 müssen die Netzbetreiber alle gefährlichen Mittelspannungsmasten vogelsicher umrüsten. Dann endet die den Netzbetreibern gesetzlich eingeräumte Umrüstungsfrist. Die EGE hat immer wieder deutlich gemacht, dass die Umrüstung nahezu überall in Deutschland schleppend verläuft und die Länderumweltministerien nichts oder jedenfalls zu wenig unternehmen, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Deshalb rechnen Fachleute sechs Monate vor Ende der Frist immer noch mit einer sechsstelligen Zahl umzurüstender Masten. Eine Wende ist nicht in Sicht. Die politisch beschlossene Energiewende kapriziert sich auf andere Ziele.

Stromopfer Uhupaar © Michael Knödler

Der stumme Frühling - Juni 2012

Junge Waldohreule © Gordana und Ralf Kistowski

Wir wissen nicht, wie Sie den diesjährigen Frühling empfinden. Aber ist es nicht ein vielerorts stummer Frühling zumindest auf dem Lande, zumal in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten? In diesem Jahr erreicht die Maisanbaufläche in Deutschland mit mehr als 2,5 Mio. ha eine neue Rekordmarke. Mais steht auf etwa einem Viertel der Anbaufläche. Das ist das Doppelte der Fläche aller Naturschutzgebiete zusammengenommen. Mais ist die Grundlage für die Geflügel-, Schweine- und Rinderproduktion. Die Hälfte der Maisanbaufläche dient diesem Zweck, ein Drittel der Anbaufläche dem Betreib von 7.000 Biogasanlagen, die aus Mais elektrischen Strom gewinnen. Der Mais verträgt die Gülle; er gedeiht prächtig in den Fäkalien der hier gehaltenen rund 240 Mio. Schweine, Rinder, Puten und Hühner. Was sonst der Mais fürs Wachstum verlangt, besorgt die chemische Industrie.

In und über den Feldern ist es still. Die Lieder der Feldlerchen sind verklungen. Die Flugmanöver der kontrastreichen Kiebitze bleiben aus. Das Flöten der Brachvögel ist verstummt. Die Rebhühner, Schafstelzen und Grauammern, die einst in großer Zahl den Acker besiedelten, haben sich in die Roten Listen verzogen. Mit ihnen Goldlaufkäfer, Maulwurfsgrillen und Schwebfliegen. Die Mäuse sind in der Gülle ersoffen. Am Himmel kein Bussard. Es ist das Ende vom Lied. Auf dem Acker geht es zu wie in der Fabrik und an der Börse. Nur die Produktion zählt und der Gewinn. Vor genau zehn Jahren versprach die Bundesregierung mitten in der BSE-Krise eine Wende in der Agrarwirtschaft, mehr ökologischen Landbau und den Schutz der Biodiversität. Heute macht sich auf Druck der Energiewende hin der letzte Rest biologischer Vielfalt buchstäblich vom Acker. Die Verluste kompensiert die wachsende Nachfrage nach Print-Magazinen wie "Landlust", "Liebes Land" oder "Landleben" samt ähnlichen TV-Formaten.

Es zählt zu den modernen Paradoxien, dass sich ausgerechnet die Stadt als Insel der Artenvielfalt erweist. Die Stadtluft macht anscheinend wieder frei und bietet denen ein bescheidenes Auskommen, die im horizontbeherrschenden Mais des ausgeräumten Agrarraumes keine Maus mehr finden: Waldohreulen zum Beispiel. Gordana und Ralf Kistowski haben uns das Foto einer jungen Waldohreule zugesandt, die sie inmitten des Siedlungsraumes angetroffen haben. Waldohreulen brüten gerne in ausgedienten Elsternestern. Auch die Elstern treibt es auf dem Lande ausgehungert in die Stadt, wo sie als Singvogelschreck schlecht beleumdet sind. Junge Waldohreulen werden der EGE zurzeit aus vielen Städten Deutschlands gemeldet. Immerhin dort ist der Frühling noch bei Stimme. Und wenn es nur das weittragende "Fiepen" ist, das junge Waldohreulen nach dem Nestverlassen äußern.

In vino veritas (für Uhus mitunter eine bittere) - Mai 2012

Hubschraubereinsatz im Weinberg © Stefan Brücher

Die EGE sorgt sich um die Uhus in den deutschen Weinanbaugebieten. Das gilt beispielsweise für das Moseltal zwischen Trier und Koblenz. Das 160 km lange Tal wird von vielen Felsen und Steilhängen begrenzt, die ideale Brutplätze für Uhus sind. Dort könnten mehr als 70 Uhupaare brüten, tatsächlich leben dort aber weniger als 30. Die Gründe liegen vor allem in den parallel zum Fluss verlaufenden Mittelspannungsmasten, Bahnstrecken und Straßen, aber auch an dem Einsatz von Hubschraubern.

In den Weinbergen werden jährlich mehrfach Pflanzenschutzmittel von Hubschraubern ausgebracht. Die auf diese Weise versprühten Biozide sind kein Gewinn für Natur und Landschaft. Für die Uhus ist aber der Hubschraubereinsatz selbst schon das Problem.

Auf die lauten und oft überraschend auftauchenden "Riesenvögel" reagieren die zur Einsatzzeit mit der Jungenaufzucht beschäftigten Uhus oder auch die noch nicht flugfähigen jungen Uhus mit Angst und Schrecken. Infolgedessen kommt es leicht zu Brutaufgaben, Brutverlusten oder zu buchstäblichen Abstürzen junger Uhus, so wie beispielsweise im letzten Jahr an einem Brutplatz an der Ahr aus genau diesem Grund.

Dass im Moseltal der für eine stabile Population notwendige Wert von 1,2 Junge je Brutpaar deutlich verfehlt und nur 0,94 erreicht werden, liegt auch am Hubschraubereinsatz. Vermutlich ist die Situation noch deutlich ungünstiger, weil die EGE das jährliche Uhumonitoring im Juni abschließt, die Hubschraubereinsätze aber auch noch danach stattfinden. Zum Vergleich: Selbst in im Abbau befindlichen Steinbrüchen der Vulkaneifel werden 2,0 Junge je Brutpaar erreicht.

Die Gefährdungen ließen sich begrenzen, wenn der Flugbetrieb auf Uhus Rücksicht nähme. Dies erfordert keine zeitlichen Einschränkungen der Flüge, sondern lediglich Absprachen über die Flugrouten. So wäre es schon von Vorteil, wenn die Flüge nicht von hinten über die Brutplätze hinweggeführt, sondern Routen geflogen würden, bei denen der Hubschrauber für Uhus frühzeitig sichtbar ist und sie sich auf dessen Herannahen einstellen können.

Da sich von den 34 bekannten Uhubrutplätzen an Mosel und Ahr immerhin 24 Uhubrutplätze innerhalb von zum Schutz des Uhus eingerichteten EG-Vogelschutzgebieten befinden und davon wiederum 22 von Helikoptereinsätzen betroffen sind, wären solche Absprachen auch eine Voraussetzung, um dem in diesen Gebieten geschuldeten günstigen Erhaltungszustand dieser Vogelart näherzukommen.

Wie sehr der Hubschraubereinsatz Uhus gefährdet, belegt eindrucksvoll die Aufzeichnung der Webcam vom 18.05.2012 an dem inzwischen weltbekannten Uhubrutplatz an der Ahr. Zwar hatte die Firma eine vorherige Absprache mit der EGE vereinbart, diese aber dann doch nicht eingehalten. Die panischen Reaktionen der drei jungen Uhus kann sich jedermann ansehen. Dass den Uhus nichts Schlimmeres geschehen ist, verdankt sich dem komfortabel großen Brutplatz. Wo weniger Platz ist, stürzen noch nicht flugfähige Uhus aufgeschreckt leicht aus dem Nest in die Tiefe.

Die EGE hat deswegen die rheinland-pfälzische Landesregierung um geeignete Initiativen gebeten. Die Landesregierung überlässt es der EGE, mit den zuständigen Stellen Kontakt aufzunehmen und Absprachen mit den Hubschrauberpiloten zu erreichen. Die EGE tut nun das, was eigentlich Sache der staatlichen Stellen ist. Eine finanzielle Unterstützung erhält die EGE nicht. Auch keinen Schoppen Wein. Nicht einmal den Kuss einer Weinkönigin.

Quadratur des Kreises - Mai 2012

Messanlage und Schilder an der L 249 in der Eifel © Achim Schumacher

Auf der Landesstraße 249 bei Heimbach-Blens im Kreis Düren wird es künftig eine differenzierte Geschwindigkeitsbegrenzung geben. Um die dort in einem EG-Vogelschutzgebiet lebenden Uhus zu schützen, wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in der Dämmerung und nachts auf 50 km/h begrenzt. Tagsüber wird das Tempolimit auf 70 km/h angehoben. Zuvor galt ein zeitlich ungeteiltes Limit von 50 km/h. Mit dieser Entscheidung übt der Kreis Düren das Ermessen aus, wie es das Verwaltungsgericht Aachen in seinem «Uhu-Urteil» gefordert hatte. Das Verwaltungsgericht hatte ein generelles Tempolimit zum Schutze der Uhus ebenso für möglich gehalten wie eine differenzierte Geschwindigkeitsbeschränkung, die auf einem Vertrag zwischen BUND und Behörden beruhende Regelung aber wegen eines Formfehlers für rechtswidrig erklärt.

Die EGE ist mit der neuen Entscheidung des Kreises nur bedingt zufrieden. Die Entscheidung verkennt, dass ein erhöhtes Unfallrisiko für Uhus auch am Tage besteht. Der Brutplatz ist in diesem Jahr besonders Fahrbahn nah gelegen. Die drei jungen Uhus sind jetzt in der Infanteristenphase, d. h. sie sind noch nicht flugfähig zu Fuß unterwegs und können deshalb besonders leicht auf die Fahrbahn gelangen.

Wie die neue Regelung vor Ort konkret angezeigt wird, wird noch geprüft. Sobald die neue Beschilderung steht, wird auch die dortige Radaranlage wieder in Betrieb genommen. Die Anlage war mehrfach zerstört worden und deswegen die letzten Monate außer Betrieb. In einem einzigen Jahr registrierte die Anlage 7.600 Verstöße. Die Klägerin, die die Gerichtsentscheidung erwirkt hatte, war übrigens mit mehr als Tempo 80 geblitzt worden.

Die EGE bezeichnet die Entscheidung als "Quadratur des Kreises". Der Kreis habe sich einerseits des "Drucks der Straße" gebeugt, andererseits das Tempo wenigstens während der Dämmerungs- und Nachtstunden auf 50 km/h begrenzt und sich von der Geschwindigkeits-Messanlage nicht abbringen lassen.

EGE auf Sendung - Mai 2012

Das SWR-Radio hat Stefan Brücher beim Uhuberingen in der Eifel begleitet und zur diesjährigen Uhubrutsaison befragt. Den 2-minütigen Sendebeitrag finden Sie unter folgendem Link:

Schweiz ist Einwanderungsland - Mai 2012

Junge Uhus aus Nierstein im Jahr 2011 © Michael Knödler

Von einem bemerkenswerten Fund berichtet Michael Knödler. Der mit der EGE eng verbundene Uhuschützer hatte 2011 drei junge Uhus (Bild oben) in einem Steinbruch im rheinhessischen Nierstein mit Ringen der Vogelwarte Radolfzell versehen. Einer der drei Uhus wurde am 02.03.2012 an einem Eisenbahngleis im Tessin tot aufgefunden.

Üblicherweise entfernen sich junge Uhus nach Auflösung des Familienverbandes durchschnittlich nur 30 bis 80 Kilometer von ihrem Geburtsort. Im Fall des gefundenen Uhus beträgt die direkte Entfernung zwischen Beringungs- und Fundort jedoch 375 Kilometer. Über die tatsächliche Flugstrecke lässt sich nur spekulieren. Der Uhu könnte sich am Rheingraben orientiert haben und auf diese Weise ins Tessin gelangt sein.

Der Reiseweg führte ihn vermutlich östlich entlang des Pfälzer Waldes und der Vogesen in den Schweizer Jura. Aus Telemetrie-Studien eidgenössischer Ornithologen ist bekannt, dass in den Alpen lebende Uhus auch 3.000 Meter hohe Gebirgszüge überqueren können. Der Niersteiner Uhu wird sich als "Tiefland-Uhu" vermutlich eher an den natürlichen Geländeverläufen orientiert haben.

Innerhalb der Alpen dürften Uhus die Täler bevorzugt für Wanderungen nutzen. In den Tälern verlaufen aber auch die für Uhus gefährlichen Straßen, Schienenwege und Stromleitungen. So im Talverlauf zwischen Airolo und Biasca die Gotthardautobahn und die Eisenbahnstrecke nach Bellinzona. In diesem Tal blieb der Uhu buchstäblich auf der Bahnstrecke. Ein Schicksal, das viele Uhus ereilt. Dabei hätte gerade der Uhu aus dem rheinhessischen Nierstein den Schweizeruhus gutgetan - in genetischer Hinsicht und überhaupt. Die Uhupopulation der Schweiz ist nämlich in einer prekären Lage. Dort ist eine Umrüstung der für Uhus hochgefährlichen Mittelspannungsmasten nicht gesetzlich verlangt und der Uhubestand wegen der anhaltend hohen Verluste auf Zuzug aus den Nachbarstaaten angewiesen.

Bildungsanspruch auf Eis - Mai 2012

Eisbär © Gordana und Ralf Kistowski

Um die Bildung steht es nicht zum Besten. Ein gewiss unbedeutendes, aber doch eindrückliches Beispiel dafür fand die EGE bei www.primolo.de. Das ist ein Projekt des Bildungsanbieters Lehrer-Online GmbH für Schüler und Lehrer. Dort steht politisch-korrekt den Klimaschutzzielen verpflichtet der ganz und gar unkorrekte Satz: "Eisbären sind in Not, weil das Eis in der Antarktis immer mehr schmilzt."

Tatsächlich nimmt das Eis in der Antarktis eher zu. Eisbären jedoch leben in der Arktis. Die Website stellt die Dinge buchstäblich auf den Kopf, was für die Klimaschutzdebatte in Deutschland so untypisch nicht ist. "Wir haben uns mit dem Thema genau beschäftigt", heißt es im Bildungsangebot. "Hier erfahrt ihr, wieso der Eisbär in Not ist und wie ihr ihm helfen könnt."

Das Projekt von Lehrer-Online wird gleich von zwei bundesdeutschen Einrichtungen gefördert: dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Pisa ist mitten in Deutschland und Verlass nur auf die Eisheiligen.

Bisheriger Verlauf der Brutsaison Mai 2012

Weißstorch © Gordana und Ralf Kistowski

Falls Weißstörche auch den Nachwuchs der Eulen ausliefern, haben die Störche in diesem Jahr alle Schnäbel voll zu tun. Das Jahr 2012 verspricht nämlich ein außergewöhnlich gutes Jahr für Uhus in der Eifel und Steinkäuze in der Kölner Bucht zu werden. Zum Brüten haben sich deutlich mehr Uhus entschieden als in den Vorjahren. Viele Uhus sind zeitlich gesehen früher dran. Das Frühjahr war bis Ende April eher ungemütlich. Deswegen zog es die Menschen nicht so sehr ins Freie. Ein Umstand, der in diesem Jahr beispielsweise an Ostern viele Bruten vor einer störungsbedingten Brutaufgabe bewahrt hat. Ein weiterer Grund für den bisher guten Brutverlauf ist die gegenwärtig starke Mäusepopulation. Am meisten Sorgen bereiten zurzeit die Schleiereulen. Nach den letzten harten Wintern haben nur wenige Schleiereulen überlebt, die den Mäusereichtum mit Bruten quittieren könnten.

EGE im weltweiten Netz - Mai 2012

Steinkauz © Rosl Rößner

Im April nutzten täglich bis zu 1.000 Personen die Website der EGE, im Monatsdurchschnitt 500. Die Anzahl der Anfragen erreichte im März die 300.000-Marke. Die Besucher kommen aus allen Teilen der Erde. Viele Besucher schätzen die Website, wegen außergewöhnlicher und hintergründiger Informationen aus dem Natur- und Eulenartenschutz. "Hier finden wir keine übersteigerten Erfolgsmeldungen, sondern die Nachrichten, die wir bei den großen Umweltorganisationen vergeblich suchen", schrieb ein Besucher aus Deutschland der EGE.

Würde sich nur jeder 100ste Besucher entschließen, die Arbeit der EGE mit einem jährlichen Förderbeitrag oder auch nur einmal mit einer Spende zu unterstützen, könnte die EGE deutlich mehr zum Schutz Europas Eulen bewirken. Während andere Organisationen mit ihrem Internetauftritt Firmen beauftragen und dafür viel Geld ausgeben, verursacht die EGE-Website der EGE übrigens so gut wie keine Kosten.

Aus Lottes Kinderstube - Mai 2012

Junge Uhus © Gordana und Ralf Kistowski

Lotte und ihr Nachwuchs faszinieren ein wachsendes Publikum in aller Welt. Mehr als 120.000 Besucher schauten seit Brutbeginn zu. Die EGE erhält täglich viele Zuschriften begeisterter, aber auch besorgter Zuschauer mit Fragen, welche schon aus Zeitgründen kaum beantwortet werden können. Die Zeit der Jungenaufzucht ist ja zugleich die Zeit, in der in der Eifel und darüber hinaus das Team der EGE mit der Beringung junger Uhus mehr als ausgelastet ist. Deshalb bittet die EGE alle Zuschauer um Verständnis, dass nicht alle Zuschriften beantwortet werden können.

Von Lottes drei Kindern haben die beiden größeren bereits einen Paten gefunden. Die EGE hofft, dass der dritte Jungvogel noch kräftig wächst und auch einen Paten findet. Es ist ganz normal, dass nicht alle Jungvögel gleichermaßen groß und stark sind und manchmal nicht alle durchkommen. Die EGE greift in dieses natürliche Geschehen nicht ein. Der Naturschutz sollte die natürlichen Abläufe nicht zu manipulieren suchen, sondern ihnen Raum geben. Zum Naturschutz gehört "Natur, Natur sein lassen". Im Mai wird Lottes Nachwuchs mit Ringen der Vogelwarte Helgoland zu wissenschaftlichen Zwecken gekennzeichnet. Die EGE wird rechtzeitig auf den Termin hinweisen, so dass der Zuschauer wie in den Vorjahren bei der Beringung live dabei sein kann.

EGE trauert um Helga Steffens - April 2012

Mit Uhus hatte vor mehr als 25 Jahren alles angefangen. Helga Steffens waren verletzte Uhus gebracht worden, die nicht mehr in die Freiheit entlassen werden konnten. Dafür aber ihre Jungen. Die auf diese Weise ins Leben gekommenen Uhus halfen der Population freilebender Uhus in Rheinland-Pfalz auf die Beine. Aus diesen Anfängen heraus entwickelte sich der Verein "Wildvogel-Pflegestation Kirchwald e. V.", den Helga Steffens seit seiner Gründung 1990 leitete. Am 15.04.2012 ist Helga Steffens nach langer schwerer Krankheit verstorben. Für die EGE war der Verein ein Glückfall und Frau Steffens ein Segen. Stets fanden die Eulen, die vergiftet oder verletzt in die Hand der EGE gelangten, bei Frau Steffens Aufnahme und sachkundige Pflege. Einige Tausend Vögel hat sie in diesen Jahren versorgt und einen enorm hohen Anteil wieder als geheilt in die Natur entlassen können. Helga Steffens hat sich in Rheinland-Pfalz bleibende Verdienste um den Artenschutz erworben. Das Land verliert eine große Vogelschützerin. Das Mitgefühl gilt den engsten Angehörigen und den Mitarbeitern der Wildvogel-Pflegestation. Die EGE wünscht allen die Kraft, das gute Werk fortzusetzen, das Frau Steffens so umsichtig wie beherzt begründet hat.

Wahrnehmungsprobleme - April 2012

Windenergieanlagen © Bernd Korthaus

Die EU-Kommission hat 2010 eine Leitlinie mit dem Titel "Windenergieentwicklung und Natura 2000" vorgelegt. Bestandteil dieser Leitlinie ist die Einschätzung des Kollisionsrisikos sowie des Meideverhaltens europäischer Vogelarten gegenüber Windenergieanlagen. Diese Leitlinie hat das bis 2010 verfügbare Wissen nur unzureichend berücksichtigt. Aufgrund der Informationen aus der deutschen Schlagopferkartei erweisen sich weit mehr Brutvogelarten als kollisionsgefährdet als in den EU-Leitlinien angegeben wird. Zu diesem Ergebnis kommt Hubertus Illner nach einer eingehenden Prüfung des Dokuments.

9 von 31 Arten, für die Illner ein hohes bis sehr hohes Kollisionsrisiko abgeleitet hat, werden in der Leitlinie überhaupt nicht erwähnt. Bei den Arten mit einem mittleren bis kleinen Kollisionsrisiko sind es 24 von 36. Bei weiteren 16 Brutvogelarten ist das Kollisionsrisiko größer als es im EU-Papier dargestellt wird.

Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 2,40 MB), wenn Sie den Beitrag lesen möchten, der in der aktuellen Ausgabe des Eulen-Rundblicks erschienen ist. Am Ende des Beitrages sehen Sie auch, wie die EU-Kommission auf die ihr vorgelegten Mängel reagiert hat. Den Beitrag vervollständigt eine Stellungnahme zu aktuellen vogelkundlichen Forschungsvorhaben über die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel.

Bemerkenswerterweise kommt dieser wichtige Sachstandsbericht und die Initiative um eine angemessene Berücksichtigung der tatsächlichen Gefahrensituation nicht aus den großen Umweltverbänden, was beredt Zeugnis gibt über die unzureichende Wahrnehmung der Sache des Naturschutzes gegenüber der Windenergiewirtschaft innerhalb dieser Verbände.

Suchbild - April 2012

Wanderfalke und Uhu © Jörg Jansmann

Das Bild, das die EGE hier mit freundlicher Zustimmung des Bildautors veröffentlicht, wirkt unspektakulär. Es zeigt eine Felswand mit aktuell zwei brütenden artverschiedenen Vögeln: Wanderfalke und Uhu. Vogelkundler wissen, dass die Nachbarschaft der beiden Arten keineswegs unproblematisch ist. Hier aber brüten sie weniger als einen Steinwurf voneinander entfernt. Der brütende Wanderfalke ist in der oberen linken Bildhälfte, das brütende Uhuweibchen in der Mitte der rechten Bildhälfte auf einem efeubewachsenen Felsvorsprung zu sehen. Zugegeben: ein Suchbild. Wie die Sache ausgeht, ist schwer zu sagen. In den Vorjahren waren die Uhus hier nicht an der Nachbarschaft des Wanderfalken gescheitert, sondern auf der ganz nah verlaufenden Autobahn mit Kraftfahrzeugen kollidiert.

Tempolimits zugunsten von Uhus grundsätzlich zulässig - April 2012

"Kein Tempolimit für den Uhu", "Wir bremsen nicht für Uhus", "Tempolimit wegen Uhus rechtswidrig" - so oder ähnlich titeln am 11.04.2012 nahezu alle großen deutschen Zeitungen und online-Dienste über das Urteil des Aachener Verwaltungsgerichts. Selten haben Uhus ein größeres mediales Interesse gefunden. Die EGE hat über den Streitfall an dieser Stelle mehrfach berichtet, so dass die Vorgeschichte als bekannt vorausgesetzt werden kann. Was in den Überschriften den Anschein einer Niederlage für die Sache der Uhus erweckt, ist in Wahrheit in doppelter Hinsicht ein Erfolg für den Naturschutz. Warum?

Erstens hat das Gericht klargestellt, dass ein Tempolimit zum Schutz des Uhus durchaus gerechtfertigt sein kann - auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h. Verworfen hat das Gericht lediglich das Zustandekommen des Tempolimits. Das Tempolimit ist nur aus formalen Gründen rechtswidrig. Und zwar deswegen, weil sich der Kreis Düren in seiner Entscheidung an einen Vertrag mit dem BUND Nordrhein-Westfalen gebunden fühlte und nicht unter Berücksichtigung aller Erwägungen und aus eigener Überzeugung heraus zu Gunsten der Uhus entschieden habe. Der BUND Nordrhein-Westfalen hatte einen Klageverzicht gegen den Ausbau der Landesstraße an ein Tempolimit geknüpft. Darauf hatten sich die Vertragspartner eingelassen. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass nicht Naturschutzverbände an die Stelle der staatlichen Stellen treten können und sich Behörden nicht hinter Naturschutzverbänden verstecken dürfen. Das ist die zweite positive Seite des Urteils: Naturschutz ist eine Staatsaufgabe und keine Verhandlungssache zwischen öffentlichen Stellen und privaten Verbänden.

Das Urteil mag die gefühlte oder auch faktische Stärke von Naturschutzverbänden schwächen, stärkt aber letztendlich den Stellenwert des Naturschutzes als öffentlichen Belang. Nun hat der Kreis Düren die Möglichkeit - die EGE würde sagen: die Pflicht - seine Entscheidung nachzubessern und das Tempolimit rechtssicher neu zu begründen.

Eulen-Rundblick Nr.62/2012 erschienen - April 2012

Titelseite Eulenrundblick

Die neue Ausgabe des Eulen-Rundblicks ist da. Das 145 Seiten (!) umfassende Heft enthält u. a. Beiträge der Jahrestagung 2011 in Bredelar, zahlreiche Beiträge aus der Erforschung der europäischen Eulenarten, Literaturbesprechungen und aktuelle Nachrichten aus der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen sowie den Jahresbericht 2011 der EGE.

Der Eulen-Rundblick erscheint einmal jährlich. Er enthält Originalbeiträge, Fachberichte und Informationen über Biologie und Schutz der Eulen. Das Jahresabonnement kostet 12 Euro einschließlich Porto und Versandkosten. Bestellungen richten Sie bitte an Herrn Klaus Hillerich, Röntgenstr. 7, 64823 Groß-Umstadt,  klaus.hillerich@t-online.de. Der Eulen-Rundblick ist keine Zeitschrift der EGE, sondern die Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz bedrohter Eulen (AG Eulen).

Die Beiträge der EGE in Heft 62 liegen als PDF vor.

Klicken Sie die Beiträge bitte an, wenn Sie diese lesen möchten. Wir veröffentlichen die Beiträge an dieser Stelle mit freundlicher Zustimmung der Schriftleitung des Eulen-Rundblicks.

Das Licht der Welt - April 2012

Feldhase © Gordana und Ralf Kistowski

Nachwuchs im Uhunest in der Eifel! Uhu „Lotte“ hatte am 28. Februar mit der Brut begonnen. Nach der für Uhus typischen 34tägigen Brutzeit dürfte das erste Küken also am 02. April geschlüpft sein. Seit der Wiederbesiedlung des Brutplatzes 1980 sind an diesem Ort fünfmal ein Junges, siebenmal zwei Junge und zweimal drei junge Uhus geschlüpft. In diesem Jahr deuteten Lottes Bewegungen im Nest auf ein großes Gelege hin. Auch Gelege mit vier und selten sogar fünf Eiern kommen vor. Wie viele Eier Lotte gelegt hat, ist indessen unklar. Die EGE dankt allen Personen, die am Brutgeschehen via Webcam Anteil nehmen. Dank auch für die zahlreichen Zuschriften, die die EGE hierzu täglich erreichen.

2012 könnte in der Eifel ein gutes Uhujahr werden. Die Zahl der heuer registrierten Bruten liegt bei 111. Zwar soll man auch Uhugelege nicht eher begackern bis alle Junge geschlüpft sind. Aber die EGE erinnert schon jetzt daran, dass junge Uhus auch in diesem Jahr auf Paten warten. Vielleicht möchten auch Sie für eine einmalige Spende von 100 € Patin oder Pate eines jungen Eifeluhus werden. Der Betrag kommt den Bemühungen zum Schutz der Uhus in Deutschland zugute. Neben einer schönen Patenschaftsurkunde erhalten Sie selbstverständlich eine Spendenbescheinigung. - Die EGE wünscht frohe Ostern!

Ostern kein Fest für Uhus - April 2012

Brütender Uhu © Andreas Pardey

In der Eifel brüten in diesem Frühjahr mindestens 105 Uhupaare. Diese Zahl hat jetzt die EGE bekanntgegeben. Damit könnte ein ähnlich gutes Ergebnis erzielt werden wie im Vorjahr. Im letzten Jahr hatten in der Eifel 86 Paare 171 Junge aufzogen. Ob die Uhus allerdings überall ungestört brüten können, ist ungewiss. Die EGE stößt an vielen Stellen in der Eifel auf die verschiedensten Störungen im Umfeld der Brutplätze. So etwa im Kreis Aachen, wo in einem Steinbruch in unmittelbarer Nähe des Brutplatzes Sprengungen vorbereitet werden. In solchen Fällen bemüht sich die EGE in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden um eine Begrenzung oder zeitliche Verschiebungen der für Uhus riskanten Störungen.

Die bevorstehenden Feiertage dürften die Uhus allerdings vor noch größere Probleme stellen. Jedenfalls dann, wenn es warm und sonnig werden sollte und es die Menschen in Natur und Landschaft zieht. Jedes Jahr zu Ostern kommt es wegen des Freizeitbetriebs zu den ersten Brutaufgaben. Der Rummel vertreibt die brütenden Uhus vom Nest. Die Küken sterben im Ei oder das Gelege wird zur unverhofften Mahlzeit störungstoleranter Nesträuber. Deshalb wünschen sich Uhus an Ostern schlechtes Wetter. Mit jedem weiteren Wochenende, dem Maifeiertag, Christi Himmelfahrt usw. steigen die Verluste. Welche Fossiliensammler, Geocacher, Klettersportler, Mountainbiker oder anderen in Natur und Landschaft abseits öffentlicher Wege lagernden und lärmenden Personen mit oder Hund sind sich der Folgen ihres Freizeitverhaltens für Natur und Landschaft bewusst? Dabei sind alle doch so naturverbunden.

Geocaching bringt Eulen in Gefahr - März 2012

Waldkauz © Rosl Rößner

Am Beginn der Uhubrutsaison 2012 erhält die EGE zahlreiche Hinweise auf von Geocachern verursachte Störungen brütender Eulen. Steinbrüche und natürliche Felsen sind nicht nur bevorzugte Habitate der großen Eulen, sondern das begehrte Terrain der inzwischen nach Hunderttausenden zählenden kleinen Film- und Frühstücksdosen, die überall in Deutschlands Natur und Landschaft deponiert sind und nach denen eine wachsende Geocachergemeinde Tag und Nacht auf der Suche ist.

Vor wenigen Tagen stieß EGE-Mitarbeiter Albrecht Jacobs auf einen solchen Cache an einem traditionellen Uhubrutplatz im Weser-Bergland. Ohne die Sperrung des Caches könnte dort niemand auf eine erfolgreiche Brut hoffen. An der Peripherie Hannovers fanden sich gleich mehrere Caches in nächster Nähe zu einem Uhubrutplatz auf einem bewaldeten Hügel. Gisela Wicke vom NABU Gehrden ist es zu danken, dass die Caches am Beginn der Brutzeit gesperrt worden sind.

So verdienstvoll solche Initiativen sind: Sie bleiben die Sache Einzelner und ein Zu- und Einzelfall. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie es um die 79 anderen Brutplätze niedersächsischer Uhus bestellt ist. Haben die staatlichen Stellen auch nur ansatzweise eine Ahnung, in welchem Maße diese Habitate im Visier der Geocacher sind? Wohl kaum.

Wer glaubt, Geocaching sei ein durchweg harmloses Versteckspiel für die ganze Familie mit umweltpädagogischem Effekt, verkennt die Auswüchse des Hobbys. Es sind gerade sportive Einzelgänger, denen das Deponieren und Auffinden der Caches erst unter widrigen bis gefährlichen Umständen den rechten Kick verleiht. Wie anders ist beispielsweise das Besteigen hoher Waldbäume mit Kletterzeug zum Zwecke dieses Hobbys zu erklären. Man mag dies als groben Unfug einordnen, würden hierbei nicht die von Fledermäusen und höhlenbrütenden Vögeln dringend benötigten Baumhöhlen als Caches in Beschlag genommen. Der erst kürzlich von Geocachern selbst dokumentierte Fall in Hessen, bei dem der Cache in einer Baumhöhle unter einem brütenden Waldkauz lag, ist kein Einzelfall. Das Bild des verstört in der Höhle ausharrenden Kauzes hat der Geocacher ins Netz gestellt. Alltag in Deutschland in der zum Schutz der Biodiversität ausgerufenen Dekade. Die Annahme, Menschen, die sich in der Natur bewegten, verstünden sie auch zu schützen, ist falsch wie uns vor den Geocachern schon die Landwirtschaft gelehrt hat.

31. Deutscher Naturschutztag 2012 - März 2012

Wald im Frühling © Michael Papenberg

In einem halben Jahr - vom 17.-21. September 2012 - findet in Erfurt der 31. Deutsche Naturschutztag statt. Das Leitthema lautet "Neue Energien - Neue Herausforderungen: Naturschutz in Zeiten der Energiewende". Die Energiewende als bislang eher auf Deutschland beschränktes Phänomen ist es gewiss wert, beim diesjährigen Deutschen Naturschutztag diskutiert und mehr noch reflektiert zu werden. Das wäre eine echte Herausforderung. Immerhin hat noch keine politische Wende schon nach so kurzer Zeit so unübersehbar das Gesicht der bundesdeutschen Landschaft gezeichnet wie die Förderung der regenerativen Energien Wind, Biogas und Photovoltaik. Dabei ist ihr Anteil an der Energieversorgung nach wie vor eher marginal.

Allerdings darf gefragt werden, ob die Veranstalter hierfür ein unvoreingenommenes Programm bieten werden. Veranstalter sind nämlich neben dem Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) zwei Mitveranstalter, die bei diesem Thema aus ihren Vorfestlegungen kaum herausfinden dürften: 1. Das Bundesamt für Naturschutz, welches als dem Bundesumweltministerium nachgelagerte Behörde in dieser Frage kaum frei agieren kann. 2. Der Deutsche Naturschutzring (DNR), der seit Jahren mit einer beispiellosen Imagekampagne für die gewünschte gesellschaftliche Akzeptanz der Windenergiewirtschaft sorgt. Am ehesten könnte noch das Umweltministerium des gastgebenden Landes Thüringen etwas Wein ins Wasser gießen. Die Landesregierung in Erfurt leistet sich nämlich einen bislang vergleichsweise kritischen Standpunkt zumindest zum Ausbau der Windenergiewirtschaft im Wald.

Die Haltung des BBN dürfte in der Sache so ganz ausgemacht nicht sein. Ein Großteil seiner Mitglieder ist in staatlichen Stellen abhängig beschäftigt oder profitiert gutachtend und planend von dem als "Energiewende" apostrophierten Landschaftswandel, den viele Landschaftsplaner "als Chance begreifen und mitgestalten" möchten. An Stelle des Quer-, Um-, Vor- oder wenigstens Nachdenkens werden die Erwartungen der Politik oft nur mitvollzogen und die Gewinnerwartungen mitgenommen. Das eine des Auskommens und das andere der ideellen Überzeugung wegen.

Der als ein Grund für die Energiewende bemühte Klimawandel war übrigens das Thema des vorletzten Naturschutztages 2008 und "eine neue Herausforderung für den Naturschutz im Umbruch". Der diesjährige Deutsche Naturschutztag wird den Verfechtern der Energiewende ein breites Forum und den Kritikern eher keines bieten. Alles andere wäre eine Überraschung, die dem Naturschutz in Deutschland zwar zu wünschen wäre, auf die er aber kaum mehr hoffen darf.

Von Spechten und Eulen - März 2012

Buntspecht u. Sperlingskauz © Rosl Rößner

Mit dem Trommeln der Spechte naht das Frühjahr. Spechte nehmen im Ökosystem Wald eine Schlüsselrolle für andere Waldbewohner ein. Auch für Eulen. Eulen nutzen nämlich als Nachmieter Spechthöhlen. Die vom Buntspecht gezimmerten Höhlen belegt der Sperlingskauz; die Höhlen des Schwarzspechtes der Rauhfußkauz. Wer über Spechte mehr erfahren möchte, dürfte sich über das Buch "Spechte. Leben in der Vertikalen" freuen. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie lesen möchten, was die EGE über dieses Buch schreibt.

Wald unter Strom - März 2012

Windenergieanlagen im Wald - Fotomontage © Michael Papenberg

Der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume oder der beschauliche Biotop der Buschwindröschen. Er ist begehrte Aufstellungsfläche für Windenergieanlagen. In der gerade erschienenen Ausgabe 1/2012 der Zeitschrift "Nationalpark" stellt Wilhelm Breuer die Frage "Müssen wir uns mit Windenergieanlagen im Wald abfinden?" Der Beitrag setzt ein deutliches Fragezeichen hinter die Pläne der Energiewirtschaft, den Wald für den vermeintlich "grünen" Strom in Anspruch zu nehmen.

Während andere Blätter und Magazine mit einer Hurra-Berichterstattung leichtfertig der Branche den Weg bereiten, begegnet die Zeitschrift "Nationalpark" der Idealisierung der Windenergiewirtschaft mit Skepsis und einem wohltuenden Maß an Nachdenklichkeit. Auch dieser Haltung wegen schätzt die EGE die Zeitschrift "Nationalpark". Bitte klicken Sie hier (pdf-Datei, ca. 1,01 MB), wenn Sie den Beitrag lesen möchten.

Die Zeitschrift "Nationalpark" berichtet seit 1974 viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, großer Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift versteht sich als Anwältin von Natur und Wildnis. Zur Förderung der Nationalparke in Deutschland, ihrer Akzeptanz und Achtung hat sie viel beigetragen. Bis heute begleitet sie die Entwicklung der großen Schutzgebiete in Deutschland kritisch, kompetent und konstruktiv. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die Horst Stern für sie gefunden hat: "Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen".

Die Zeitschrift eröffnet Ihnen auch Reisewege in die Natur - so beispielsweise in europäische Nationalparks. Herausgeber der Zeitschrift ist der Verein der Nationalpark-Freunde e.V. Die Zeitschrift erscheint im Oekom Verlag. Vielleicht haben Sie Interesse an einem Probeabo der Zeitschrift "Nationalpark". Informationen für ein Probeabo finden Sie hier.

EGE erinnert an Bernhard Grzimek - März 2012

Vor 25 Jahren - am 13.03.1987 - verstarb Bernhard Grzimek. Bekannt wurde der Tierarzt, Verhaltensforscher und langjährige Direktor des Frankfurter Zoos vor allem wegen seines Einsatzes für Afrikas wilde Tiere. Sein Dokumentarfilm "Serengeti darf nicht sterben" von 1959 wurde 1960 als erster deutscher Film nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Oscar ausgezeichnet. Grzimeks Popularität verdankte sich vor allem der Fernsehsendung "Ein Platz für Tiere", die zwischen 1956 und 1980 in 150 Folgen ausgestrahlt wurde.

Grzimek förderte von Anfang an das Projekt zur Wiederansiedlung des Uhus. In den Blick der Fernsehnation gelangte das Projekt 1965, als er in der Sendung "Ein Platz für Tiere" über den Uhu und den Versuch, Uhus wieder anzusiedeln, berichtete und eine Welle der Begeisterung für Europas größte Eulenart auslöste. Grzimek schrieb auch das Vorwort zu dem Jugendbuch von Nina Rauprich "Lasst den Uhu leben!", das parallel zu dieser Aktion erschien und bis heute in vielen Grundschulen gelesen wird. Aus der damaligen "Aktion zur Wiedereinbürgerung des Uhus" ging vor 20 Jahren die "Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen" hervor.

Voll auf Draht - März 2012

Der Vogelschutz an Freileitungen ist tatsächlich vorangekommen - nämlich 2002 im Bundesnaturschutzgesetz, das den Netzbetreibern die Errichtung gefährlicher Mittelspannungsmasten untersagte und die Umrüstung der Altmasten innerhalb einer Zehnjahresfrist auferlegte. Im letzten Jahr kam eine Regelung hinzu, welche die technischen Details für die Umrüstung regelt. Die gesetzlichen Vorschriften beschränken sich allerdings auf den Schutz vor einer Tötung der Vögel durch Stromschlag. Der Schutz vor kollisionsbedingten Verlusten durch Leitungsanflug ist nicht Gegenstand der Regelungen. Winfried Böhmer, der wie Stefan Brücher von der EGE an der im letzten Jahr veröffentlichten VDE-Regel zum Vogelschutz an Mittelspannungsmasten mitgewirkt hat, fasst im "Naturmagazin 1/2012" den Sachstand zusammen. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 140 KB), wenn Sie den Beitrag lesen möchten. Ob aber auch die Umrüstung der Masten an Ort und Stelle vorankommt, ist eine ganz andere Frage. Für die VDE-Anwendungsregel gilt, was auch für andere Vorschriften zutrifft: Gesagt bedeutet noch nicht gehört, gehört noch nicht verstanden, verstanden noch nicht einverstanden, einverstanden noch nicht angewandt, angewandt noch nicht beibehalten.

Die bestmögliche Kompensation - März 2012

Steinkauz © Rosl Rößner

Naturschützer müssen, sollen ihre Bemühungen erfolgreich sein, etwas vom Naturschutzrecht verstehen. Sie sollten ökologische und juristische Kenntnisse verknüpfen. Ein wichtiges Instrument des deutschen Naturschutzrechts ist die Eingriffsregelung. Sie verpflichtet die Verursacher von Eingriffen in Natur und Landschaft zu einem weitreichenden Schadensausgleich der unvermeidbaren Beeinträchtigungen. Die Maßstäbe, die an diesen Ausgleich anzulegen sind, werden oftmals verkannt und die Eingriffsregelung als Finanzierungs- und Flächenbeschaffungsinstrument für alle möglichen Maßnahmen missdeutet. Man meint fälschlich, zur Kompensation der Eingriffsfolgen genüge es, "irgendwo irgendetwas Schönes für Natur und Landschaft" zu tun.

EGE-Geschäftsführer Wilhelm Breuer, selbst Planer und mit diesem Instrument seit 30 Jahren vertraut, hat sich in einem Beitrag an die Planungspraxis gewandt und die Intention des Schadensausgleiches - "die bestmögliche Kompensation" - erläutert. Der Beitrag ist in der Ausgabe 1-2012 der Zeitschrift für Stadt-, Regional- und Landesplanung PLANERIN erschienen (Bezug: SRL e. V., Yorckstr. 82, D-10965 Berlin). Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 450 KB), wenn Sie den Beitrag lesen möchten.

Der Beitrag macht deutlich, warum die Eingriffsregelung nicht allen und allem dienen kann. Er eröffnet einen ungewohnten Blick auf die Eingriffsregelung, deren Anspruch auch 35 Jahre nach ihrer Einführung in das Naturschutzrecht nicht annähernd eingelöst wird. Der Beitrag macht es dem Leser leicht, den Kompensationsanspruch der Eingriffsregelung im vor zwei Jahren in Kraft getretenen neuen Bundesnaturschutzgesetz zu verstehen und missbräuchliche Vorgehensweisen zu erkennen. Die Eingriffsregelung ist ein Instrument des Naturschutzrechts, dessen sachgerechte Anwendung auch die Lage der einheimischen Eulenarten verbessern könnte.

Messanlage vor Gericht II - März 2012

Ob der Kreis Düren das Radarmessgerät an der Landesstraße 249 in einem EG-Vogelschutzgebiet aufstellen durfte, entscheidet am 27.03.2012 das Verwaltungsgericht Aachen. In den letzten zwölf Monaten blitzte es auf dem 900 m langen Streckenabschnitt 7.800mal. Die Messanlage hatte der Kreis zum Schutz der Uhus eingerichtet, die über der Straße brüten. In den letzten Tagen haben sich die Medien zum wiederholten Mal mit der Sache befasst. Auch die Bildzeitung. Bild sprach zwar nicht mit dem Toten, präsentierte dem Leser aber ein Foto von einem Uhu, der über die tempolimitierte Straße flog. Durchaus glaubhaft.

Für die Errichtung des Messgerätes sprachen nicht nur Gründe des Naturschutzes. Bei einer Kollision mit einem Uhu besteht ein nicht unerhebliches Unfallrisiko auch für den Fahrzeugführer. Kritiker wenden ein, Radarmessgeräte dürften nur an Unfallschwerpunkten, Schulen und Altenheimen aufgestellt werden.

Ende Februar berichtete auch das Westdeutsche Fernsehen über den Streit. In der "Lokalzeit Aachen" kam Wolfgang Spelthahn, der Landrat des beklagten Kreises, zu Wort: "Ich kann nicht verstehen, dass man sich an einer solchen Stelle so verkämpft. Ich weiß, wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Aber die Frage, ob es wirklich eine so dramatische Verbesserung der Lebensqualität ist, dass man 900 m lang mehr als 50 km/h fährt, sollte sich jeder selbst stellen." - Moralisch gesehen hat der Landrat in jedem Falle Recht. Ganz gleich wie sich das Gericht am 27.03.2012 entscheidet. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie den zweieinhalbminütigen Beitrag anschauen möchten.

Neue Netze - Februar 2012

Johannes Nellessen mit verunglücktem Uhu © Stefan Brücher

Uhus und andere Vögel sterben an Stromleitungen nicht nur durch Stromschlag. Alle den Luftraum durchschneidenden Drähte sind für Vögel gefährlich - auch für Eulen, die bekanntlich gut sehen können, aber zu oft trotzdem mit den Leitungen kollidieren. Das belegt der kürzlich bei Dahlem in der Eifel an einer Höchstspannungsfreileitung verunglückte Uhu, der im Bild zu sehen ist. Johannes Nellessen fand ihn zufällig unter der Leitung. Der Uhu war gegen ein unteres einzelnes Leiterseil geprallt. Am anderen Mastausleger sind die Seile zu viert gebündelt. Einzeln geführte Seile sind besonders schlecht sichtbar. Der Uhu zog sich eine Wirbelsäulenverletzung und einen Trümmerbruch des Unterarmknochens zu. Der vermutlich einjährige Uhu war in Belgien als Jungvogel beringt worden. Der nächste Uhubrutplatz liegt 900 m von der Unglücksstelle entfernt.

Der Fall zeigt, dass die Verstärkung und Erweiterung des Höchstspannungsnetzes in Deutschland auch für Uhus nicht unproblematisch ist. Bis 2015 müssen rund 400 Kilometer verstärkt und 850 Kilometer neu gebaut werden. Bis 2020 wird sich der Bedarf noch deutlich erhöhen. Auch das ist der Preis der Energiewende. Diese Zahlen lesen Kunden der Bahn im Magazin des Unternehmens "mobil" in einer Anzeige des Bundeswirtschaftsministeriums "Neue Netze? Ja bitte!". Der Fairness halber lässt sich sagen, dass für den Neu- und Ausbau der Leitungen zumeist bestehende Leitungen an anderer Stelle entbehrlich und deswegen abgebaut werden.

Neue Leitungen sollten Uhulebensräume möglichst nicht durchschneiden. Hilfsweise müssen auch in solchen Lebensräumen die Leitungen optisch markiert werden. Auf diese Weise kann die Zahl der Anflugopfer spürbar gesenkt werden. Solche Maßnahmen kommen vor allem in den Leitlinien des Vogelzuges wie den Flusstälern zum Einsatz.

Die Erdverkabelung der Höchst- und Hochspannungsleitungen ist eine um ein Mehrfaches teurere Variante, die ihrerseits mit schweren Schäden an Natur und Landschaft verbunden sein kann. Für die Erdkabeltrassen muss auf beträchtlicher Breite die Vegetation abgeräumt, das Erdreich aufgegraben und mitunter in den Bodenwasserhaushalt eingegriffen werden. Zwar werden die Trassen rekultiviert, sie müssen aber dauerhaft zugänglich bleiben und können beispielsweise nicht einfach wieder zu Wald werden. Zudem müssen dort, wo die Leitungen in das Erdreich führen, Kabelübergangsbauwerke errichtet werden, die das Landschaftsbild massiv beeinträchtigen können. Die Erdverkabelung ist deshalb nicht durchweg die für Naturschutz und Landschaftspflege günstigere Lösung.

Traurige Realität: Geocache im Uhunest - Februar 2012

Uhus im Steinbruch © Gordana und Ralf Kistowski

Die EGE wird sich mit der folgenden Nachricht wieder einmal wenig Freunde machen unter den Geocachern. Die Nachricht zeigt aber, dass sich manche Geocacher des Problems ihres Hobbys für Natur und Landschaft durchaus bewusst sind, zur Lösung des Problems beitragen möchten, aber in der Gruppe der Geocacher mitunter wenig Unterstützung erfahren.

Eine Geocacherin hat sich vor wenigen Tagen mit einer Beobachtung an die EGE gewandt: In einem Steinbruch im Südwesten Niedersachsens stellte sie einen Cache an einem Platz fest, an dem im Vorjahr Uhus Eier gelegt haben. Beim Aufsuchen des Caches flog der Uhu auf. Im Internet fand sich ein Foto vom letztjährigen Uhugelege an dieser Stelle; ein Geocacher hatte die Aufnahme gemacht. Die aufmerksame Dame hat sich daraufhin bemüht, den Cache sperren zu lassen - vergeblich. Sie hat weder vom Owner noch vom Reviewer überhaupt eine Antwort erhalten. Die Dame schrieb der EGE: "Ich bin enttäuscht, dass sich so wenig um den Naturschutz gesorgt wird, gerade weil man es sich ja angeblich so groß auf die Fahnen geschrieben hat." Nun hat sich die EGE der Sache angenommen und eine Sperrung erreicht.

Der Fall ist gewissermaßen ein ganz normaler Fall, der sich vermutlich so oder ähnlich Tag für Tag in Deutschland ereignet. Nur, dass auch die EGE nur ausnahmsweise von solchen erfährt. Auf der Strecke bleiben Uhus und viele andere störungsempfindliche Arten. Die Ländernaturschutzverwaltungen reagieren bis heute nicht annähernd angemessen auf diese Lage. In dem hier berichteten Fall war höchste Eile geboten, denn Uhus beginnen jetzt mit der Eiablage. Bei der umsichtigen Geocacherin hat sich die EGE bedankt.

Countdown läuft - Februar 2012

Stromleitung mit Uhufeder © Siegmar Bergfeld

In etwas mehr als 300 Tagen endet die den Netzbetreibern in § 41 des Bundesnaturschutzgesetzes gesetzte 10jährige Umrüstungsfrist für gefährliche Mittelspannungsmasten. Die EGE hat an dieser Stelle immer wieder auf den Ablauf dieser Frist und die schleppende Umrüstung der Masten hingewiesen. In Zusammenarbeit mit der EGE hat der NABU den Countdown zum Anlass für eine Anfrage an die Länderumweltminister genommen. Bis zum 31.05.2012 sind die Minister um die Beantwortung beispielsweiser folgender Fragen gebeten:

Auf die Antworten darf man gespannt sein. Die EGE wird Sie über das Ergebnis informieren.

Wendezeiten - Februar 2012

Feldhase © Gordana und Ralf Kistowski

Im Januar sagte Christian Wulff, in einem Jahr seien die Vorgänge um seine Person vergessen. Er hätte vermutlich Recht behalten, auch ohne den Preis des Rücktritts. Die deutsche Öffentlichkeit vergisst nur allzu schnell. Was etwa wurde aus der versprochenen Agrarwende nach der BSE-Krise, deretwegen im Januar 2001 gleich zwei Bundesminister das Amt aufgaben? Damals schien nichts drängender zu sein als der rasche Ausbau der biologischen Landwirtschaft. Zwar wächst die Nachfrage nach biologisch erzeugten Nahrungsmitteln, aber der Anbau kommt in Deutschland kaum von der Stelle. Das liegt nicht zuletzt an der Erzeugung von Strom aus Biogas. In vielen Regionen verlieren Biolandwirte ihre Pachtflächen an die zahlungskräftige Konkurrenz der Biogasanlagenbetreiber. Zu deren Gewinn wird das Land mit Mais bestellt zu Lasten der biologischen Vielfalt. Die gesetzlich festgesetzte Vergütung des vorgeblich "grünen" Stroms sorgt für eine neue Intensivierungswelle auf dem Acker.

"Der Biolandbau wird in der Flächenkonkurrenz zwischen einer expandierenden Agroenergieproduktion und einer exportorientierten Massentierhaltung zerrieben", beschreibt der Präsident des Verbandes für organisch-biologischen Landbau e. V. (Bioland) die Lage. Energiewende versus Agrarwende. Die Entscheidung für die Besetzung des höchsten Amtes im Staate zeigt, zu welchen Wendungen die Regierungsparteien fähig sind. Allerdings dürfte die öffentliche Ernüchterung über die Agroenergie anders als die Entzauberung Wulffs auf sich warten lassen. Deshalb steht der Ehrensold für Wulff in Frage, die Vergütungen des EEG indessen nicht.

Uhuhochzeit - Februar 2012

Uhuauge © Stefan Brücher

Mit Gewissheit lässt sich nicht sagen, ob die Uhus in der Eifel auch in diesem Jahr wieder vor der Kamera brüten und Junge aufziehen. Aber die Chancen stehen gar nicht schlecht. Die Uhus rufen ganz in der Nähe des mit einer Kamera ausgerüsteten Brutplatzes. Manchmal sogar am Tage. Das Männchen hat unter Einsatz von Schnabel und Gefieder einen möglichen Platz für die Eiablage vertieft. Den Stimmen der Uhus nach zu urteilen, haben sie sich auch schon gepaart. Auf spannende Bilder vom Brutplatz wilder Uhus wartet die Webcam jedenfalls auch 2012. Es lohnt sich schon jetzt in den Abend- und Nachtstunden, die aktuellen Bilder der Webcam auf der Website der EGE wieder häufiger abzurufen. Dank des gemeinsamen Projektes des SWR und der EGE haben Zuschauer aus der ganzen Welt seit Beginn der Übertragungen mehr als eine Million Mal das Geschehen am Brutplatz beobachtet. Für die Uhus ganz störungsfrei. Die EGE dankt dem SWR und Christian Giese für die technische Betreuung der Webcam und der wachsenden Fan-Gemeinde für ihre Treue.

Deutschland ein Wintermärchen - Februar 2012

Winterlandschaft © Michael Papenberg

Wäre der strenge Frost der letzten Wochen ausgeblieben, hätten eine geneigte veröffentlichte und öffentliche Meinung dies als Beleg für die Erderwärmung registriert und das Spurengas Kohlendioxid mit einem Anteil von 0,038 Prozent in der Luft als Ursache ausgemacht. Der Klimaforscher Prof. Mojib Latif orakelte schon im Jahr 2000 im Magazin "Der Spiegel": "In Deutschland gehören klirrend kalte Winter der Vergangenheit an. Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor 20 Jahren wird es nicht mehr geben." Der Windenergieanlagenhersteller Enercon setze in seiner Werkszeitung nach: "Schnee ade, Klimawandel in Deutschland". Tatsächlich ist es heuer der vierte harte Winter in Folge.

Klimaalarmismus treibt den Ausbau der regenerativen Energieerzeugung voran - den Anbau von Mais für Biogasanlagen und den Bau von Windenergie- und Fotovoltaikanlagen. Nach den Atomunfällen in Japan ist der Ausbau für eine Mehrheit der Deutschen moralisch unangreifbar alternativlos. Den Jahrestag der Katastrophe im März 2012 wird die Branche dazu nutzen, dieses Empfinden noch zu stärken. Für eine gewisse Ernüchterung könnten nur Fakten sorgen, die in der öffentlichen Diskussion allerdings keine Rolle spielen. Fakten wie diese: Von den in Deutschland installierten 28 Gigawatt Windenergieleistung erbrachten die Anlagen beispielsweise am 06.02.2012 um 18 Uhr weniger als 2 Gigawatt (die Solaranlagen gar nichts), so die Zahlen der Leipziger Energiebörse. Gerade in den windschwachen Hochdrucklagen im Winterhalbjahr, wenn der Energiebedarf hoch ist, ist auf die Windenergie kein Verlass. Jährlich gehen bis zu 1.000 neue Anlagen ans Netz, obwohl es für das unstete Stromangebot aus der Windenergie nicht unbedingt ausgelegt und das Speicherproblem nicht gelöst ist.

Aus der faktenschwachen Berichterstattung sticht ein Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 05.02.2012 heraus "Auf einer Winterreise durch ein neues Deutschland bekommt man eine Ahnung, was aus diesem Land wird, wenn die Ökostrompläne Wirklichkeit geworden sind", schreibt der Journalist Wienand von Petersdorff. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie den Beitrag lesen möchten.

Rotmilan vor Windenergieanlagen © Montage Michael Papenberg/Rosl Rößner

Während in Norddeutschland die Standorte für neue Windfarmen knapp werden, setzt die Branche auf Süddeutschland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. In diesen Bundesländern wirbt die Branche täglich bei Kommunalpolitikern und Grundstückseigentümern für die Errichtung der bis zu 200 m hohen Anlagen. So auch am 08.02.2012 im Kreis Euskirchen vor 200 Personen. Die EGE hat dort ihren Sitz und den Verlauf der Veranstaltung beobachtet.

Die Kommunen wissen, nur wenn sie der Branche Flächenangebote für Windparks machen, haben sie eine Chance, den Ausbau der Windenergiewirtschaft zu steuern. Denn ohne eine behördliche oder kommunale Standortplanung sind die Anlagen überall zulässig, wenn ihnen nicht gerade öffentliche Belange entgegenstehen. Die Gemeinden in der beschaulichen Eifel im Kreis Euskirchen wollen beides: Landschaft als Kapital des Tourismus und die satten Gewinne aus der Windenergiewirtschaft. Das eine dürfte mit dem anderen nicht so leicht zu vereinbaren sein, so lange Menschen das unversehrte Panorama bewaldeter Hügel und unverbaute Weite einer Industriekulisse vorziehen. Auch deshalb unternimmt die Branche alles, um Windenergieanlagen als einen Wohlfühlfaktor darzustellen.

Als Sachwalter des Artenschutzes hatte die Veranstalterin, die Kölner Regierungspräsidenten, an diesem Abend den nordrhein-westfälischen NABU eingeladen. Dessen Vorsitzender mahnte die Kommunalpolitiker, bloß nicht den Artenschutz zu vergessen. Der NABU schrecke nicht davor zurück, solche Windenergieanlagen "wegzuklagen", die entgegen den Naturschutzbelangen gebaut werden sollen, zitiert die Kölnische Rundschau den Verbandsvorsitzenden. In Deutschland stehen mehr als 22.300 Anlagen. Wie ernst man diese Ankündigung nehmen darf, zeigen beispielsweise die klaglos hingenommenen Windenergieanlagen in faktischen Vogelschutzgebieten oder die Häufung toter Rotmilane in Windparks.

Messanlage vor Gericht - Februar 2012

Schilder und Messanlage an der L 249 © Achim Schumacher

In der Eifel dürfen in einem Europäischen Vogelschutzgebiet Autos zum Schutz der Uhus auf einem wenige hundert Meter langen Streckenabschnitt einer Landesstraße nur höchsten 50 km/h fahren. Eine Radaranlage kontrollierte dies und registrierte in der ersten Woche nach Aufstellung 737 Verstöße, obwohl Hinweisschilder rechtzeitig auf das Tempolimit, den Grund der Beschränkung und die Kontrolle hinweisen. Im September 2011 war die Radaranlage mit einem gestohlenen Traktor absichtlich zerstört worden. Die EGE berichtete darüber an dieser Stelle. Danach wurde eine neue Anlage aufgestellt, im Dezember 2011 auch diese zerstört. Derzeit ist sie außer Betrieb, der Auftrag zur Reparatur aber erteilt. Es ist schon erstaunlich, wie sich die Gesellschaft in Deutschland entwickelt hat. Übrigens geht es in der Sache um 18,6 Sekunden. Das ist nämlich die Zeitersparnis, würde man die Strecke nicht mit den zulässigen 50, sondern 70 km/h befahren dürfen. Aus Gründen des Landschaftserlebens war zuvor sogar ein Tempolimit von 30 km/h ins Gespräch gebracht worden. Die Straße verläuft nämlich nicht nur unterhalb eines Uhubrutplatzes, sondern auch durch ein besonders reizvolles Stück Landschaft.

Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Aachen mit der Sache. Allerdings nicht mit der wiederholten Zerstörung der Anlage. Das Gericht klärt vielmehr auf Klage von Personen hin, die zu schnell auf der Straße unterwegs waren und registriert wurden, ob der Kreis Düren die Messanlage überhaupt installieren durfte. Das Urteil wird für den 27.03.2012 erwartet. Vermutlich wird das Gericht auch Personen befragen, die es hinsichtlich des Schutzes von Uhus an Straßen für sachverständig hält. Die EGE wird Sie über den Ausgang des Verfahrens an dieser Stelle informieren.

Der Windenergiewirtschaft Grenzen setzen - Februar 2012

Cover des neuen Faltblattes

In Deutschland stehen mehr als 23.000 Windenergieanlagen. Im letzten Jahr kamen 895 hinzu. Ein Ende des Ausbaus ist nicht absehbar. Im Gegenteil: Die Zuwachsraten werden nach der in Deutschland beschlossenen "Energiewende" noch deutlich höher ausfallen. Der Boom verleitet zu rücksichtslosen Standortentscheidungen. Aufgrund der den Stromerzeugern gesetzlich garantierten Vergütung ist das ein Milliardengeschäft. Die Kosten tragen der Stromkunde und wie im Falle anderer Formen der Energiegewinnung Natur und Landschaft.

Die EGE hat dieser Entwicklung außer Informationen und Appellen nichts entgegenzusetzen. Sie wird den Lauf der Dinge nicht aufhalten. Sie kann deswegen aber auch nicht einfach schweigen, sondern sie wird sich zu diesem Thema immer wieder zu Wort melden. In der Sache wird nur etwas zu erreichen sein, wenn es einer breiten Strömung in der Gesellschaft gelingt, mit Nachdenklichkeit die Forderungen der Windenergiewirtschaft zu hinterfragen.

Diesem Ziel dient das neue Faltblatt der EGE. Darin setzt sich die EGE für den Schutz bestimmter Lebensräume vor den Interessen der Windenergiewirtschaft ein. Das Faltblatt benennt insbesondere die Anforderungen, die bei den Standortentscheidungen zum Schutz von Eulenarten und ihrer Lebensräume eingehalten werden sollten. Trotz der in Deutschland beschlossenen Energiepolitik darf sich nicht jede Forderung der Branche durchsetzen, so die EGE.

Die EGE stellt dieses Faltblatt kostenlos allen Organisationen und Personen zur Verfügung, die sich aus begründeter Sorge gegen die Errichtung von Windenergieanlagen wenden. Wenn Sie das Faltblatt in einer größeren Stückzahl anfordern, bittet die EGE um einen Druckkostenzuschuss. Das Faltblatt setzt bewusst einen Kontrapunkt zu den Bestrebungen in Parteien und Verbänden, welche es an einer differenzierten Bewertung der Windenergiewirtschaft fehlen lassen.

Bitte fordern Sie das achtseitige Faltblatt an bei der EGE:
Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.
Breitestrasse 6
D-53902 Bad Münstereifel
Oder per Mail:  egeeulen@t-online.de

Alle lieferbaren EGE-Faltblätter finden Sie auf unseren Seiten unter der Rubrik Infomaterial.

Dom(uh)us Dei - Januar 2012

Uhu in Osnabrück © Barbara André

Osnabrück hat im letzten Jahr an Attraktivität gewonnen. Und das nicht, weil in dieser Stadt Christian Wulffs politische Karriere begann. Der Kreuzgang des Domes zu Osnabrück war 2011 das Ziel vieler Eulenfreunde, zog doch hier unerwartet ein Uhupaar im Schutz des Gotteshauses zwei Junge auf. Das Bild, das uns Barbara André für diese Website freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, zeigt einen der Uhus auf dem Balken des Kreuzes in der ummauerten Oase der Stille. Uhubruten in Kirchen waren bis ins 18. Jahrhundert keineswegs ungewöhnlich.

Wenige hundert Meter von der Bischofskirche mit 1.200jähriger Geschichte entfernt steht die evangelisch-lutherische Katharinenkirche. Auch sie beherbergt bemerkenswerte Vögel: Wanderfalken. Die letzte Brut auf dem 103 m hohen Kirchturm liegt 130 Jahre zurück. Damals machte ein Schütze dem letzten Wanderfalken ein Ende. Beide Arten - Uhu und Wanderfalke - leben in derselben Stadt gewissermaßen in ökumenischer Verschiedenheit ziemlich problemlos zusammen, sozusagen Turm an Turm. Selbstverständlich ist das nicht. Die Vogelkundler wissen wie streitbefangen die Nachbarschaft der beiden Arten an anderen Orten bisweilen ist. Uhus und Wanderfalken scheinen sich der Geschichte und des Anspruchs der Stadt zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald bewusst zu sein: In Osnabrück wurde 1648 der Dreißigjährige Krieg beendet und der Westfälische Friede geschlossen. Sollte die Distanz der Osnabrücker zum derzeitigen Bundespräsidenten wachsen, bleiben den Bürgern der Stadt immerhin noch zwei Vogelarten, zu denen sie mit Stolz aufschauen können.

Gott mit Dir Du Land der Bayern - Januar 2012

      Mäusebussard © Rosl Rößner

Deutschland setzt auf Windenergie. Der Trend hat auch Bayern erfasst. Dort hält die Staatsregierung in den nächsten 10 Jahren zu den vorhandenen 700 Anlagen weitere 1.000 bis 1.500 Anlagen für vorstellbar. Bayern unternimmt alles, damit diese Zahlen überboten werden. Ein im Dezember 2011 in Kraft getretener Erlass des Umweltministeriums macht es möglich. Darin werden Hinweise gegeben, wie mit Einwendungen des Naturschutzes zu verfahren ist und was überhaupt als Einwendung gelten darf. Bis auf die beiden bayerischen Nationalparks, Naturschutzgebiete, Kernzonen der Biospärenreservate und die engste Alpenzone (das sind weniger als fünf Prozent des Freistaates) ist in Bayern nichts sicher vor der Windenergiewirtschaft. Und auch nur einige wenige Gebiete mehr dürfen auf eine sensible Behandlung hoffen; z. B. bedeutende Rastgebiete für Zugvögel, Wiesenbrütergebiete und die Alpenzone.

Das Kollisionsrisiko, mit dem einige Vogelarten an den Anlagen konfrontiert sind, lässt der Erlass nur gelten für die wenigen hochgradig gefährdeten Vogelarten, zu deren Schutz die Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vor Jahren Abstandsempfehlungen ausgesprochen hat. Einige der kollisionsgefährdeten Arten sind darin aber gar nicht enthalten - so zum Beispiel verbreitete Arten wie Mäusebussard, Turmfalke und Waldohreule. Dabei gilt für diese wie für alle europäischen Vogelarten das strikte Tötungs- und Schädigungsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Dieses Verbot spielte für die Vogelschutzwarten bei der Abfassung der Empfehlungen schon deswegen keine Rolle, weil Deutschland dieses Verbot damals gemeinschaftsrechtswidrig einfach hatte unter den Tisch fallen lassen. Erst die Verurteilung Deutschlands vor dem Europäischen Gerichtshof erzwang unter Androhung von Strafgeldern das Ende dieser Ignoranz. Die bayerische Ministerialbürokratie scheint das Ereignis am Laptop und in der Lederhose schlicht verschlafen zu haben. Eine Kollisionsgefahr misst der Erlass jedenfalls nur den Vogelarten zu, die selten genug sind, um der Windenergiewirtschaft nicht in die Quere zu kommen. Diese Lücke ist eine Achillesferse des Erlasses, auf die sich künftig konzentrieren sollte, wer Standortplanungen in Bayern mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg einer Prüfung unterziehen möchte. Ob der Landesbund für Vogelschutz und der Bund Naturschutz in Bayern wohl dazu gehören werden?

An weiteren Schwachstellen ist im Erlass kein Mangel. Die Fledermausaktivität in Höhe der Rotoren soll offenbar nach (!) der Zulassung der Anlagen bei laufendem Betrieb gemessen werden, um dann u. U. für die Zeit der größten Verluste Abschaltalgorithmen festzulegen. Eine Operation am offenen Herzen. Dabei ist bereits die Methode der Bestandsaufnahmen mehr als fraglich. Gemessen wird nur ein winziger Ausschnitt des vom Rotor durchschnittenen Luftraumes, so dass die tatsächliche Aktivität vermutlich eher im Dunkeln bleibt. Ob die Abschaltalgorithmen auch einen Sommer wie den letztjährigen berücksichtigen, in dem Fledermäuse um nicht zu verhungern zu ganz ungewöhnlichen Zeiten jagen mussten, ist mehr als fraglich. Was schadet es schon, wenn es zwei Fledermäuse pro Anlage und Jahr an den Anlagen die Innereien zerreißt oder die Tiere der Schlag trifft. Verluste dieser Größenordnung klassifiziert der Erlass - übrigens in Übereinstimmung mit Naturschutzverbänden - als "sozial adäquates allgemeines Lebensrisiko". Rechnet man die Zahl auf die 25.000 und wohl bald 30.000 Anlagen in Deutschland hoch, wird ansatzweise sichtbar, was die angekündigte Energiewende der Natur abverlangt. Dass der Umstieg auf regenerative Quellen gelingt, ist zudem mehr Wunsch als Wirklichkeit. Jedenfalls erzeugen auch noch so viele Windenergieanlagen bei Windstille keinen Strom. Eine sichere Stromversorgung braucht andere Quellen. Wie heißt es in der Bayernhymne? "Gott mit dir, du Land der Bayern, deutsche Erde, Vaterland. Über deinen weiten Gauen ruhe seine Segenshand. Er behüte deine Fluren, schirme deiner Städte Bau und erhalte dir die Farben weiß und blau."

Während die Parteien allmählich ansatzweise ahnen, welchen volkswirtschaftlichen Unsinn sie mit der dem Stromkunden auferlegten Abgabe zugunsten der dennoch siechen Solarbranche angerichtet haben, bleibt die Windenergie die von restlos allen Parteien gehätschelte Branche. Wer der FDP ihre nicht unberechtigte Kritik an der allerdings von ihr selbst mit zu verantwortenden Energiewende abnimmt, sofern diese Partei überhaupt noch jemand ernstnimmt, dürfte sich gerade angesichts der Haltung auch dieser Partei der Windenergiewirtschaft gegenüber getäuscht sehen. Wo sie in den Ländern noch mitregiert, rollt sie der Windenergie nämlich den Teppich aus. Auch in diesem Fall vermutlich, damit die Kinder des derzeitigen Parteivorsitzenden einmal sagen können: "Das war die FDP von meinem Papa".

Windenergieanlagen über Wald? - Januar 2012

Windenergieanlagen im Wald © Michael Papenberg

"Windenergieanlagen über Wald", so überschrieb das Bundesamt für Naturschutz kürzlich sein Positionspapier zu der Frage, inwieweit Windenergieanlagen im Wald einen Platz haben können - ganz so, als könne der Wald unter den Rotoren seine Identität behalten. Das Bundesamt kann sich eine Ablehnung der Anlagen im Wald schon aus politischen Gründen nicht leisten, steht es doch gerade bei diesem Thema unter dem Erwartungsdruck des ihm vorgesetzten Bundesumweltministeriums. Immerhin ist das Amt um Schadensbegrenzung bemüht, plädiert für einen Ausschluss der Anlagen wenigstens in bestimmten Kategorien von Wald und sieht reichlich Forschungsbedarf für Folgenabschätzung und -bewältigung. Das ist nicht der schlechteste Standpunkt.

Die großen Umweltorganisationen sehnen die Öffnung des Waldes für die Windenergiewirtschaft geradezu herbei. Das gilt auch für beträchtliche Teile der Forstwirtschaft. Staatliche, kommunale und private Waldbesitzer rechnen sich jährliche Platzmieten im fünf- und sechsstelligen Bereich aus. Pro Anlage versteht sich. Auf der regionalen und lokalen Ebene stellen sich die Dinge allerdings mitunter anders dar. Während in den räumlich wie in der Sache bisweilen entrückten Geschäftsstellen der Verbände die konkrete Natur an Ort und Stelle in der Gefahr buchstäblich distanzierter Wahrnehmung steht, leisten sich die örtlichen Aktivisten tendenziell einen stärker am Naturschutz orientieren Standpunkt. Ein Beispiel dafür ist die gemeinsame Stellungnahme der Naturschutzverbände im Kreis Euskirchen. Wir veröffentlichen diese Stellungnahme an dieser Stelle als Muster für eine gelungene Kooperation der Naturschutzverbände. Vielleicht mögen andere Organisationen anderenorts sich daran ein Beispiel nehmen. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 376 KB), wenn Sie die Stellungnahme lesen möchten.

Bornheim bald Biotop mit Kauz? - Januar 2012

Steinkauz © Rosl Rößner

Nach den letzten harten Wintern ist der diesjährige bisher mild, was so ungewöhnlich nicht ist. Das dürfte den Steinkäuzen zu Gute kommen. Dank der Anstrengungen der EGE hat sich der Steinkauzbestand in den nordrhein-westfälischen Kreisen Düren und Euskirchen in den letzten Jahren einigermaßen behauptet oder sogar positiv entwickelt. In den beiden Kreisen betreibt die EGE ein Schutzprogramm für den Charaktervogel der Dörfer in der Kölner Bucht.

Die EGE weitet diese Aktivitäten nun auf das Gebiet der Stadt Bornheim aus. Bornheim grenzt im Osten unmittelbar an den Kreis Euskirchen, umfasst eine Fläche von rund 83 km² und gehört zum Rhein-Sieg-Kreis. In Bornheim steht es nicht gut um den Steinkauz, zumal die Stadt zwischen Bonn und Köln zu den am stärksten wachsenden Städten der Region zählt. Vielleicht darf nicht allein die Wirtschaft, sondern dürfen auch die Steinkäuze in der drittgrößten Stadt des Rhein-Sieg-Kreises auf Wachstum hoffen. Dafür setzt sich jedenfalls EGE-Mitarbeiterin Ursula Sammann nachdrücklich ein. In dem mit Obstbäumen bestandenen Grünland sollen bald 45 Steinkauzröhren auf Bewohner warten. Die Nisthilfen hat die Stadt Bornheim finanziert. Die EGE setzt bei diesem Projekt neben der städtischen Unterstützung auch auf das Interesse von Grundstückseigentümern und Landwirten. - Von Zeit zu Zeit werden wir Sie an dieser Stelle über den Fortgang des Projektes informieren und hoffentlich die erste Wiederansiedlung melden können.

Urteil zu Artenschutz und Eingriffsregelung - Januar 2012

Waldohreule © Rosl Rößner

Auch im vergangenen Jahr hat die Rechtsprechung Natur und Landschaft in einer Vielzahl von Urteilen zum Recht verholfen. Natur und Landschaft sind ja keineswegs rechtlos, sondern ihr Schutz ist eine in Deutschland durch Gesetze für Staat und Bürger verpflichtende Aufgabe. Das gilt auch und gerade für die Zulassung von Infrastrukturprojekten. Allerdings wird dieses Recht oft fehlerhaft oder unzureichend angewandt. Das Vollzugsdefizit naturschutzrechtlicher Vorschriften ist das ungelöste Problem des Naturschutzes, nicht ein Mangel an Vorschriften.

Verantwortlich dafür sind die Stellen, die unter Vernachlässigung naturschutzrechtlicher Maßstäbe und mitunter von Gutachtern schlecht beraten über die Zulassung von Eingriffen entscheiden. Die Naturschutzbehörden trifft eine Mitschuld, wenn sie - aus welchen Gründen auch immer - auf diese Maßstäbe nicht aufmerksam machen und ihre Beachtung nicht anmahnen. Zu diesen Gründen zählt der Druck aus Wirtschaft und Politik, der die Wahrnehmung dieser Aufgabe erschwert. Das ist die Stunde der Naturschutzverbände. Der Gesetzgeber weiß um die Schwäche und Schwachstellen in den Naturschutzbehörden einerseits und die Stärke der Kontrahenten andererseits. Um der öffentlichen Sache des Naturschutzes willen, hat er die Naturschutzverbände mit Mitwirkungs- und Klagerecht ausgestattet.

Auf diesem Klagerecht beruht das Urteil vom 14.07.2011 des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 9 A 12.10); ein von einem sächsischen Naturschutzverband erstrittenes Urteil, das die Planungspraxis aufgeschreckt hat. Streitbefangen war der Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Ortsumgehung Freiberg im Zuge zweier Bundesstraßen. Das Gericht kam zu dem Urteil, dass der Beschluss wegen naturschutzrechtlicher Fehlbeurteilungen rechtswidrig sei und nicht vollzogen werden dürfe.

Der Beschluss weist nach dem Urteil des Gerichts entscheidungserhebliche artenschutzrechtliche Mängel auf. Die Planfeststellungsbehörde hatte eine Verletzung der artenschutzrechtlichen Tötungsverbote verneint, das Gericht ein infolge der Straße signifikant gesteigertes Tötungsrisiko aber nicht ausschließen können. Die von der Behörde zum Ausschluss von Risiken vorgesehenen Maßnahmen hielt das Gericht für ungeeignet. Das Gericht ließ sich auch von einem vorgesehenen Monitoring nicht beeindrucken, welches die Maßnahmen hatte begleiten sollen. Das Monitoring stelle kein zulässiges Mittel dar, um die behördlichen Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren, umso weniger, weil offenbliebe mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln des Schutzkonzeptes begegnet werden solle.

Auch bei anderen Bauvorhaben geht der Streit oft darum, ob Tierverluste z. B. infolge neuer Verkehrswege oder an Windenergieanlagen sozialadäquat und dann hinzunehmen sind oder das Tötungsrisiko signifikant steigt. An dieser Grenze entscheidet sich die artenschutzrechtliche Zulässigkeit des jeweiligen Vorhabens. Keine andere Grenze im deutschen Naturschutzrecht ist so hart umkämpft. An ihr messen sich die Gutachter – engagierte und solche, die sich engagieren lassen. Am Ende sind es oft die Gerichte, die die Mängel aufdecken. Insofern ist das Urteil so ungewöhnlich nicht.

Wenn die EGE hier das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts herausstellt, dann eines anderen Umstandes wegen. Das Gericht hatte auch festgestellt, dass die Planung bereits den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht gerecht werde und auch deswegen mängelbehaftet sei. Unter diesen Voraussetzungen könne das Vorhaben nicht als zulässiger Eingriff angesehen werden. Diese Feststellung ist entscheidend, weil die artenschutzrechtlichen Vorschriften – nach der Verknüpfung von Artenschutzrecht und Eingriffsregelung im Bundesnaturschutzgesetz – bekanntermaßen nur im Falle eines zulässigen Eingriffs gelockert sind.

Das Urteil rückt damit die Eingriffsregelung in den Vordergrund und stärkt ihre Bedeutung. Die Eingriffsregelung wird in der Praxis vielfach unzureichend angewandt, insbesondere wenn die Eingriffsfolgen nicht ausreichend ermittelt, die Vermeidungs- und Kompensationspflichten gerade für den Schutz von Arten nicht ausgeschöpft werden. Das Urteil stellt klar, dass solche Mängel auf die Anwendung des Artenschutzrechts zurückwirken.

Die zulässigen Eingriffen in § 44 Abs. 5 BNatSchG eingeräumten Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Schädigungs- und Störungsverboten kann ein Vorhaben, das die Anforderungen der Eingriffsregelung verfehlt, nicht in Anspruch nehmen. Unter diesen Voraussetzungen können die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auch dann erfüllt sein, wenn trotz des Eingriffs die ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Und unter diesen Umständen können die Verbote auch nicht auf die europäischen Vogelarten und die Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie beschränkt werden. Beachtlich sind dann vielmehr alle besonders und streng geschützten Arten. Das sind in Deutschland immerhin ca. 2.585 Arten und insofern deutlich mehr Arten, als beispielsweise manche Bundesländer als "planungsrelevant" bezeichnen. Zu diesen Ländern zählt Nordrhein-Westfalen, das in einer Veröffentlichung "Geschützte Arten" die Anzahl auf nur 213 (!) Arten beschränkt hat. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sollte insofern insbesondere dort genau gelesen werden. Aber sicherlich nicht nur dort.

Das Urteil hat die Planungspraxis überrascht und mache Personen in den Behörden und Planungsbüros unsanft geweckt. Dabei ist dieses Urteil nur konsequent: Der Bundesgesetzgeber hatte im Jahr 2007 die artenschutzrechtlichen Schädigungs- und Störungsverbote auf die europarechtlich geschützten Arten beschränkt, weil er im Falle zulässiger Eingriffe den Schutz der anderen entscheidungserheblichen Arten von der rechtmäßigen Anwendung der Eingriffsregelung erwartet. Die Straßenplanung in Sachsen aber hatte die Vorschriften der Eingriffsregelung, die auch einen Mindestschutz von Arten entfalten sollen, vernachlässigt. Der Fall belegt, dass Naturschutzverbände ein wichtiges Korrektiv für das Naturschutzhandeln sein können. Schade nur, dass sie so oft ihre Möglichkeiten nicht nutzen. Zu diesen Versäumnissen zählt das Zurückziehen erfolgversprechender Klagen gegen Geldzahlungen.

Der Falke - Januar 2012

©  Birgit Droste, Falke mit Haube

In einem "Journal für Vogelbeobachter" mit Namen "Der Falke" sollte man scharfsichtige Beiträge erwarten. Die Ausgabe aus dem Dezember 2011 weist allerdings einige Unschärfe und blinde Flecken auf. Dabei handelt das Heft in sechs Beiträgen nicht von einer bloßen Ansichtssache, sondern von Windenergieanlagen, die einer ganzen Reihe von Vogelarten nachweislich gefährlich werden können.

Die Autoren der Beiträge befassen sich beruflich mit diesen Gefahren - in diesem Heft Dr. Hermann Hötker mit den Auswirkungen der gesamten regenerativen Energiegewinnung auf Vögel; Dr. Ulrike Kubetzki, Dr. Stefan Garthe und Dr. Ommo Hüppop mit den Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf See- und Zugvögel; Stefan Stübing mit diesem Konflikt in waldreichen Mittelgebirgen; Tobias Dürr mit den Anflugopfern an den bodennahen Mastsegmenten; Dr. Klaus Richarz mit möglichen Konfliktlösungen. Ein Beitrag von Alvaro Camina Cardenal über die Folgen von Windenergieanlagen für Geier in Spanien vervollständigt das Heft.

Alle Beiträge eint gewiss die Sorge um die Vögel, aber auch die Akzeptanz, zumindest die Abwesenheit kritischer Fragen hinsichtlich des massiven Ausbaus der Windenergiewirtschaft, der der Avifauna Deutschlands bevorsteht. Stattdessen allenthalben Verständnis bis Genugtuung für die eingeschlagene energiepolitische Entwicklung und die Hoffnung, "bei guter Planung" und "einer geeigneten Standortwahl" ließen sich regenerative Energieerzeugung und Vogelschutz miteinander vereinbaren.

Wie wenig diese Hoffnung begründet ist, zeigt sich in Norddeutschland, wo vor 20 Jahren der Ausbau der Windenergiewirtschaft den Anfang nahm und kein Ende findet. Mangels verfügbarer anderer Standorte werden dort die Abstandsempfehlungen für eine "gute Planung" und "geeignete Standortwahl" unter dem Druck der Branche fortlaufend verletzt - beispielsweise zu Lasten der Wiesenweihe. Vogelkundler - darunter Dr. Hermann Hötker - schlossen noch 2010 ein Kollisionsrisiko für die seltenen Greifvögel, die jetzt in die Opferliste aufgenommen werden mussten, aus. Dieselben Fachleute hatten auch die inzwischen dramatisch hohen Opferzahlen beim Rotmilan nicht vorhergesehen. Ganz im Unterschied zu einem Klimawandel, der erwiesen oder nicht "von vielen Experten neben der Intensivierung in der Land- und Forstwirtschaft als langfristig größte Bedrohung für die Biodiversität angesehen wird" (Dr. Hötker) und dessen Abwendung nun die Kollateralschäden der Windenergiewirtschaft rechtfertigen soll.

Das Heft spart den Ausbau der Windenergiewirtschaft im Wald nicht aus. Zwar trifft es zu, dass Windenergieanlagen im Wald nicht von vornherein für den Vogelschutz problematischer sind als solche im Offenland (Stefan Stübing). Es bedarf aber schon eines Grundmaßes an Naivität, mit der Öffnung des Waldes für die Windenergiewirtschaft eine Entlastung des Offenlandes zu verbinden. Die Entwicklung belegt das Gegenteil: Der Branche werden alle verfügbaren Standorte geopfert - im Offenland und im geschlossenen Wald. Dies ist für eine Umstellung der Energieerzeugung auf regenerative Quellen nur folgerichtig, denn für einen nennenswerten Beitrag muss man mit Windenergieanlagen klotzen und darf nicht kleckern. Stefan Stübing und Hermann Hötker, die als Gutachter mit und durch die Branche zu tun haben, schreiben um dieses Problem herum, obgleich sie die Dynamik, um nicht zu sagen die Gier der Branche kennen dürften.

Zustimmen lässt sich am ehesten dem Beitrag über die Auswirkungen der Offshore-Windenergieanlagen auf See- und Zugvögel. Darin ist die Besorgnis über das Schicksal der Vögel spürbar, die in den übrigen Beiträgen bestenfalls verhalten zum Ausdruck kommt oder gar nicht erst aufscheint. So etwa, wenn die Opfer in Anführungszeichen geführt und eilfertig als "nicht populationsrelevant" abgetan werden. Dabei bleiben die Maßstäbe des gemeinschaftsrechtlich fundierten Artenschutzrechts, das eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bereits einzelner Individuen untersagt, geflissentlich unerwähnt. Auf einen Leseraufruf, sich an der Aufklärung der Dunkelziffer zu beteiligen, unter den Anlagen nach Opfern zu sehen und diese der zentralen Funddatei zu melden, verzichtet das Heft. Die Zeitschrift ist wohl eher ein Journal für Vogelbeobachter, nicht so sehr der Vogelschützer. Dass Autoren und Redaktion auf eine alarmistische Berichterstattung verzichtet haben, ist gewiss eine Stärke, die überwiegend um Beruhigung bemühten Beiträge sind aber zweifelsfrei die Schwäche des Heftes. An einigen Stellen hätten die Autoren zum Schutz der Vögel Signallichter setzen müssen oder wenigstens Ausrufezeichen. Tendenziell zeigt sich eher das Gegenteil. Beispielhaft dafür ist der Hinweis auf die Erkenntnisse über den Einfluss von Windenergieanlagen auf Geier in Spanien. Verluste, die tatsächlich dramatisch sind, im Vorspann des Beitrages aber als "spannend" beschönigt werden. So schreibt man sich als Auftragnehmer ins Herz der Branche.

Die von der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten in Deutschland 2007 herausgegebenen "Abstandsregelungen" für Windenergieanlagen zum Schutz bedeutender Vogellebensräume erwähnt nur einer der Autoren: Dr. Klaus Richarz. Dass in dem Beitrag der bloße Orientierungscharakter dieser Regelungen herausgestellt wird, muss man nicht zwangsläufig kritisieren. Die vom Autor angestellte Relativierung der zum Schutz von 25 Arten definierten Prüfbereiche dürfte aber eindeutig zu weit gehen, wenn Anlagen dort nur noch "dann als kritisch einzuschätzen (sind), wenn der Prüfbereich von mehreren Vögeln dieser Arten oder verschiedenen Paaren als essenzielle Nahrungshabitate genutzt werden". Diese Auslegung dürfte auch mit dem Artenschutzrecht nicht ohne weiteres vereinbar sein. Hier hat den Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland ganz offenkundig der Mut verlassen, wofür die politisierten Flächenforderungen der Branche in diesen Ländern Erklärung sein könnten. Die Staatlichen Vogelschutzwarten stehen in allen Bundesländern unter einem enormen Druck, den Ausbau der Windenergiewirtschaft bloß nicht zu behindern. Der Druck kommt nicht allein aus den Wirtschaftsverbänden und Regierungen, sondern aus der Mitte der Umweltorganisationen.

Ganz gegenläufig zu dieser Entwicklung wenden sich aus allen Bundesländern immer häufiger Orts- und Kreisgruppen der großen Umweltschutzorganisationen an die EGE, sie möge bei der Bewertung und Abwendung von Windparks in bedeutenden Vogellebensräumen behilflich sein. Offenkundig wird ihnen diese Unterstützung seitens ihrer Landes- und Bundesverbände nicht zuteil. Die EGE verfügt im Unterschied zu den großen Umweltverbänden nicht über das Angestelltennetz, diese Erwartungen zu erfüllen. Sie bittet deshalb um Verständnis, wenn sie sich auf die Vermittlung von Gutachtern und Rechtsanwälten beschränkt. Die Hilfe suchenden Orts- und Kreisgruppen sollten sich allerdings die Frage vorlegen, inwieweit der rücksichtslose Ausbau der Windenergiewirtschaft nicht auch eine Folge der Haltungen der eigenen Landes- und Bundesverbände ist.

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