Über die Leistungen des deutschen Qualitätsjournalismus gerät man bisweilen ins Staunen. Das gilt nicht nur aber auch für die Berichterstattung über Naturschutz und Windenergie. Die Zeit ist vorbei, als der von Hanns Joachim Friedrichs (1927 – 1995) überlieferte Satz ein Berufsethos markierte: „Ein guter Journalist macht sich mit nichts gemein, nicht einmal mit einer guten Sache.“ In den im Jahr 2020 mit 8,11 Milliarden Euro Rundfunkbeiträgen der „Zusehenden und Zuhörenden“ finanzierten öffentlich-rechtlichen Anstalten scheint es für Recherche an Geld, Zeit und vor allem Sinn für die Realität zu fehlen. Zu gerne berichten Journalisten und Journalistinnen von dem, was man für wahr hält, wahr halten möchte oder woran man mit Überzeugung glaubt. Haltung ersetzt kritische Distanz. Wäre es anders und unterzöge man die eigene Berichterstattung des viel beschworenen Faktenchecks, hätte der investigativ daherkommende ZDF Frontal Beitrag „Rotmilan gegen Windkraft – Das Märchen vom bedrohten Greifvogel“ vom 22.02.2022 sowie die weitere Berichterstattung z. B. auf tagesschau.de kaum auf Sendung gehen können.
Nun meldete sich am 11.03.2022 der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) dankenswerterweise in dieser Sache zu Wort, um die Dichtung von der Wahrheit zu scheiden: Der DDA spricht von irreführender Berichterstattung und befremdenden Aussagen: „Die zentrale Aussage des TV-Berichts, Windenergieanlagen spielten keine relevante Rolle als Gefährdungsfaktor für den Rotmilan, widerspricht dem Stand der wissenschaftlichen Forschung.“ Der DDA ist nicht im Geringsten der Klimaskepsis oder der Energiewendegegnerschaft verdächtigt, sondern ein wissenschaftliches Gremium. Die von den öffentlich-rechtlichen Anstalten so gern bemühte Berufung auf „die Wissenschaft“ scheint für die eigene Berichterstattung über die Auswirkungen des Ausbaus der Windenergiewirtschaft keine Rolle zu spielen. Dafür dürfte der Bericht ganz nach dem Geschmack der deutschen Ampelkoalition sein. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie die 10seitige Stellungnahme des DDA zu der Berichterstattung über die Gefährdung des Rotmilans durch Windenergieanlagen lesen möchten.
Übrigens: Der besagte ZDF Frontal Beitrag stammt von Hans Koberstein und Jörg Moll. Koberstein ist Mitverfasser des Beitrags „Volksgenerator“, der von der Informationskampagne für Erneuerbare Energien „unendlich viel energie“ mit dem Journalistenpreis 2007 ausgezeichnet wurde. Über Jörg Moll liest man auf seiner Website „Die Arbeiten des Autors, Regisseurs und Produzenten Jörg Moll wurden mit insgesamt 16 Film- und Fernsehpreisen ausgezeichnet. Die Kombination aus fundiertem Fachwissen im Bereich Wissenschaft und Technik gepaart mit reichhaltiger filmischer Erfahrung ist im deutschen Sprachraum einzigartig.“ Gut möglich, dass auch der ZDF Frontal Beitrag Preise für „Wissenschaftsjournalismus“ einheimst.