„Das Monitoring der Eifeluhus war im zu Ende gehenden Jahr ein recht mühsames Geschäft“, sagt Stefan Brücher Im zeitigen Frühjahr wirkten viele Brutplätze noch verwaist. Brütende Uhuweibchen und auch Rupfungen oder Kotspritzer an den markanten Stellen der Steilhänge fehlten an etwa 30 Prozent der traditionellen Brutplätze. Viele weitere Kontrollen waren also erforderlich, um den Besiedlungsstatus zuverlässig bestimmen zu können.

Auch die Situation am Brutplatz der Webcam-Uhus im Ahrtal war ungewöhnlich: Das Uhupaar verschwand nach anfänglicher Balz aus dem traditionellen Brutfelsen. „Ein solches Verhalten haben wir hier noch nie beobachtet“, so Brücher, „obwohl wir den Brutplatz seit 2008 dank der Webcam stets im Blick haben.“ Bisher waren die Uhus hier auch in den Jahren regelmäßig präsent, wenn eine Brut ausblieb. Noch am 14. März 2023 kopulierte das Uhupaar im Bereich der Webcam. Aber danach war es plötzlich verschwunden. Der nächstgelegene Brutplatz in 1.300 m Entfernung war zum Jahresbeginn verwaist, aber am 15. April begannen Uhus dann hier mit der Brut. Ein extrem später Termin. Ob es sich um die Webcam-Uhus Lotte und Leo handelt, wird hoffentlich die Analyse der Federproben klären, welche Stefan Brücher eingesammelt hat. Wichtiger als das abzuwartende Ergebnis ist indessen der Umstand, dass das Paar einen Jungvogel aufgezogen hat.

Wie aber ist es den anderen Eifeluhus ergangen? Die Anzahl besiedelter Habitate sank im Vorjahresvergleich um 20 auf 214. Dort wurden 155 Bruten begonnen (zehn mehr als im Vorjahr), aber von diesen wurden 25 aufgegeben (vier weniger als im Vorjahr). So ergab sich eine Jungenanzahl von hochgerechnet 258 gegenüber 231 im vorigen Jahr. Eine Fünferbrut wurde nicht festgestellt, jedoch 5mal 4, 21mal 3, 62mal 2 Jungvögel und 36mal ein Jungvogel. Die durchschnittliche Jungenzahl je Brutpaar liegt mit 1,98 auf Vorjahresniveau (1,99). Beringt wurden in diesem Jahr 165 Uhus.

In diesem Jahr fehlten auffälliger Weise Uhus auch in solchen Habitaten, in denen im vergangenen Jahrzehnt Uhus sehr großen Bruterfolg erzielten. An vielen dieser teilts seit den 1980er und 1990er Jahren traditionell besiedelten Brutplätzen mitten in Dichtezentren waren früher stets zumindest Einzelvögel nachweisbar. Fiel hier ein Partner aus, konnte sich der verbleibende Uhu zeitnah einen neuen Partner heranrufen und die Bruttradition fortsetzen. Folglich müssten 2023 an mehreren dieser Traditionsbrutplätze beide Partner ausgefallen sein und es im Umfeld an zuzugsbereiten Uhus gefehlt haben, um die Lücken zu schließen. „Bei den diesjährigen Beobachtungen von brütenden Uhuweibchen hatten wir zudem auffallend oft den Eindruck in sozusagen ängstliche Uhugesichter zu schauen“, sagt Stefan Brücher. „Es schien uns, als wären es unerfahrene, erstmals brütende Weibchen.“ Bei einem weniger intensiven Monitoring dürften solche Beobachtungen kaum zu machen sein.

Krankheiten wie die Vogelgrippe könnten eine Erklärung für diese Befunde sein und sowohl Paare als auch unverpaarte Paare dezimiert haben. In diesem Fall stellt sich die Frage, was diese Verluste für die Population bedeuten. Nun, die Gesamtjungenzahl gibt auch weiterhin keinen Grund zur Sorge. Zudem erschließen sich die Eifeluhus weiterhin neue Brutplätze in Ruinen, in Industriebauten und auf Flachdächern. Dort bedarf es allerdings oft besonderer Anstrengungen, um einen sicheren Brutverlauf ohne übermäßige Beschränkungen menschlicher Aktivitäten und betrieblicher Abläufe zu ermöglichen.

So war in diesem Jahr in der Förderanlage einer Kiesgrube ein aufgeschrecktes Uhuweibchen und beim genauen Hinschauen unter dem Förderband ein unvollständiges Gelege entdeckt worden (Bild unten). Die Betriebsleitung entschied sich daraufhin in Absprache mit der EGE zu technischen Veränderungen an der Anlage und einer Beschränkung der Laufzeiten, um die Chancen für eine erfolgreiche Brut zu erhöhen. Dank dieser Rücksichtnahme schlüpften schließlich drei junge Uhus. Diese wurden zu ihrer Sicherheit mit Fortschreiten der Nestlingszeit aus dem Gefahrenbereich des Förderbandes entfernt. Zu diesem Zweck wurde ein Nistkasten mit dem Abstand von einigen Tagen immer näher an den Nestplatz herangerückt, die Jungvögel schließlich hineingesetzt und der Kasten mitsamt den Vögeln in mehreren Etappen abschnittsweise auf eine Plattform außerhalb der für Uhus gefährlichen Anlagenteile verschoben. So konnte die Anlage endlich wieder auflagenfrei betrieben werden. Die Uhus wurden flügge! Oben im Bild ist Stefan Brücher zu sehen, wie er einen der drei jungen Uhus beringt.

Uhunest in der Förderanlage © EGE-Archiv

Die Gefahr der Prädation von Uhubruten durch Waschbären ist in der Eifel weiterhin gegeben. Eine Reihe von Brutaufgaben dürfte auf das Konto der Waschbären gehen. Daneben gibt es aber auch Uhupaare, die mit der Gefahr umzugehen gelernt haben. So wurde beispielsweise an einem Brutplatz im Siebengebirge ein Uhu flügge, obwohl die Brut im Vorjahr von Waschbären geholt worden war und es am Brutplatz auch heuer nicht an frischen Waschbärenspuren fehlte. Der Bruterfolg ist, so vermutet Stefan Brücher, am ehesten einer Verhaltensänderung der Uhus zu verdanken. Das setzt allerdings voraus, dass das Männchen das Uhuweibchen und die Jungvögel so lange mit Nahrung versorgt, bis die Jungen ausreichend wehrhaft sind und das Weibchen sich wieder an der Nahrungsbeschaffung beteiligen kann.