Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einschließlich der Biodiversität könnte in vorbildlicher Weise in den Staatsforstbetrieben und im Körperschaftswald erreicht werden. Im Privatwald erfordert der Naturschutz als Untergrenze eine normativ konkretisierte „gute forstliche Praxis“. Beides ist weder im Waldrecht noch im Naturschutzrecht hinreichend gewährleistet. Selbst im Staatswald ist die Forstgesetzgebung im Bereich der Erhaltung und Wiederherstellung der Biodiversität des Waldes unzureichend. Die Bewirtschaftung in Natura 2000 Wäldern erfolgt derzeit überwiegend nicht gemeinschaftsrechtskonform. Für den Privatwald ist zwar teilweise geregelt, dass die Erhaltung der Waldökosysteme als Lebensraum einer artenreichen Pflanzen- und Tierwelt „Kennzeichen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft“ ist. Die Bestandsaufnahme ergibt jedoch, dass es bis auf wenige Ausnahmen an einer Vollzugsfähigkeit dieser Zielsetzungen fehlt. Der Privatwaldeigentümer genießt den Grundrechtsschutz aus Art. 14 des Grundgesetzes. Eigentum hat aber zugleich eine Gemeinwohlfunktion; es „verpflichtet“ auch. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist für den Privatwald als Ökologiepflichtigkeit anzusehen. Das verlangt vollzugstaugliche gesetzliche Betreiberpflichten.
Die vorstehenden Mängel im deutschen Wald- und Naturschutzrecht hat der 14. Deutsche Naturschutzrechtstag (DNRT) 2021 identifiziert und den Bundesgesetzgeber aufgefordert, die Defizite zu beheben. Eine Dokumentation dieses DNRT finden Sie hier. Die 2021 ins Amt gekommene Ampelkoalition war angetreten, das Bundeswaldgesetz in diesem Sinne zu verbessern. Vor Monaten waren nach verschiedenen Leaks Überlegungen der Bundesregierung für eine Reform des Bundeswaldgesetzes bekanntgeworden, die allerdings wenig Anlass für Optimismus boten. Am 19. August 2024 ist ein neuer Referentenentwurf für das Bundeswaldgesetz in die Ressortabstimmung gegangen. Im Vergleich zu vorherigen Ansätzen soll sich darin einiges getan haben. Aber auch zum Besseren?
Von einer umfassenden Neufassung des aus dem Jahr 1975 stammenden Gesetzes ist keine Rede mehr. Ursprüngliche Pläne für die Festlegung von Straftatbeständen und ihnen entsprechenden Sanktionen sollen gänzlich entfallen. Einschränkungen des Holzeinschlages sind nur für bestimmte Fälle vorgesehen und sollen mit einer Kompensation für den betroffenen Waldbesitzer einhergehen. Zwar soll es ein Kahlschlagverbot ab einem Hektar geben, für eine Ausnahme aber die Zustimmung der lokalen Forstbehörde genügen. War in früheren Entwürfen noch „ein weit überwiegender Anteil“, dann nur noch „ein überwiegender Anteil standortheimischer Baumarten“ für Aufforstungen verlangt, soll nun jede zum Standort passende Baumart gepflanzt werden können. Der WWF beklagt, das antiquierte Gesetz solle nur „mager aufgehübscht“ und „etwas entstaubt“ werden. Der DNR spricht von einem „enttäuschenden und stark verwässerten Entwurf. Die Reform des Bundeswaldgesetzes fällt in die Ressortverantwortung des bündnisgrünen Bundesforstministers Cem Özdemir.