Die deutsche Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat einen Politikwechsel versprochen, im Naturschutz allerdings keine großen Änderungen in Aussicht gestellt, sondern in ihrer Koalitionsvereinbarung eher ein „Weiter so“ angekündigt – und damit die Fortsetzung des von der Ampelkoalition begonnenen Abbaus der in einem halben Jahrhundert deutscher Naturschutz-Rechtsgeschichte errungenen Standards.
Im Fadenkreuz der Koalition stehen die beiden zentralen Bereiche des Naturschutzrechts: die Eingriffsregelung und das Artenschutzrecht. Hier setzt der Referentenentwurf des Infrastruktur-Zukunftsgesetzes des Bundesministeriums für Verkehr vom 07.11.2025 an:
Die Eingriffsfolgen neuer Eingriffe sollen künftig nicht nur in dem vom Eingriff betroffenen Naturraum, sondern auch in angrenzenden Naturräumen kompensiert werden können und damit Eingriffs- und Kompensationsort noch stärker entkoppelt werden.
Wiederherstellungsmaßnahmen nach der EU-Wiederherstellungsverordnung sollen einer Anerkennung als Kompensationsmaßnahmen nicht entgegenstehen. Damit können unionsrechtlich geschuldete Maßnahmen auf Kompensationsverpflichtungen angerechnet werden, was zu einer Reduzierung von Naturschutzleistungen führen kann.
Die monetäre Kompensation soll der naturalen Kompensation gleichgestellt werden, so dass der Eingriffsverursacher wählen kann, ob er mit realen Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege die vom Eingriff ausgelösten Schäden kompensiert oder sich mit einer Geldzahlung dieser Pflicht entzieht. Die Zahlungen können zur Realisierung bestehender Pflichtaufgaben des Naturschutzes verwendet werden, beispielsweise für die Einlösung unions- oder bundesrechtlich geschuldeter Naturschutzleistungen. Dies bedeutet im Ergebnis kein Mehr, sondern ein Weniger an Naturschutz. Die Gleichstellung monetärer und naturaler Kompensation war bereits 2009 im Koalitionsvertrag der christlich-liberalen Bundesregierung auf Betreiben der FDP vereinbart, nach heftiger Kritik und verfassungsrechtlicher Bedenken gegen eine Gleichstellung nicht gleichermaßen geeigneter Optionen aber nicht ins Werk gesetzt worden. Wie der Verzicht auf naturale Maßnahmen in Geldbeträge umgerechnet werden soll, soll das Bundesumweltministerium in einer Rechtsverordnung festlegen.
Der Umfang von Bestandsaufnahmen artenschutzrechtlich zu beachtender Arten und ggf. zu ihrem Schutz zu ergreifender Maßnahmen sollen in Verwaltungsvorschriften des Bundesumweltministeriums festgelegt werden. Hier steht zu erwarten, was zugunsten der Windenergiewirtschaft bereits seit 2022 auf Betreiben von Bündnis90/DieGrünen gesetzlich verankert ist: die begründungslose Reduktion der zu berücksichtigenden Arten und statt effektiver Schutzmaßnahmen die Auswahl von Maßnahmen mit ungeklärter oder fehlender Wirksamkeit.
Die geplanten Gesetzesänderungen werden Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften nach sich ziehen. Die Vorarbeiten dazu gehen vermutlich nicht an das Bundesamt für Naturschutz, sondern um die politisch gewünschten Ergebnisse zu erzielen eher an Universitäten und staatlich alimentierte Nichtregierungsorganisationen. Auf den Herbst der Reformen dürfte ein langer Winter folgen.
