In Niedersachsen sollen nach dem Willen der Landesregierung bis 2035 auf 0,5 Prozent der Landesfläche Solarparks entstehen. Das entspricht einer Fläche von 24.000 ha oder 240 Solarparks von je 100 ha. Das ist die 15-fache Fläche des Dümmers, des zweitgrößten Sees in Niedersachsen.
Entschließen sich alle Bundesländer zu einem solchen 0,5-Prozent-Ziel, ist mit Solarparks auf einer Fläche von 178.000 ha zu rechnen. Das ist mehr als die Fläche der deutschen Nationalparke abzüglich der Meeresgebiete, auch mehr als die Fläche aller Naturschutzgebiete Mecklenburg-Vorpommerns und Baden-Württembergs zusammengenommen. Der Flächenbedarf entspricht der Fläche von 2.825 landwirtschaftlichen Betrieben durchschnittlicher Größe. Deutsche Umweltverbände haben damit offenbar kein Problem. Jedenfalls stellen sie die Ausbauziele nicht in Frage. Warum und wie auch. Der Glaube an die Freiheitsenergien ist ungebrochen.
Land für Solarparks stellen Landeigentümer vergleichsweise gerne bereit. 5.000 Euro Pacht je Hektar und Jahr sind beinahe garantiert. Das ist ein Mehrfaches dessen, was sich sonst aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzfläche oder mit dem Anbau von Kartoffeln, Rüben oder Getreide erzielen lässt. Wer sagt da noch nein. Und die Sonne schickt keine Rechnung. Der Stromanbieter dem Stromkunden natürlich schon.
An Versuchen, Solarparks als „Biodiversitätsparks“ oder Hotspots der Artenvielfalt auszugeben, fehlt es nicht. Schaut man sich bei den einschlägigen Organisationen um, liegt die Zukunft des Naturschutzes im Solarpark. Der in diesem Technotop bestenfalls erreichbare Schutz einzelner Pflanzen- und Tierarten, das dort mögliche botanisch-zoologische Gärtnern und Maximieren von Artenzahlen gilt als Naturschutz. Mit derselben Logik lassen sich Neubaugebiete als Biodiversitäts-Schutzgebiete deklarieren, wenn Dächer und Fassaden begrünt sind und hier und da ein Nistkasten für Blaumeisen oder ein Insektenhotel an der Wand hängen. Alles öko!
Von Bund und Ländern finanzierte Einrichtungen wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme liefern auf schlichte Fragen wohlfeile Antworten: Zerstören PV-Anlagen ökologisch wertvolle Flächen? „Nein, ganz im Gegenteil, gewöhnlich fördern sie die Renaturierung. Wird eine Fläche aus der intensiven Landwirtschaft, bspw. aus dem Energiepflanzenanbau, herausgenommen, in Grünland umgewandelt und darauf eine PV-Freiflächenanlage errichtet, dann nimmt die Biodiversität grundsätzlich zu.“ Für dieses Institut ist selbst der für Wildtiere unüberwindliche Zaun ein ökologischer Gewinn: Er „schützt die Fläche gegen unbefugten Zutritt und freilaufende Hunde, was u.a. Bodenbrütern entgegenkommt.“
Übrigens reklamierte der Deutsche Golf Verband die Biodiversität bereits in den 1990er auf seinen Plätzen als ein Produkt des Golfens, was damals noch auf die Vorbehalte des Naturschutzes stieß. Heute indessen ist die Banalisierung des Naturschutzes und die Bereitschaft fürs Greenwashing außerhalb wie innerhalb des Naturschutzes kritik- und grenzenlos. Die Politik folgt der Einladung nur zu gern.
So hat der Bundesrat sich am 02.02.2024 parteiübergreifend dafür ausgesprochen, „Freiflächen-Photovoltaikanlagen, die per se einen ökologischen und nachhaltigen Mehrwert mit sich bringen, von dem naturschutzrechtlichen Kompensationserfordernis freizustellen.“ Man ist so frei. Die Landwirtschaftliche Zeitschrift Rheinland titelte daraufhin: „Auf freiem Feld frei von Kompensation“. Die 1976 zum Schutz von Natur und Landschaft geschaffene Eingriffs-Ausgleichs-Pflicht ist Politik, Land- und Energiewirtschaft seit langem ein Dorn im Auge. Nach dem erfolgreichen Abbau des Artenschutzrechts gerät nun die Eingriffsregelung ins Fadenkreuz der Ampelkoalition. Zur Freude der Opposition und wenn nicht mit Zutun, so doch mit dem Stillhalten der Umweltverbände.