Seit seiner ersten hautnahen Begegnung mit den Uhus in der Eifel in den frühen 1980er Jahren gingen einige tausend junge Uhus durch Stefan Brüchers Hände. An einen dieser Uhus erinnert er sich ganz genau: In Eschweiler bei Aachen stieß Brücher auf einen noch nicht flugfähigen jungen Uhu. Das war im Frühjahr 2012. Der Uhu war in einem schlechten Zustand, kam aber wieder zu Kräften. Nur, es stellte sich die Frage, wohin mit diesem Uhu, der noch für Wochen auf die elterliche Versorgung angewiesen war, der aber keinem Brutplatz weder am Fundort noch im Umkreis zugeordnet werden konnte. Es ließ sich einfach kein Brutplatz finden.
Brücher entschied sich schließlich für eine unkonventionelle Unterbringung des sechswöchigen Halbstarken, nämlich bei Pflegeeltern knapp hundert Kilometer entfernt südöstlich vom Fundort am Laacher See. Dort saß nämlich ein Uhuweibchen das dritte Jahr in Folge auf einem Gelege, aus dem nach Ablauf der Bebrütungszeit wieder einmal einfach keine Küken schlüpfen wollten. Dort wartete Brücher die Dämmerung ab und seilte sich dann in den Felsen ab in Richtung Nest – mit dem jungen Uhu im Rucksack. Das Uhuweibchen flog verständlicherweise davon. Im Nest lag nur ein faules Ei. Brücher tauschte es aus – gegen den Uhu aus dem Rucksack.
Am nächsten Tag kontrollierte Brücher die Lage: Das Uhuweibchen und der junge Uhu saßen einträglich beieinander als sei es das Normalste von der Welt. Der Adoptionsversuch war gelungen! Neulich, zwölf Jahre später, wurde der Uhu wiedergefunden unter einem Uhubrutfelsen zehn Kilometer vom Laacher See entfernt. Kein Happyend, aber zwölf Jahre sind für einen Uhu angesichts der vielen zivilisatorischen Risiken für ein Uhuleben dann doch nicht so schlecht. Woran der Uhu gestorben ist wird derzeit an einem Institut für Veterinärmedizin geklärt.