Kennzeichen

Der Waldkauz ist etwas größer und auch kräftiger als Waldohreule und Schleiereule. Der Kopf wirkt verhältnismäßig groß. Federohren fehlen. Die Iris ist schwarzbraun. Die Grundfärbung des Gefieders ist unabhängig von Geschlecht oder Alter entweder rindengrau, schokoladenbraun oder rostrot. Es gibt den Waldkauz also gewissermaßen in drei verschiedenen „Ausgaben“. Je nach Region überwiegt die eine oder eine andere Form. Bei allen Färbungen besteht die Zeichnung des Gefieders ober- und unterseits aus kräftigen dunklen Längsstreifen und schwächeren Querstreifen. Auf den Schultern und Flügeln fallen weiße Tropfenflecken auf. Die Körperunterseite ist allgemein heller als die Oberseite. Das Flugbild wirkt gedrungener und plumper als das der Waldohreule. Eben flügge Jungvögel haben ein duniges, hellgraues oder gelblichbraunes Gefieder mit dunkler Querbänderung. Die jungen sind als Waldkäuze wie die Altvögel an den großen schwarzen Augen zu erkennen.

Lautäußerungen

Der Ruf des Walkauzes ist hallend, wohlklingend bis schaurig, oft grell. Wer zu nächtlicher Stunde im Herbst oder Vorfrühling das klassische Heulen aus den Edgar-Wallace-Filmen vernimmt, hat einen Waldkauz gehört. Das lang gezogene, laute, heulende „Huuu—hu – uuuuuuu“ ist der Reviergesang des Männchens. Das Weibchen antwortet mit einem lauten und schrillen „Kuit“. Die Variabilität des Gesanges ist individuell konstant, so dass benachbarte Waldkäuze sich „persönlich“ kennen lernen und einzelne Männchen allein an ihrer Stimme erkannt werden können.

Nahrung

Der Waldkauz bleibt während des ganzen Jahres in der Nähe seines Brutplatzes. Er hat ein relativ kleines Jagdgebiet. Deshalb ist sein Beutespektrum außerordentlich vielseitig. Drei Viertel der Nahrung bilden mehr als 45 verschiedene Kleinsäugerarten. Die Hälfte davon sind Feld- und Waldmäuse, außerdem Rötel-, Erd-, Scher- und Spitzmäuse sowie Maulwürfe und Ratten. Ein Sechstel der Nahrung besteht aus über 100 Vogelarten. Davon sind über 50 Prozent Sperlinge, Grünlinge und Buchfinken. Den Rest der Nahrung bilden Amphibien, Reptilien, Fische, Käfer usw. Der Waldkauz ist ein geschickter Jäger, der ausschließlich nachts teils vom Ansitz aus, teils im Suchflug jagt und sich dabei überwiegend akustisch orientiert. Auch Mäusemangel und strenge Winter mit viel Schnee können ihm – im Gegensatz zu den meisten anderen Eulenarten – in der Regel nur wenig anhaben, denn er kann sich dann von Kleinvögeln ernähren.

Lebensraum

Der Waldkauz meidet schneereiche und kalte Gebiete. Ideal sind lichte Laub- und Mischwälder mit Altholzbeständen. Hier findet er reichlich Nahrung und in mächtigen Bäumen genügend viele Höhlen als Tagesverstecke und Brutplatz. Der Waldkauz ist aber keineswegs nur ein Bewohner des Waldes. Man kann ihn auch inmitten der Dörfer und Städte finden, wenn dort nur einige alte Bäume mit entsprechend großen Höhlen zum Brüten vorhanden sind. Das ist in Parks, Friedhöfen oder Alleen oft der Fall. Wo solche Baumhöhlen fehlen, brütet er aber auch an ungestörten Stellen in Gebäuden oder auch in Nistkästen. Seltener sind Bruten auf dem Waldboden, in Erdhöhlen oder in Felsspalten.

Fortpflanzung

Als Nistplatz dienen meistens Baumhöhlen, hin und wieder Felsnischen sowie alte Krähen- oder Greifvogelnester, ungestörte Winkel in Dachböden, Kirchen, Scheunen und Ruinen. Meistens wird der Vorjahresplatz bezogen. Je nach Witterung mitunter schon im Februar, meist jedoch Anfang bis Mitte März legt das Weibchen zwei bis sechs Eier. Nach vier Wochen schlüpfen die Jungen. Nach weiteren vier Wochen verlassen sie noch nicht flugfähig den Brutplatz und landen dabei häufig am Erdboden. Oft werden sie von besorgten Menschen als “ Findelkinder“ mitgenommen. Sie können aber durchaus an schrägen Baumstämmen wieder in die Höhe klettern. Drei bis vier Monate werden die Jungen von den Eltern betreut und mit Nahrung versorgt, bevor sie im August selbstständig sind, abwandern und sich in einem Umkreis von zumeist nicht mehr als 50 km ansiedeln. In Jahren mit sehr geringem Nahrungsangebot brütet der Waldkauz erst gar nicht.

Verbreitung

Es gibt zwei räumlich getrennte Populationen, eine europäische und eine asiatische: Das Verbreitungsgebiet der europäischen Population erstreckt sich von Westeuropa und Nordafrika bis zum Kaukasus und nach Westsibirien. Im Südirak und Kuwait sowie im Nordiran leben zwei kleine isolierte Teilpopulationen. Die asiatische Population reicht von Usbekistan über den Süden Chinas bis Korea.

In Irland und Island fehlt der Waldkauz, ebenso im größten Teil Nordeuropas, denn das Vorkommen in Skandinavien und Finnland beschränkt sich auf die südlichen Landesteile.

In Mitteleuropa kommt der Waldkauz fast flächendeckend vor; er ist sowohl im Tiefland als auch in Mittelgebirgen sowie in den Alpen (bis in Höhenlagen von ca. 1.600 m) verbreitet; er fehlt in baumlosen Gebieten, z. B. in den “ ausgeräumten“ Feldfluren.

Bestand

Wegen der enormen Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit in Ernährung und Brutplatzwahl wurde der Bestand des Waldkauzes bisher als stabil und nicht gefährdet angesehen. Sicher ist der Waldkauz die häufigste Eulenart Europas. Inzwischen mehren sich aber vielerorts erste Anzeichen für deutliche Bestandsabnahmen.

Gefährdung

Die Verluste der Jungvögel sind hoch. 50 Prozent überleben nicht das erste Jahr. In späteren Lebensjahren liegt die Sterberate bei 25 Prozent. Es kommt zu hohen Verlusten vor allem an Mittelspannungsfreileitungen sowie im Bahn- und Straßenverkehr. Viele Waldkäuze stürzen in Kamine oder Lüftungsschächte und können nicht mehr hinausklettern.

Schutz

Spezielle Schutzmaßnahmen müssen bisher noch nicht ergriffen werden. Dem Waldkauz hilft, was allen Wald bewohnenden Eulen eine Hilfe ist: eine naturnahe Forstwirtschaft oder besser noch große ungestörte Waldgebiete ohne forstwirtschaftliche Eingriffe. Außerhalb der Wälder und in den Ortschaften sollten alte Bäume erhalten, junge Bäume alt und hohl werden dürfen und der Anteil naturnaher Lebensräume vermehrt werden. In Agrarlandschaften sind dies z. B. Feldgehölze, extensiv bewirtschaftetes Grünland, ungenutztes Grasland und krautreiche Säume an Wegen, Waldrändern und Bächen. Nagetiere sollten Land- und Forstwirte nicht mit Gift bekämpfen, sondern sie den Eulen und Greifvögeln überlassen. Klicken Sie hier, wenn Sie erfahren möchten, wie Sie der EGE hierbei helfen können, den Waldkauz zu schützen.