Kennzeichen

Die Zwergohreule ist kleiner und schlanker als der Steinkauz. Dank ihres rindenfarbigen Gefieders ist sie am Tagesruheplatz meist gut getarnt und nur schwer zu entdecken. Die Grundfärbung variiert zwischen rostbraun und hellgrau; sie zeigt ober- und unterseits dunkle Längsstreifen mit feinen Querverästelungen. Die Zwergohreule gibt es gewissermaßen in zwei verschiedenen Ausgaben: Eine braune und eine graue Morphe. Die Federohren sind in Relation zur Eulengestalt lang; sie können auch angelegt werden, so dass der Kopf dann rund erscheint. Die Iris der Augen ist zitronengelb.

Lautäußerungen

Die Laute sind klangvoll flötend; gleichzeitig eintönig und wenig divers. Besonders charakteristisch ist der Reviergesang mit seinen metronomartig-monotonen „tjüt“-Serien in melancholisch klagender Klangfarbe (auch als „djü, djüt“ umschrieben). Die Einzelsilben setzen mit einem kräftigen „gju“ oder „tju“ ein und verklingen rasch, leiser und höher werdend. Die Endsilben der bis zu halbstündigen Strophenreihen klingen oft rau bis krächzend. Intensiv singende Männchen singen mitunter die ganze Nacht. Die Männchen-Gesänge können in Tonhöhe und Klangfarbe variieren, bleiben für jede individuelle Eule aber ein Leben lang konstant. Die Weibchen rufen etwas quäkender, oft heiser und singen mit ihrem Partner ein rhythmisch synchronisiertes Duett. Nestlinge „betteln“ mit zartem, stimmschwachen „tschp“ oder kräftiger zischend wie „fschi“.

Nahrung

Zwergohreulen jagen vorzugsweise von einem Ansitz aus. Gelegentlich jagen sie auch aus dem Flug heraus (etwa Nachtfalter im Lichtschein von Straßenlaternen). Die Jagd beginnt etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang und dauert – nach einer mitternächtlichen Ruhepause von etwa zwei Stunden – bis zum Sonnenaufgang.

Die von niedrigen Zweigen aus am Erdboden entdecken Beutetiere werden direkt angeflogen und mit den Fängen ergriffen. Bevorzugte Beutetiere bei der Jungenaufzucht in Mitteleuropa sind Laubheuschrecken, Grillen, Käfer, Nachtschmetterlinge und Zikaden. Außer Regenwürmern fressen Zwergohreulen auch Spinnen und Asseln, während Kleinsäuger, Kleinvögel und Laubfrösche seltener erbeutet werden.

Lebensraum

Die Zwergohreule besiedelt warme, trockene und ziemlich offene Landschaften mit alten Bäumen. Dazu gehören z. B. Obstgärten, Ölbaumhaine, Parks, Alleen, Feldgehölze und die Randzonen lichter Laubwälder, in denen es ein reiches Nahrungsangebot an Großinsekten gibt. Wie beim Steinkauz ist eine niedrige Bodenvegetation eine wichtige Voraussetzung. Um Bruten zu ermöglichen, müssen geeignete Höhlen in Bäumen oder Mauern vorhanden sein. In den Schwerpunktvorkommen der Mittelmeerländer brüten die Zwergohreulen nicht nur im extensiv bewirtschafteten Kulturland, sondern auch in Dörfern und Städten. Im afrikanischen Überwinterungsgebiet lebt die Art hauptsächlich in Savannen.

Fortpflanzung

Nur das Weibchen brütet. Es wird vom Männchen mit Nahrung versorgt. Das Gelege umfasst meist 3 bis 5, seltener 2, ausnahmsweise 6 Eier. Legebeginn ist Mitte Mai bis Mitte Juni. Wegen der gleitend beginnenden Bebrütung dauert es bis zum Schlüpfen pro Ei 20 bis 31, im Mittel 24 Tage. Das Weibchen bleibt wenigstens zwei Wochen nach Schlupf der ersten Jungen in der Höhle. Später beteiligt es sich an der Jagd. Die Nestlinge werden von den Eltern oft energisch verteidigt, vor allem beim Ausfliegen der Jungen. Die Altvögel versorgen die Jungen etwa bis zum 60. Lebenstag.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den Mittelmeerländern einschließlich Nordwestafrika über Südosteuropa und Kleinasien ostwärts durch Südrussland und Mittelasien bis zum Baikalsee sowie durch Irak und Iran bis nach Afghanistan. Die Nordgrenze des europäischen Verbreitungsareals verläuft durch Mittelfrankreich, die Schweiz, Österreich, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Ukraine und Südrussland.

Am Ende des Frühjahrszuges gelangen manchmal Zwergohreulen über die nördliche Verbreitungsgrenze hinaus. Dann kann es an warmen Stellen zu Sommeraufenthalten kommen, jedoch nur ganz ausnahmsweise zur Brut (so z. B. Mitte des letzten Jahrhunderts in Mainfranken).

Bestand

Die europäische Brutpopulation (einschließlich der Kaukasusstaaten) wird auf 210 000 – 440 000 Brutpaare geschätzt. Mehr als die Hälfte davon dürfte in Spanien, Kroatien und Südrussland vorkommen. Wesentliche Bestände finden sich des Weiteren in Italien, Bulgarien, Griechenland, Zypern und der Türkei. Das Brutvorkommen im Elsass galt 1986 als erloschen, doch kam es dort zwischen 2005 und 2008 zu erfolgreichen Bruten. In der Schweiz kamen es zu einem deutlichen Bestandsrückgang. Der schweizerische Gesamtbestand wird nur noch mit 30 – 40 Reviere angegeben. Für Deutschland ist die Zwergohreule als neue Brutvogelart anerkannt. Der Bestand liegt unter zehn Paaren. In Österreich hat sich der Bestand dank intensiver Schutzmaßnahmen auf 46 stabilisiert. Für die Jahre 1997 – 1998 wurden für Kroatien 21 000 – 25 000 Brutpaare angegeben. In Tschechien wurde erstmals eine Brut im Jahr 1998 nachgewiesen. Der ungarische Bestand wird mit 200 – 400 Brutpaaren angegeben. In Rumänien wurde der Bestand um 2013 auf 8000 – 20 000 Brutpaare geschätzt.

Gefährdung und Schutz

In den letzten Jahrzehnten ist es an der nördlichen Arealgrenze innerhalb Mitteleuropas – also in der Schweiz, in Österreich und in der Slowakei – aber auch in den Hauptvorkommensländern Spanien, Italien und Griechenland zu dramatischen Bestandsrückgängen gekommen. Diese sind vor allem Folge der Intensivierung der Landwirtschaft – speziell im Obst- und Weinbau. Die Intensivierung zerstört einerseits die Lebensräume der Art und andererseits infolge des flächenhaften Einsatzes von Bioziden die Nahrungsgrundlage der Zwergohreule.

Unter Umständen erreichen die Rückstände der Insektizide, die sich über kontaminierte Insekten im Körper der Eulen anreichern, einen lebensbedrohlichen Grad, wenn die Zwergohreulen auf dem Zug nach Afrika ihre Fettreserven aufbrauchen. Wahrscheinlich spielt auch der Biozideinsatz gegen Wanderheuschrecken in den afrikanischen Überwinterungsgebieten eine verhängnisvolle Rolle. Daher ist ein Schutz nur zu erreichen, wenn der Einsatz von Bioziden eingeschränkt und die Lebensräume der Art erhalten werden. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie erfahren möchten, wie Sie die EGE hierbei unterstützen können.