Liebe Uhufreundinnen und- Freunde,

oberflächlich betrachtet könnte uns Lottes Brutzeit als eher langweilig und ohne besondere Ereignisse erscheinen. Wann immer wir auf die Web-Cam klicken, sitzt Lotte fast regungslos auf ihren (anscheinend immer noch zwei) Eiern. Aber dieser Anschein trügt:

In den vergangenen Nächten gab es Momente, in denen Lotte Ungewöhnliches im Focus hatte und konzentriert beobachtete. Sehr engagiert flog sie dann in diese Richtung und kam einige Minuten später zurück. Eine mögliche Erklärung für dieses Verhalten konnten wir in der Nacht auf den 19.3. ausmachen. Zunächst war in größerer Entfernung der Ruf eines weiblichen Uhus zu hören, dann ein für Weibchen charakteristischer Bettelruf, der von einem den Brutplatz überfliegenden Uhu ausging (siehe Video).

Es gibt also Konkurrenz am Brutfelsen – und dies mitten in der Brutzeit. Lottes Job ist es nun, die beste Mischung aus energischem Verteidigen des Revieres und gleichzeitig fast lückenlosem Bebrüten der Eier zu finden. Bei anderen Vogelarten sind ins Brutrevier eindringende Konkurrenten durchaus Ursache für missglückte Bruten. Für Uhus konnten wir derartiges jedoch noch nicht nachweisen. Wir wissen nicht, ob es auch bei Uhus vorkommt.

In der vergangenen Nacht waren die Eier aus einem anderen Grund in ernster Gefahr:
Auf einem Videoausschnitt können wir sehen, wie Lotte das Nest aus für uns zunächst nicht ersichtlichen Gründen verlässt. Kurze Zeit später hören wir tumultartige Geräusche im Bereich oberhalb der Brutnische und sehen wie sich Lotte plötzlich schützend und zugleich drohgebärdend von oben in die Nistmulde stürzt – verfolgt  von leuchtend reflektierenden Augen, vermutlich die eines Fuchses.

Es scheint alles noch einmal gutgegangen zu sein. Die Unversehrtheit der Eier können wir nur vermuten, nach mehrmaligem Betrachten der Filmsequenz nehme ich an, dass Lotte zumindest neben und nicht auf den Eiern gelandet ist. Hoffentlich haben keine der im Flügelgemenge herabgefallenen Steinchen die Eier beschädigt.

Die Anwesenheit von Füchsen in unmittelbarer Nähe zum Uhunest ist uns ja lange bekannt. Auch schon vor Installation der Webcam konnte ich, nur zwei bis drei Meter oberhalb des Uhunestes, einen schlafenden Fuchs oder zumindest dessen Ohren mit dem Fernrohr ausmachen. Es gibt dort im Fels anscheinend ein schon traditionelles und Jahrzehnte altes Nebeneinander von Uhu und Fuchs ohne nachgewiesene Verluste bei den Uhus. Ob manche der vielen vom Uhupaar erbeuteten Fuchswelpen aus diesem benachbarten Bau stammen, wissen wir nicht.

Nach meinem Eindruck scheint der am gestrigen Schlagabtausch beteiligte Fuchs eher ein jüngerer Fuchs zu sein. Allein die Tatsache, dass er versucht war, Lotte zu folgen statt einer frontalen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen, spricht  für ein eher noch unerfahrenes Tier. Es könnte sich gut um jenen unbedarften Jungfuchs handeln, den Lotte im Nestbereich  vor einigen Monaten fast erlegt hatte.

Auch damals hatte er den Ernst der Situation wohl nicht begriffen. Dabei hatte der Fuchs mehr Glück als Verstand: Lotte zielte mit beiden Füßen eindeutig auf den Kopf des Fuchses. Nur durch Zufall drehte der Fuchs seinen Kopf  kurz zur Seite, so dass der Fuchs nur zur Seite geschubst wurde. Die Ursache für den Rempler hatte er wohl nicht zuordnen können, weil Lotte schon wieder außer Sicht war. Ihm war es nur ein wenig unheimlich und er trollte sich vorsichtshalber davon. Wäre Lotte damals erfolgreich gewesen, wäre ihr die gestrige Begegnung erspart geblieben.

Auch die stürmischen Tage der noch kurzen Brutzeit hätten einen Bruterfolg vereiteln können. Der starke Wind hat das auch die Füchse schützende Efeugebüsch oberhalb des Nestes so stark gebeutelt, dass sich ein Steinbrocken löste und neben Lotte einschlug. Aber auch das ist noch einmal gutgegangen.(siehe Video)

 

Nahrung

Leo schafft es offenbar ganz gut, die brütende Lotte mit Nahrung zu versorgen. Ob er neue Nahrungsquellen gefunden hat oder sich einfach nur geschickter anstellt, können wir nicht beurteilen. Er trägt jedenfalls regelmäßig Beute herbei: Drosseln (vermutlich Singdrosseln), Tauben, Mäuse und auch mindestens eine Ratte konnten wir bestimmen. Andere, meist kleinere Happen, verschlang Lotte manchmal derart schnell, dass eine Bestimmung nicht möglich war (siehe Video).

 

Eier

Unsere zu Beginn freie Sicht auf die Eier versperrte Lotte zwischenzeitlich. Wann immer sie brütend ein Gewölle ausspie, benutze sie es für einen kleinen Wall vor der Brutmulde (siehe Video).

 

Hoffentlich geht auch weiterhin alles gut…

Ihr Stefan Brücher