Liebe Uhufreundinnen und –freunde,
erfreulicherweise konnten wir in den vergangenen Tagen wiederholt beide Junguhus via Cam beobachten.
Erstmals bewährte sich die vor zwei Jahren leicht geänderte Kameraposition. Das erweiterte Blickfeld ermöglicht Beobachtungen, die zuvor nicht möglich waren. Ganz links oben konnten wir nun abends immer wieder beide Junguhus auf dem Felsgrat sitzen und auch an- und abfliegen sehen (Video).
Ein stärkeres Zoomen ist in diesem Bereich jedoch leider nicht möglich, weil der Schwenkbereich des Objektivs schon am Anschlag ist. Die produktionsbedingte Naht in der Schutzkuppel der Kamera verursacht leider einen querliegenden, fast undurchsichtigen Streifen, der sich jedoch glücklicherweise etwas unterhalb des Sitzplatzes unserer Uhukinder befindet.
Mein im letzten Tagebucheintrag angekündigte Fütterungsversuch mit dem Fuchskadaver war wohl mehr ein Beitrag zur Erhaltung der Insekten als zur Sättigung der Uhufamilie.
Die Junguhus waren ganz auf die von den Altvögeln angelieferte Nahrung konzentriert und bemerkten den toten Fuchs nicht. Zudem ist der Instinkt männlicher Altvögel generell wenig auf die Wahrnehmung von Aas ausgerichtet. Wir konnten während der vielen Jahre schon oft feststellen, dass Uhumännchen keine ausgelegte Nahrung zu ihren Nachkommen bringen. So hätte einzig Lotte den Fuchs annehmen können. Allerdings konnten wir vor Jahren beobachten, wie erschrocken Lotte das Nest verließ, als ich ihr einen dicken Hasen ins Nest gelegt hatte. Damals war ihr das große Tier sichtlich unheimlich; sie ergriff beim zweiten Anflug gezielt den Kopf des Hasen, vermutlich um eine Gefährdung der Jungen auszuschließen. Vielleicht hielt sie diese Skepsis nun auch davon ab, den Fuchs als Beute zu begreifen. Das Verhalten der Uhus ist aus unserer Sicht oftmals nicht wirklich logisch. Es gibt verschiedene Verhaltensprogramme, die durch den einen oder anderen Reiz ausgelöst werden können. So konnten wir beobachten wie Lotte es zur Verteidigung des Nestes wagte, einen halbstarken Fuchs anzugreifen. Beide Beobachtungen sind nur scheinbar widersprüchlich.
Es gab noch einen anderen bemerkenswerten Vorgang:
Ungefähr in der Mitte der Jungenaufzuchtzeit, als die Nahrung knapp war, hatte ich die schwierige Situation mit dem Auslegen eines überfahrenen Marders an der bewährten Stelle zu verbessern versucht. Lotte holte ihn jedoch nicht ins Nest. Auch hier vermute ich ein instinktives Misstrauen gegenüber dem „gefährlichen Raubtier“. Erst eine Woche (!) später tauchte sie mit den gammeligen Resten des Kadavers kurz im Nest auf. Erst zu diesem Zeitpunkt schien sie sich sicher zu sein, dass der Marder keine Gefahr mehr darstellte, so vermute ich. Allerdings verschwand sie rasch wieder, ohne den Jungen etwa von den Marderresten zu füttern. Soviel zu meiner Vorstellung von der Uhupsyche.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Brücher