Die 2022 vom Bundestag beschlossene Änderung des Artenschutzes im Bundesnaturschutzgesetz zugunsten eines beschleunigten Ausbaus der Windenergiewirtschaft wächst. Bereits in der öffentlichen Anhörung zu dem damaligen Gesetzentwurf waren von dem renommierten Artenschutzjuristen Prof. Dr. Martin Gellermann schwerwiegende Mängel benannt worden. Nach der erfolgten Gesetzesänderung haben sich weitere Juristen mit Kritik an der Neuregelung zu Wort gemeldet. Der vom Gesetzgeber ins Werk gesetzte Abbau artenschutzrechtlicher Standards konterkariere die Ziele des Naturschutzes, nütze aber nicht einmal dem Windenergieausbau, sondern mache die Sache unterm Strich nur komplizierter und für juristische Auseinandersetzungen anfälliger. Wolfgang Rieger, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgerichtshof Mannheim a.D., brachte es Ende 2022 in der online-Zeitschrift für Umwelt- und Planungsrecht auf den Punkt: „Zur Erreichung seines Ziels, die artenschutzrechtliche Prüfung im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen an Land zu vereinfachen und die Zulassung von Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten zu erleichtern, glaubte der Gesetzgeber offenbar, die diesen Bestrebungen durch das Unionsrecht gezogenen Grenzen weitgehend ignorieren zu können. Das Ergebnis ist ein Gesetz, dessen Regelungen in mehrerer Hinsicht erhebliche Bedenken im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht begegnen. Statt die Genehmigungen von Windenergieanlagen an Land rechtssicherer zu machen, wird damit das Gegenteil erreicht.“