Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Nationalpark“ rückt die Artenvielfalt auf Truppenübungsplätzen in den Fokus. Truppenübungsplätze sind zumeist nährstoffarme, extrem artenreiche Offenlandschaften mit Seltenheitswert. Zwar wird dort scharf geschossen, doch „die Wüste lebt“. Aufgelassene Truppenübungsplätze sind im Visier der Vermarktungsinteressen als Bauland für Industrie und Gewerbe, als Aufforstungsareal und für den Tourismus. Bisweilen sind sie auch Kandidat für neue Nationalparke. Darin wäre allerdings ökologische Werterhaltung gesetzlich verlangt und nicht bloße touristische Wertschöpfung.
Angesichts der anhaltenden Konflikte in der Welt können die bestehenden Übungsplätze auf eine Standortgarantie hoffen und ehemalige auf eine Wiederindienstnahme. Auch oder gerade in Deutschland. Dort zählte der Truppenübungsplatz Senne südlich von Bielefeld lange Zeit als aussichtsreichster Kandidat für einen zweiten nordrhein-westfälischen Nationalpark. Dort ist mit Blick auf die Weltlage mit einem Rückzug des britischen Militärs nicht mehr zu rechnen und die Senne bei der vom Landesumweltminister ausgerufenen Nationalpark-Kandidatensuche chancenlos. Für den Naturschutz muss die Fortdauer des Übungsbetriebs nicht einmal schlecht sein.
Die neue Ausgabe „Nationalpark“ bietet noch reichlich mehr Stoff zum Nachdenken: Etwa über die Frage, ob dem Schutz des Rotmilans vor Kollisionen an Windenergieanlagen mit mehr Forschung geholfen ist oder der Ausbaustopp in den Dichtezentren der Art unabwendbar nötig ist. Ob wir in „vielen Regionen ein katastrophales Waldsterben“ erleben oder doch eher ein Scheitern vorschnell als „gute fachliche Waldwirtschaft“ deklarierter Experimente mit nicht standortheimischen Baumarten. Lesenswert ist auch der Kommentar zum Comeback des Wolfes – diesmal aus einer für Wolfsschützer ungewohnten Perspektive.
Hoffnungsvoll berichten die Autoren über die Blütenfülle auf kommunalem Grund und Boden. Noch zu selten nehmen Städte und Gemeinden die ihnen zugedachte Aufgabe wahr: „Bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand sollen die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden.“ Das ist keine Wunschvorstellung, sondern die Bestimmung des § 2 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes. Man möchte diesen Anspruch ausdehnen auf die Kirchen, die sich beim Klimaschutz bereitwillig dem Zeitgeist verschreiben, aber zugleich eine halbe Million Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche besitzen und sie weitgehend ohne Naturschutzauflagen verpachten. Die Landfläche der 16 deutschen Nationalparke ist weniger als halb so groß. Überdies liefert das Heft – hier aufrufbar – amüsante und nicht minder hintersinnige Gedanken für eine Neuauflage des Märchens von den Bremer Stadtmusikanten.
Die Zeitschrift „Nationalpark“ berichtet auf 46 Seiten viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, große Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift leistet sich, was in der deutschen Zeitschriftenlandschaft eine Ausnahme ist: einen unabhängigen, kritischen und fundierten Blick auf die Sache des Naturschutzes. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die der Journalist Horst Stern für sie gefunden hat: „Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen“. Vielleicht möchten Sie der Zeitschrift zu ihrem 50sten Geburtstag mit einem Abonnement gratulieren, dass sie dieses Versprechen bist heute eingelöst hat. Zur aktuellen Ausgabe gelangen Sie hier.