Die letzte Nacht hat es im Gebiet stark geregnet. Das vermindert den Jagderfolg. Vielleicht hat Lotte nun so ganz ohne Futter einfach keine Lust, sich von den Jungen anbetteln zu lassen. Hungrige Jungen können nämlich sehr lästig sein. Die Jungen sind jetzt auch in einem Alter, in dem es normal ist, dass die Alten sie auch für Stunden alleine lassen. Vielleicht sitzt sie in einiger Entfernung und hält die Jungen sicher im Auge. Hoffen wir es. Bisher hat sich Lotte als sehr tüchtige Mutter erwiesen. Ich werde den Brutplatz heute in Augenschein nehmen, um Näheres in Erfahrung zu bringen und Sie umgehend über das Ergebnis zu informieren.
Für den Fall, dass die Jungen zu verhungern drohen, werden wir die Jungen in menschliche Obhut bringen. So können sie wenigstens gerettet und später als erwachsene Uhus auf ein Leben in Freiheit vorbereitet in die Natur entlassen werden. Wir müssen aber zunächst die Situation beobachten.
Uhus sind vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Auch im Ahrtal, das zwar als Vogelschutzgebiet für den Uhu unter Schutz steht. Vor allem der Straßenverkehr ist eine permanente Bedrohung. Nach der langen Brutzeit ist das Uhuweibchen vermutlich auch in keiner guten Kondition, was die Kollisionsgefahr erhöht, zumal wenn das Gefieder vom Regen durchnässt ist. Dass irgend ein Verrückter auf die Uhus geschossen haben könnte, möchten wir uns lieber nicht vorstellen. Insofern erleben sie nun die Nöte, die uns bei unserer Arbeit stets begleiten. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, Uhulebensräume vor dem Einfluss der Zivilisation zu schützen. Dass Sie in Lottes Fall unsere Sorgen teilen, freut uns.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Brücher