Liebe Uhufreundinnen und -freunde!
Am Brutplatz in der Burgruine läuft alles nach dem natürlichen Plan.
In das noch frische Jahr sind Tristan und Isolde schon mit intensiver Balz gestartet. Isolde meldet allabendlich Nahrungsbedarf, und wie wir es schon kennen, vermag Tristan alsbald eine dicke Ratte zu liefern. Auch mit „Vogelbeute“ konnte er etwas Abwechslung in den Speiseplan bringen. Allein am 14.01.2025 und 15.01.2025 konnten wir schon drei Kopulationen beobachten.
Inwiefern die Balzaktivitäten Vorboten einer frühen Eiablage oder nur ein „Zwischenhoch“ sind, können wir nicht sicher beurteilen. Wie schon im Tagebucheintrag vom Februar 2024 berichtet, war der bisher früheste Brutbeginn in der Burgruine am 05.02.2023. Demnach könnte es schon in drei Wochen so weit sein. Warten wir es ab …
Das Gerüst wird uns in jedem Fall noch die Brutzeit über begleiten. Eine Zierde ist es nicht gerade, andererseits bietet es den zukünftigen Junguhus viele Sitzmöglichkeiten und uns die Gelegenheit, Cam4 bei Bedarf noch erreichen zu können.
Die vielen zusätzlich möglichen Blickwinkel der nun verstellbaren Cam4 sind eine große Bereicherung. Nun wirkt es fast so, als hätten wir zuvor nur einen kleinen Ausschnitt der vielfältigen Uhu-Aktivitäten beobachten können. Wie wir jetzt sehen, birgt der Sitzplatz auf dem Wetterhahn eine besondere Herausforderung: Bei Start und Landung verdreht sich die Fahne teils mitsamt dem Uhu.
Ich bin noch ein wenig unsicher, inwiefern die Übertragungskapazität für Cam3 und die jetzt datenreichere Cam4 während der Belaubung der großen Bäume im Umkreis ausreichen wird, um beide Streams inklusive der Steuerung noch zuverlässig übertragen zu können. Hoffen wir das Beste.
Cam1 und Cam2 an der Ahr – neue Herausforderungen
Die Kameras an der Ahr veranschaulichen ganz andere Probleme: Waschbären haben die Felswand an der Ahr nach wie vor besiedelt und sogar eine Felsspalte direkt oberhalb der traditionellen Brutmulde als regelmäßigen Ruheplatz ausgesucht. Zeitweise kuschelten sich dort sogar drei Waschbären gleichzeitig aneinander.
Nachdem sich Lotte und Leo in den vergangenen Monaten an diesem Felsen rar gemacht hatten, balzten sie dort zu Jahresbeginn wieder intensiv.
Dabei kam es am 12.01.2025 zu einer dramatischen Szene: Ganz unbedacht flog Leo die traditionelle Brutnische an, kratzte und lockte, bis Lotte erschien. Einen kurzen Moment später kam ein zuvor unbemerkter Waschbär aus der Felsspalte und sprang dem nach unten gerichteten Leo von oben auf den Rücken – ideale Voraussetzungen für einen erfolgreichen Angriff. Lotte floh erschrocken. Brummend und fauchend rangen die beiden Kontrahenten und verharrten dann kurz. Leo hatte den Kleinbären wohl so gegriffen, dass dieser nicht weiter zubeißen konnte. Schließlich fand der Uhumann einen Moment, in dem er loslassen und fliehen konnte, ohne erneut vom Bären gepackt zu werden.
Es scheint, als hätte Leo nur ein paar kleinere Federn gelassen. Er war jedenfalls flugtauglich und saß noch eine Weile lang auf einem gegenüberliegenden Felsgrat. Hoffentlich gibt es keine weiteren Verletzungen.
Wird dieser Vorfall dazu führen, dass Leo diese Brutnische nie mehr anfliegt? Wird er nie mehr versuchen, Lotte für diese Brutnische zu gewinnen? Wird er nun endlich versuchen, Lotte für eine Brut im sichereren „Rabenhorst“ in nur zehn Metern Entfernung zu gewinnen? Wir betreten mit diesen Beobachtungen Neuland und können dadurch Rückschlüsse über die Entwicklungen an vielen anderen von Waschbären bedrohten Brutrevieren ziehen. Auf diese Weise dient das „Projekt Uhu-Webcam“ nicht nur unserer Unterhaltung und der Befriedigung unserer Neugierde, sondern mündet in Erkenntnissen für den praktischen Artenschutz.
Die Problematik der Waschbären
Sicherlich ist die Ausbreitung des Waschbären eine Zumutung für das, was wir von der Natur noch übriggelassen haben. Wie schon in anderen Kommentaren erwähnt, sind besonders Amphibienbestände vom Waschbären bedroht und könnten dadurch gebietsweise zusammenbrechen.
Auch die Website des Landes behandelt die Problematik der invasiven Arten. Dort heißt es:
„Schon längerfristig bestehenden Verbreitungsschwerpunkte mit hohen Dichten des Waschbären in Brandenburg und Hessen weisen keine geringere Verbreitung von Graureiher- und Greifvogel-Arten auf (Gedeon et al. 2014), verglichen mit den Bereichen Deutschlands, in denen dieses Neozoon noch selten ist. Eine Untersuchung zum Nahrungsspektrum des Waschbären im Müritz‐Nationalpark (Mecklenburg‐Vorpommern) formuliert als Ergebnis, dass bestandsgefährdende Auswirkungen des Waschbären auf naturschutzrelevante heimische Arten nicht bestätigt werden können (Michler o. J.).“
Das „Management und Artenblatt Waschbär“ enthält auch eine beispielhafte Kostenkalkulation zur Reduzierung der Waschbärbestände. Nach meinem ersten Eindruck wird die Problematik der invasiven Arten vom Land eher verwaltet als angegangen. Ich hoffe dieser Eindruck bestätigt sich nicht. In diesem Zusammenhang sind auch Zielkonflikte mit dem Tierschutz zu erwarten. Besonders niedlich wirkende Tiere bekommen eher eine Lobby als „glitschige Kröten“. Die Uhus könnten den Amphibien also vielleicht ein wenig mit ihrer eher positiven Ausstrahlung behilflich sein. In der Nordeifel gibt es jedoch auch den umgekehrten Fall: Ein Amphibien-Schutzprogramm beinhaltet die konsequente Bejagung der Waschbären in mehreren alten, offengelassenen Steinbrüchen und die Uhus profitieren davon.
„Unser“ Uhubrutplatz an der Ahr liegt im „Vogelschutzgebiet Ahrgebirge“, und der Uhu ist wie auch andere Vogelarten, deren Bruterfolg durch den Waschbären verringert wird, in der Gebietsbeschreibung als Zielart genannt. Nach unserer Rechtsauffassung ist das Land europarechtlich verpflichtet, eine Verschlechterung des Gebietes zu verhindern. Wir werden diesbezüglich an das Land herantreten und darüber berichten.
Zuschauen tut gut
Naturschutzarbeit kann durchaus eine frustrierende Angelegenheit sein. Auch für uns sind die Beobachtungen an der Burgruine eine Bereicherung – so kann die innere Batterie auch wieder ein wenig aufgeladen werden. Ich wünsche uns allen weiterhin schöne Beobachtungen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Stefan Brücher