Innerhalb der ersten fünf Monate des Jahres 2022 hat die EGE von zwei Uhus Kenntnis erlangt, die in Rheinland-Pfalz an widerrechtlich nicht oder unzureichend entschärften Mittelspannungsmasten ums Leben kamen. Eigentlich ein Unding, denn seit Ende 2012 müssen alle vogelgefährlichen Masten ausgetauscht, abgebaut oder so umgebaut sein, dass Vögel auch dann sicher sind, wenn sie auf den Masten landen. Ein Uhu war im Januar 2022 in Kusel im gleichnamigen rheinland-pfälzischen Kreis tot unter einem Mast gefunden worden. Das gleiche Schicksal traf 2019 einen Uhu bei Ploch im Kreis Mayen-Koblenz. Die beiden Jungenvögel dieses Opfers verhungerten daraufhin im Nest. Auch dieser Mast war nicht vorschriftsgemäß entschärft worden. Im Mai 2022 hat sich nun ein weiterer Todesfall ereignet – ebenfalls im Kreis Mayen-Koblenz, dieses Mal bei Plaidt. Das Bild zeigt Mast und Opfer.

Die Ereignisse bestätigen die Erfahrungen der EGE: Die Naturschutzbehörden haben keinen vollständigen Überblick, inwieweit die Netzbetreiber ihrer Umrüstungsfrist nachgekommen sind. Seit Jahren kritisiert die EGE diese Versäumnisse. Immerhin räumt die Landesregierung Handlungsbedarf ein. Bei Plaidt habe zuletzt 2019 eine interne Überprüfung des Netzbetreibers stattgefunden. Der betreffende Mast sei bedauerlicherweise übersehen worden, sagte eine Sprecherin von Westnetz. Stefan Brücher von der EGE indessen erklärte, dass im Kreis Mayen-Koblenz seit 2012 nicht nur dieser Mast bei Überprüfungen „übersehen“ worden sei. „Gerade an den besonders gefährlichen Schaltermasten sind die vorgeschriebenen Vogelschutzmaßnahmen oftmals nicht richtig ausgeführt worden“, klagt Brücher.

Das im Mai bekanntgewordene Stromopfer kam an einem Mast im Hotspot der Eifeluhus ums Leben. Im Umkreis von drei Kilometern um diesen Mast gibt es fünf Uhureviere. Strommasten und andere Sitzwarten nutzen Uhus für die Ansitzjagd. Die Jungvögel sind auf beide Altvögel angewiesen. Ein Ausfall eines Altvogels führt leicht zum Verlust der gesamten Brut.

Auf dem betreffenden Mast bei Plaidt waren zwar kostspielige lange Isolatoren angebracht worden (preisgünstigere Abdeckhauben wären auch zulässig gewesen); es fehlten aber die vorgeschriebenen isolierten Sitzprofile. Die Monteure hatten stattdessen abweichend von der Vorschrift versucht, die Gefahr durch zusätzliche „Andreaskreuze“ zu verringern. Diese machen aber einen gefährlichen Mast nicht ausreichend unattraktiv oder gar unbenutzbar für Uhus. Das ist eine alte Erkenntnis. Bei anderen Masten haben die Netzbetreiber zwar die vorgeschriebenen Sitzprofile angebracht, aber die „Andreaskreuze“ im Mastschalter fehlen. Auch in anderen Kreisen in der Eifel trifft Stefan Brücher immer wieder auf nicht korrekt gesicherte Mittelspannungsmasten. Seit Jahrzehnten drängt die EGE Netzbetreiber und Behörden, den Umrüstungsstand zu kontrollieren und alle Masten zu entschärfen. Eine Aufgabe, die seit Ende 2012 hätte abgeschlossen sein müssen – und es offensichtlich fast zehn Jahre später immer noch nicht ist.