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Kein leichter Start für Steinkäuze

24. Mai 2024|

Wie wird es in der laufenden Brutzeit den Steinkäuzen in Deutschland ergehen? Im kalten und regnerischen April hatten die Käuze in der Niederrheinischen Bucht keinen leichten Start in die Brutsaison. Doris Siehoff und Peter Josef Müller hoffen darauf, dass jetzt, nachdem die ersten Käuze geschlüpft sind, Wiesen gemäht und Weiden beweidet werden, damit die Kauzeltern im kurzen Gras erfolgreich Mäuse und andere Kleintiere jagen können. Denn steht das Gras hoch, bleibt der Jagderfolg häufig aus mit bösen Konsequenzen für die ewig hungrigen Steinkauzküken. Doris Siehoff ist für den Kreis Düren verhalten optimistisch. Warten wir ab, sagt sie, wie sich die Dinge in den nächsten Wochen entwickeln.

Am Nordrand der Eifel im Kreis Euskirchen ist Peter Josef Müller auf einige verwaiste Reviere gestoßen. Entlang der Erft rechnet er mit einem Rückgang der Bestände. Landwirte geben die Weidetierhaltung auf, die Tiere stehen oft ganzjährig im Stall oder enden im Schlachthof. Was soll der Landwirt dann mit dem Grünland anstellen, zumal wenn darauf noch der eine oder andere Baum steht. Soll das Grünland zum Acker werden, stören die Bäume und die darin brütenden Steinkäuze. Peter Josef Müller berichtet von einem schlimmen Vorgang: Rund um einen Baum ist die Grasnarbe abgeschoben, das Terrain um den Brutplatz mit Splitt angefüllt und zum Stellplatz für landwirtschaftliche Geräte hergerichtet worden. Damit nicht genug: Um den Brutbaum wurde ein Graben gebaggert; auf diese Weise sind nun die flachen Wurzeln des Baumes gekappt. Es ist der einzige Baum am Hof. Was soll man tun? Den Fall zur Anzeige bringen und auf behördliches Eingreifen hoffen? Steinkauzschützer sind auf die Kooperationsbereitschaft der Grundeigentümer angewiesen. Da ist mit einer Anzeige rasch alles verdorben. Müllers Bitte aus den Vorjahren, hier ein paar neue Bäume pflanzen zu dürfen, lehnte der Landwirt ab.

An einem anderen Brutplatz mussten Peter Josef Müller und Johannes Ismar ein Steinkauzbrutpaar samt Gelege evakuieren. Das brütende Weibchen war arg mit Grabmilben befallen (siehe Foto). Ein Befall, der ohne medizinische Behandlung einen tödlichen Verlauf nehmen würde. Vorsorglich wurde auch das Männchen aus der Nisthilfe genommen. Grabmilben treten erst in den letzten sechs, sieben Jahren vermehrt bei Steinkäuzen und auch Schleiereulen auf. Man kennt den Befall von Wellensittichen. Vielleicht begünstigt die im Raum Köln/Bonn wachsende Population der Halsbandsittiche die Verbreitung der Parasiten. Kauzpaar und Gelege sind nun in einer Pflegestation, der Bergischen Greifvogelhilfe in Rösrath. Wenn die Behandlung anschlägt, werden beide Käuze an den angestammten Brutplatz zurückkehren. Ihre Küken werden in diesem Jahr in der Brutmaschine schlüpfen und bei erfolgreicher Aufzucht im Spätsommer in einem geeigneten Lebensraum in Freiheit gelangen.

Milbenbefallener Kauz © Bergische Greifvogelhilfe Rösrath

Der Brutplatz befindet sich übrigens an einem Hangar (s. oben). Der Flugsportverein, der den kleinen Flugplatz betreibt, hat einige Nistkästen am Hangar angebracht. In einem Jahr konnte Peter Josef Müller dort Steinkäuze, Schleiereulen und Turmfalken beringen. Sie alle profitieren vom kurzrasigen Grünland – und der Sensibilität der Flieger für den Vogelschutz. Unter dem Brutplatz am Hangar steht eine Sitzbank. Selbst wenn Menschen darauf sitzen, schauen die Käuze aus dem Nistkasten heraus auf die Rollbahn.

Wenn Sie, lieber Leser, liebe Leserin, die Bemühungen der EGE finanziell unterstützen möchten, bietet Ihnen die EGE für eine einmalige Spende in Höhe von 100 Euro eine Steinkauzpatenschaft an. Sie erhalten eine Patenschaftsurkunde und selbstverständlich eine Spendenbescheinigung.

Gedanken zur Zeit

17. Mai 2024|

Herbert Zucchi, emeritierter Professor für Zoologie/Tierökologie an der Hochschule Osnabrück, hat sein Empfinden beim Blick in Natur und Landschaft in ein Gedicht gefasst. Ganz gegen den Zeitgeist. Wir veröffentlichen es an dieser Stelle mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Grüner Strom

Ich fahre so gerne Elektrorad,
denn es fährt ja mit grünem Strom,
und den hat der liebe Wind gemacht,
nicht Kohle, nicht Gas, nicht Atom.

Ich radle hinaus in das Wiesengebiet
mit der bunten Vogelwelt,
wo der Rotmilan seine Kreise zieht
an dem blauen Himmelszelt.

Doch was ist bloß los mit dem Wiesengebiet?
Kein Vogelflug und kein Gesang!
Wo man Windkraftrotoren sich drehen sieht,
da wird mir’s im Herzen so bang.

Zerschreddert im Gras liegt der Rotmilan,
verwaist ist sein Horst dort im Wald.
Sein Leben erloschen im Klimawahn,
und im Land wird es öde und kalt.

Herbert Zucchi

Eulenschutz im Norden Deutschlands

5. Mai 2024|

Das schleswig-holsteinische Umweltministerium fördert sei Jahren vom „Landesverband Eulenschutz in Schleswig-Holstein“ durchgeführte Hilfsmaßnahmen für Eulen. Die Fördermittel sind gut angelegt. Das belegt einmal mehr der 57 Seiten umfassende Jahresbericht für das Jahr 2023. Dieser Bericht ist gerade als Ausgabe 2024 der vom Verband herausgegebenen Zeitschrift „EulenWelt“ erschienen. Schwerpunkt sind die fünf Eulenarten Uhu, Schleiereule, Rauhfußkauz, Steinkauz und Sperlingskauz. Außerdem finden Sie in dem anschaulich illustrierten Jahresbericht Beiträge über den Schutz von Waldkauz und Sumpfohreule sowie weitere interessante Informationen aus dem Eulenschutz im nördlichsten deutschen Bundesland.

Aus einem Uhuleben

2. Mai 2024|

Seit seiner ersten hautnahen Begegnung mit den Uhus in der Eifel in den frühen 1980er Jahren gingen einige tausend junge Uhus durch Stefan Brüchers Hände. An einen dieser Uhus erinnert er sich ganz genau: In Eschweiler bei Aachen stieß Brücher auf einen noch nicht flugfähigen jungen Uhu. Das war im Frühjahr 2012. Der Uhu war in einem schlechten Zustand, kam aber wieder zu Kräften. Nur, es stellte sich die Frage, wohin mit diesem Uhu, der noch für Wochen auf die elterliche Versorgung angewiesen war, der aber keinem Brutplatz weder am Fundort noch im Umkreis zugeordnet werden konnte. Es ließ sich einfach kein Brutplatz finden.

Brücher entschied sich schließlich für eine unkonventionelle Unterbringung des sechswöchigen Halbstarken, nämlich bei Pflegeeltern knapp hundert Kilometer entfernt südöstlich vom Fundort am Laacher See. Dort saß nämlich ein Uhuweibchen das dritte Jahr in Folge auf einem Gelege, aus dem nach Ablauf der Bebrütungszeit wieder einmal einfach keine Küken schlüpfen wollten. Dort wartete Brücher die Dämmerung ab und seilte sich dann in den Felsen ab in Richtung Nest – mit dem jungen Uhu im Rucksack. Das Uhuweibchen flog verständlicherweise davon. Im Nest lag nur ein faules Ei. Brücher tauschte es aus – gegen den Uhu aus dem Rucksack.

Am nächsten Tag kontrollierte Brücher die Lage: Das Uhuweibchen und der junge Uhu saßen einträglich beieinander als sei es das Normalste von der Welt. Der Adoptionsversuch war gelungen! Neulich, zwölf Jahre später, wurde der Uhu wiedergefunden unter einem Uhubrutfelsen zehn Kilometer vom Laacher See entfernt. Kein Happyend, aber zwölf Jahre sind für einen Uhu angesichts der vielen zivilisatorischen Risiken für ein Uhuleben dann doch nicht so schlecht. Woran der Uhu gestorben ist wird derzeit an einem Institut für Veterinärmedizin geklärt.

Naturschutzvereinigungen am Scheideweg

1. Mai 2024|

Von Kritik gänzlich unbeeindruckt setzen die deutschen Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt, also die von den bündnisgrünen Robert Habeck und Steffi Lemke geführten Häuser, ihren Anti-Naturschutzkurs fort. Anfang April 2024 legten sie einen samt Begründung 56 Seiten langen Entwurf eines Gesetzes für den weiteren Ausbau der Windenergie an Land sowie der Solarenergie vor. Das Gesetz soll der Umsetzung der EU-Richtline 2023/2413 dienen. Auch dieses Mal war die Rückäußerungsfrist, wie man es von beiden Ministerien schon kennt, auf wenige Tage beschränkt. Der Bundesverband Beruflicher Naturschutz e. V. (BBN) beklagt, „die für die Stellungnahme gesetzte Frist (sei) für eine ausreichende Auseinandersetzung mit den geplanten, weitreichend in etablierte Umweltprüfungsinstrumente eingreifende Gesetzesänderungen viel zu kurz bemessen“. Der BBN „nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass die Bundesregierung (…) in kurzen Abständen wiederholt unausgereifte Gesetzesentwürfe vorlegt, die in der Folge nachgebessert werden müssen“. Der BBN stellt dem Gesetzesentwurf ein denkbar schlechtes Zeugnis aus: er vertrete „zu einseitig wirtschaftliche Interessen der Unternehmen der Windenergie- und Solarbranche“.

Im Gesetzesentwurf geht es um nichts weniger als die Zulassung von Wind- und Solarparks in Beschleunigungsgebieten ohne eine ausreichende Prognose und Bewältigung der mit den Anlagen einhergehenden Schäden an Natur und Landschaft. Naturschutzrecht soll dort künftig als eingehalten gelten, wenn nicht innerhalb von 45 Tagen eine behördliche Entscheidung getroffen wird. Damit wird die Prüfpflicht mit einer Umkehr der Beweislast den Schwächsten aufgebürdet: den personell unterbesetzten Naturschutzbehörden. Sie aber sind schon wegen der an sie gerichteten politischen Erwartungen, willfährig durchzuwinken was der „Energiewende“ dient, kaum in der Lage diesem Druck standzuhalten. Vorgesehen sind im Konfliktfall vereinfachend nach Art und Umfang unbestimmte Minderungsmaßnahmen und Zahlungen in geringer Höhe in einen vom Bundesumweltministerium bewirtschafteten Artenschutzfond. Der Gesetzesentwurf schließt Wind- und Solarparks selbst in Natura 2000-Gebieten und anderen streng geschützten Gebieten nicht aus. Für den deutschen Qualitätsjournalismus ist alles dies kein Thema, auch für die mit 8,6 Milliarden Euro Rundfunkbeiträgen finanzierten Sendeanstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht.

Knapp zweieinhalb Jahre ist die Ampelkoalition im Amt – mit einer auf dem Gebiet des Naturschutzes fatalen Bilanz. Einen Eindruck vom Ausmaß der systematischen Entrechtung des Naturschutzes vermitteln die Formulierungen in der Stellungnahme des BBN. Dort ist von Missachtung des Verursacherprinzips, der Verletzung des Vorsorge- und Vermeidungsprinzips und einem Freikaufen durch Zahlungen die Rede. Selbst der NABU beklagt den eingeschlagenen Weg, wenngleich weniger entschieden. Vielleicht deutet sich nun aber eine Wende an im Verhältnis zwischen Naturschutzverbänden und Bundesregierung. NABU und BUND repräsentieren mehr als 1,5 Millionen Mitglieder. Der DNR (Deutscher Naturschutzring) sagt von sich, mit mehr als 100 Mitgliedsverbänden 11 Millionen Menschen zu erreichen. Angesichts dieser Zahlen ist die bisherige Kritik dieser Verbände am Kurs der Regierung ungewöhnlich schwach und zögerlich. Viele im Naturschutz halten Bündnis90/DieGrünen immer noch für genuine Verbündete – trotz gegenteiliger Erfahrungen. Der Deutsche Bauernverband mit nur mehr 260.000 landwirtschaftlichen Betrieben und ohne eine besondere Nähe zu den Grünen findet mehr Gehör. Allerdings auf einem anderen Gebiet. Die der Landwirtschaft regierungsseitig gewährten Zugeständnis erfolgen überdies zu Lasten des Naturschutzes. Allerdings müssen sich die Naturschutzvereinigungen fragen lassen, was sie selbst zu der teils von ihnen geforderten Entfesselung der Windenergiewirtschaft beigetragen haben.

Der Gesetzesentwurf ist ein neuerlicher Beleg für eine grundlegende Abkehr vom bewährten Naturschutzrecht, die ausgerechnet in bündnisgrüner Regierungsverantwortung ins Werk gesetzt auf einen Konsens aller im Bundestag von rechts bis links vertretenen Parteien stößt. Umso bemerkenswerter ist die Stellungnahme des BBN, der ohne Umschweife den Entwurf ablehnt.

Auf Verbände wie den BBN kommt noch viel Arbeit zu. Anzeichen zufolge arbeiten Wirtschafts- und Umweltministerium an der Schleifung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Bisher hatten beide ihr Hauptaugenmerk mit Erfolg auf die Entkernung des Artenschutzrechts gerichtet. Dass das Bundesnaturschutzgesetz im Eingriffsfall mit einem zweiten Instrument, nämlich der Eingriffsregelung, Arten als Teil und Voraussetzung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts zu schützen verlangt, hatten die beiden Ministerien offenkundig übersehen, was einen Eindruck von der Unbedarftheit der Akteure vermittelt. Dabei konnten Arten in Deutschland bis ins Jahr 2007 einzig und allein mit der Eingriffsregelung vor Eingriffsvorhaben verteidigt und im Falle eines Eingriffs zumindest mit auf die betroffenen Arten bezogenen Kompensationsmaßnahmen geschützt werden. Immerhin. Zur Anwendung der artenschutzrechtlichen Schädigungs- und Störungsverbote sah sich Deutschland nämlich erst mit seiner2006 erfolgten Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof gezwungen. Genau diese Verbote hat der Bundesgesetzgeber jüngst eingeschränkt, weshalb es nun umso mehr auf die Eingriffsregelung ankommt. Aus diesem Grund sind Wirtschafts- und Umweltministerium bemüht, sich partiell oder komplett nun auch der Eingriffsregelung zu entledigen. Auch dies selbstverständlich zur „Rettung des Planeten“. Man darf gespannt sein, ob die anerkannten Naturschutzvereinigungen diese neue Auseinandersetzung mit der Bundesregierung aufnehmen oder in grüner Umklammerung verharren und sich mit Gefälligkeiten den Schneid abkaufen lassen.

Eulen-Rundblick Nr. 74-1/2024 erschienen

8. April 2024|

Zum 80sten Geburtstag von Dr. Wolfgang Scherzinger am 20. Januar 2024 hat die deutsche Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen (AG Eulen e. V.) ein Sonderheft herausgegeben. Das 116 Seiten umfassende Heft vereint 13 Beiträge von 19 Autoren. Es würdigt den Naturschützer, Eulenforscher, Waldökologen, Tier- und Pflanzengärtner Wolfgang Scherzinger. Es befasst sich mit der Stellung der Eulen im Stammbaum der Vögel sowie acht europäischen Eulenarten.

Namens der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE e. V.) würdigt Wilhelm Breuer Scherzingers Wirken treffend mit einem Verweis auf die Bedeutung der Uraltbäume, ihrer enormen Wuchshöhe und den Funktionen, die sie im System des Waldes für das Ganze und seine Teile bereitstellen und entfalten: „Überragend, raumgreifend, strukturbildend, hoch produktiv und vernetzend wie die Rolle der ganz Großen im Wald ist Scherzingers lebenslanges Forschen, Vortragen, Schreiben und Wirken für den Natur- und Artenschutz.“

In dem Sonderheft finden Sie den Beitrag „Eulen, Artenschutz und Windenergie. Oder wie der Uhu unter die Räder des grünen Fortschritts geriet“.

Der Eulen-Rundblick erscheint in der Regel jährlich. Er enthält Originalbeiträge, Fachberichte und Informationen über Biologie und Schutz der Eulen. Das Jahresabonnement kostet 15 Euro einschließlich Porto und Versandkosten. Interessenten wenden sich bitte an Herrn Klaus Hillerich, Röntgenstr. 7, 64823 Groß-Umstadt, klaus.hillerich@t-online.de. Der Eulen-Rundblick ist keine Zeitschrift der EGE, sondern die Zeitschrift der AG Eulen.

Divide et impera im Naturschutz

1. April 2024|

Künftig müssen Windenergieanlagenbetreiber in einen Artenschutzfond einzahlen, wenn der Betrieb ihrer Anlagen für bestimmte Vogelarten zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko führt. Der Gesetzgeber hat die Anzahl der hierfür zu beachtenden Vogelarten gegen das Fachvotum der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten auf 15 begrenzt. Zudem arbeitet die Bundesregierung an einer Methode, mit der das Tötungsrisiko berechnet werden soll. Kritiker vermuten, die Kriterien könnten so gesetzt werden, dass die meisten Anlagen als unbedenklich durchgehen. Dann muss nichts gezahlt werden.

Wenn ausnahmsweise doch eine Zahlung fällig werden sollte, fließt diese an das Bundesumweltministerium – wenn es gut läuft – in zumindest halbwegs sinnvolle Artenschutzprojekte zugunsten der Vogelarten, die an Windenergieanlagen zu Tode kommen. Um diesen Arten zu helfen, bedürfte es vor allem einer Nutzungsaufgabe oder -extensivierung intensiv genutzter Felder, Wiesen, Weiden und Wälder. Doch auf diesen Flächen wirtschaften Land- und Forstwirte. Sie sind zu mehr Naturschutz nur bedingt und am wenigsten zum Verkauf ihrer Flächen für Naturschutzzwecke bereit. Grundstückseigentümer verkaufen oder verpachten stattdessen für Solar- und Windenergieprojekte, denn dafür lassen sich exorbitant hohe Kauf- und Pachtpreise erzielen. Damit kann der Naturschutz und nicht einmal die normale landwirtschaftliche Produktion konkurrieren. Aus Rücksichtnahme auf land- und forstwirtschaftliche Interessen hat der Bundesgesetzgeber zudem vorsorglich festgelegt, dass aus dem Artenschutzfond des Bundes selbst dann keine Flächen für Artenschutzprojekte gekauft werden dürfen, wenn jemand verkaufen wollte. Das ist kein Aprilscherz.

Nun ist guter Rat teuer, sollen die dem Bundesumweltministerium aus der „Lizenz zum Töten“ zufließenden Mittel sinnvoll für den Naturschutz eingesetzt werden. Licht ins Dunkel brachte nun ein investigativ tätiges Medienhaus, welches die Teilnehmer:innen einer Konferenz in einer Berliner Villa ausgespäht haben will. Diesen Recherchen zufolge zeichnet sich der Abschluss eines Abkommen mit marodierenden ausländischen Milizen ab, um diese mit Geldzahlungen vom Abschuss windenergiesensibler ziehender Vogelarten während der Zugzeiten abzuhalten. Tatsächlich erfolgen solche Abschüsse aus Langeweile, Lust oder Angeberei auf den Routen des internationalen Vogelzuges.

Die deutsche Bundesumweltministerin brachte das Problem erst kürzlich im Vorwort einer Broschüre des Komitees gegen Vogelmord auf den Punkt: „Bislang sind die Bestände vieler bei uns einheimischer Greifvogel- und Eulenarten trotz intensiver Schutzbemühungen weiter rückläufig. Tausende Schreiadler, Weihen und Wespenbussarde fallen immer noch jedes Jahr illegalen Nachstellungen auf den Zugrouten zum Opfer. Deutschland setzt sich als Mitglied der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten international dafür ein, die Zugwege dieser Arten wieder sicher zu machen und unterstützt Projekte zur Aufklärung der Bevölkerung und zur Bekämpfung der Wilderei.“ Soll hierfür also der Artenschutzfond eingesetzt werden? Man mag den Plan für fragwürdig halten. Noch fragwürdiger wäre es, mit dem Geld Vereinigungen zu fördern, welche zu der Zerstörung des deutschen Naturschutzrechts dröhnend schweigen.

Von Osterpaketen und anderen Geschenken

26. März 2024|

Mit Ostern verbindet sich seit dem Jahr 2022 für Naturschützer vor allem eines: das im April 2022 von den bündnisgrünen Bundesministern Steffi Lemke und Robert Habeck vorgelegte „Osterpaket“. Es leitete die drastische Absenkung des deutschen Natur- und Artenschutzrechts ein, welche die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt hatte. Was folgte ist bekannt: Die Öffnung der Landschaftsschutzgebiete für Windenergieanlagen, die Reduzierung der an Windenergieanlagen kollisionsgefährdeten Brutvogelarten auf 15 Arten, die Reduzierung von Abstands- und Untersuchungserfordernissen, die Umkehr der Beweislast, die Etablierung von Schutzmaßnahmen ungeklärter Wirksamkeit, die Einführung von artenschutzkritischen Zumutbarkeitsgrenzen, der generelle Vorrang der Windenergiewirtschaft vor dem Naturschutz, die Ankündigung nationaler Artenhilfsprogramme mit unklarer Reichweite und Ausstattung oder auch ein absonderliches Anbringungsverbot von Nisthilfen für Fledermäuse und Vögel.

Um den Schein von Offenheit zu wahren, wurden die Naturschutzvereinigungen beteiligt. An einem Freitagnachmittag (10. Juni 2022) wurde der Gesetzesentwurf den Vereinigungen zugeleitet. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme endete am darauffolgenden Montag. Über derlei abgründige Gepflogenheiten berichtete der jährlich mit 8,57 Milliarden Euro finanzierte Öffentlich-Rechtliche Rundfunk mit keiner Silbe. Wie überhaupt dieses Kapitel deutscher Gesetzgebung dort eher nur gefeiert, nicht aber durchleuchtet, geschweige denn kritisch kommentiert wurde.

Allerdings war dies nur ein erster Schlag. Es folgte die Etablierung von Beschleunigungsgebieten für Windenergieanlagen und andere Transformationsprojekte. In diesen Gebieten entfallen künftige Umweltverträglichkeitsprüfungen und artenschutzrechtliche Prüfungen und ist allein auf Basis bereits vorliegender aktueller Daten über Artenvorkommen zu entscheiden. Fehlen diese Daten oder sind verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen nicht möglich, sind geringe pauschalierte Beträge in Artenhilfsprogramme an den Bund zu zahlen. Dieses war der zweite Schlag.

Wer glaubt, damit hätte der Furor ein Ende gefunden, sieht sich getäuscht. Die Ampelkoalition hat auch die Schwächung des schwächsten Instruments des Bundesnaturschutzgesetzes ins Auge gefasst: Die Eingriffs-Ausgleichs-Regelung. Sie hatte in den 1970er Jahren als eine der bedeutendsten Neuerungen des deutschen Naturschutzrechts gegolten. Doch die Pläne der Ampelkoalition reichen noch weiter: Nachdem sie die Landwirte mit der Besteuerung des Agrardiesels gegen sich aufbrachte, bietet sie der Landwirtschaft die Entlastung von Naturschutzauflagen an. Den Preis für die Finanzierung der Staatsausgaben sollen insofern Natur und Landschaft zahlen. Insider erwarten beispielsweise die Legalisierung des Grünlandumbruchs und einen weiteren Intensivierungsschub in der Agrarwirtschaft. Die Landwirtschaftsverbände haben mit ellenlangen Forderungskatalogen längst Position bezogen. Die Koalition im Deutschen Bundestag gegen den Naturschutz war nie so groß wie heute. Sie reicht von links bis rechts.

Webcam-Uhus in der Ruine: Erstes Küken geschlüpft!

24. März 2024|

Liebe Uhufreundinnen und -freunde,

schon heute gegen 17:00 Uhr schlüpfte das erste Küken bei unserem Uhupaar in der Burgruine!

Isolde war schon seit einigen Stunden unruhig und gegen 17:05 Uhr lieferte sie den Beweis: sie „verwertete“ die Eierschale.

Wir werden etwas Glück brauchen, um ein Küken in der tiefen Mulde zu Gesicht zu bekommen, und Isolde wird das Nest vermutlich kürzer als sonst verlassen. Bis zur ersten Fütterung können einige Stunden oder sogar ein Tag vergehen. Wird Tristan sein Verhalten nun ändern? Wird er versuchen, den Nachwuchs zu inspizieren?

Wir sind gespannt und freuen uns!

Ihr Stefan Brücher

Kauzbrief-Ausgabe 36 erschienen

22. März 2024|

Erstmals erschien der Kauzbrief der „Arbeitsgemeinschaft Eulenschutz im Landkreis Ludwigsburg“ 1992. Das jetzt vorliegende neue Heft ist die 36. Ausgabe. Sie bietet auf 70 Seiten Neuigkeiten und Fachbeiträge aus Eulenschutz und Eulenforschung sowie über Eulen in Kunst- und Kulturgeschichte. Der Kauzbrief bietet deshalb gerade auch den Personen lohnenden Lesestoff, die sich umfassend und aus breiter Perspektive mit dem Evolutionsphänomen Eule befassen möchten. So vereint auch die aktuelle Ausgabe des Kauzbriefs Naturkunde, Naturschutz, Kunst- und Kulturgeschichte. Erwähnt sein hier beispielsweise der reich illustrierte Bericht über den Uhu im Landkreis Ludwigsburg (Claus und Ingrid König), der Bericht vom tierschutzwidrigen Missbrauch von Eulen als „Schmusetiere“ (Wolfgang Scherzinger), der Beitrag Verkehrszeichen „Eule“ über Sinn und Unsinn eines weiteren Gefahrenzeichens im Straßenverkehr (Rudolf Schaaf) und der Beitrag zur Ikonographie des Vogelfangs mit dem Kauz (Christoph Gasser). Die EGE gratuliert zur gelungenen Ausgabe! Nähere Informationen finden Sie unter www.ag-eulenschutz.de.

EU-Vogelschutzrichtlinie: Blauer Brief aus Brüssel

16. März 2024|

Die EU-Kommission hat am 13. März 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet: Das Land habe die Maßnahmen zur Erhaltung wild lebender Vogelarten gemäß der aus dem Jahr 1979 stammenden Vogelschutzrichtlinie nicht hinreichend realisiert. Für fünf Vogelarten fehle die Ausweisung der für diese Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete. Für 220 von 742 bestehenden Schutzgebieten seien noch keine Erhaltungsmaßnahmen festgelegt worden. Nach Ansicht der Kommission reichen die von Deutschland innerhalb und außerhalb des Netzes der Schutzgebiete ergriffenen Maßnahmen bislang nicht aus, um die Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. Deutschland habe darüber hinaus das Schutzgebiet „Unterer Niederrhein“ nicht ausreichend geschützt. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, auf das Aufforderungsschreiben zu reagieren. In diesem Zusammenhang lohnt der Rückblick auf den Kommentar, den die EGE zum 40. Geburtstag der Europäischen Vogelschutzrichtlinie schrieb – das war vor fünf Jahren:

„In diesem Jahr wird die Europäische Vogelschutzrichtlinie 40 Jahre alt. Sie war eine Reaktion auf die schon damals – nicht zuletzt als Ergebnis der gemeinsamen Agrarpolitik – dramatischen Verluste biologischer Vielfalt. Die Richtlinie verlangt vom Mitgliedstaat einen durchgreifenden Schutz aller einheimischen Vogelarten und für die Erhaltung bestimmter Brut- und die regelmäßig auftretenden Zugvogelarten die Einrichtung strenger Vogelschutzgebiete – nämlich die Unterschutzstellung der für diese Arten „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“. Deutschland muss deshalb für gut hundert der 250 hier vorkommenden Brutvogelarten solche Schutzgebiete einrichten – die für Zugvögel wichtigsten Vermehrungs-, Rast-, Mauser- und Überwinterungsgebiete eingeschlossen.

Die Deutschen haben von dieser Richtlinie erst Notiz genommen als sie, der Unterschutzstellung dieser Gebiete nach Jahrzehnten säumig, mit Mahnschreiben und Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission konfrontiert waren. Eingelöst hat Deutschland die Verpflichtungen nur schleppend und bis heute eklatant unzureichend. Zwar sind jetzt gut zehn Prozent der Landfläche als Vogelschutzgebiete benannt, doch durchgreifend unter Schutz gestellt ist immer noch eher nur die Minderzahl der Gebiete. Der Rückgang der Feld- und Wiesenvögel wurde selbst in den Vogelschutzgebieten nur ausnahmsweise gestoppt, weil sich die staatlichen Stellen auch dort scheuen, die landwirtschaftliche Nutzung an Auflagen zu binden. In vielen Fällen steht der Schutz nicht einmal auf dem Papier und sind die Verluste dramatisch – beispielsweise von Bekassine, Kampfläufer, Kiebitz, Uferschnepfe, Grauammer, Feldlerche und Rebhuhn.

Für diesen fortgesetzten Bruch des Gemeinschaftsrechts hat sich die öffentliche Berichterstattung damals so wenig interessiert wie heute am 40. Jahrestag der Richtlinie. Zwischen Fridays for Future, Insektensterben und Dieselskandal ist über das Ereignis bestenfalls verhalten berichtet worden und eine substantiierte Reflexion erwartungsgemäß ausgeblieben. Geburtstagsgeschenke gab es keine. Dabei hätte sich der Vogelschutz schon über Ehrlichkeit gefreut. Bis heute wird der rechtlich bindende Charakter der Richtlinie verkannt, als könne man sich nach ihr richten oder nicht. Dass sich die Situation einer Vielzahl Vogelarten in den letzten 40 Jahren verschlechtert hat, bleibt zumeist ungesagt oder wird – ganz gegen die Fakten – dem Klimawandel zugeschrieben. Allerdings könnte die Vogelschutzrichtlinie vor ihrem 50. Geburtstag noch einmal für Schlagzeilen sorgen – nämlich infolge eines neuen Vertragsverletzungsverfahrens. Für einen Fortschritt bedarf es offenbar der Verurteilung und drohenden Strafzahlung. Der Tag wird kommen, aber nicht alle Vogelarten werden ihn erleben.“

Vortrag über den Uhu und andere Eulen

15. März 2024|

Mitte der 1960er Jahre lebten noch dreißig oder vierzig Uhupaare in Deutschland, heute sind es mehr als dreitausend. Der Uhu ist zurück, aber nicht unbedingt außer Gefahr. Wilhelm Breuer hat die Wiederansiedlung des Uhus seit Mitte der 1970er Jahre mitverfolgt. Breuer ist seit 1990 Geschäftsführer der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V., Dipl.-Ing. der Landschaftspflege und Lehrbeauftragter für Naturschutzrecht. Er berichtet aus erster Hand über die jahrzehntelangen Bemühungen im Uhuschutz.

Der Vortrag handelt nicht nur von den aktuellen Herausforderungen, den Uhu und andere der dreizehn in Europa heimischen Eulenarten zu schützen, sondern schließt auch Vorschläge ein, wie Menschen im ländlichen Raum zum Schutz der Eulen beitragen können.

Lauenau ist ein Flecken im Landkreis Schaumburg in Niedersachsen 40 Kilometer westlich von Hannover. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

SWR 2: Eulen im Radio

11. März 2024|

Am 09. März 2024 brachte die dreistündige Sonntags-Matinee des SWR 2 Eulen nicht nach Athen, sondern ins Radio. Unter dem Titel „Komischer Kauz – Die Eule“ ging es u. a. um die Geschichte, wie eine schwarze Eule auf gelbem Grund auf die Naturschutzgebietsschilder der DDR gelangte und eine bunte Eule auf weißem Grund zum Erkennungsmerkmal des Deutschen Taschenbuchverlags wurde. Stefan Brücher, der Vorsitzende der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen, berichtete im Interview aus 40 Jahren Eulenschutz, warum Uhus gefährdet waren und wie es gelungen ist, sie wieder anzusiedeln. Er erzählte auch von Dramen vor der Uhu-Webcam in der Eifel und vom schwindenden Lebensraum für Käuze. Das elfminütige Interview finden Sie zum Nachhören hier.

Neue Ausgabe von „Nationalpark“ erschienen

2. März 2024|

Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Nationalpark“ rückt die Artenvielfalt auf Truppenübungsplätzen in den Fokus. Truppenübungsplätze sind zumeist nährstoffarme, extrem artenreiche Offenlandschaften mit Seltenheitswert. Zwar wird dort scharf geschossen, doch „die Wüste lebt“. Aufgelassene Truppenübungsplätze sind im Visier der Vermarktungsinteressen als Bauland für Industrie und Gewerbe, als Aufforstungsareal und für den Tourismus. Bisweilen sind sie auch Kandidat für neue Nationalparke. Darin wäre allerdings ökologische Werterhaltung gesetzlich verlangt und nicht bloße touristische Wertschöpfung.

Angesichts der anhaltenden Konflikte in der Welt können die bestehenden Übungsplätze auf eine Standortgarantie hoffen und ehemalige auf eine Wiederindienstnahme. Auch oder gerade in Deutschland. Dort zählte der Truppenübungsplatz Senne südlich von Bielefeld lange Zeit als aussichtsreichster Kandidat für einen zweiten nordrhein-westfälischen Nationalpark. Dort ist mit Blick auf die Weltlage mit einem Rückzug des britischen Militärs nicht mehr zu rechnen und die Senne bei der vom Landesumweltminister ausgerufenen Nationalpark-Kandidatensuche chancenlos. Für den Naturschutz muss die Fortdauer des Übungsbetriebs nicht einmal schlecht sein.

Die neue Ausgabe „Nationalpark“ bietet noch reichlich mehr Stoff zum Nachdenken: Etwa über die Frage, ob dem Schutz des Rotmilans vor Kollisionen an Windenergieanlagen mit mehr Forschung geholfen ist oder der Ausbaustopp in den Dichtezentren der Art unabwendbar nötig ist. Ob wir in „vielen Regionen ein katastrophales Waldsterben“ erleben oder doch eher ein Scheitern vorschnell als „gute fachliche Waldwirtschaft“ deklarierter Experimente mit nicht standortheimischen Baumarten. Lesenswert ist auch der Kommentar zum Comeback des Wolfes – diesmal aus einer für Wolfsschützer ungewohnten Perspektive.

Hoffnungsvoll berichten die Autoren über die Blütenfülle auf kommunalem Grund und Boden. Noch zu selten nehmen Städte und Gemeinden die ihnen zugedachte Aufgabe wahr: „Bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand sollen die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden.“ Das ist keine Wunschvorstellung, sondern die Bestimmung des § 2 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes. Man möchte diesen Anspruch ausdehnen auf die Kirchen, die sich beim Klimaschutz bereitwillig dem Zeitgeist verschreiben, aber zugleich eine halbe Million Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche besitzen und sie weitgehend ohne Naturschutzauflagen verpachten. Die Landfläche der 16 deutschen Nationalparke ist weniger als halb so groß. Überdies liefert das Heft – hier aufrufbar – amüsante und nicht minder hintersinnige Gedanken für eine Neuauflage des Märchens von den Bremer Stadtmusikanten.

Die Zeitschrift „Nationalpark“ berichtet auf 46 Seiten viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, große Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift leistet sich, was in der deutschen Zeitschriftenlandschaft eine Ausnahme ist: einen unabhängigen, kritischen und fundierten Blick auf die Sache des Naturschutzes. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die der Journalist Horst Stern für sie gefunden hat: „Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen“. Vielleicht möchten Sie der Zeitschrift zu ihrem 50sten Geburtstag mit einem Abonnement gratulieren, dass sie dieses Versprechen bist heute eingelöst hat. Zur aktuellen Ausgabe gelangen Sie hier.

Auf freiem Feld frei von Kompensation

22. Februar 2024|

In Niedersachsen sollen nach dem Willen der Landesregierung bis 2035 auf 0,5 Prozent der Landesfläche Solarparks entstehen. Das entspricht einer Fläche von 24.000 ha oder 240 Solarparks von je 100 ha. Das ist die 15-fache Fläche des Dümmers, des zweitgrößten Sees in Niedersachsen.

Entschließen sich alle Bundesländer zu einem solchen 0,5-Prozent-Ziel, ist mit Solarparks auf einer Fläche von 178.000 ha zu rechnen. Das ist mehr als die Fläche der deutschen Nationalparke abzüglich der Meeresgebiete, auch mehr als die Fläche aller Naturschutzgebiete Mecklenburg-Vorpommerns und Baden-Württembergs zusammengenommen. Der Flächenbedarf entspricht der Fläche von 2.825 landwirtschaftlichen Betrieben durchschnittlicher Größe. Deutsche Umweltverbände haben damit offenbar kein Problem. Jedenfalls stellen sie die Ausbauziele nicht in Frage. Warum und wie auch. Der Glaube an die Freiheitsenergien ist ungebrochen.

Land für Solarparks stellen Landeigentümer vergleichsweise gerne bereit. 5.000 Euro Pacht je Hektar und Jahr sind beinahe garantiert. Das ist ein Mehrfaches dessen, was sich sonst aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzfläche oder mit dem Anbau von Kartoffeln, Rüben oder Getreide erzielen lässt. Wer sagt da noch nein. Und die Sonne schickt keine Rechnung. Der Stromanbieter dem Stromkunden natürlich schon.

An Versuchen, Solarparks als „Biodiversitätsparks“ oder Hotspots der Artenvielfalt auszugeben, fehlt es nicht. Schaut man sich bei den einschlägigen Organisationen um, liegt die Zukunft des Naturschutzes im Solarpark. Der in diesem Technotop bestenfalls erreichbare Schutz einzelner Pflanzen- und Tierarten, das dort mögliche botanisch-zoologische Gärtnern und Maximieren von Artenzahlen gilt als Naturschutz. Mit derselben Logik lassen sich Neubaugebiete als Biodiversitäts-Schutzgebiete deklarieren, wenn Dächer und Fassaden begrünt sind und hier und da ein Nistkasten für Blaumeisen oder ein Insektenhotel an der Wand hängen. Alles öko!

Von Bund und Ländern finanzierte Einrichtungen wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme liefern auf schlichte Fragen wohlfeile Antworten: Zerstören PV-Anlagen ökologisch wertvolle Flächen? „Nein, ganz im Gegenteil, gewöhnlich fördern sie die Renaturierung. Wird eine Fläche aus der intensiven Landwirtschaft, bspw. aus dem Energiepflanzenanbau, herausgenommen, in Grünland umgewandelt und darauf eine PV-Freiflächenanlage errichtet, dann nimmt die Biodiversität grundsätzlich zu.“ Für dieses Institut ist selbst der für Wildtiere unüberwindliche Zaun ein ökologischer Gewinn: Er „schützt die Fläche gegen unbefugten Zutritt und freilaufende Hunde, was u.a. Bodenbrütern entgegenkommt.“

Übrigens reklamierte der Deutsche Golf Verband die Biodiversität bereits in den 1990er auf seinen Plätzen als ein Produkt des Golfens, was damals noch auf die Vorbehalte des Naturschutzes stieß. Heute indessen ist die Banalisierung des Naturschutzes und die Bereitschaft fürs Greenwashing außerhalb wie innerhalb des Naturschutzes kritik- und grenzenlos. Die Politik folgt der Einladung nur zu gern.

So hat der Bundesrat sich am 02.02.2024 parteiübergreifend dafür ausgesprochen, „Freiflächen-Photovoltaikanlagen, die per se einen ökologischen und nachhaltigen Mehrwert mit sich bringen, von dem naturschutzrechtlichen Kompensationserfordernis freizustellen.“ Man ist so frei. Die Landwirtschaftliche Zeitschrift Rheinland titelte daraufhin: „Auf freiem Feld frei von Kompensation“. Die 1976 zum Schutz von Natur und Landschaft geschaffene Eingriffs-Ausgleichs-Pflicht ist Politik, Land- und Energiewirtschaft seit langem ein Dorn im Auge. Nach dem erfolgreichen Abbau des Artenschutzrechts gerät nun die Eingriffsregelung ins Fadenkreuz der Ampelkoalition. Zur Freude der Opposition und wenn nicht mit Zutun, so doch mit dem Stillhalten der Umweltverbände.

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