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Nachrichten2023-10-24T09:04:33+02:00

EGE trauert um Kersten Hänel

20. Juli 2023|

Kersten Hänel starb am 2. Juli 2023 mit nicht einmal 54 Jahren plötzlich und unerwartet. Kersten Hänel lehrte und forschte als Professor für Tierökologie und Naturschutz an der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Hochschule Osnabrück. Sein Tod reißt nicht nur eine gewaltige Lücke in die Familie und in die Hochschule. Kersten Hänel wird nicht zuletzt denen fehlen, die seinen Namen mit dem Schutz der Uhus im Weserbergland verbinden. Kersten Hänel hatte sich dort seit 2004 der Erfassung der Reviere, der Zählung der Jungvögel und den Schutzbemühungen für Uhus verschrieben und führte fort, was Albrecht Jacobs aus Stadtoldendorf mit der Wiederansiedlung des Uhus 1977 im Weserbergland begonnen hatte.

Zum Tode von Kersten Hänel fand Albrecht Jacobs berührende Worte: „Viele Erinnerungen an Kersten werden wach. Seine menschliche Wärme und Bescheidenheit, sein umfassendes Wissen über Zusammenhänge in der Natur, sein Gespür und seine Fähigkeit, Spuren zu erkennen, einem unscheinbaren Hinweis nachzugehen, um einen versteckt liegenden Uhubrutplatz oder Baumbruten zu finden. Ein indigener Spurenleser hätte es nicht besser machen können. Im Himmelsblau ziehen Mauersegler ihre Kreise, als sei nichts geschehen. Und doch sind wir alle ärmer geworden durch den Verlust eines Menschen, der bleibende Spuren hinterlassen hat.“

Klima, Koalition und Katzenjammer

8. Juli 2023|

Die Zustimmungswerte für die Ampelkoalition haben nach 18 Monaten einen Tiefpunkt erreicht. Gewählt wurde sie ohnehin nur von 38,25 Prozent der Wahlberechtigten. Das schwindende Vertrauen in die Bundesregierung hat viele Gründe. Dazu zählen nicht zuletzt das Agieren des Wirtschaftsministers und die Vorgänge um das Heizungsgesetz. Es bedurfte einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die übereilte Durchsetzung dieses Gesetzes zu stoppen. Wums! Die Ampel weiß offenbar nicht, wie man Gesetze rechtmäßig verabschiedet.

Auf einem anderen Politikfeld agiert die Bundesregierung hingegen weithin unbehelligt und ungebremst, aber keineswegs weniger fatal: Die „Fortschrittskoalition“, wie sich das Dreierbündnis aus SPD, Bündnisgrünen und FDP selbst bezeichnet, hat bereits im letzten Jahr mit zahllosen Gesetzesänderungen natur- und artenschutzrechtliche Vorschriften aufgehoben oder abgeschwächt. Dazu zählen beispielsweise die Öffnung von Landschaftsschutzgebieten für Windenergieanlagen, die Reduzierung der Anzahl der beim Ausbau der Windenergiewirtschaft zu beachtenden kollisionsgefährdeten Vogelarten, die drastische Absenkung von Prüfradien um die Brutplätze dieser Arten, die Erleichterungen für das Unterlaufen des Artenschutzes, die Verankerung des Vorranges der Windenergiewirtschaft vor dem Naturschutz, die Bindung von Naturschutzmaßnahmen an fragwürdige Zumutbarkeitsgrenzen, die Einführung einer Abgabe für Ausnahmen vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot sowie ein genereller Verzicht auf Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtliche Prüfungen für energiewirtschaftliche Pläne und Projekte. Es ist ein vor allem vom Wirtschaftsministerium dominiertes Streichprogramm nie gekannten Ausmaßes. Der frühere Staatssekretär Patrick Graichen, den Habeck zu entlassen sich aus anderen Gründen genötigt sah, und weitere Personen aus dem grünen Netzwerk Agora Energiewende haben daran wesentlichen Anteil.

Während die Wärmegesetzgebung monatelang Aufreger und fortlaufend Gegenstand von Talkshows war, vollzog der Gesetzgeber vor einem Jahr den brachialen Abbau des Naturschutzrechts abseits medialer Aufmerksamkeit und ohne großen Widerstand. Das geschah verglichen mit dem jetzt gestoppten Gesetz unter noch größerem Zeitdruck und mit noch heißerer Nadel, was einen Teil der handwerklichen Fehler, groben Schnitzer, Fallstricke und Rätsel erklärt, die sich durch die Beschleunigungsgesetzgebung ziehen. Die Medien haben den regierungsamtlich gewünschten Eindruck verbreitet, dass zu der Auflösung der Kontroverse zwischen Windenergiewirtschaft und Naturschutz etwas habe geschehen müssen und die Regierung endlich genau das Richtige auf den Weg gebracht habe. Die Folgen der in „Deutschlandgeschwindigkeit“ überhastet und unbedacht herbeigeführten Änderungen sind fatal. Davon hat außerhalb der kleinen Gruppe der professionell mit dem Naturschutz befassten Personen kaum jemand eine Vorstellung. Die Naturschutzvereinigungen, die selbst den entfesselten Ausbau der Windenergie gefordert und es an kritischer Distanz zu Politik und Wirtschaft haben fehlen lassen, sollten sich fragen, welchen Anteil sie an Ausmaß und Wucht des Kahlschlages haben.

Wer aus Naturschutzkreisen Hoffnungen in eine bündnisgrüne Regierungsverantwortung gesetzt hatte, reibt sich enttäuscht die Augen. Der Katzenjammer ist groß; doch er kommt spät, für eine Korrektur zu spät. Die Bundesregierung kann darauf vertrauen, ihren für die Rettung des Klimas als alternativlos ausgegebenen Anti-Naturschutzkurs unbehelligt fortsetzen zu können – an Land, in der Luft, zu Wasser und vor Rügen, ganz gleich wie fragwürdig Ziel und Weg sind. Die Furcht der Deutschen vor der Erderhitzung macht’s möglich.

Mit dem Uhu auf Du und Du

7. Juli 2023|

Am 05. Juli 2023 hat der SWR in den Landesschauen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einen gut 15-minütigen Beitrag über Stefan Brüchers Einsatz für den Schutz der Eifeluhus ausgestrahlt. Falls Sie den Sendetermin verpasst haben oder den Beitrag noch einmal anschauen möchten: Der Beitrag ist noch bis Juli 2024 in der ARD-Mediathek anzuschauen.

Uhus in der SWR Landesschau am 05.07.2023

4. Juli 2023|

Der SWR strahlt in der Landesschau XL sowohl in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einen Beitrag über Stefan Brüchers Bemühungen aus, die Uhus in der Eifel zu schützen. Sendezeit: Mittwoch, 05.07.2023, 18:15 – 19:30 Uhr.

Die EGE wünsche gute und erkenntnisreiche Unterhaltung.

Marder ahoi

28. Juni 2023|

Im Kreis Düren machten Doris Siehoff, Frank Bohlem und Doro Sieger am 21.06.2023 eine bemerkenswerte Entdeckung: Bei der Kontrolle einer Nisthilfe hofften die drei noch auf junge Steinkäuze zu treffen und zwar in einem Kasten, in dem sie am 26.04.2023 ein Steinkauzpaar, ein Weibchen mit Brutfleck und Partner, aber kein Gelege vorgefunden hatten. Nachdem Frank Bohlem die Eingangsöffnung verschlossen hatte, öffnete er vorsichtig die hintere Öffnung des Kastens – natürlich in der Hoffnung auf junge Käuze. „Da ist kein Kauz. Aber was ist das?“, fragte Frank Bohlem. Wer hatte sich in der Nisthilfe breit gemacht? Ein Marder, der regungslos darin verharrte. Erst als Frank Bohlem den Schwamm aus der Kastenöffnung entfernte und das Seitenbrett der Kastens nach vorne schob, flüchtete der Marder auf den Ast und sprang von diesem mit einem beherzten Sprung beinahe wie ein Flughörnchen in die Tiefe auf den Grund der Wiese. Doro Sieger hielt geistesgegenwärtig diese wenigen Momente mit dem Handy fest. Spielen Sie dazu das Video rechts ab, wenn Sie diese Aufzeichnung anschauen möchten.

Der Nistkasten, in dem sich der Marder aufgehalten hatte, weist als Lichtschutz zwei hintereinander angebrachte Querwände mit versetzten Öffnungen auf, die passiert werden müssen, um in das Innere des Kastens zu gelangen. Dass diese Konstruktion Marder nicht abhält, lässt sich denken; aber offenbar entfaltet sie gar keinen Schutz vor einem Marderbesuch. Über das Schicksal der im April angetroffenen Käuze ließ sich nichts in Erfahrung bringen.

Wenn das Haus kopfsteht

28. Juni 2023|

Manchmal verschwinden Steinkauznisthilfen so mir nichts Dir nichts. So hielten Doris Siehoff und ihr Team am 25.05.2023 im Kreis Düren vergeblich Ausschau nach einem Nistkasten, in dem noch im Vorjahr die Käuze gebrütet hatten. Die Steinkauzschützer schauten sich ratlos um. Dann fanden sie den Kasten; er stand senkrecht (!) mit der Öffnung nach oben ein ganzes Stück von dem Baum entfernt, in dem der Kasten zuvor gehangen hatte. Der Ast, der den Kasten getragen hatte, war abgebrochen. Irgendjemand muss den Kasten dann in diese für Steinkäuze eigentlich unbrauchbare Position gebracht haben. Doris Siehoff, Frank Bohlem und Doro Sieger staunten nicht schlecht als sie den Kasten inspizierten: Ein adultes Steinkauzweibchen saß auf drei Eiern auf dem Grund des senkrecht in die Höhe ragenden Kastens. Was tun? Zum Glück bot ein anderer alter Baum einen noch halbwegs brauchbaren Ast. Auf diesem wurde der Kasten samt neuer Streu montiert (im Bild; mit v. l. n. r. Alessandro Sgro und Frank Bohlem). Mit größter Vorsicht wurden die drei Eier und das Steinkauzweibchen in den Kasten platziert. Bei ihrer Kontrolltour am 21. Juni 2023 war die Freude groß: Die Steinkauzschützer trafen in der Nisthilfe auf zwei 16 Tage alte Steinkäuze, die sogleich mit Ringen der Vogelwarte Helgoland gekennzeichnet wurden.

Uhu endlich von Sender befreit!

20. Juni 2023|

Am 01. Juni 2023 fragten wir an dieser Stelle „Besenderung von Uhus: Forschung, Geschäft, Tierquälerei?“ Anlass war der Umstand, dass ein aus windenergiewirtschaftlichen Motiven mit einem Sender versehene Uhu mit dem am Vogel hängenden Sender 16 Monate nach der letzten Peilung angetroffen wurde. Ein unhaltbarer und für den Uhu lebensgefährlicher Zustand. Auf Druck der EGE ist der Uhu nun gefangen und vom Sender befreit worden. Der Uhu hat die Aktion ohne erkennbaren Schaden überstanden und versorgt seine beiden Jungvögel ohne Einschränkung. Glücklicherweise. Die beiden Jungvögel erleben die Mutter nun endlich ohne den ihr zuvor anhängenden Sender und laufen nicht länger Gefahr, sich zu strangulieren.

Heinsberger Kirchenuhus

13. Juni 2023|

An der Heinsberger Kirche St. Gangolf im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg sind in einem Nistkasten vier Uhus geschlüpft. Den Kasten hatten Bernd Bäumer und Ferdi Thelen vor etwa 15 Jahren angebracht; gedacht war er für Wanderfalken. Doch seit fünf Jahren brüten darin Uhus. Die diesjährigen Jungvögel sind bis zum Flüggewerden in der Höhe des Turmes geblieben. Inzwischen erkunden sie die Umgebung. Die Kirche liegt auf einem Hügel; vom Turm aus haben die Uhus freie Sicht auf die Stadt und das Rurtal. Der zur Kirche nächstgelegen Brutplatz eines zweiten Uhupaares befindet sich etwa zwei Kilometer entfernt in einer Kiesgrube. Die EGE dankt Jürgen Ritterbach für die freundliche Bereitstellung der Aufnahmen.

Drei junge Uhus © Jürgen Ritterbach

Tod im Europäischen Vogelschutzgebiet

9. Juni 2023|

Erneut ist ein Uhu an einem unzureichend gesicherten Mittelspannungsmast ums Leben gekommen (s. Foto oben). Der Vorfall ereignete sich im Mai in dem zum Schutz von Uhus eingerichteten Europäischen Vogelschutzgebiet „Unteres Mittelrheintal“. Ein Förster hatte den Vogel gefunden und die Naturschutzbehörde verständigt. Diese verständigte Stefan Brücher von der EGE. Brüchers schlimmste Befürchtung bestätigte sich: Der 2.860 g schwere Uhu mit Brutfleck erwies sich als Weibchen. In 300 m Entfernung fand Brücher die beiden Jungvögel des Uhus und veranlasste sogleich das Zufüttern der beiden, denn das Uhumännchen allein kann deren Ernährung kaum bewältigen.

Die weiteren Details des Falles offenbaren exemplarisch die Tragik des Vogelschutzes an Mittelspannungsmasten:

An dem Todesmast waren auf Drängen der EGE bereits vor mehr als 20 Jahren Entschärfungsarbeiten durchgeführt worden. Damals waren diese noch kein gesetzliches Muss. Auch gab es für die Entschärfungsmaßnahmen noch keine verbindlichen Ausführungsbestimmungen. Wie bei zahlreichen anderen Masten wurden an dem Mast keine längeren Isolatoren eingebaut, sondern lediglich sogenannte Büschelabweiser montiert. Diese sollen Vögel von der Landung auf gefährlichen Bauteilen abhalten. Sonderlich wirkungsvoll sind Büschelabweiser nicht, wie zahlreiche Fälle verunglückter Uhus und Störche an solchermaßen behandelten Masten belegen. Deshalb standen Büschelabweiser bereits in den 1980er Jahren in der Kritik. Weil der Einbau der Büschelabweiser aber vergleichsweise kostengünstig ist, wurden sie tausendfach montiert – bis die Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten sie 2011 amtlich als untauglich einstufte. Das Nachrüsten der betreffenden Masten lehnen die Netzbetreiber ab. Der Todesmast weist eine weitere Schwachstelle auf: Einer der seinerzeit montierten Vogelabweiser wurde an der falschen Stelle angebracht, nämlich gut 25 cm von der eigentlichen Gefahrenstelle entfernt (s. Foto unten; der rote Pfeil markiert die falsche, der grüne Pfeil die richtige Stelle). Vermutlich wurde dieser Umstand dem Uhu zum Verhängnis. Ein Jahr zuvor ist ein Uhu aus demselben Gebiet an einem anderen unzureichend gesicherten Mast ums Leben gekommen.

Todesmast © EGE

Wie alle anderen Mittelspannungsmasten wurde wohl auch der Mast des neuerlichen Falles in der Vergangenheit alle drei bis fünf Jahre vom Netzbetreiber auf Vogelschutzmaßnahmen und eventuelle Mängel hin angesehen. Die Kontrolleure hatten insofern mehrmals die Gelegenheit, die Fehler zu erkennen und zu beheben. Stefan Brücher dazu: „Meiner Erfahrung nach achten die Netzbetreiber bei den Kontrollen zu wenig auf die entscheidenden Details. Nur wenn große Schutzkappen verloren gegangen sind, wird nachgebessert. Handwerkliche Montagefehler werden oft jahrzehntelang nicht korrigiert. Keine Behörde führt Kontrollen durch, nur die EGE schaut genauer hin.

So steht der Schutz der Uhus selbst in den zu ihrem Schutz eingerichteten Schutzgebieten oftmals nur auf dem Papier. Anfang 2023 hat sich die EGE mit detaillierten Vorschlägen an die Naturschutzbehörde gewandt, Missstände in den 24 Teilflächen des Vogelschutzgebietes „Unteres Mittelrheintal“ abzustellen. Diese Vorschläge betreffen auch Mittelspannungsmasten. Umweltministerium, Vogelschutzwarte und EGE haben dazu Gespräche vereinbart. Die EGE drängt Netzbetreiber und Behörden, zumindest im 3 km-Radius um Uhubrutplätze unverzüglich für vogelsichere Masten zu sorgen. Meistens wird aber erst nachgebessert und auch nur der betreffende Mast, wenn ein Uhu ums Leben gekommen ist. Schon vor zehn Jahre hatte der örtliche Netzbetreiber lauthals „den flächendeckenden Vogelschutz an Mittelspannungsmasten“ als erreicht verkündet.

Vom illegalen und legalen Töten von Greifvögeln

4. Juni 2023|

Das Ausmaß illegaler Greifvogelverfolgung in Deutschland ist dramatisch groß. Der 41 Seiten starken Broschüre „Illegale Greifvogelverfolgung – erkennen, verfolgen, verhindern“ ist schon deshalb eine weite Verbreitung zu wünschen. Für den „Leitfaden für Zeugen, Naturfreunde und Strafverfolgungsbehörden“ zeichnen das renommierte Komitee gegen den Vogelmord e. V. als Herausgeber und profilierte Fachleute als Verfasser verantwortlich. Die Broschüre konfrontiert den Leser mit kriminellen Machenschaften, den ihnen zugrundeliegenden Motiven, einem großen Dunkelfeld und erschreckend geringen Aufklärungsraten; sie liefert umfassende Informationen für die Aufklärung und Verfolgung der Straftaten. Den Verfassern ist es gelungen, darin auch einen Hinweis auf „vermehrt beobachtete Verfolgungsaktionen im Bereich von geplanten Windenergieanlagen“ zu platzieren. In der Regel handele es sich dabei um gezielte Störungen brütender Vögel oder das Fällen der Nistbäume. Durch den Ausbau der Windenergie komme es nämlich immer wieder zu Konflikten mit „windkraftsensiblen“ Vogelarten, zu deren Nestern ein gesetzlicher Mindestabstand vorgesehen sei und in der Folge Vorkommen bestimmter Greifvogelarten ein Ausschlusskriterium für Windenergieanlagen darstellten.

Bemerkenswert ist die Broschüre noch aus einem anderen Grund – nämlich wegen des Vorwortes der Bundesumweltministerin Steffi Lemke: Die Klimakrise sei in Form von Hitze, Dürre, Überschwemmungen und Waldbränden unübersehbar. Genauso dringlich wie die Klimakrise bekämpfe die neue Bundesregierung die Krise des Artenaussterbens. Viele Greifvogel- und Eulenarten könnten zwar vom Ausbau der Windkraft betroffen sein. Die Hauptursachen für den Rückgang dieser Arten seien aber ganz andere. So beklagt die Bündnisgrüne wortreich den Tod von Tausenden auf den Zugrouten illegal getöteter Greifvögel, weshalb sich Deutschland dafür einsetze, die Zugwege dieser Arten mit Aufklärung der Bevölkerung und Bekämpfung der Wilderei wieder sicher zu machen. Der Leser mag daraus schließen, dass Deutschland die Artenvielfalt nun wie zuvor die Demokratie auch am Hindukusch verteidigt. Über die mehr als 8.500 Mäusebussarde, die von den Windenergieanlagen allein in den vier norddeutschen Bundesländern in einem jeden Jahr erschlagen werden (Stand 2016), verliert die Ministerin kein Wort. Und schon gar nicht über die Folgen der von der neuen Bundesregierung herbeigeführten Änderung des Artenschutzrechts zugunsten des Windenergieausbaus. Deswegen – und in diesem Punkt bedarf die druckfrische Broschüre der Korrektur – sind die in ihr noch genannten „gesetzlichen Mindestabstände“ und „Ausschlusskriterien“ zugunsten des Vogelschutzes faktisch bedeutungslos, weshalb in projektierten Windenergiegebieten das Motiv für das Verfolgen von Greifvögeln schlicht entfällt – das Tötungsrisiko am Rotor indessen nicht! Einer Aussage der Ministerin wird man indessen zustimmen können: „Die bedrohte Artenvielfalt in Deutschland kann wirklich jede Hilfe gebrauchen.“ Vor allem seit Antritt der Ampelkoalition.

Neue Ausgabe von „Nationalpark“ erschienen

2. Juni 2023|

Die Kulturlandschaft ist das Gegenteil der Wildnis, nämlich das Ergebnis zivilisatorischen Schaffens und Wirtschaftens des Menschen; sie unterliegt einer fortwährenden Veränderung. Doch auch die Kulturlandschaft ist eine Sache des Naturschutzes, zumal die historische Kulturlandschaft. Sie zumindest in repräsentativen Ausschnitten der Nachwelt zu erhalten, ist eines der gesetzlich normierten Naturschutzziele. Heute steckt die Kulturlandschaft in einer dreifachen Krise – ökologisch, ökonomisch und sozial. Die Industrialisierung der Landwirtschaft und die Globalisierung der Märkte zerstören die Kulturlandschaft. Darüber schreibt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nationalpark der ehemalige Direktor und Professor der Internationalen Naturschutzakademie Insel Vilm, Hans D. Knapp. Im Heft finden Sie weitere Beiträge – beispielsweise über des Menschen Verhältnis zum Bär, die Verletzlichkeit des Sternenhimmels sowie den niederländischen Nationalpark De Meinweg. Überdies geht es in diesem Heft um Uhus. Genaugenommen um das gefahrvolle Leben junger Uhus in den Weinbergen im auf dem ersten Blick idyllischen Tal der Mosel. Warum nur? „Im Wein liegt Wahrheit, manchmal eine bittere“, fasst Wilhelm Breuer seinen Beitrag zusammen.

Die Zeitschrift „Nationalpark“ berichtet auf 46 Seiten viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, große Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift leistet sich, was in der deutschen Zeitschriftenlandschaft eine Ausnahme ist: einen unabhängigen, kritischen und fundierten Blick auf die Sache des Naturschutzes. Herausgeber der Zeitschrift ist der „Verein der Nationalpark-Freunde e.V.“ Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die der Journalist Horst Stern für sie gefunden hat: „Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen“. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie weitere Informationen über die aktuelle Ausgabe wünschen.

Besenderung von Uhus: Forschung, Geschäft, Tierquälerei?

1. Juni 2023|

Uhus fliegen niedrig; so niedrig, dass sie in den Gefahrenbereich der Rotoren von Windenergieanlagen gar nicht gelangen können. Dies ist eine weitverbreitete Annahme. Bei einem Rotorabstand vom Boden von mehr als 50 m im Flachland und mehr als 80 m im Hügelland seien Uhus an Windenergieanlagen jedenfalls keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt. Der Gesetzgeber hat dies im letzten Sommer auf Betreiben der Bundesminister Robert Habeck und Steffi Lemke (beide Bündnis90/DieGrünen) sogar ins Bundesnaturschutzgesetz geschrieben. Der Gesetzgeber stützt sich dabei vermutlich auf die Ergebnisse von Studien an besenderten Uhus. Die EGE hat die Aussagekraft dieser Studien begründet in Zweifel gezogen. Zudem hat die EGE die Besenderung der Uhus zu kommerziellen Zwecken als Tierversuch kritisiert und auf massive Gefahren für Leib und Leben besenderter Uhus hingewiesen. Zumindest müsse sichergestellt werden, dass sich am Vogel angebrachte Sender ohne menschliches Zutun nach einer gewissen Zeit zuverlässig lösen. Dass sich der Sender vom Vogel gelöst habe, müsse am Ende der Untersuchung nachgewiesen werden. Bei einem fehlenden Nachweis sei der Vogel erneut zu fangen. Das hat die EGE bei der 32. Jahrestagung der AG Eulen am 29.10.2016 in Kloster Schöntal/Baden-Württemberg gefordert. Nachzulesen ist dies in dem Beitrag von Wilhelm Breuer „Windenergie und Uhu – Aktuelle Aspekte eines unterschätzten Konflikts“ (Eulen-Rundblick Nr. 67 – Mai 2017: 25-30).

Nun zeigt sich Ende Mai 2023 in Rheinland-Pfalz, dass ein am 23.06.2021 besenderter Uhu (im Bild) – 16 Monate nach der letzten Peilung – noch immer den Sender träg! Der Sender hat sich nach nun 23 Monaten nicht vollständig gelöst und hängt um den Hals des Uhus! Offenbar haben die für die Besenderung verantwortlichen Stellen keine Kontrolle, keinen Nachweis und im Falle eines fehlenden Nachweises keinen erneuten Fang verlangt. Die EGE ist über den Vorgang entsetzt und drängt darauf, dass der Uhu unverzüglich gefangen und von dem Sender befreit wird. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion in Koblenz, welche die Besenderung genehmigt hat, verlangt dies nun auf Initiative der EGE von der Firma bzw. der Person, die den Uhu besendert hat. Stefan Brücher von der EGE war auf den unglücklichen Uhu bei Dreharbeiten mit dem Südwestfunk aufmerksam geworden. In dem Gebiet, in dem damals insgesamt drei Uhus besendert worden waren, sah er einen fliegenden Uhu mit dem um den Hals hängenden Sender. Brücher spricht von einer lebensgefährlichen Situation für den Uhu und die von ihm zu versorgenden Jungvögel. Für die Besenderung zeichnet die Firma öKon Angewandte Ökologie und Landschaftsplanung GmbH in Münster verantwortlich. Die EGE fordert einen unverzüglichen Stopp kommerziell orientierter Besenderung von Uhus. „Der gefährliche Unsinn muss ein Ende finden“, sagt Stefan Brücher.

Vor 25 Jahren – Grüne Politik damals und heute

16. Mai 2023|

Vor 25 Jahren sorgten die Ergebnisse einer Studie der EGE für Aufregung. Die Studie brachte ans Licht, dass Kommunen im großen Ausmaß Steinkauzlebensräume zu Bauland erklärten, ohne die damit verbundenen Folgen zu erwägen, geschweige denn zu kompensieren. Die Ergebnisse stammten aus dem zu der Zeit rotgrün regierten Nordrhein-Westfalen. Der Journalist Horst Stern (1922-2019) hielt sie in der Wochenzeitung „Die Woche“ der Landesregierung vor: „Die Pflicht zur staatlichen Aufsicht über die Kommunen pervertierte, wie die EGE feststellt, zur Nachsicht. Die Eulenschützer taten, was Düsseldorf nicht tut: Flächennutzungspläne daraufhin zu überprüfen, ob sie mit dem Gesetz übereinstimmen. Das tun sie in allen Fällen nicht“. Die damalige nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn, eine Bündnisgrüne, reagierte prompt: Die Genehmigung der Flächennutzungspläne läge nicht in ihrer Verantwortung. Stern bezeichnete die Grünen ob ihrer unzureichenden Verhaftung im Naturschutz bis zuletzt als „Flachwurzler“. Klicken Sie bitte hier, wenn sie Sterns Kolumne vom 29. Mai 1998 lesen möchten.

Dass der Steinkauz aus Nordrhein-Westfalen nicht ganz verschwunden ist, verdankt sich vor allem einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2006. Das Urteil zwang Deutschland zu gesetzgeberischen Korrekturen des Bundesnaturschutzgesetzes, denn die Deutschen hatten sich fürs Bauen mehr Ausnahmen vom Artenschutzrecht herausgenommen als das Recht der Europäischen Union erlaubte. Ausgerechnet die daraufhin verbesserten artenschutzrechtlichen Vorschriften, die seitdem zu einer ansatzweisen Berücksichtigung des Artenschutzes in Planungs- und Zulassungsverfahren führten, hat der deutsche Gesetzgeber 2022 zugunsten des Ausbaus der Windenergie eingeschränkt – auf Betreiben der von Bündnis90/Die Grünen geführten Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt.

Der Bundeswirtschaftsminister und der Artenschutz

11. Mai 2023|

2022 hat der Bundesgesetzgeber die Liste der an Windenergieanlagen kollisionsgefährdeten Brutvogelarten auf 15 Arten und die zu ihren Brutplätzen zu beachtenden Abstände erheblich reduziert. Artenliste und Abstände weichen von den begründeten Empfehlungen der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten aus dem Jahr 2015 ab. Eine Begründung für diese Abweichungen hat der Gesetzgeber nicht vorgelegt. Zugleich hat der Gesetzgeber es der Windenergiewirtschaft ermöglicht, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko unter Verzicht auf Erfassungen der tatsächlichen Raumnutzung dieser Arten mit einer weitgehend am buchstäblich „grünen Tisch“ erstellten Habitatpotentialanalyse zu widerlegen.

Der Entwurf eines vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Fachkonzepts für solche Potentialanalysen liegt seit Ende März 2023 vor. Das von der Arbeitsgruppe für regionale Struktur- und Umweltforschung GmbH erarbeitete Konzept soll Grundlage einer geplanten Rechtsverordnung sein. Kritikwürdig ist der Entwurf aus einer Reihe von Gründen, die hier darzulegen zu weit führen würde. Einen Eindruck von den Schwächen des Konzepts vermittelt exemplarisch der Umgang mit zwei der verbliebenen 15 Brutvogelarten: Sumpfohreule und Uhu.

Der Gesetzgeber hat den für die Habitatpotentialanalyse zu betrachtenden „Zentralen Prüfbereich“ bezogen auf diese beiden Eulenarten auf 1.000 m um den Brutplatz begrenzt. Viele Sumpfohreulen und Uhus jagen jedoch regelmäßig 1.000-2.000 m oder weiter vom Nest entfernt. Die LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (2015) empfiehlt für beide Eulenarten einen Mindestabstand von 1.000 m und einen Prüfbereich von 3.000 m.

Im Fachkonzept heißt es auf Seite 70 zur Sumpfohreule, „aufgrund der arttypischen niedrigen Flugweise bei der Nahrungssuche wird durch die Einhaltung einer hohen Rotorunterkante das Kollisionsrisiko (> 80 m) bereits sehr weitgehend reduziert.“ Balzflüge spielen für das Fachkonzept keine Rolle. SCHERZINGER & MEBS (2020) schreiben mit Verweis auf CLARK (1975): „Zum spektakulären Balzflug steigt das Männchen rasch in die Höhe, kreisende Segelstrecken dazwischenschaltend, und singt mit weichen bu.bu.bu-Serien in zum Teil sehr großer Höhe.“ Die STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG (2022) schreibt, dass die Sumpfohreule besonders nach Störungen oder bei Belästigung durch hassende Vögel sich nach Art des Mäusebussards in große Höhen schraubt und der Imponierflug 200 bis 300 m hoch erfolgen kann.

Bewegt sich das Fachkonzept bei der Sumpfohreule noch in dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen, schlägt es bezogen auf den Uhu auf Seite 72 eine Absenkung der vom Gesetzgeber vorgenommenen Einstufung vor: Auch im Nahbereich des Nestes – d. h. im 500 m-Radius – seien Uhus nicht kollisionsgefährdet, wenn die im Gesetz genannte Höhe der Rotorunterkante von mindestens 30 m im Flachland und 80 m im hügeligen Gelände eingehalten werde. Dabei ist bereits die bestehende Rechtslage für Uhus mehr als prekär, denn die Berücksichtigung der Höhe der unteren Rotorkante ist beim Uhu grundsätzlich nicht plausibel. Tatsächlich sind die Kollisionsumstände keines der bisherigen Kollisionsopfer geklärt. Weder kann mit Gewissheit gesagt werden, dass die Topografie eine Rolle spielte, noch um welche Art Flüge es sich handelte. Auch ist offen, auf welcher Höhe es zur Kollision kam. Auch an den Anlagen mit niedrigem Freiraum zwischen unterer Rotorspitze und Grund kann der Vogel in größerer Höhe kollidiert sein. Die Abstandsempfehlungen der LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (2015) sowie die darin formulierten Prüferfordernisse stellen vernünftigerweise weder auf den Rotorabstand zum Boden ab noch unterscheiden sie zwischen Anlagen im Flach- und Hügelland. Uhus steuern hohe Bauwerke wie Hochspannungsmasten, Industriebauten und Fernmeldetürme gezielt an, um von dort zu rufen oder dort zu brüten (LINDNER 2016). Dieses Verhalten kann die vergleichsweise hohe Zahl von 21 an Windenergieanlagen kollidierten Uhus (STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG 2022a Stand 17.06.2022) bei einer Art mit an sich niedrigen Flughöhen erklären. Der Entwurf des Fachkonzepts verkennt diese Gefahr; mit der vorgeschlagenen Absenkung würde diese Gefahr im Nahbereich noch ausgeweitet.

Im Bundeswirtschaftsministerium wird an weiteren Standardisierungen für einen – wie es heißt – „naturverträglichen, beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land“ gearbeitet. So an einer probabilistischen Methode zur Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit von Vogelarten. Die Ampelparteien schauen wohlwollend zu und die Oppositionsparteien weg.

Literatur:

  • CLARK, R. (1975): A field study of the Short-eared Owl Asio flammeus (Pontoppidan), in North America. Wildlife Monogr. 47: 67 S.
  • LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (LAG VSW) (2015): Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. Berichte zum Vogelschutz Band 51. 2014: 15-42.
  • LINDNER, M. (2016): Uhus als Bauwerksbrüter in Deutschland. Eulen-Rundblick Nr. 66 –April 2016: S. 90-95.
  • SCHERZINGER, W. & T. MEBS (2020): Die Eulen Europas. Biologie, Kennzeichen, Bestände. KOSMOS: S. 295.
  • STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG (2022): Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel, Stand 17.06.2022.
  • STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG (2022a): Daten aus der zentrale Fundkartei über Anflugopfer an Windenergieanlagen (WEA) zusammengestellt von Tobias Dürr; Stand vom: 17.06.2022.

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