Unser Tagebuch
Unsere ausführlichen Tagebuch-Beiträge bieten nicht nur spannende Einblicke in das Leben der Uhus durch unsere Webcams, sondern liefern auch wertvolle Zusatz- und Hintergrundinformationen, die ein umfassenderes Verständnis für diese faszinierenden Vögel ermöglichen.
Perfekte Versorgungslage
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
die Junguhus in der Ruine leben weiterhin im Sorgenfrei. Das abendliche Szenario wiederholte sich in den vergangenen Tagen schon routinemäßig. Zuerst werden die beiden Jungen in der ersten Etage aktiv, etwas später kommt Nummer Drei im Erdgeschoss aus seinem Nebenzimmer hervor. Mutter Uhu verwaltet die Nahrungsressourcen, dabei werden ältere Beutetierreste zwischen den Standorten der Uhukinder so lange hin und her getragen, bis alles verbraucht ist. Dann erst wird frische Nahrung aus den abseits gelegenen Depots geholt. Wenn Nummer Drei einen größeren Essensrest irgendwo auf dem Boden herrumliegen lässt, hat die Uhumutter auch dies im Blick und räumt hinter dem Filius auf.
Die Bühne in der Burgruine ermöglicht uns Einblicke, die an der Ravenlay aufgrund der dort unübersichtlichen Felsformation und der Kameraperspektive unmöglich waren. Auch waren Lotte und Leo in den vergangenen Jahren selten in der Situation, Vorräte zu verwalten, weil jedwede Nahrung sofort vertilgt wurde. Zudem hatten wir den Eindruck, als hätten die Waschbären mögliche Nahrungsdepots geplündert.
Die Flugfähigkeit der drei Junguhus lässt noch sehr zu wünschen übrig. Nummer Drei versuchte schon mal vom Gipfel des efeubewachsenen Balkens aus die gegenüberliegende Gebäudeseite zu erreichen und landete dann doch im Brombeergebüsch. Meist beschränkt sich Nummer Drei auf kleine Sprünge mit Flügelunterstützung auf die Fenstersimse. Der mittlere Junguhu kürzt flatternd von einer Fensternische über die Ecke in die andere Nische ab. Aber auch der Kleinste konnte schon auf den Fenstersims springflattern und einen Blick in die Welt außerhalb des Gemäuers werfen.
Vom Felsen an der Ahr gibt es nichts eindeutig Neues zu berichten. Uhus konnten wir mit der Kamera nicht erfassen. Die Wanderfalken waren zwar noch mehrmals aktiv; für einen Brutbeginn dürfte der rechte Zeitpunkt jedoch verstrichen sein. Wir werden sehen.
Ich wünsche uns noch einige Tage mit schönen Beobachtungen vor Kamera 3.
Ihr Stefan Brücher
Keine Uhus an der Ravenlay – aber neue Siedler
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
die Junguhus im Nest vor der Webcam konnten bisher ein wirklich sorgloses Leben genießen. Die perfekte Brutnische bietet ausreichend Regenschutz, Sonne und täglich ab ca. 11 Uhr auf der linken Seite auch etwas Schatten. Wie es scheint, können die Altvögel problemlos ausreichend Nahrung heranschaffen und ihrem Nachwuchs ein rasantes Wachstum ermöglichen. Es ist imposant, wie sehr sie in der einen Woche nach der Beringung gewachsen sind. Wir können gespannt sein, wie lange es die drei noch auf ihrer Fensterbank aushalten. Bei starkem Wind wird ihr Bewegungsdrang sichtbar angeheizt. Dann scheinen die flatternden Sprünge mit ihnen durchzugehen. Ich hoffe, die Cam kann die Junguhus auch nach dem Verlassen der Brutnische noch einige Zeit im Inneren der Ruine verfolgen.
Keine Uhus an der Ravenlay
Webcam 1 und 2 an der Ahr bekamen nun schon seit Wochen keine Uhus mehr in den Blick. Ihr Auftreten endete nicht plötzlich, sondern wurde allmählich immer seltener und ist nun im „Nullbereich“. Auch ein erneutes Absuchen mit allen optischen Mitteln bestätigt diese Diagnose. Wie schon im vorherigen Tagebucheintrag erwähnt konnten wir ein solches Szenario seit Beginn der Webcamübertragung noch nicht beobachten. Am Nachbarbrutplatz ahrabwärts konnte ich Gegenteiliges beobachten. Im zeitigen Frühjahr gab es dort keine Anzeichen, die auf eine Uhubesiedlung hindeuteten. Nun aber wird dort seit mindestens zehn Tagen im traditionellen Nest gebrütet. Nach allem was ich bisher über das Verhalten von Uhus gelernt habe, gibt es keinen Umzug eines Paares von einem Brutrevier in ein anderes. Irre ich mich? Wo ist unser Uhupaar geblieben?
Neue Siedler
In den vergangenen Jahren tauchten mehrmals Wanderfalken im Blickfeld unserer Cam auf. Einer als Gast auf dem Balkon vor der brütenden Lotte und dann ein Jahr später als Nahrung für die Junguhus (anhand des Kennringes konnte der Vogel identifiziert werden). Manchmal konnten wir die Falken auch kurz durch das Bild huschen sehen oder nur ihre charakteristischen Rufe hören. Im Umkreis von fünf Kilometern gibt es mehrere Brutplätze, an denen es jedoch oft keinen Bruterfolg gab. Regelmäßig landeten die Wanderfalken auf dem Speiseplan der Uhus. Nicht gerade schön, aber so geht es zu in der Natur.
Vor einigen Tagen nun konnten wir mit Cam 2 die Kopulation von Falken auf „Zacke 1″ aufnehmen.
Wie sich nun zeigt war dies kein räumlicher Ausrutscher. Die Falken tummelten sich mehrfach in Lottes Brutnische vor Cam 1, die Mulde wurde ausgiebig inspiziert und vertieft.
Es scheint so, als wollten die Falken hier ernsthaft einen Brutversuch wagen. Einerseits bin ich von diesem Highlight begeistert, andererseits räume ich den Falken kaum eine Chance auf Bruterfolg ein. Zu groß scheint die Bedrohung durch Uhu und Waschbär.
Wir werden sehen, die Natur hat wohl immer noch Überraschungen im Köcher.
Ich wünsche Ihnen schöne Beobachtungen
Ihr Stefan Brücher
Kamera 3 am Start
Liebe Uhufreundinnen und –freunde,
nachdem es bei Lotte und Leo kein Brutgeschehen zu geben schein haben wir eine weitere Kamera an einem anderen Brutplatz aufgebaut. Die Junguhus dort sind schon annähernd vier Wochen alt und die Beobachtungen via Cam werden ein vergleichsweise kurzes Vergnügen sein.
Link: Kamera 3
Immerhin aber können wir endlich wieder am Familienleben von Uhus teilhaben. Noch wissen wir nicht ob zwei oder mehr Junge im Nest auf der Fensterbank einer Burgruine sitzen. Im vergangenen Jahr waren es dort sogar vier Jungvögel.
Wegen dem fortgeschrittenen Alter plane ich die Beringung für Sonntag den 16.4. um 16.00 Uhr.
Ich hoffe die frisch installierte Technik wird ihre Kinderkrankheiten schnell überwinden und uns zumindest für einen Monat mit schönen Bildern beschenken. Ich bin gespannt wie es bei der anderen Uhufamilie so zugeht…
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Stefan Brücher
Brut ungewiss
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
noch ist leider unklar, ob unsere Uhus in diesem Jahr brüten. Uhubeobachtungen durch die beiden Kameras waren in der vergangenen Woche (16.-24.3.) eher selten. Eine sich steigernde Nestbalz konnten wir nicht beobachten. Wohl aber mehrere Kopulationen, zuletzt am 14.3.. Nach dem 16.3. bekamen wir Lotte länger weder zu sehen noch zu hören. Dabei war dies die Zeit, in der sie üblicherweise die Brut beginnt. Auch Leo schien seine Bemühungen Lotte in die bekannten Nester zu locken zwischenzeitlich aufgegeben zu haben. Ist alles ein Zufall oder hat Lotte einen neuen Brutplatz abseits des Hauptfelsens gewählt? Falls Lotte bereits brütet, müssten doch abends regelmäßig ihre Bettellaute zu hören sein. Doch diese fehlen gänzlich oder reicht das Mikrofon nicht weit genug?
Meine Spurensuche vor Ort und das Absuchen des Felsens mittels Wärmebildgerät waren erfolglos. Am vergangenen Wochenende (18.3.) hielten sich anscheinend keine Uhus im Hauptfelsen auf, alle traditionellen Ruheplätze waren leer. Bisher konnten wir in Jahren ohne Brut die Uhus zumindest irgendwo im Felsbereich herumsitzen sehen.
Nun aber hörten wir von Leo an mehreren Abenden in Folge nur abends einige Rufe , danach herrschte meist Stille. Wenn er kurz auftauchte, schien er eher von ahrabwärts zu kommen. Dorthin werde ich meine weiteren Aufklärungsbemühungen richten. Das aktuelle Verhalten der Uhus unterscheidet sich von allem was wir in den anderen Jahren beobachten konnten.
Am Freitag den 24 konnten wir dann abends plötzlich wieder beide Uhus beobachten. Zuerst nur Leo, der in das alte Traditionsnest flog und dort lockte. Dann saß Lotte auf dem Felsgrat und schaute Leo bei seinem Nestlocken zu, später fand an Lottes Sitzplatz wieder eine Kopulation statt.
Leos und Lottes Nachbarbrutpaar ahrabwärts brütet nicht, das andere ahraufwärts seit mindestens einer Woche.
Cam 2 liefert tolle Bilder; vor allem der begleitende Infrarotscheinwerfer ermöglicht in der Nacht Bilder in einer enorm großen Reichweite. Eine eher unangenehme Begleiterscheinung dieser parallel zur Sichtachse ausgerichteten Beleuchtung sind die starken Reflexionen durch die Netzhaut der Uhuaugen. Manchmal leuchten sie geradezu wie eingebaute Lampen. Dabei ist das Licht, verglichen mit der Scheinwerfern an Cam 1, nicht stärker. Wir brauchen uns keine Sorgen über Beeinträchtigungen der Uhuaugen zu machen.
Das Mikrofon von Cam 2 funktioniert; bisher konnten wir den Audiokanal jedoch noch nicht in den Streaming-Server einbinden.
Von den anderen Eifeluhus haben bislang (24.3.23) erst knapp zwei Drittel mit der Brut begonnen. Inwieweit später noch einige dazukommen, bleibt abzuwarten. Es scheint jedenfalls kein besonders gutes Uhujahr zu werden. Ich hoffe, Ihnen bald neue Erkenntnisse zum möglichen Brutgeschehen von Lotte und Leo mitteilen zu können.
Ihr Stefan Brücher
Fuchs, Marder, Waschbär und Wildkatze
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
bei Lotte und Leo kommt die Nestbalz langsam in Gang. Mehrere Tage in Folge konnten wir die abendlichen Rufe von Leo und an manchen Tagen auch Lottes Reaktionen hören und teils auch sehen. Wie im aktuellen Video-Rückblick vom 25.1. zu sehen ist, erstreckt sich die Balz manchmal auf beide Brutnischen. Der im Jahr 2022 genutzte Nistplatz wird dabei bisher deutlich bevorzugt. Dort scharrten auch schon beide Uhus in der Nistmulde. Siehe Video vom 1.2.2023 „2 Nester 2 Kameras“.
Zweite Kamera
Die Bilder der Cam2 sind zwar noch nicht für jedermann online zu sehen, aber wir können zumindest schon Szenen aufnehmen und im aktuellen Video-Rückblick veröffentlichen. Die neuen Möglichkeiten, unsere Uhus bei Dunkelheit auch an entfernteren Sitzplätzen zu beobachten, sind eine große Bereicherung. So bald wie möglich wird Cam2 in die Webseite eingebunden werden. Inwiefern der Stream mit beiden Kameras gleichzeitig dann sofort reibungslos läuft, müssen wir abwarten.
Die Waschbären
Auch in diesem Jahr hielten sich Waschbären schon mehrmals in der traditionellen Brutnische vor Cam1 auf. Mein Versuch, den Prädator durch ihm unangenehme Geruchsstoffe vom Nestbereich der Uhus fernzuhalten, hatte keinerlei Wirkung. Das Uhunest durch Drahtgeflecht oder andere Bauwerke für Waschbären unerreichbar zu machen, wäre sicherlich ein unmögliches Unterfangen. Die örtlichen Jäger meldeten den Abschuss von zwei Waschbären an Kirrungen im Umfeld des Uhufelsens. Inwiefern dies einen Einfluss auf Kleinbärenbesuche im Uhunest hat, ist ungewiss. Vielleicht erwischte es nur zwei von zwanzig und dann wären diese Abschüsse nur ein kleiner Tropfen auf einem großen heißen Stein. Ich verspreche mir nicht viel davon.
Immerhin: Zu Cam2 sind die Kleinbären, zumindest soweit wir es schon beobachten konnten, bisher nicht vorgedrungen, und auch der dortige Bruterfolg unserer Uhus im vergangenen Jahr hatte ja in diese Richtung gedeutet.
Wildkatze!
Nach Fuchs, Marder und Waschbär konnten wir am 22.1. erstmalig einen vierten Raubsäuger in der alten Brutnische sehen (siehe aktueller Videorückblick): Langsam und sehr vorsichtig erkundete eine Wildkatze Brutnische und Balkon. Beim Nachführen der Cam hörte sie wohl den kleinen Elektromotor und schaute dann mehrmals hoch ins Objektiv. Als sich aber nichts weiter regte, machte sie weiter ihr Ding. Die Wildkatze war auch am nächsten Morgen noch oberhalb der Brutnische im Efeu zu sehen.
Ich wünsche Ihnen schöne Beobachtungen
Ihr Stefan Brücher
Herbstbalz
Liebe Uhufreundinnen und –freunde,
auch noch zum Oktoberanfang sind die beiden diesjährigen Junguhus manchmal noch im Cambereich zu hören (aktueller Videorückblick) So wie auch in den vergangenen Jahren werden Leo und Lotte wohl erst mit ihrer Herbstbalz beginnen wenn sie nicht mehr von bettelndem Nachwuchs „genervt“ werden. Andernorts, an Uhuvorkommen ohne diesjährigen Bruterfolg, sind die herbstlichen Rufaktivitäten der Uhus schon im Gange.
In diesem Herbst wollen wir eine neue, zweite Cam am neuen Brutplatz installieren und hoffen Ihnen dann endlich wieder Uhus in Großaufnahme zeigen zu können. Im Nahbereich der aktuellen Cam war kaum mal ein Uhu zu sehen, nur Mäuse, Sieben- und Gartenschläfer, Eidechsen und auch die unerwünschten Waschbären gaben uns die Ehre.
Auch mir fehlen die nahen Einblicke in das Geschehen am Uhufelsen und ich hoffe auf kurze Lieferfristen und baldige Montage der neuen Technik.
Ihr Stefan Brücher
Brut!
Liebe Uhufreundinnen und – freunde,
es ist kaum zu glauben: Lotte und Leo haben doch tatsächlich nur 15 Meter von der Cam entfernt ein Nest mit zwei Jungen.
Schon vor ca. zwei Wochen war sich unsere Mitarbeiterin sicher Bettelrufe junger Uhus gehört zu haben. Meine Nachsuche hatte dann am 13.6. Erfolg. Der neue Brutplatz liegt zwar nicht weit von der Cam entfernt, jedoch etwas „um die Ecke“. So ist auch zu erklären wieso wir kaum Lautäußerungen, die auf eine Jungenaufzucht hindeuteten, wahrnehmen konnten. Mehrfach war Lotte auf einem Sitzplatz etwas rechts oberhalb der Cam zu sehen (aktueller Videorückblick vom 22.5. „Lotte überblickt…“). Nun ist klar: Von dort aus kann sie ihre Brut gut im Auge behalten.
Die Junguhus sind um die sechs Wochen alt und laufen schon recht aktiv auf ihrer Terrasse umher. Wenn sie dabei in Richtung Cam laufen, kommen sie etwas aus ihrer Ecke heraus und ihre Bettelrufe sind dann relativ deutlich zu hören.
Der Nistplatz scheint für Waschbären und andere Fressfeinde auch schlechter erreichbar, eine Kletterpartie über blanken und teils überhängenden Fels wäre für die Vierbeiner zwar vielleicht möglich, jedoch recht gewagt. Es scheint als hätten die Uhus „zufällig“ alles richtig gemacht. Für mich hat sich meine Erfahrung „die Uhus sind oft besser als wir ihnen zutrauen“ abermals bestätigt.
Mit etwas Glück werden wir die Junguhus in der Bettelflugphase auch mal vor die Cam bekommen.
Ich kann es kaum abwarten und bin froh Ihnen diese unerwartet positive Meldung geben zu können.
Ihr Stefan Brücher
Ein Jahr ohne Brut?
Liebe Freundinnen und Freunde der Uhu – und Waschbären – Cam,
in der vergangenen Woche konnten wir häufiger Waschbären als Uhus beobachten. Zwei Bären wurden abends vom Schneefall überrascht, dann übernachteten und übertagten sie in der Felsspalte hinter der Brutnische. In den Jahren zuvor nutzten die Uhus diese Stelle noch als Kühlschrank für ihr Nahrungsdepot. Am Samstagabend schien es, als würden die Bären an der Familienplanung arbeiten, ganz anders als wir es uns wünschen…
Keine Uhus im Nestbereich, deshalb können sich die Bären breitmachen
Nach meiner Einschätzung sind die ausgeprägten Bären-Aktivitäten im traditionellen Uhunest nur möglich, weil sich unser Uhupaar in den vergangenen Wochen weniger für diesen Bereich der Felswand interessierte. Die Uhus hielten sich meist am Nebenfelsen auf. Hätten sie sich noch oft im Nestbereich vor der Cam aufgehalten, wäre es früher oder später zur Konfrontation mit den Waschbären gekommen und es wäre für die Vierbeiner wahrscheinlich ein erschreckendes Erlebnis gewesen. (erinnern Sie Lottes Angriff auf den Fuchs? LINK) Ihrem Wesen nach sind sie zwar penetrant, aber gleichzeitig auch „kleine Schisser“.
Die Erfahrung mit dem Fuchs
Erstaunlich viele Uhunistplätze in der Eifel sind auch für Vierbeiner zugänglich und bei meinen Kontrollen sind schlafende Füchse im Uhunest ein regelmäßiger Anblick. Es sind dann jedoch immer jene Brutnischen, die im betreffenden Jahr nicht genutzt werden. Oft sind die Uhus ein Jahr später wieder zurück im Traditionsnest. Sicher nicht, weil sie von den Füchsen eingeladen wurden, sondern eher, weil sie sich ihr Hausrecht zurück erobert haben. Uhus haben durchaus einen Instinkt, der ihnen rät, Füchse im Nestbereich nicht zu dulden. Erwachsene Füchse haben von erwachsenen Uhus mehr Unannehmlichkeiten zu befürchten als andersherum. Uhus greifen lautlos von hinten oben im Dunkeln an und dies ist so ziemlich das Unangenehmste, dass einem passieren kann. So ergibt sich tendenziell eine Rangordnung zwischen den Arten. Es schließt jedoch nicht aus, das auch mal ein sehr geschickter Fuchs einen besonders ungeschickten Uhu erbeuten könnte.
Waschbären sind jedoch weniger auf das Überwältigen großer Beutetiere ausgelegt als Füchse. Sie dürften daher für erwachsene Uhus noch weniger gefährlich sein.
In der Beziehung zum Fuchs haben Uhus weitere Möglichkeiten: Wenn ihr Konkurrent Beute gemacht hat, greift der Uhu ihn an, während der Vierbeiner durch das Tragen der Nahrung wenig wehrhaft ist. Uhus sind akustisch orientiert und können schnell vor Ort sein, um diese angreifbare Situation auszunutzen. Sind es halbwüchsige Füchse, müssen sie dabei um ihr Leben fürchten und verlieren nicht nur die Beute. Solche Erlebnisse können den Respekt vor Uhus festigen.
Waschbären jedoch ernähren sich eher von kleinen Tieren und auch vegetarisch. Ihre Beute ist für Uhus in der Regel weniger interessant. Im Gegensatz zum Uhu ist der Kleinbär auch mehr im Wald als im Offenland unterwegs und die Jagdgebiete überschneiden sich weniger.
Ein „kritischer“ Instinkt?
Wir können nicht ausschließen dass es bei unserem Uhupaar einen „kritischen Instinkt“ gibt. Er könnte ihnen ein irritiertes Gefühl wegen der abgebrochenen Jungenaufzucht des Vorjahres oder ein kleines Unbehagen den noch recht fremden Waschbären gegenüber eingeflüstert haben. Uhus sind individuell sehr verschieden und haben auch verschiedene Verhaltensmuster. Vielleicht meiden die Uhus die Bären bis sie mehr Erfahrung mit ihnen haben? Orientierte sich Lotte daher zum Nebenfelsen? Ich glaube es nicht, aber möglich wäre es. Sind die Waschbären für unsere Uhus wirklich noch „fremde Wesen“ oder gab es fernab der Cam in den vergangenen Jahren schon Auseinandersetzungen der beiden Arten und die Rangordnung ist längst ausgemacht? Sehen die Uhus in den Bären keine ernste Gefahr, weil sie sich überlegen fühlen?
Uhu vers. Waschbär in anderen Regionen
Aus dem Raum Wülfrath berichtet der dortige Uhukenner Detlef Regulski von Auseinandersetzungen zwischen Uhu und Waschbär. Die Uhupaare dort haben ihre Arbeitsteilung bei der Jungenaufzucht an die Bedrohung der Nestlinge durch den Kleinbären angepasst. Die Uhuweibchen bleiben zur Bewachung der Jungvögel ständig vor Ort, die Männchen sind allein für den Nahrungserwerb zuständig bis die Jungen ausreichend wehrhaft und mobil sind. Zum Uhunest drängende Waschbären werden ausdauernd angegriffen und geben irgendwann auf. In einem großflächigen Steinbrüch wurden die Jungvögel von drei Uhupaaren flügge, gleichzeitig leben dort mehrere Waschbärclans.
Wie sich “unsere“ Kleinbären vor der Cam nach einer Uhuattacke verhalten wissen wir nicht. Oder noch nicht.
An der Ahr
Bei unserem Uhupaar an der Ahr könnte es längerfristig einen neuralgischen Punkt geben. Leo war (im Gegensatz zu seinem Vorgänger) noch nie wirklich in der Lage seine Familie alleine zu versorgen. Es gab viele Nächte in denen noch sehr kleine Uhuküken stundenlang von beiden Eltern alleine gelassen wurden, weil Lotte zwingend mit jagen musste. Nur daher war das Desaster im Vorjahr möglich. Werden unsere Uhus eine Lösung für das Problem finden? Mit ein wenig Hilfe meinerseits können sie zwar rechnen, die Problematik gänzlich auszuschalten wird jedoch nicht gelingen. Vielleicht sind diese Uhus an diesem Brutplatz mit Waschbären auch nicht die richtigen, um die Situation zu meistern. Auch das wäre möglich. Sicherlich ist Leo größeren Vierbeinern gegenüber weniger kampfbereit als sein Vorgänger, der dutzende Jungfüchse erbeutete. Als er vor Jahren einem Fuchs im Nestbereich begegnete beließ er es bei Drohgebärden.
Sichere Brutnische?
Keine fünfzehn Meter von der Cam entfernt gibt es eine sehr sichere Brutnische. Sie liegt in einem senkrechten nackten Felsbereich unter einem Überhang und beherbergt ein großes altes Nest. „Schwarzstorchhorst“ nennen wir diesen Brutplatz. Schon als wir 1980 erstmals mit der Beobachtung des Felsens begannen, war das Nest aus Ästen und Rebabschnitten dort. Wir vermuten, dass es damals schon viele Jahrzehnte alt war. 1996 brüteten die Uhus dort. Am Seil hängend hatte ich Mühe, in das durch den Überhang geschützte Nest zu gelangen. Sollten Waschbären versuchen, diese Stelle zu erreichen, müssten sie eine gewagte Kletterpartie ohne Deckung von Büschen oder Bäumen hinlegen. Schon durch ein kleiner Rempler könnten sie zum Sturz in die Tiefe gebracht werden.
Offensichtlich fehlt unseren Uhus der Drang, den möglichst sichersten Brutplatz zu wählen. Vielleicht war dieser Instinkt in den vergangenen 40 Jahren noch weniger überlebenswichtig und wird nun erst nach und nach entscheidender für den Bruterfolg. Möglicherweise werden sich zukünftig in manchen Uhulebensräumen nur jene vermehren, die über die hier passenden Instinkte verfügen.
Uhus sind individuell verschieden, vielseitig und oft erfolgreicher, als wir ihnen zutrauen.
Obwohl Uhus nicht sonderlich intelligent zu sein scheinen, ist die Programmierung ihrer Instinkte doch immer wieder erstaunlich schlau. Auch nach über 40 Jahren Uhubeobachtung überraschen mich die großen Eulen immer wieder mit der Vielfalt unterschiedlicher Verhaltensmuster.
Ein Beispiel: Zwei Uhuweibchen in der Eifel kennen den Klang meiner Autotüre und wenn ich am Aussichtspunkt zum Uhubrutplatz angekommen bin, haben sie sich schon in einer Höhle hinter der Brutnische vor mir versteckt. Es ist ihnen unangenehm, beim Brüten von Mensch (oder von mir, der ich später an ihr Nest klettere) angeschaut zu werden. Sie haben eine Taktik entwickelt, um mit der Situation zurecht zu kommen. Andere Uhus an anderen Brutplätzen werden von dutzenden Menschen während der Jungenaufzucht regelmäßig beobachtet, dort haben sich die Uhus daran gewöhnt und sind dabei so entspannt, als wären die Menschen ein Grasbüschel im Wind.
Ein Jahr ohne Brut?
Seit Beginn der Webcam Übertragung 2008 haben die Uhus schon mehrfach eine Brut ausgelassen. Dies könnte auch in 2022 der Fall sein. Den „versteckten, neuen Sitzplatz von Lotte“ konnte ich zwischenzeitlich ausspionieren. Am 2.4. saß sie dort aufrecht und es gibt keine Anzeichen einer Eiablage.
Andererseits können wir in jeder Nacht mehrfach Kopulationen hören, eine Brut wäre also immer noch möglich. Die direkten Nachbarn ahraufwärts brüten bisher nicht, die Nachbarn ahrabwärts beginnen gerade mit der Eiablage. Das Brutpaar noch weiter ahrabwärts hatte am Samstag den 2.4. schon kleine Küken. Generell scheinen in der Eifel 2022 ¼ bis 1/3 der Uhus nicht zu brüten, ein Zusammenhang mit den Waschbären ist daher keinesfalls sicher anzunehmen.
Sinn und Zweck der Cam
Die EGE betreibt die Cam auch zur „Unterhaltung“. Darüber hinaus bietet die Übertragung jedoch auch Einblicke ins Uhuleben, die anders nicht möglich wären und kann wichtige Impulse zum Schutz für Uhus und ihren Lebensraum geben. So konnten wir die „Spritzhubschrauberproblematik“ erkennen und entschärfen.
Nun haben wir die Möglichkeit, den Einfluss der invasiven Waschbären zu erkennen und zu dokumentieren. Die Möglichkeit, dieses Spannungsfeld genau zu beobachten, ist einzigartig und kann viele Erkenntnisse liefern.
Sollten viele Zuseher abspringen und sollte auch das Spendenaufkommen dadurch sinken, werden wir es wohl in Kauf nehmen müssen.
Mit vielen Grüßen und nicht mehr viel Hoffnung auf eine diesjährige Brut vor der Cam
Ihr Stefan Brücher
Brutbeginn fraglich
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
obwohl sich Leo bei der diesjährigen Balz besonders engagierte ist ein Brutbeginn bei unseren Uhus leider weiterhin fraglich. Zwar konnten wir mehrmals beide Partner im traditionellen Nest beobachten, eine Eiablage fand dort jedoch nicht statt. Es scheint als wäre Lotte trotz Leos Bemühungen (noch?) nicht wirklich in Brutstimmung.
In der vergangenen Woche bettelte Lotte in der Abenddämmerung mehrmals von einem uns bisher unbekannten Sitzplatz aus und auch die Geräuschkulisse von Kopulationen war mehrfach zu hören. Die Familienplanung scheint also zumindest noch nicht ganz abgeschlossen zu sein, auch können wir eine versteckte Brut hinter dem neuen Sitzplatz nicht ausschließen. Dieser Bereich ist wegen der Vegetation nur sehr schlecht einsehbar aber wegen der gebotenen Vorsicht konnte ich die Situation dort bislang nicht klären. Schon ein einmaliges Verscheuchen vom Gelege verursacht bei Uhus meist die Brutaufgabe, daher gilt es die Neugierde im Zaum zu halten. Unser Interesse an Bildern vom Nest darf den Bruterfolg nicht gefährden.
Die anderen Eifeluhus
Bei den anderen Uhus in der Eifel zeigt sich in diesem Jahr ein sehr unterschiedliches Bild. Viele brüten spät aber wie gewohnt im traditionellen Nest. Bei anderen sind kaum Spuren für die Anwesenheit von Uhus zu finden. Bei etwa einem Drittel der Vorkommen ist noch unklar, ob eine spätere Eiablage noch folgen wird.
Bessere Bildqualität
Für die kommende Woche erhoffe ich mir von einer leistungsstärkeren Antenne eine deutlich bessere Bildqualität. Vielleicht trägt diese dann auch zur Klärung des Brutverlaufs bei.
In jedem Fall bleibe ich dran und hoffe weiterhin auf eine Brut vor der Cam.
Ihr Stefan Brücher
Intensive Balz
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
nun endlich läuft die Cam wieder richtig! Als Belohnung konnten wir und hoffentlich auch Sie direkt am Abend des 17. Februar das Uhupaar in voller Aktion in der Nistmulde sehen (siehe aktueller Videorückblick). Der männliche Uhu ist wie Leo links beringt und benimmt sich auch wie wir es von Leo kennen. Er scharrte laut tuckernd im Nest und die vermutliche Lotte schaute nicht weniger laut rufend zu. Es scheint ganz so, als würden die beiden das Traditionsnest erneut für die Brut wählen.
Wie wir vermuteten, hat sich die dramatische Waschbärattacke auf den Uhunachwuchs der vergangenen Jahres dem Gedächtnis der beiden Altvögel nicht abschreckend eingeprägt. Sie hatten das Geschehen nicht beobachtet und daher gilt wohl auch bei den Uhus „Business as usual”.
Anders als erhofft, war der Waschbär damals vermutlich kein einsamer Wanderer und nur auf der Durchreise. Jedenfalls konnten wir in diesem Jahr schon dreimal einen Waschbären im Nestbereich der Uhus beobachten. Aufgrund der lückenhaften Videoübertragung wissen wir nicht, ob sich Waschbär und Uhus schon begegnet und dabei vielleicht aneinandergeraten sind. Zumindest einmal ist der Waschbär auch auf der Fläche vor der Nistmulde entlanggelaufen.(Video) Vermutlich haben die Uhus dies nicht gesehen und konnten die Gelegenheit für einen Überraschungsangriff leider nicht nutzen.
Der Waschbär ist in Deutschland eine aus Nordamerika eingeschleppte invasive Art. Deshalb sehen wir Brutverluste durch Waschbären nicht einfach als ein naturimmanentes und hinzunehmendes Geschehen. Die örtlichen Jäger im Revier von Lotte und Leo sind bemüht den Waschbären nachzustellen. Zusätzlich haben wir die Möglichkeit abwehrende Duftstoffe im Zugangsweg des Bären zu deponieren.
Nun ist jedoch erstmal intensive Balz angesagt, ich wünsche uns schöne Beobachtungen.
Ihr Stefan Brücher
Mehr schlecht als recht
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
nach den ersten zehn Tagen ist die Bilanz des Live-Streams sehr ernüchternd. Oft kommt die LTE-Übertragung erst gar nicht zu Stande, und falls doch, reißt sie auch schnell wieder ab. Es ist genau so, wie wir es schon häufig erlebt haben: neue Technik, neue Probleme. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Übertragung nach und nach zu verbessern. Seien Sie bitte versichert, wir bleiben dran!
Von unseren Uhus lässt sich nicht viel Neues berichten. In jedem Fall ist ein Paar vor Ort. Weitere Einzelheiten können wir noch nicht beurteilen.
Ihr Stefan Brücher
Wieder online!
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
nun endlich läuft die Uhu-Webcam wieder. Nach sechs Monaten „Entzug“ können wir wieder Livebilder vom traditionellen Uhubrutplatz an der Ahr übertragen. Wie auf Bestellung waren am frühen Abend des 17. Januar 2022 schon Rufe eines männlichen Uhus und in den Morgenstunden des 18.01.2022 beide Uhus zu hören.
Die neue, auf dem LTE-Netz basierende Übertragungstechnik birgt leider Schwankungen in der Verbingungsqualität, und auch die Stromversorgung steht noch auf wackeligen Beinen. Unterbrechungen sind durchaus möglich, aber dennoch bin ich sehr erleichtert, dass die Cam nun endlich wieder online ist.
Manche Anwohner der Ahr sprachen mich auf die Webcam an; sie wünschen sich die Livebilder aus der Felswand als kleines Zeichen einer noch weit entfernten Normalität zurück. „Es wäre ein gutes Zeichen“, sagen viele Menschen aus der Region.
Viele Häuser sind unbewohnt, die Straße am Ahrufer ist teils nur noch einspurig vorhanden, der Fluss transportiert noch immer eine braune Brühe.
Die groben Aufräumarbeiten im Ahrtal sind schon weit fortgeschritten, das Flussbett ist wiederhergestellt. Dort, wo es wilde unzugängliche Bereiche gab, ist jetzt alles kahl. Es sieht hier aus wie in einer frisch angelegten Parkanlage. Die Bagger räumen auf, können jedoch keine Natur wiederherstellen. Allenfalls vermögen sie leichte Unregelmäßigkeiten im linearen Verlauf der Uferböschung zu modellieren. Das nun glattgezogene Erdreich giert nach sprießendem Grün, damit sich die Wunden zumindest optisch etwas schließen und alles etwas lebendiger wirkt. Es wird dauern.
Noch wissen wir nicht, ob Leo noch Leo und Lotte noch Lotte ist. Warten wir es ab.
Ihr Stefan Brücher
Das Ahrtal ist nicht mehr so wie wir es kannten
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
das Ahrtal ist nicht mehr so wie wir es kannten. Unglaubliche Verwüstungen und menschliche Tragödien ereigneten sich am 85 km langen Fluss.
Schon am Oberlauf, nur wenige Kilometer unterhalb der Quelle, sind Brücken zerstört und Häuser beschädigt worden. Je weiter Fluss abwärts, umso größer sind die Schäden. Auch im Sichtfeld unserer Cam fließt die Ahr nun in einer blankgeputzten Fels- und Geröllrinne.
Alles Erdreich und das gewohnte Grün am Ufer sind verschwunden, fast nichts ist so geblieben wie zuvor. Das Leben am und im Fluss wird in weiten Bereichen von vorne beginnen müssen. Viele Menschen haben Angehörige verloren, stehen vor dem finanziellen Ruin oder sind traumatisiert, kehren dem Tal den Rücken zu oder fragen sich zumindest, ob es einen Sinn hat nochmals neu anzufangen. Wie hoch ist das Risiko von weiteren Fluten? Suchen sie aufgrund von Klimaveränderungen das Ahrtal nun häufiger heim? Nach 1601, 1804 und 1910 gab es erst 2016 ein sogenanntes „Jahrhunderthochwasser“.
Die letzten Aufnahmen unserer Webcam zeigen wie die braunen Fluten immer weiter ansteigen, wie Treibgut die Brücken rammt, wie Container einen Weg über oder unter der Brücke nehmen. Danach beendete der Stromausfall weitere Aufnahmen. Dann wurde die für die Übertragung des Live-Streams notwendige Elektronik überflutet und unter einem halben Meter Schlamm begraben. Das Haus, in dem die Cam an das Internet angeschlossen war, stand – obwohl etwas höher gelegen – bis Oberkante Erdgeschoss im Wasser. Strom-, Kanal-, Wasser- und Telekommunikationsnetz sind nur noch in Relikten vorhanden.
Es gibt noch keine Schätzung, wann diese Infrastruktur wieder funktionieren könnte. Die größeren Siedlungen an der Ahr werden möglicherweise vorrangig wiederhergestellt. Dennoch werden wir irgendwann mit unserer Cam wieder auf Sendung gehen und neben den Uhus auch Zeichen des Wiederaufbaues sehen können. Bitte schauen Sie von Zeit zu Zeit, ob die Cam vielleicht schon wieder läuft.
Immer noch fassungslos über das Ausmaß dieser Katastrophe
Ihr Stefan Brücher
Uhubestand und invasive Arten
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
mit ein paar Tagen Abstand und nach dem Lesen von einigen Hundert Zuschriften möchte ich heute noch einige Informationen nachtragen:
Manche Zuschauer äußerten die Sorge, der Waschbär wäre mit dem Vorgang der Beringung möglicherweise auf die Spur des Uhunestes gebracht worden. Doch in dieser Hinsicht besteht kein Grund zur Sorge, denn den Uhubrutplatz erkletterte ich von unten her, der Waschbär aber kam von oben. Waschbären suchen ihre Nahrung auch geruchsorientiert, und Uhunester riechen sehr stark. Selbst für mich ist dieser Geruch oft schon viele Meter „gegen den Wind“ wahrzunehmen. Für Waschbären und Füchse ist die Fahne vom Uhunest sicherlich schon auf große Entfernung leicht zu bemerken. Zusätzlich können auch Marder und Dachse durch starken Geruch auf Uhunester aufmerksam werden. Mit diesem Risiko leben Uhus seit Jahrtausenden.
Im Laufe der Evolution war es jedoch anscheinend kein zu großes Risiko für die Uhubruten. Die Uhus hätten dagegen aber auch nicht viel unternehmen können. Zu Beginn der Brutzeit fressen die Uhuweibchen nicht im Nest; sie koten dort auch nicht. Die ersten Gerüche entstehen erst nach dem Schlupf. Dann haben die Uhus keine Möglichkeit, Gerüche zu verhindern. In einem bestimmten Zeitraum der Jungenaufzucht entfernen die Uhuweibchen die abgefressenen Skelette der Nahrungstiere. Dies konnten wir vor der Webcam schon mehrfach beobachten. Die Uhus versuchen möglicherweise auf diese Weise eine starke Geruchsentwicklung zu vermeiden. Bei anderen Vogelarten ist es ähnlich: Zu Beginn der Brut entfernen z.B. auch Singvögel den Kot der Jungen, aber später können sie die Menge nicht mehr abtransportieren und die Kleinen koten einfach aus dem Nest oder aus der Bruthöhle. Es ist dann eine verräterische Phase, die mit Glück überstanden werden kann oder auch nicht.
Warum war Lotte nicht zur Stelle?
Zu Beginn unserer Webcam-Übertragungen ab 2008 war Lottes Leben etwas leichter. Ihr damaliger Brutpartner Heinzl brachte deutlich mehr Nahrung ins Nest als Leo. Deswegen konnte Lotte viel intensiver auf die Jungen auspassen. Heinzl zeigte auch noch andere Fähigkeiten, die wir bislang bei Leo nicht gesehen haben. Heinzl brachte regelmäßig Jungfüchse ins Uhunest. Dann hatte die Familie für mehrere Tage genug Nahrung. Auf diese Weise schaltete er einen Konkurrenten um die gleiche Nahrung aus, der auch nicht mehr für Nachwuchs sorgen konnte. Erst in den Jahren mit Leo musste Lotte abwägen, ob sie sich auf den Jagderfolg des Männchens verlassen und umso mehr aufpassend bei den Jungen sein kann oder bei Nahrungsmangel selbst jagen muss. Mehrere Jahre in Folge entschied sie, die Jungen viel früher als in erster Ehe alleine zu lassen. Diese Entscheidungen waren bisher richtig. Ohne ihre Beteiligung an der Jagd wären in den vergangenen Jahren Küken verhungert. Sehr oft dachte ich, „hoffentlich geht das gut“ und befürchtete, „das wird nicht immer gutgehen“.
Trauert Lotte?
Im aktuellen Videorückblick sind drei Videos von Lottes Rückkehr nach der Waschbärenattacke zu sehen. Diesen Aufnahmen nach zu urteilen, realisiert Lotte das Verschwinden der Jungen nicht wirklich. Sie frisst an den Überresten ihrer Jungen, und kurz darauf sucht sie wieder nach den Küken und „tuckert“, um sie zur Fütterung anzulocken. Erst im Laufe der Tage flaut das „Programm Jungenaufzucht“ allmählich ab. Dies ist kein sonderlich intelligentes Verhalten. Nach meinem Dafürhalten sollten wir nicht zu viele Regungen, wie wir sie von höheren Säugetieren oder anderen besonders intelligenten Arten kennen, in Lotte hineininterpretieren. Wir laufen Gefahr, zu viel aus unserer Welt in die der Uhus zu übertragen.
Neue Brutnische?
Unser langjähriges Monitoring von mehreren tausend Uhubruten liefert keinen statistisch eindeutigen Hinweis auf einen Brutplatzwechsel als Reaktion auf Brutverluste. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass Lotte und Leo wegen der erfolgten Waschbärattacke im nächsten Jahr einen anderen Brutplatz wählen. Es gab kein traumatisches Schreckerlebnis im Nestbereich, das sich beiden nachhaltig eingeprägt haben könnte. Es scheint so, als würde sich Lotte dort nach wir vor ausreichend sicher fühlen. Sie schien nach der Attacke die Umgebung genau zu betrachten, konnte jedoch nichts Gefährliches bemerken.
Geschlechter bestimmt
Übrigens: Die beiden Lottekinder waren laut Laborbefund Männchen. Der Größenunterschied der beiden hätte also bei einer anderen Geschlechterverteilung noch größer oder auch deutlich kleiner ausfallen können. Sie wissen ja: Bei den Uhus sind die Weibchen das starke Geschlecht.
Wie sieht es bei anderen Uhus aus?
Bei vielen Uhupaaren in der Eifel läuft die Brutsaison 2021 gut; manche haben auch Glück im Unglück: Bei Kall geriet ein Uhuweibchen nachts in einen stromlosen Schafszaun. Es wurde daraus erst am nächsten Nachmittag befreit. Wir haben zwei ihrer Jungen aus dem Nest geholt und zusammen mit der Uhumutter in eine Pflegestation gebracht. Hoffentlich können wir sie bald wieder zurück in ihren Steinbruch bringen und dort freilassen.
Der Uhubestand kann anscheinend viel verkraften
In den vergangenen Jahren machte ich eine Beobachtung, die mir mehr Sorgen bereitet als die Brutverluste durch Fressfeinde: An manchen seit über 30 Jahren dauerhaft von Uhus besiedelten Brutplätzen fand ich keinerlei Anzeichen für die Anwesenheit der großen Eule. Zuvor hatte es zwar an fast allen Brutplätzen einmal Jahre ohne Bruten gegeben. Möglicherweise waren auch einmal Brutpartner gestorben, aber immer blieb zumindest einer im Revier, und im Folgejahr gab es wieder Bruten oder Brutversuche. Das Fehlen jeglicher Anzeichen für eine Anwesenheit von Uhus in diesen für Uhus attraktiven Steinbrüchen gab mir Rätsel auf. Offenbar waren beide Brutpartner spurlos verschwunden. Manchmal wurden aber auch tote Uhuweibchen an Brutplätzen gefunden. Am ehesten könnte eine ansteckende Krankheit die Dinge erklären. Vielleicht das Usutu-Virus? Im Kölner Zoo hatte es in kürzester Zeit alle nordischen Eulenarten ausgelöscht. Den Uhubestand konnte dieses Phänomen jedoch nicht wirklich verringern. Auch im Jahr 2021 wurden zusätzlich neue Areale besiedelt.
Auch andere gebietsfremde Arten verringern den Bruterfolg von Uhus in der Eifel
Zusätzlich zum Waschbär registriert die EGE seit einigen Jahren regelmäßig auch durch Nilgänse und Mufflons ausgelöste Brutaufgaben. Mufflons werden von der Jägerschaft ungeachtet der gesetzlichen Vorgaben geduldet und auch gezielt ausgesetzt um „eine zusätzliche attraktive jagdbare Art im Revier zu haben“. Diese Wildschafe lassen in manchen Felsen keinen Flecken unberührt und laufen durch die Brutnischen des Uhus.
Auch Nilgänse vertreiben brütende Uhuweibchen aus ihren Nestern.
Wenig Bemühungen gegen die invasiven Arten
Es gibt bei dem Thema invasive Arten Bestrebungen von Bund und Ländern, die Ausbreitung dieser Arten zu begrenzen. Zu diesen Arten zählt der Waschbär. Während aber die invasiven Arten Bisamratte und Nutria systematisch bekämpft werden, bleibt der Waschbär zumeist unbehelligt. Bisamratten und Nutrias unterminieren mit ihren Bauen Hochwasserschutzdämme und gefährden so die landwirtschaftliche Nutzung und Siedlungsflächen. Für die Nutria- und Bisambekämpfung unternehmen die staatlichen Stellen dieser wirtschaftlichen Schäden wegen durchaus einige Anstrengungen. Im Falle des Waschbären sind es vor allem ökologische Schäden, die aber mindestens genauso systematisch abgewehrt werden sollten wie wirtschaftliche Schäden. Hier ist dringend ein Umdenken erforderlich. Immerhin wurden aber 2019/2020 in Deutschland mehr als 200.000 Waschbären erlegt. Aus den Bestandsschätzungen von 2013 und 2018 ergibt sich eine Verzehnfachung auf 1,3 Millionen. Rechnerisch wäre also 2019/2020 ca. jeder achte Waschbär getötet worden. . Inwiefern diese „Entnahmen“ überhaupt eine Wirkung haben und sinnvoll sind wird nicht in Frage gestellt .
Mit einer Begrenzung oder gar Verringerung der vermutlich weit unterschätzten Bestände ist wohl nicht zu rechnen.
Ich hoffe, Sie haben weiterhin Interesse an der Uhucam und auch im kommenden Jahr den Mut, die Uhus zu beobachten. Auch zwischen den Bruten sind manchmal schöne Beobachtungen möglich. Die Cam läuft das ganze Jahr hindurch.
Ich trauere immer noch etwas über das plötzliche Ende dieser Jungenaufzucht und schaue dennoch zuversichtlich nach vorne. Im Bemühen den Uhu zu schützen werden wir nicht nachlassen.
Ihr Stefan Brücher
Fragen & Antworten zum Waschbären
Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
Ihnen allen und für jede Zuschrift zu den traurigen Ereignissen vom 18. Mai danke ich Ihnen herzlich. Wir sind so traurig wie Sie. Bei meiner heutigen Beringungstour durch die Eifel begleitete mich ein mehr als flaues Gefühl in der Magengrube. Umso mehr beeindruckt und ermutigt mich die Vielzahl der Zuschriften und der Zuspruch, der darin zum Ausdruck kommt. Herzlichen Dank dafür!
Im Zusammenhang mit der Waschbärenattacke tauchen viele Fragen auf. Manche lassen sich beantworten, einige aufgrund fehlender Erkenntnisse nicht:
Wie stark sind die Eifeluhus von Waschbären bedroht? Aller Wahrscheinlichkeit nach gibt es in der Eifel seit vielen Jahren eine große und stetig wachsende Waschbärenpopulation. Bereits 2017 bemerkten wir das Verschwinden von Junguhus an einigen Brutplätzen. Es schien, als hätte ein knappes Nahrungsangebot die Uhuweibchen dazu gezwungen, ihre noch recht jungen Küken alleine zu lassen, um die Versorgung zu sichern. Dies bot Fressfeinden die Gelegenheit. Nun haben wir eine solche Situation miterlebt.
Soweit wir die Gefahr von Waschbären für die Uhubruten bisher überblicken, unterscheidet sie sich etwas von der Gefahr durch Füchse. Das Temperament von Waschbären ist sicherlich dickfälliger, problematisch ist auch ihre Nahrungssuche in der Gruppe. Erst vergangene Woche berichtete mir ein Uhuschützer aus dem Bergischen Land von seinen Beobachtungen mittels Wärmebildfernglas: Drei Waschbären versuchten ans Uhunest zu kommen und nutzten dabei geschickt die Deckung von Sträuchern. Nur wo die Uhus freien Anflug hatten, konnten sie den Fressfeind abwehren. Trotz der Hartnäckigkeit der Waschbären gelang es den Uhus dieses Mal, ihre Jungen zu schützen. Zeit für die Jagd hatten die Uhus in dieser Nacht kaum, das Weibchen jagte nicht.
Die Uhupopulation ist sehr dicht. Die Eifel ist ein Dichtezentrum der Uhus in Deutschland. Über ihren Fortbestand mache ich mir keine ernsten Sorgen. Manche Brutplätze sind für Waschbären gut erreichbar andere weniger. In manchen Uhurevieren ist viel Nahrung verfügbar. Dann können die Weibchen länger auf ihre Jungen auspassen. Immer wieder habe ich gesehen, wie gut Uhus vielen Herausforderungen gewachsen sind. Oft habe ich mir Sorgen gemacht und noch häufiger habe ich festgestellt, dass die Uhus mehr können und besser sind als wir ihnen zutrauen.
Lotte wird in diesem Jahr nicht noch einmal Eier legen. Nachgelege machen Uhus nur, wenn ihr Erstgelege in den ersten Wochen der Bebrütung scheitert.
Lotte fraß an den Überresten der Jungvögel und schluckte dabei einen Fuß mit Ring. Da Uhus auch relativ große Schädel von Beutetieren komplett verschlucken und diese dann als Gewölle wieder ausspeien, mache ich mir darüber keine Sorgen.
Brutplätze in Felsen vor Waschbären zu schützen, ist kaum möglich.
Uhus können Waschbären abwehren, vielleicht sogar töten. Aber die Uhus müssen den Angreifer rechtzeitig wahrnehmen. Meines Wissens wird man die Waschbären in Deutschland auch mit rigoroser Bekämpfung vermutlich nicht durchgreifend zurückdrängen können. Waschbären leben in sozialen Verbänden und unterliegen einer internen Geburtenkontrolle. Im Normalfall bekommen nur mehrjährige Weibchen Nachwuchs. Werden diese z.B. durch Fang oder Abschuss getötet, vermehren sich auch alle jüngeren und besetzen die Leerstellen.
Der Waschbär ist in Deutschland eine aus Nordamerika vom Menschen eingeschleppte Art, die im letzten Jahrhundert aus Gefangenschaftshaltungen entwischt sich in den heimischen Ökosystemen etabliert hat. Den Waschbären fällt eine große Zahl Individuen bei uns heimischer, auch bestandsbedrohten Arten zum Opfer. Dazu zählen nicht nur Vögel, sondern auch Amphibien, Reptilien und andere Artengruppen.
Manche Bereiche unserer Natur sind den Waschbären noch viel schutzloser ausgesetzt als wir es bei unseren Uhus beobachten können. Lutz Dalbeck von der Biologischen Station in der Nordeifel berichtete beispielsweise von wahren Massakern an flachen Teichen. Hunderte angebissene Amphibien lagen am Ufer. Nur die leckersten Teile waren herausgebissen, viele Tiere lebten noch ein bisschen. Sie hatten den Instinkt, sich bei Gefahr im Schlick zu verstecken, ein für die europäischen Fressfeinde wirksames Verhalten. Waschbären jedoch Tasten den Schlick durch und finden so jedes Leben. Wenn sie in der Gruppe Nahrung suchen, können sie ganze Teiche leeren.
Am Abend des 18. Mai kam der Waschbär erneut ins Uhunest und fraß an den Überresten der Uhus. Lotte und Leo waren offensichtlich wieder nicht in der Nähe und bemerkten den Fressfeind auch dieses Mal nicht. Später kamen sie mit Nahrung und fanden keine Abnehmer dafür. Es scheint so, als benötigen sie noch etwas Zeit, um die Situation zu realisieren. Was wir begreifen nennen, ist ihre Stärke nicht und dennoch sind sie auf ihre Weise unglaublich gut.
Keinesfalls möchte ich Ihnen ans Herz legen, die Videoaufnahme vom Zugriff der Waschbären anzusehen. Vorenthalten möchte ich Ihnen dieses Dokument gleichwohl nicht. Es ist aber nichts für schwache Nerven. Hier geht es zum Video.
Ihr Stefan Brücher
Unsere Uhu-Webcams
Liebe Besucherinnen und Besucher,
gerne machen wir Sie darauf aufmerksam, dass sich der Umzug der Webcam-Seiten noch in der finalen Phase befindet. Wir arbeiten derzeit daran, die letzten Inhalte der alten Instanz auf diesen neuen Seiten erreichbar zu machen, damit Sie ein optimales Nutzererlebnis genießen können. Die bisherigen Seiten sind bis dahin noch immer hier zu erreichen.
Bei Fragen oder Anregungen können Sie uns jederzeit kontaktieren – wir freuen uns darauf, von Ihnen zu hören!
Herzliche Grüße
Das Team der EGE