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Nachrichten2023-10-24T09:04:33+02:00

Gedanken an Reiner Schopf

13. August 2024|

Reiner Schopf ist tot. Er starb am 8. August 2024 im Alter von 86 Jahren. Schopf, Jahrgang 1938, war nach Gärtnerlehre und vierjährigem Dienst in der Bundesmarine von 1973 bis 2003 der Vogelwart der Insel Memmert südwestlich der ostfriesischen Insel Juist. Dort sorgte er für ein Ende vermeintlicher Privilegien Juister Wassersportler, Angler und Jäger und für einen ganzjährigen Schutz der Seevögel. Nach dem Ausscheiden aus dem Dienst blieb Schopf ein ebenso unbestechlicher wie unbequemer Beobachter, Analyst und Mahner des Naturschutzes. Wie kaum ein anderer beklagte er die Kommerzialisierung des Wattenmeeres als Kapital und Kulisse der Tourismuswirtschaft und die damit verbundenen Folgen für die Welt der Strand-, Wasser- und Seevögel. Ob man sich im Weltnaturerbe Wattenmeer zu einer Würdigung des streitbaren Vogelschützers entscheiden wird, bleibt abzuwarten.

Im deutschen Nachrichtenportal T-Online gab es einen Tag vor Schopfs Tod einen gleichsam vorgezogenen Nachruf auf die vor hundert Jahren zum Naturschutzgebiet erklärte Insel des Vogelwarts: Memmert sei „dem Untergang geweiht“. Wegen des steigenden Meeresspiegels habe das Eiland „keine Chance auf Rettung“. In 75 Jahren werde von Memmert nichts mehr zu sehen sein.

Schopf war für einen solchen Alarmismus unempfänglich. Schopf wusste, dass der Meeresspiegel der südlichen Nordsee nicht erst seit heute und gestern, sondern seit 12.000 Jahren steigt; derzeit pegelmessungsbasiert um mäßige 1,7 mm im Jahr. Dünenabbrüche und Anlandungen gehören zur Dynamik des Wattenmeeres. Das ist auf Memmert und der benachbarten Sandbank namens Kachelotplate eindrücklich zu beobachten. Einige Juister Geschäftsleute fantasierten bereits von schicken Restaurants, Edelboutiquen, Discos und Nachtclubs auf der auf Memmert zu wachsenden Kachelotplate. Memmert und Kachelotplate sind Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer. Dazu zählt auch die Reihe der sieben ostfriesischen Inseln. Sie aber werden wie die Küste mit einem gewaltigen Aufwand an Technik, Material, Gerät und Kosten gesichert.

Der Bericht über den „unaufhaltsamen Untergang“ Memmerts enthält noch weitere Besonderheiten: Ein Inselbauwerk aus den 1930er Jahren verortet der Bericht in die Zeit des Ersten Weltkriegs. Das dazugehörige Foto wurde unter Verletzung des Urheberrechts verwandt. Der im Bericht zitierte vermeintlich derzeitige Direktor der niedersächsischen Küstenschutzbehörde ist seit 2016 im Ruhestand. Auf manche Art Berichterstattung lässt sich verzichten. Reiner Schopf hingegen wird schon jetzt schmerzlich vermisst.

Naturschutz im Abseits

5. August 2024|

Die Bundesregierung arbeitet an der Einführung einer probabilistischen Methode zur Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit von Fledermäusen und Vögeln an Windenergieanlagen. Von der Konzeption einer solchen Methode könnte der Schutz der an Windenergieanlagen kollisionsgefährdeten Arten abhängen. Andere artenschutzrelevante Bedingungen für die Zulassung von Windenergieanlagen hat der Bundesgesetzgeber bereits vor zwei Jahren systematisch eingeschränkt. Kritiker befürchten, dass die Ausgestaltung der probabilistischen Methode für die Windenergiewirtschaft zu ungerechtfertigt günstigen Ergebnissen führen und der Artenschutz noch mehr an Boden verlieren könnte.

In einer Unterarbeitsgruppe der Umweltministerkonferenz mit Beteiligung von Behörden und Windenergiewirtschaft laufen dem Vernehmen nach bereits seit Juli Gespräche, die bis Ende November 2024 fortgesetzt werden und die Einführung der Methode vorbereiten sollen. Die deutschen Vogelschutzwarten sind an der Erarbeitung der probabilistischen Methode bezeichnender Weise nicht beteiligt. Das ist für Insider keine Überraschung. Die Bundesministerien für Wirtschaft und Naturschutz waren schon bei Regierungsantritt an der Expertise des wissenschaftlichen Vogelschutzes nicht sonderlich interessiert. Die Forderung, „hört auf die Wissenschaft!“, gilt nicht für den Naturschutz und schon gar nicht, wenn dabei ein Schatten auf die Transformationsprojekte der Bundesregierung fallen könnte.

Dem Vernehmen nach ist dem NABU Deutschland regierungsseitig Gelegenheit geboten worden, an den Gesprächen der Arbeitsgruppe teilzunehmen. Allerdings heißt es, der NABU habe eine Teilnahme „aus Kapazitätsgründen“ abgelehnt. Das erstaunt insoweit, weil der NABU-Bundesverband 350 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt und sich sein Jahresumsatz auf 77 Millionen Euro beläuft. Vielleicht vertraut der NABU darauf, dass Bundesregierung und Windenergiewirtschaft dem Naturschutz gewogen sind und es der Mitwirkung des NABU gar nicht bedarf. Dabei sollte man inzwischen auch in den großen Umweltverbänden verstanden haben, dass die Bündnisgrünen wie andere Parteien keine natürlichen Verbündeten des Natur- oder Vogelschutzes sind und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.

War Seeadler im Weg? Polizei ermittelt

5. August 2024|

Ende Juni/Anfang Juli 2024 wurde in einem Wald im niedersächsischen Landkreis Gifhorn ein Baum gefällt. Das kommt vor und ist nicht schon zu beanstanden. Im Baum befand sich allerdings, auch für einen Unkundigen leicht erkennbar, ein Seeadlernest und darin ein noch nicht flügger Jungvogel. Der Jungvogel kam bei der Aktion offenkundig so schwer zu Schaden, dass er nicht mehr zu retten war und eingeschläfert werden musste. Dass die Fällung im Zusammenhang mit einem Windparkprojekt steht, kann die Polizei nicht ausschließen. Sie sucht nun in dem eingeleiteten Strafverfahren nach Zeugen wegen des Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

In dem betreffenden Gemeindegebiet war die Planung von Windenergieanlagen 2016 an der Anwesenheit von Seeadlern gescheitert. Sollte mit der Fällung der Weg für Windenergieanlagen freigemacht werden, hätte es einer solchen Straftat gar nicht bedurft. Der Bundesgesetzgeber hat nämlich vor zwei Jahren auf Betreiben der bündnisgrünen Bundesminister für Wirtschaft und Naturschutz das Artenschutzrecht so radikal verändert, dass die Existenz eines Seeadlers oder jedes anderen an Windenergieanlagen stark kollisionsgefährdeten Vogels kein Zulassungshindernis für solche Anlagen mehr darstellt. Die Bundesregierung sollte insofern ihre „Erfolge“ besser kommunizieren, damit auch dem letzten in diesem Land klar wird, dass beim Ausbau der Windenergiewirtschaft Artenschutz kein sonderlich gewichtiger Belang mehr ist, sich jedenfalls zur Überwindung dieses Belanges Straftaten erübrigen. Bisher (Stand 09.08.2023) sind in Deutschland 269 Seeadler als Kollisionsopfer an Windenergieanlagen registriert worden.

Leuchttürme abseits der Küste

25. Juli 2024|

Der Ort, an dem sich die nachstehende Begebenheit zugetragen hat, liegt am Rande der Eifel, selbstredend einige hundert Kilometer fern der Küsten und Meere. Und doch gibt es am Ort einen Leuchtturm. Genau genommen sogar zwei. Das erfährt Doris Siehoff, die in diesem Teil der Kölner Bucht für die EGE Steinkäuze schützt. Bei ihr meldet sich die Besitzerin des örtlichen Reiterhofs mit den Worten: „Käuzchen sitzt im Leuchtturm“. Doris Siehoff, die in der Gegend jeden Kauzenwinkel kennt, aber von keinem Leuchtturm weiß, braucht etwas Zeit, um die Hintergründe des Notrufs aufzuklären: Die beiden Leuchttürme sind Schifffahrtszeichen nachgebildete Rohre; sie begrenzen ein Hindernis, das die Pferde im Turnier zu überwinden angehalten sind. Der Kauz säße in einem der oben offenen Türme und finde nicht mehr heraus. Der Kauz muss unfreiwillig hineingeraten sein oder sie als Tagesversteck missdeutet haben, vermutet Doris Siehoff und rät der Dame, den Kauz zu befreien. Dieser würde dann gewiss sofort wegfliegen. Vermutlich handele es sich um einen schon flugfähigen jungen Kauz, der vor sechs Wochen zusammen mit drei Geschwistern auf dem Reiterhof beringt worden sei.

Eine Zeit später meldet sich die Anruferin erneut: Sie habe beide Türme umgelegt. In dem einen Rohr hätten zwei Käuze gesessen. Nachdem sie das Rohr umgelegt habe, sei ein Kauz unverzüglich davongeflogen, der andere etwas zögerlich erst nach Ermunterung. Auch im zweiten Leuchtturm habe sich ein – allerdings toter – Kauz befunden. Am Fuß des Leuchtturms mit den noch lebenden Käuzen hatte sich zuvor der Hund der Dame grabend zu schaffen gemacht. Letztendlich verdanken die beiden Käuze ihm ihre Rettung. Die Leuchttürme sind inzwischen entfernt, damit sie Käuzen nicht erneut zum Gefängnis oder Grab werden können. Ob der tote (vermutlich verhungerte) Kauz auf hoher See bestattet wurde, ist nicht bekannt.

AG-Eulentagung 2024 im Land Brandenburg

19. Juli 2024|

Bis zur 39. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen e. V. (AG Eulen) am 15.-17. November 2024 ist es noch eine Weile hin. Die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) weist aber gerne schon jetzt auf diese Veranstaltung hin. Die Tagung findet in D-14554 Seddiner See in Brandenburg statt. Die Veranstaltung befasst sich u. a. mit der Ökologie des Uhus in Thüringen, dem Schutz und der Gefährdung des Rauhfußkauzes in Deutschland und der Bestandsentwicklung des Steinkauzes im Land Brandenburg. Das Tagungsprogramm und die Anmeldeinformation finden Sie auf der Website der AG Eulen.

Späte Uhubrut an der Ahr

26. Juni 2024|

Das Ahrtal ist für ausgezeichnete Spätburgunderweine bekannt, bei Stefan Brücher aber auch für späte Uhubruten. So legte dort im letzten Jahr Webcam-Uhu Lotte erst am 16. April ein erstes Ei. Anzeichen, dass es sich um ein Nachgelege hätte handeln können, gab es nicht. Und in diesem Jahr, genau gesagt am 17. Juni 2024, traf Stefan Brücher an der Ahr erneut auf eine spät begonnene Brut. Dieses Mal 60 Kilometer ahraufwärts. Im Nest befanden sich zwei junge Uhus. Dem Entwicklungsstand zufolge war der eine 27, der andere 19 Tage alt. Ein großer Altersunterschied also und ausweislich des Belegfotos ein beträchtlicher Größenunterschied. Daraus errechnet sich der 15. April 2024 als Brutbeginn.

Junger Uhu © Stefan Brücher

Stefan Brücher hat das seltsame Geschwisterpaar beringt und ihre Daten in die Statistik der Bruten der Eifeluhus eingefügt, die lückenlose Daten aus mehr als 40 Jahren umfasst. Stefan Brücher war im März bei der Montage eines Schleiereulenkastens verunglückt und in der diesjährigen Uhu-Saison verletzungsbedingt nur eingeschränkt einsatzfähig. Dennoch gelang es dank unterstützender Ornithologen, das Uhumonitoring in der Eifel auch in diesem Jahr durchzuführen, auch wenn an den meisten Brutplätzen eine Beringung nicht möglich war. 55 Uhus hat Stefan Brücher dennoch beringen können. Dazu gehören auch die beiden späten Uhus von der Ahr. Ihre Eltern haben, fast scheint es so, auf Stefan Brüchers Genesung gewartet.

Sieben auf einen Streich

7. Juni 2024|

In wie viele Steinkauzröhren Doris Siehoff in den letzten 20 Jahren wohl schon geschaut hat? Es müssen viele Hundert gewesen sein. „Aber in all den Jahren entdeckte ich darin erst ein einziges Mal eine Brut mit sieben jungen Steinkäuzen. Das war 2019, aber einer der Käuze war arg mager“, sagt die Steinkauzschützerin aus dem Kreis Düren. Nun, 2024, ist das Glück vollkommen. Ein weiteres Mal trifft Doris Siehoff auf sieben Käuze (im Bild oben). Dieses Mal an einem anderen Brutplatz im Kreis Düren, aber alle sieben Jungvögel sind gut genährt. Dabei ist die Situation in diesem Revier derzeit keineswegs ideal. Im Gegenteil. Die Röhre hängt in einer Eiche unter einer Hochspannungsleitung nahe einer Kreisstraße (Bild unten).

Steinkauzbiotop © Kerstin Vasters

Das Kasteninnere ist mehr nass als feucht. Und weit und breit steht nur meterhohes nasses Gras. Was die Altvögel hier an Nahrung für die Jungen fangen? Weiß der Himmel; vermutlich sind es Regenwürmer. Das würde auch das feuchte Milieu im Inneren der Röhre erklären. Doris Siehoff hofft auf ein Wetter zum Heumachen. Die Käuze brauchen jetzt kurzrasiges Grünland für die Jagd auf Mäuse, um sieben Jungvögel sattzubekommen.

Neue Ausgabe von „Nationalpark“ erschienen

6. Juni 2024|

Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Nationalpark“ gilt den Flüssen (und Bächen), den Lebensadern der Landschaft. Die Reihe der Fließgewässer eröffnen drei Beiträge über die Oder, genaugenommen die Oder im Nationalpark Unteres Odertal. Es folgt ein Bericht über „Wandernde Riesen und sesshafte Zwerge“; der Beitrag befasst sich mit dem Schicksal der einst häufigen großen Fischarten im Oberlauf der Donau. Ein weiterer Beitrag beschreibt das Vogelparadies am unteren Inn: den dort durch Stauhaltungen entstandenen neuen Urwald. An Naturschutzerfolgen an Flüssen fehlt es nicht: Die Entfesselung der Schunter in Niedersachsen ist ein respektables Beispiel dafür. Das Heft ist ein Plädoyer für den Schutz der Bäche und Flüsse. Aber auch eine Anklage des Umgangs mit Deutschlands kürzestem Strom: Der Ems an ihrem Ende. Mit einer Reiseempfehlung an die untere Havel setzt das Heft einen positiven Schlusspunkt, denn eine lange Strecke dieses Flusses hat dank ergriffener Renaturierungsmaßnahmen an Naturnähe gewonnen.

Die Zeitschrift „Nationalpark“ berichtet auf 46 Seiten viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, große Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift leistet sich, was in der deutschen Zeitschriftenlandschaft eine Ausnahme ist: einen unabhängigen, kritischen und fundierten Blick auf die Sache des Naturschutzes. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die der Journalist Horst Stern für sie gefunden hat: „Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen“. Vielleicht möchten Sie der Zeitschrift zu ihrem 50sten Geburtstag mit einem Abonnement gratulieren, dass sie dieses Versprechen bist heute eingelöst hat, wenngleich die Zeitschrift seit langer Zeit auf Recyclingpapier gedruckt ist. Zur aktuellen Ausgabe gelangen Sie hier.

Augenabnormitäten beim Steinkauz

29. Mai 2024|

Sind einäugige Eulen oder – sagen wir treffender – Eulen mit eingeschränktem Sehvermögen in der Natur überlebensfähig? Dieser Frage ist Doris Siehoff bereits 2011 in einem Aufsatz im Eulen-Rundblick nachgegangen. Damals waren im Kreis Düren zwei einäugige Steinkäuze entdeckt worden, die sich trotz ihrer Behinderung in der Natur gut behaupteten.

Doris Siehoff: Augenabnormitäten beim Steinkauz Athene noctua und anderen Eulenarten oder: Sind einäugige Eulen in der Natur überlebensfähig? – Aufsatz im Eulen-Rundblick

Im Mai 2024 ist im Kreis Düren ein dritter einäugiger Steinkauz (s. Foto) entdeckt worden. Es handelt sich um ein Weibchen. Doris Siehoff hatte es im Jahr 2020 nestjung – ohne Augenabnormität – beringt. Jetzt wurde es bei seinen drei wenige Tage alten Jungvögeln in einer Niströhre angetroffen. Die Entfernung zwischen dem Beringungsort in Inden-Viehöven und dem aktuellen Brutplatz des Kauzes in Kreuzau-Leversbach beträgt ca. 20 km. Die Beobachtung bestätigt die Annahme, dass einäugige Steinkäuze in der Natur überlebensfähig sind. Dort, wo Doris Siehoff den Kauz 2020 beringt hatte, hatte sie bereits im Juni 2008 ein einäugiges Steinkauzweibchen festgestellt.

Einäugiger Steinkauz © Alexandra Schieweling

Rückkehr der Habichtskäuze

28. Mai 2024|

Nach über hundert Jahren brüten wieder Habichtskäuze in Deutschland außerhalb des Nationalparks Bayerischer Wald und seines Umfeldes. Im Naturpark Steinwald wurden in diesem Frühjahr zwei Brutpaare mit insgesamt fünf Jungvögeln entdeckt. Dieser Erfolg ist das Ergebnis eines vor acht Jahren gestarteten Wiederansiedlungsprojekts des Vereins für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität e.V. (VLAB). „Die beiden Freilandbruten sind eine großartige Nachricht. Sie zeigen, dass sich die Habichtskäuze in ihrer alten Heimat in Nordostbayern wohlfühlen und wir auf gutem Weg sind“, so die Projektleiterin Michaela Domeyer.

Seit Beginn der Wiederansiedlung hat der Verein insgesamt 83 junge Habichtskäuze nach einer Eingewöhnungsphase in den Mittelgebirgswäldern Nordostbayerns ausgewildert. Die aus zoologischen Einrichtungen stammenden Vögel sollen sich in den Wäldern des nordostbayerischen und nordwestböhmischen Mittelgebirges ausbreiten.

Die Rückkehr der Habichtskäuze stellt einen bedeutenden Beitrag zum Artenschutz und zur Förderung der biologischen Vielfalt in Deutschland dar. Der VLAB plant, das Projekt auch in den kommenden Jahren fortzuführen. Dabei soll verstärkt bei Forstbetrieben und Waldbesitzern für den Erhalt von Totholz und alten Bäumen mit großen Höhlen geworben werden, die als wichtige Bruträume dieser faszinierenden Eulenart dienen.

Kein leichter Start für Steinkäuze

24. Mai 2024|

Wie wird es in der laufenden Brutzeit den Steinkäuzen in Deutschland ergehen? Im kalten und regnerischen April hatten die Käuze in der Niederrheinischen Bucht keinen leichten Start in die Brutsaison. Doris Siehoff und Peter Josef Müller hoffen darauf, dass jetzt, nachdem die ersten Käuze geschlüpft sind, Wiesen gemäht und Weiden beweidet werden, damit die Kauzeltern im kurzen Gras erfolgreich Mäuse und andere Kleintiere jagen können. Denn steht das Gras hoch, bleibt der Jagderfolg häufig aus mit bösen Konsequenzen für die ewig hungrigen Steinkauzküken. Doris Siehoff ist für den Kreis Düren verhalten optimistisch. Warten wir ab, sagt sie, wie sich die Dinge in den nächsten Wochen entwickeln.

Am Nordrand der Eifel im Kreis Euskirchen ist Peter Josef Müller auf einige verwaiste Reviere gestoßen. Entlang der Erft rechnet er mit einem Rückgang der Bestände. Landwirte geben die Weidetierhaltung auf, die Tiere stehen oft ganzjährig im Stall oder enden im Schlachthof. Was soll der Landwirt dann mit dem Grünland anstellen, zumal wenn darauf noch der eine oder andere Baum steht. Soll das Grünland zum Acker werden, stören die Bäume und die darin brütenden Steinkäuze. Peter Josef Müller berichtet von einem schlimmen Vorgang: Rund um einen Baum ist die Grasnarbe abgeschoben, das Terrain um den Brutplatz mit Splitt angefüllt und zum Stellplatz für landwirtschaftliche Geräte hergerichtet worden. Damit nicht genug: Um den Brutbaum wurde ein Graben gebaggert; auf diese Weise sind nun die flachen Wurzeln des Baumes gekappt. Es ist der einzige Baum am Hof. Was soll man tun? Den Fall zur Anzeige bringen und auf behördliches Eingreifen hoffen? Steinkauzschützer sind auf die Kooperationsbereitschaft der Grundeigentümer angewiesen. Da ist mit einer Anzeige rasch alles verdorben. Müllers Bitte aus den Vorjahren, hier ein paar neue Bäume pflanzen zu dürfen, lehnte der Landwirt ab.

An einem anderen Brutplatz mussten Peter Josef Müller und Johannes Ismar ein Steinkauzbrutpaar samt Gelege evakuieren. Das brütende Weibchen war arg mit Grabmilben befallen (siehe Foto). Ein Befall, der ohne medizinische Behandlung einen tödlichen Verlauf nehmen würde. Vorsorglich wurde auch das Männchen aus der Nisthilfe genommen. Grabmilben treten erst in den letzten sechs, sieben Jahren vermehrt bei Steinkäuzen und auch Schleiereulen auf. Man kennt den Befall von Wellensittichen. Vielleicht begünstigt die im Raum Köln/Bonn wachsende Population der Halsbandsittiche die Verbreitung der Parasiten. Kauzpaar und Gelege sind nun in einer Pflegestation, der Bergischen Greifvogelhilfe in Rösrath. Wenn die Behandlung anschlägt, werden beide Käuze an den angestammten Brutplatz zurückkehren. Ihre Küken werden in diesem Jahr in der Brutmaschine schlüpfen und bei erfolgreicher Aufzucht im Spätsommer in einem geeigneten Lebensraum in Freiheit gelangen.

Milbenbefallener Kauz © Bergische Greifvogelhilfe Rösrath

Der Brutplatz befindet sich übrigens an einem Hangar (s. oben). Der Flugsportverein, der den kleinen Flugplatz betreibt, hat einige Nistkästen am Hangar angebracht. In einem Jahr konnte Peter Josef Müller dort Steinkäuze, Schleiereulen und Turmfalken beringen. Sie alle profitieren vom kurzrasigen Grünland – und der Sensibilität der Flieger für den Vogelschutz. Unter dem Brutplatz am Hangar steht eine Sitzbank. Selbst wenn Menschen darauf sitzen, schauen die Käuze aus dem Nistkasten heraus auf die Rollbahn.

Wenn Sie, lieber Leser, liebe Leserin, die Bemühungen der EGE finanziell unterstützen möchten, bietet Ihnen die EGE für eine einmalige Spende in Höhe von 100 Euro eine Steinkauzpatenschaft an. Sie erhalten eine Patenschaftsurkunde und selbstverständlich eine Spendenbescheinigung.

Gedanken zur Zeit

17. Mai 2024|

Herbert Zucchi, emeritierter Professor für Zoologie/Tierökologie an der Hochschule Osnabrück, hat sein Empfinden beim Blick in Natur und Landschaft in ein Gedicht gefasst. Ganz gegen den Zeitgeist. Wir veröffentlichen es an dieser Stelle mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Grüner Strom

Ich fahre so gerne Elektrorad,
denn es fährt ja mit grünem Strom,
und den hat der liebe Wind gemacht,
nicht Kohle, nicht Gas, nicht Atom.

Ich radle hinaus in das Wiesengebiet
mit der bunten Vogelwelt,
wo der Rotmilan seine Kreise zieht
an dem blauen Himmelszelt.

Doch was ist bloß los mit dem Wiesengebiet?
Kein Vogelflug und kein Gesang!
Wo man Windkraftrotoren sich drehen sieht,
da wird mir’s im Herzen so bang.

Zerschreddert im Gras liegt der Rotmilan,
verwaist ist sein Horst dort im Wald.
Sein Leben erloschen im Klimawahn,
und im Land wird es öde und kalt.

Herbert Zucchi

Eulenschutz im Norden Deutschlands

5. Mai 2024|

Das schleswig-holsteinische Umweltministerium fördert sei Jahren vom „Landesverband Eulenschutz in Schleswig-Holstein“ durchgeführte Hilfsmaßnahmen für Eulen. Die Fördermittel sind gut angelegt. Das belegt einmal mehr der 57 Seiten umfassende Jahresbericht für das Jahr 2023. Dieser Bericht ist gerade als Ausgabe 2024 der vom Verband herausgegebenen Zeitschrift „EulenWelt“ erschienen. Schwerpunkt sind die fünf Eulenarten Uhu, Schleiereule, Rauhfußkauz, Steinkauz und Sperlingskauz. Außerdem finden Sie in dem anschaulich illustrierten Jahresbericht Beiträge über den Schutz von Waldkauz und Sumpfohreule sowie weitere interessante Informationen aus dem Eulenschutz im nördlichsten deutschen Bundesland.

Aus einem Uhuleben

2. Mai 2024|

Seit seiner ersten hautnahen Begegnung mit den Uhus in der Eifel in den frühen 1980er Jahren gingen einige tausend junge Uhus durch Stefan Brüchers Hände. An einen dieser Uhus erinnert er sich ganz genau: In Eschweiler bei Aachen stieß Brücher auf einen noch nicht flugfähigen jungen Uhu. Das war im Frühjahr 2012. Der Uhu war in einem schlechten Zustand, kam aber wieder zu Kräften. Nur, es stellte sich die Frage, wohin mit diesem Uhu, der noch für Wochen auf die elterliche Versorgung angewiesen war, der aber keinem Brutplatz weder am Fundort noch im Umkreis zugeordnet werden konnte. Es ließ sich einfach kein Brutplatz finden.

Brücher entschied sich schließlich für eine unkonventionelle Unterbringung des sechswöchigen Halbstarken, nämlich bei Pflegeeltern knapp hundert Kilometer entfernt südöstlich vom Fundort am Laacher See. Dort saß nämlich ein Uhuweibchen das dritte Jahr in Folge auf einem Gelege, aus dem nach Ablauf der Bebrütungszeit wieder einmal einfach keine Küken schlüpfen wollten. Dort wartete Brücher die Dämmerung ab und seilte sich dann in den Felsen ab in Richtung Nest – mit dem jungen Uhu im Rucksack. Das Uhuweibchen flog verständlicherweise davon. Im Nest lag nur ein faules Ei. Brücher tauschte es aus – gegen den Uhu aus dem Rucksack.

Am nächsten Tag kontrollierte Brücher die Lage: Das Uhuweibchen und der junge Uhu saßen einträglich beieinander als sei es das Normalste von der Welt. Der Adoptionsversuch war gelungen! Neulich, zwölf Jahre später, wurde der Uhu wiedergefunden unter einem Uhubrutfelsen zehn Kilometer vom Laacher See entfernt. Kein Happyend, aber zwölf Jahre sind für einen Uhu angesichts der vielen zivilisatorischen Risiken für ein Uhuleben dann doch nicht so schlecht. Woran der Uhu gestorben ist wird derzeit an einem Institut für Veterinärmedizin geklärt.

Naturschutzvereinigungen am Scheideweg

1. Mai 2024|

Von Kritik gänzlich unbeeindruckt setzen die deutschen Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt, also die von den bündnisgrünen Robert Habeck und Steffi Lemke geführten Häuser, ihren Anti-Naturschutzkurs fort. Anfang April 2024 legten sie einen samt Begründung 56 Seiten langen Entwurf eines Gesetzes für den weiteren Ausbau der Windenergie an Land sowie der Solarenergie vor. Das Gesetz soll der Umsetzung der EU-Richtline 2023/2413 dienen. Auch dieses Mal war die Rückäußerungsfrist, wie man es von beiden Ministerien schon kennt, auf wenige Tage beschränkt. Der Bundesverband Beruflicher Naturschutz e. V. (BBN) beklagt, „die für die Stellungnahme gesetzte Frist (sei) für eine ausreichende Auseinandersetzung mit den geplanten, weitreichend in etablierte Umweltprüfungsinstrumente eingreifende Gesetzesänderungen viel zu kurz bemessen“. Der BBN „nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass die Bundesregierung (…) in kurzen Abständen wiederholt unausgereifte Gesetzesentwürfe vorlegt, die in der Folge nachgebessert werden müssen“. Der BBN stellt dem Gesetzesentwurf ein denkbar schlechtes Zeugnis aus: er vertrete „zu einseitig wirtschaftliche Interessen der Unternehmen der Windenergie- und Solarbranche“.

Im Gesetzesentwurf geht es um nichts weniger als die Zulassung von Wind- und Solarparks in Beschleunigungsgebieten ohne eine ausreichende Prognose und Bewältigung der mit den Anlagen einhergehenden Schäden an Natur und Landschaft. Naturschutzrecht soll dort künftig als eingehalten gelten, wenn nicht innerhalb von 45 Tagen eine behördliche Entscheidung getroffen wird. Damit wird die Prüfpflicht mit einer Umkehr der Beweislast den Schwächsten aufgebürdet: den personell unterbesetzten Naturschutzbehörden. Sie aber sind schon wegen der an sie gerichteten politischen Erwartungen, willfährig durchzuwinken was der „Energiewende“ dient, kaum in der Lage diesem Druck standzuhalten. Vorgesehen sind im Konfliktfall vereinfachend nach Art und Umfang unbestimmte Minderungsmaßnahmen und Zahlungen in geringer Höhe in einen vom Bundesumweltministerium bewirtschafteten Artenschutzfond. Der Gesetzesentwurf schließt Wind- und Solarparks selbst in Natura 2000-Gebieten und anderen streng geschützten Gebieten nicht aus. Für den deutschen Qualitätsjournalismus ist alles dies kein Thema, auch für die mit 8,6 Milliarden Euro Rundfunkbeiträgen finanzierten Sendeanstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht.

Knapp zweieinhalb Jahre ist die Ampelkoalition im Amt – mit einer auf dem Gebiet des Naturschutzes fatalen Bilanz. Einen Eindruck vom Ausmaß der systematischen Entrechtung des Naturschutzes vermitteln die Formulierungen in der Stellungnahme des BBN. Dort ist von Missachtung des Verursacherprinzips, der Verletzung des Vorsorge- und Vermeidungsprinzips und einem Freikaufen durch Zahlungen die Rede. Selbst der NABU beklagt den eingeschlagenen Weg, wenngleich weniger entschieden. Vielleicht deutet sich nun aber eine Wende an im Verhältnis zwischen Naturschutzverbänden und Bundesregierung. NABU und BUND repräsentieren mehr als 1,5 Millionen Mitglieder. Der DNR (Deutscher Naturschutzring) sagt von sich, mit mehr als 100 Mitgliedsverbänden 11 Millionen Menschen zu erreichen. Angesichts dieser Zahlen ist die bisherige Kritik dieser Verbände am Kurs der Regierung ungewöhnlich schwach und zögerlich. Viele im Naturschutz halten Bündnis90/DieGrünen immer noch für genuine Verbündete – trotz gegenteiliger Erfahrungen. Der Deutsche Bauernverband mit nur mehr 260.000 landwirtschaftlichen Betrieben und ohne eine besondere Nähe zu den Grünen findet mehr Gehör. Allerdings auf einem anderen Gebiet. Die der Landwirtschaft regierungsseitig gewährten Zugeständnis erfolgen überdies zu Lasten des Naturschutzes. Allerdings müssen sich die Naturschutzvereinigungen fragen lassen, was sie selbst zu der teils von ihnen geforderten Entfesselung der Windenergiewirtschaft beigetragen haben.

Der Gesetzesentwurf ist ein neuerlicher Beleg für eine grundlegende Abkehr vom bewährten Naturschutzrecht, die ausgerechnet in bündnisgrüner Regierungsverantwortung ins Werk gesetzt auf einen Konsens aller im Bundestag von rechts bis links vertretenen Parteien stößt. Umso bemerkenswerter ist die Stellungnahme des BBN, der ohne Umschweife den Entwurf ablehnt.

Auf Verbände wie den BBN kommt noch viel Arbeit zu. Anzeichen zufolge arbeiten Wirtschafts- und Umweltministerium an der Schleifung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Bisher hatten beide ihr Hauptaugenmerk mit Erfolg auf die Entkernung des Artenschutzrechts gerichtet. Dass das Bundesnaturschutzgesetz im Eingriffsfall mit einem zweiten Instrument, nämlich der Eingriffsregelung, Arten als Teil und Voraussetzung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts zu schützen verlangt, hatten die beiden Ministerien offenkundig übersehen, was einen Eindruck von der Unbedarftheit der Akteure vermittelt. Dabei konnten Arten in Deutschland bis ins Jahr 2007 einzig und allein mit der Eingriffsregelung vor Eingriffsvorhaben verteidigt und im Falle eines Eingriffs zumindest mit auf die betroffenen Arten bezogenen Kompensationsmaßnahmen geschützt werden. Immerhin. Zur Anwendung der artenschutzrechtlichen Schädigungs- und Störungsverbote sah sich Deutschland nämlich erst mit seiner2006 erfolgten Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof gezwungen. Genau diese Verbote hat der Bundesgesetzgeber jüngst eingeschränkt, weshalb es nun umso mehr auf die Eingriffsregelung ankommt. Aus diesem Grund sind Wirtschafts- und Umweltministerium bemüht, sich partiell oder komplett nun auch der Eingriffsregelung zu entledigen. Auch dies selbstverständlich zur „Rettung des Planeten“. Man darf gespannt sein, ob die anerkannten Naturschutzvereinigungen diese neue Auseinandersetzung mit der Bundesregierung aufnehmen oder in grüner Umklammerung verharren und sich mit Gefälligkeiten den Schneid abkaufen lassen.

Beiträge von 2006 bis 2021

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