Vor 25 Jahren – Grüne Politik damals und heute
Vor 25 Jahren sorgten die Ergebnisse einer Studie der EGE für Aufregung. Die Studie brachte ans Licht, dass Kommunen im großen Ausmaß Steinkauzlebensräume zu Bauland erklärten, ohne die damit verbundenen Folgen zu erwägen, geschweige denn zu kompensieren. Die Ergebnisse stammten aus dem zu der Zeit rotgrün regierten Nordrhein-Westfalen. Der Journalist Horst Stern (1922-2019) hielt sie in der Wochenzeitung „Die Woche“ der Landesregierung vor: „Die Pflicht zur staatlichen Aufsicht über die Kommunen pervertierte, wie die EGE feststellt, zur Nachsicht. Die Eulenschützer taten, was Düsseldorf nicht tut: Flächennutzungspläne daraufhin zu überprüfen, ob sie mit dem Gesetz übereinstimmen. Das tun sie in allen Fällen nicht“. Die damalige nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn, eine Bündnisgrüne, reagierte prompt: Die Genehmigung der Flächennutzungspläne läge nicht in ihrer Verantwortung. Stern bezeichnete die Grünen ob ihrer unzureichenden Verhaftung im Naturschutz bis zuletzt als „Flachwurzler“. Klicken Sie bitte hier, wenn sie Sterns Kolumne vom 29. Mai 1998 lesen möchten.
Dass der Steinkauz aus Nordrhein-Westfalen nicht ganz verschwunden ist, verdankt sich vor allem einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2006. Das Urteil zwang Deutschland zu gesetzgeberischen Korrekturen des Bundesnaturschutzgesetzes, denn die Deutschen hatten sich fürs Bauen mehr Ausnahmen vom Artenschutzrecht herausgenommen als das Recht der Europäischen Union erlaubte. Ausgerechnet die daraufhin verbesserten artenschutzrechtlichen Vorschriften, die seitdem zu einer ansatzweisen Berücksichtigung des Artenschutzes in Planungs- und Zulassungsverfahren führten, hat der deutsche Gesetzgeber 2022 zugunsten des Ausbaus der Windenergie eingeschränkt – auf Betreiben der von Bündnis90/Die Grünen geführten Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt.
Der Bundeswirtschaftsminister und der Artenschutz
2022 hat der Bundesgesetzgeber die Liste der an Windenergieanlagen kollisionsgefährdeten Brutvogelarten auf 15 Arten und die zu ihren Brutplätzen zu beachtenden Abstände erheblich reduziert. Artenliste und Abstände weichen von den begründeten Empfehlungen der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten aus dem Jahr 2015 ab. Eine Begründung für diese Abweichungen hat der Gesetzgeber nicht vorgelegt. Zugleich hat der Gesetzgeber es der Windenergiewirtschaft ermöglicht, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko unter Verzicht auf Erfassungen der tatsächlichen Raumnutzung dieser Arten mit einer weitgehend am buchstäblich „grünen Tisch“ erstellten Habitatpotentialanalyse zu widerlegen.
Der Entwurf eines vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Fachkonzepts für solche Potentialanalysen liegt seit Ende März 2023 vor. Das von der Arbeitsgruppe für regionale Struktur- und Umweltforschung GmbH erarbeitete Konzept soll Grundlage einer geplanten Rechtsverordnung sein. Kritikwürdig ist der Entwurf aus einer Reihe von Gründen, die hier darzulegen zu weit führen würde. Einen Eindruck von den Schwächen des Konzepts vermittelt exemplarisch der Umgang mit zwei der verbliebenen 15 Brutvogelarten: Sumpfohreule und Uhu.
Der Gesetzgeber hat den für die Habitatpotentialanalyse zu betrachtenden „Zentralen Prüfbereich“ bezogen auf diese beiden Eulenarten auf 1.000 m um den Brutplatz begrenzt. Viele Sumpfohreulen und Uhus jagen jedoch regelmäßig 1.000-2.000 m oder weiter vom Nest entfernt. Die LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (2015) empfiehlt für beide Eulenarten einen Mindestabstand von 1.000 m und einen Prüfbereich von 3.000 m.
Im Fachkonzept heißt es auf Seite 70 zur Sumpfohreule, „aufgrund der arttypischen niedrigen Flugweise bei der Nahrungssuche wird durch die Einhaltung einer hohen Rotorunterkante das Kollisionsrisiko (> 80 m) bereits sehr weitgehend reduziert.“ Balzflüge spielen für das Fachkonzept keine Rolle. SCHERZINGER & MEBS (2020) schreiben mit Verweis auf CLARK (1975): „Zum spektakulären Balzflug steigt das Männchen rasch in die Höhe, kreisende Segelstrecken dazwischenschaltend, und singt mit weichen bu.bu.bu-Serien in zum Teil sehr großer Höhe.“ Die STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG (2022) schreibt, dass die Sumpfohreule besonders nach Störungen oder bei Belästigung durch hassende Vögel sich nach Art des Mäusebussards in große Höhen schraubt und der Imponierflug 200 bis 300 m hoch erfolgen kann.
Bewegt sich das Fachkonzept bei der Sumpfohreule noch in dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen, schlägt es bezogen auf den Uhu auf Seite 72 eine Absenkung der vom Gesetzgeber vorgenommenen Einstufung vor: Auch im Nahbereich des Nestes – d. h. im 500 m-Radius – seien Uhus nicht kollisionsgefährdet, wenn die im Gesetz genannte Höhe der Rotorunterkante von mindestens 30 m im Flachland und 80 m im hügeligen Gelände eingehalten werde. Dabei ist bereits die bestehende Rechtslage für Uhus mehr als prekär, denn die Berücksichtigung der Höhe der unteren Rotorkante ist beim Uhu grundsätzlich nicht plausibel. Tatsächlich sind die Kollisionsumstände keines der bisherigen Kollisionsopfer geklärt. Weder kann mit Gewissheit gesagt werden, dass die Topografie eine Rolle spielte, noch um welche Art Flüge es sich handelte. Auch ist offen, auf welcher Höhe es zur Kollision kam. Auch an den Anlagen mit niedrigem Freiraum zwischen unterer Rotorspitze und Grund kann der Vogel in größerer Höhe kollidiert sein. Die Abstandsempfehlungen der LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (2015) sowie die darin formulierten Prüferfordernisse stellen vernünftigerweise weder auf den Rotorabstand zum Boden ab noch unterscheiden sie zwischen Anlagen im Flach- und Hügelland. Uhus steuern hohe Bauwerke wie Hochspannungsmasten, Industriebauten und Fernmeldetürme gezielt an, um von dort zu rufen oder dort zu brüten (LINDNER 2016). Dieses Verhalten kann die vergleichsweise hohe Zahl von 21 an Windenergieanlagen kollidierten Uhus (STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG 2022a Stand 17.06.2022) bei einer Art mit an sich niedrigen Flughöhen erklären. Der Entwurf des Fachkonzepts verkennt diese Gefahr; mit der vorgeschlagenen Absenkung würde diese Gefahr im Nahbereich noch ausgeweitet.
Im Bundeswirtschaftsministerium wird an weiteren Standardisierungen für einen – wie es heißt – „naturverträglichen, beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land“ gearbeitet. So an einer probabilistischen Methode zur Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit von Vogelarten. Die Ampelparteien schauen wohlwollend zu und die Oppositionsparteien weg.
Literatur:
- CLARK, R. (1975): A field study of the Short-eared Owl Asio flammeus (Pontoppidan), in North America. Wildlife Monogr. 47: 67 S.
- LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (LAG VSW) (2015): Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. Berichte zum Vogelschutz Band 51. 2014: 15-42.
- LINDNER, M. (2016): Uhus als Bauwerksbrüter in Deutschland. Eulen-Rundblick Nr. 66 –April 2016: S. 90-95.
- SCHERZINGER, W. & T. MEBS (2020): Die Eulen Europas. Biologie, Kennzeichen, Bestände. KOSMOS: S. 295.
- STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG (2022): Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel, Stand 17.06.2022.
- STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE BRANDENBURG (2022a): Daten aus der zentrale Fundkartei über Anflugopfer an Windenergieanlagen (WEA) zusammengestellt von Tobias Dürr; Stand vom: 17.06.2022.
Uhubrut erfolgreich in den Sand gesetzt
Die Fantastischen Vier. So heißen die vier Uhus, die in diesem Jahr auf dem Gelände der Frechener Quarzwerke geschlüpft sind. Über das Ereignis berichtete kürzlich der Kölner Stadt-Anzeiger. Der Brutplatz liegt in einer Grube, in der Quarzsand abgebaut wird. Bisweilen muss ein vorjähriger Brutplatz dem fortschreitenden Rohstoffabbau weichen. Das Abbauunternehmen arbeitet jedoch seit vielen Jahren mit der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) zusammen. Sie berät das Unternehmen, wie neue Brutplätze im Abbaugebiet bereitgestellt und so trotz der Abbautätigkeit Uhus geschützt werden können. Diese Zusammenarbeit zeigt, dass sich Abbaubetrieb und Uhuschutz durchaus unter einen Hut bringen lassen. Die EGE dankt dem Kölner Stadt-Anzeiger für die Erlaubnis zur Wiedergabe des Berichts.
Kompensation im Fadenkreuz der Ampelkoalition
Die deutsche Bundesregierung will den Vorrang der Realkompensation vor Geldzahlungen aufgeben und Eingriffsverursachern den Weg öffnen, sich von Ausgleichsverpflichtungen freizukaufen. Diese Absicht ist Teil der Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 28.03.2023. Für die Durchsetzung dieser Absicht müsste das Bundesnaturschutzgesetz erneut geändert werden. Dann wäre nicht mehr vorrangig die bestmögliche Reparatur der Eingriffsfolgen verlangt, sondern nur noch als Gegenleistung für Eingriffe „irgendetwas Gutes für Natur und Landschaft“. Die Grünen betonen im Nachgang zu den Beschlüssen, es ginge bei der Ausweitung der Ersatzzahlung „lediglich um Brücken und Engpässe“ bei Infrastrukturprojekten. Dr. Andreas Lukas, Dozent an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Rheinland-Pfalz, hat diese Darstellung in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftsplanung“ als „eine arge Fehleinschätzung“ bezeichnet. Tatsächlich geht es der Koalitionären um eine grundlegende Änderung der Eingriffsregelung mit Folgen für sämtliche Eingriffe in Naturhaushalt und Landschaftsbild. Die Fehleinschätzung der Grünen ist angesichts ihrer Naturschutzferne keine Überraschung, sollte hier nicht bewusst eine falsche Fährte gelegt werden.
Ärgerlich ist das Ansinnen der Fortschrittskoalition nicht allein wegen des Verzichts auf die nach den Umständen bestmögliche Reparatur von Eingriffsfolgen, sondern auch deswegen, weil mit den Einnahmen eine Verpflichtung eingelöst werden soll, die schon nach dem Bundesnaturschutzgesetz von 2010 eine Grundverpflichtung des Staates ist: nämlich der Aufbau eines Biotopverbundes auf mindestens zehn Prozent der Fläche eines jeden Bundeslandes. So gesehen ist das als Synergieeffekt bemäntelte Resultat kein Mehr, sondern ein Weniger für den Naturschutz. Das Geld soll für ein Ziel verwendet werden, das zu erreichen der Staat auch ohne die Instrumentalisierung des Eingriffsausgleichs verpflichtet ist.
Nun dürfte es umso mehr auf die Zivilgesellschaft – genau genommen auf die Naturschutzvereinigungen – ankommen, der Bundesregierung in den Arm zu fallen. Allerdings ist mehr als fraglich, ob diese Vereinigungen dazu noch die Kraft finden. Insider rechnen damit, dass sich diese Verbände in dem von der Ampelkoalition angekündigten Konsultationsprozess mit einer Partizipation an den Mehreinnahmen aus der Ersatzzahlung für den Plan der Regierung gewinnen lassen. Immerhin ist auch die Kritik der viel beschworenen Zivilgesellschaft an der Öffnung der Landschaftsschutzgebiete und der Absenkung des Artenschutzrechts zugunsten von Windenergieanlagen weithin ausgefallen. So hofft man in den Naturschutzverbänden auch darauf, an der Verwendung der Zahlungen mitwirken zu dürfen, welche die Betreiber von Windenergieanlagen seit der Änderung des Artenschutzrechts für die Lizenz zum Töten von Vögeln und Fledermäusen in nationale Artenhilfsprogramme einzahlen müssen. Der befürchtete Ablasshandel im Naturschutz ist längst im Gange.
Schöne neue Welt
Der Flächenverbrauch für Bauvorhaben in Deutschland sollte bereits vor Jahren von heute 56 Hektar auf 30 Hektar pro Tag begrenzt sein. Doch das Erreichen dieses Ziels wurde regierungsamtlich auf das Jahr 2030 verschoben. Dann sollen es weniger als 30 Hektar pro Tag sein. Bis dahin werden – geht es nach den Plänen der Ampelkoalition – allein 73.000 Hektar mit Photovoltaikanlagen überbaut sein. Diese Fläche entspricht der von Bundeskanzler Olaf Scholz am 06.03.2023 zum Abschluss der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg auf einer Pressekonferenz mit Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner getroffenen Ankündigung: Täglich soll eine Fläche von umgerechnet 40 Fußballfeldern mit Photovoltaikanlagen überbaut werden. Das entspräche bereits der Hälfte der aktuellen täglichen Flächeninanspruchnahme oder anders gesagt der Fläche von 1.160 landwirtschaftlichen Betrieben durchschnittlicher Größe oder der Fläche von sieben der zehn deutschen Waldnationalparke. Die Ausbauziele dürften mit der angekündigten Reduzierung des Flächenverbrauchs kaum vereinbar sein. Oder doch? Alles eine Frage der Statistik. Man muss Freiflächen-Photovoltaikanlagen nur künftig aus der Flächeninanspruchnahme herausrechnen. Mal sehen, welche Politiker welcher Parteien wann auf diese Idee kommen.
Dritte Uhu-Webcam online
Das Uhupaar im Ahrtal – Lotte und Leo – brütet in diesem Jahr offenbar nicht oder jedenfalls nicht vor der Webcam. Kurzerhand hat Stefan Brücher einen anderen Uhubrutplatz mit einer Webcam ausgestattet: Einen Brutplatz in einer Burgruine 30 Kilometer westlich von Köln. Die Jungen dieses Paares sind bereits um den 10. März herum geschlüpft: Zwei Weibchen und ein Männchen. Stefan Brücher hat sie am 16. April mit Ringen der Vogelwarte Helgoland gekennzeichnet. Einer der Altvögel saß während der Aktion gut 15 Meter entfernt das Geschehen beobachtend im Gemäuer. Dank der Webcam können die Zuschauer nun doch noch Uhus beim Aufwachsen zusehen. In der Burgruine brüten Uhus schon seit einigen Jahren. Im letzten Jahr zog das Paar sogar vier Jungvögel auf. An Nahrung scheint es auch dem diesjährigen Nachwuchs nicht zu fehlen. Offensichtlich ist das Revier ein Schlaraffenland für Uhus. Jede Nacht und auch tagsüber wird gefüttert. Die jungen Uhus sind gut genährt; sie stürzen sich nicht gleich auf eingebrachte Nahrung, sondern lassen sich Zeit. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie Einblicke in das Familienleben der Uhus erhalten möchten.
Ampelkoalition plant weitere Schwächung des Naturschutzes
Am 28. März 2023 haben die übernächtigten Mitglieder des Koalitionsausschusses der in Deutschland regierenden Ampelkoalition in einer 30stündigen Sitzung Beschlüsse gefasst, die für den Naturschutz in Deutschland nichts Gutes erwarten lassen. Nach der im letzten Jahr überstürzt durchgesetzten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes steht nun die naturschutzgesetzliche Eingriffsregelung im Fadenkreuz der „Fortschrittskoalition“:
Das Bundesnaturschutzgesetz verlangt seit 1976, dass die mit Bauvorhaben verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft bestmöglich repariert werden. Diese Verpflichtung galt damals als ein Meilenstein des Naturschutzes. Zwar hält die Ampelkoalition an der Eingriffsregelung an sich noch fest, aber der Eingriffsverursacher soll – so lesen es Kenner der Materie aus den 16seitigen Beschlüssen heraus – künftig wählen können, ob er Maßnahmen zum Schadensausgleich ergreift oder eine Naturschutzabgabe entrichtet. Das ist zwar prinzipiell nicht neu, aber freikaufen kann sich der Eingriffsverursacher mit einer „Ersatzzahlung“ bisher erst dann, wenn die Eingriffsfolgen nicht mit Naturschutzmaßnahmen kompensiert werden können. Zudem sind Eingriffe, deren Folgen so schwerwiegend sind, dass die nicht behoben werden können, unzulässig – sofern der Naturschutz vorrangig ist.
Schon eine frühere Bundesregierung verfolgte ein ähnliches Ziel – und zwar 2009 die Koalition aus CDU, CSU und FDP. In ihrem Koalitionsvertrag hieß es: „Wir werden den Bundesländern die Kompetenz geben, beim Ausgleich von Eingriffen in die Natur das Ersatzgeld anderen Kompensationsmaßnahmen gleichzustellen.“ Die Fachleute des Naturschutzes fürchteten damals nicht grundlos die Aushöhlung der Eingriffsregelung und statt eines echten Schadenausgleichs schnöden Ablasshandel.
Dieses Ansinnen wurde damals wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht ins Werk gesetzt. Prof. Dr. Christoph Degenhart von der Universität Leipzig hatte diese in einem an das Bundesumweltministerium adressierten Gutachten aufgezeigt. Soweit reicht das Erinnerungsvermögen der amtierenden Bundesregierung nicht. Feierte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil am Abend des 28. März 2023 in einem Interview im heute Journal die Aufgabe des Vorranges naturaler vor monetärer Kompensation denn nicht als Paradigmenwechsel und als Fortschritt – bizarrer Weise als Fortschritt für den Naturschutz? Im Beschluss wird für weitere Gesetzesänderungen „ein Konsultationsprozess mit Verbänden, Praxis und Wissenschaft“ angekündigt. Die Koalitionäre wollen einen „Turbo einlegen“, „Deutschlandgeschwindigkeit“ und noch mehr „Wums“.
Nach der fatalen Öffnung der Landschaftsschutzgebiete für Windenenergieanlagen, dem Abbau von planungsrechtlichen Vorschriften und einem dramatischen Abbau des Artenschutzrechts zugunsten der Windenergiewirtschaft arbeitet die Ampelkoalition offenkundig an einer weiteren beispiellosen Entrechtung des Naturschutzes. Die Kritik der Spitzen der Naturschutzorganisationen fällt verhalten aus. Allerdings wachsen Zweifel am Kurs der Bundesregierung an der Basis dieser Verbände und nicht nur dort.
Frohe Ostern!
Für das Lied der Nachtigall ist es jahreszeitlich noch zu früh. Vielleicht unternehmen Sie an Ostern trotzdem einen Ausflug oder Sie machen einen Spaziergang. Stefan Brücher von der EGE wird an Ostern auch unterwegs sein, allerdings weniger des Naturerlebens sondern des Naturschutzes wegen. Denn gerade an Feiertagen und Wochenenden drängt es bei gutem Wetter viele Menschen ins Freie. Menschen, die zur falschen Zeit und am falschen Ort unbeabsichtigt Uhus stören könnten – Klettersportler, Gleitschirmflieger, Geocacher, Fossiliensammler oder Mountainbiker beispielsweise. Deshalb ist es gut, wenn die Uhuschützer in der Eifel gerade jetzt störungsempfindliche Brutplätze im Blick haben, auch wenn viele Uhus in diesem Jahr deutlich später dran sind und das Frühjahr auf sich warten lässt. Vielleicht unternehmen Sie an Ostern trotzdem einen Ausflug oder Sie machen einen Spaziergang. In jedem Fall wünschen wir Ihnen gute Aussichten – nicht nur in meteorologischer, sondern auch in landschaftlicher Hinsicht. Frohe Ostern!
Moseltal soll Silicon Valley der Solarwirtschaft werden
Nach dem jüngsten Streit in der Ampelkoalition demonstrieren FDF-Chef Christian Lindner und der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Einigkeit. Beide wollen den Ausbau der Solarenergie beschleunigen. Die grün-liberale Offensive zielt auf das Moseltal zwischen Trier und Koblenz. Die zum Fluss steil abfallenden sonnenexponierten Felsen und Rebflächen sollen in einem ersten hundert Kilometer langen Bauabschnitt mit Agrikultur-Photovoltaikanlagen überstellt werden.
Dieses Projekt diene nicht nur dem Klimaschutz, sondern schütze zugleich die Rebstöcke in den Spitzenweinlagen vor den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels. Das angestaubte touristische Image des Moseltals könne so endlich überwunden und die Energiewende großräumig sichtbar werden. Das Projekt füge sich ein in die ambitionierten Pläne der Bundesregierung, welche die Überbauung einer Fläche von umgerechnet 40 Fußballfeldern pro Tag mit Photovoltaikanlagen bis 2030 vorsehen. Zudem wolle man an der Mosel Solarfabriken ansiedeln und in den Moselfelsen nach den für die Produktion der Module benötigten Seltenen Erden schürfen, um von Importen aus China unabhängig zu werden, erklärte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums.
Die Kritik von Naturschutzorganisationen an den Plänen fällt verhalten aus. Zwar sorge man sich um das Moseltal, doch fürchte man bei Kritik die Gunst der Ampelkoalition zu verlieren und sich den Vorwurf zuzuziehen, den Klimawandel nicht ernst zu nehmen. Eine differenzierte Bewertung des Ausbaus der regenerativen Energien sei kaum mehr möglich und im Namen des Klimaschutzes nahezu alles erlaubt, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Die Geister, die man selbst gerufen habe, würde man nicht mehr los.
Kauzbrief-Ausgabe 35 erschienen
Erstmals erschien der Kauzbrief der „Arbeitsgemeinschaft Eulenschutz im Landkreis Ludwigsburg“ 1992. Das jetzt vorliegende neue Heft ist die 35. Ausgabe. Sie bietet auf 67 Seiten Neuigkeiten und Fachbeiträge aus Eulenschutz und Eulenforschung sowie über Eulen in Kunst- und Kulturgeschichte. Der Kauzbrief bietet deshalb gerade auch den Personen lohnenden Lesestoff, die sich umfassend und aus breiter Perspektive mit dem Evolutionsphänomen Eule befassen möchten. So vereint auch die aktuelle Ausgabe des Kauzbriefs Naturkunde, Naturschutz, Kunst- und Kulturgeschichte, wie der Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt. Die EGE gratuliert zur gelungenen Ausgabe!
Peter Josef Müller zum 70. Geburtstag
Manchmal gehen Wünsche in Erfüllung, so jedenfalls der Wunsch der EGE zu Peter Josef Müllers 60. Geburtstag im Jahr 2013. Damals belief sich die Zahl der erfolgreichen Steinkauzbruten in Müllers Heimatkreis Euskirchen auf 53. Was konnte die EGE Peter Josef Müller wünschen, wenn nicht viele neu besetzte Steinkauzreviere. Seitdem hat sich der Steinkauzbestand im Kreis Euskirchen deutlich vergrößert, nämlich auf 178 besetzte Reviere und 142 erfolgreiche Bruten im Jahr 2022. Diese Erfolgsgeschichte war nicht vorherzusehen und nicht einmal zu erhoffen. Der Erfolg ist allerdings keine Frage des Glücks, sondern verdankt sich des Einsatzes von Peter Josef Müller und Rita Edelburg-Müller. Glück ist nur insofern im Spiel, weil die EGE von Glück sagen kann, dass die beiden unermüdlich tätig sind. Jetzt ist Peter Josef Müller 70 Jahre alt geworden. Die EGE wünscht ihm und seiner Frau Rita Edelburg-Müller Gesundheit und – wie könnte es anders sein – beständigen Steinkauznachwuchs. Über die Arbeit für den Kauz haben Peter Josef Müller, Rita Edelburg-Müller und andere Personen aus der EGE 2021 ausführlich berichtet. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie ihren Bericht lesen möchten.
Dr. Hans Bibelriether zum 90. Geburtstag
Die Erfolgsgeschichte des 1970 gegründeten ersten deutschen Nationalparks, des Nationalparks Bayerischer Wald, ist ohne Dr. Hans Bibelriether nicht vorstellbar. Am 17. März 2023 begeht der erste und langjährige Leiter dieses Nationalparks seinen 90. Geburtstag. Bibelriether, der wegen seiner Verdienste um die Nationalparkidee vielfach ausgezeichnet wurde, brachte die Zweckbindung der Nationalparke auf eine denkbar einfache wie eingängige Formel: „Natur Natur sein lassen“. Hans Bibelriether hat die Geschicke des Nationalparks Bayerischer Wald über drei Jahrzehnte entscheidend mitgeformt und ihn zusammen mit Bernhard Grzimek, Hubert Weinzierl, Horst Stern und anderen Weggefährten an vorderster Stelle gegen einflussreiche forst- und jagdwirtschaftliche Interessen ungeachtet persönlicher Anfeindungen verteidigt und zu einer Blaupause deutscher Nationalparke entwickelt. 2017 veröffentlichte Bibelriether seine mit diesem Nationalpark verbundenen Erinnerungen in dem Buch „Natur Natur sein lassen. Die Entstehung des ersten Nationalparks Deutschlands: Der Nationalpark Bayerischer Wald“. Die Erfahrungen des Zeitzeugen und Forstmannes sind angesichts der notwendigen Neuausrichtung von Waldpolitik, Waldnaturschutz und Waldwirtschaft außerordentlich aktuell. Dem Buch sind viele Leser zu wünschen und dem Autor und Christen Hans Bibelriether Gottes reichen Segen. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie mehr über das empfehlenswerte Buch erfahren möchte.
Frühe Uhubrut
Dass Uhus schon Anfang März brüten, ist nicht ungewöhnlich. Deshalb darf man nach einer fünfwöchigen Brutzeit im April mit ersten jungen Uhus rechnen. In Alfeld im südlichen Niedersachsen indessen ist ein erster Jungvogel bereits am 24. Februar 2023 geschlüpft. Das ergibt sich aus den der EGE vorliegenden Aufnahmen von einem Uhubrutplatz in einem Turmfalkennistkasten in einem hohen Gebäude. Die Aufnahmen vom 09. März 2023 zeigen einen etwa 13 Tage alten Jungvogel. Die Brut ist demnach bereits um den 21. Januar 2023 begonnen worden.
Brutbeginn bei Dauerfrost
Die ersten Uhus brüten in der Eifel – trotz der noch anhaltenden frostigen Temperaturen. Das berichtet Stefan Brücher. Er hat am 02. März 2023 zehn Uhureviere in der Eifel, in denen die Uhus traditionell früh mit der Eiablage beginnen, kontrolliert. In vier dieser zehn Reviere haben die Uhus mit der Brut begonnen. Das Bild zeigt eines der brütenden Uhuweibchen. In drei Revieren hielt sich zumindest ein Uhu in der Nähe des Brutplatzes auf. Und in weiteren drei Revieren wiesen Spuren auf die Anwesenheit von Uhus hin.
Neue Ausgabe von „Nationalpark“ erschienen
Zwischen Plastikgarten und Erlebnisgondel – Naturentfremdung und ihre Folgen. So lautet das Titelthema der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Nationalpark“. Im Heft finden Sie weitere Beiträge – beispielsweise über den Mittelspecht, Begegnungen mit Wildtieren in Nationalparken, eine Einschätzung zur Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union und einen Reisebericht über den italienischen Nationalpark Monti Sibillini. In der Reihe „Menschen und Geschichten“ schaut Wilhelm Breuer in ein Stück Naturschutz- und Herzensbildung „für die Schuljugend“, nämlich den „Deutschen Natur- und Tierschutzkalender des Jahres 1973“. Der Beitrag ist mehr als ein nostalgischer Rückblick. Er belegt, dass im Naturschutz in einem halben Jahrhundert nicht alles schlechter geworden ist, aber die Probleme heute keineswegs weniger drängend sind als damals. Das gilt zumal für die Frage, wie junge Menschen einer selbsternannten „letzten Generation“ für den Naturschutz gewonnen werden können. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie Breuers Beitrag lesen möchten.
Die Zeitschrift „Nationalpark“ berichtet auf 46 Seiten viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, große Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift leistet sich, was in der deutschen Zeitschriftenlandschaft eine Ausnahme ist: einen unabhängigen, kritischen und fundierten Blick auf die Sache des Naturschutzes. Herausgeber der Zeitschrift ist der „Verein der Nationalpark-Freunde e.V.“ Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die der vor 100 Jahren geborene Journalist Horst Stern für sie gefunden hat: „Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen“. Klicken Sie bitte hier, wenn Sie weitere Informationen über die aktuelle Ausgabe wünschen.
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